Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Stützkerko berechnen


von Christian (dragony)


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Hallo,

wie berechnet man eigentlich einen Stützkerko für eine MCU, wenn man den 
Strom nicht kennt? Eigentlich ja gar nicht möglich, oder?

Beispiel tiny13. Laut Datenblatt zieht er 2mA bei 10MHz. Also kann ich 
den Strom jetzt mit 2mA annehmen? Allerdings wird das ja auch noch stark 
von der Impedanz der Ausgänge abhängen, die ja durch die internen 
Widerstände beschränkt nunmal 100mA liefern können? Also muss man je 
nach Anwendung mit 2 - 100mA rechnen? Also kann man eigentlich nur 
"probieren"? Nur werden Ingenieure ja nicht "probieren", oder?

von Falk B. (falk)


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@Christian S. (dragony)

>wie berechnet man eigentlich einen Stützkerko für eine MCU, wenn man den
>Strom nicht kennt?

Das wurde mal vor Ewigkeiten gemacht, heute nimmt man 100nF in einem 
kleinen Gehäuse und gut. Das reicht für 99% aller Anwendungen.

> Eigentlich ja gar nicht möglich, oder?

Doch.

>Beispiel tiny13. Laut Datenblatt zieht er 2mA bei 10MHz. Also kann ich
>den Strom jetzt mit 2mA annehmen?

Nein. Denn das ist der mittlere Strom. Nicht der Pulsstrom, der beim 
Umschalten benötigt wird.

> Allerdings wird das ja auch noch stark
>von der Impedanz der Ausgänge abhängen, die ja durch die internen
>Widerstände beschränkt nunmal 100mA liefern können?

Dann sind sie kurzgeschlossen ;-)

> Also muss man je
>nach Anwendung mit 2 - 100mA rechnen?

Falscher Ansatz.

>Also kann man eigentlich nur
>"probieren"?

Nein.

>Nur werden Ingenieure ja nicht "probieren", oder?

Die nennen das akademisch vornehm "empirisch ermitteln" ;-)

Es gab mal ein paar Application Notes zum Thema, muss man mal suchen. 
Das Ergebnis steht oben.

https://www.google.de/search?q=application+note+decoupling&ie=utf-8&oe=utf-8&gws_rd=cr&ei=VSyJVojtNafmyQOlzJfoDg

von Falk B. (falk)


Angehängte Dateien:

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Gerade auf der Festplatte gefunden.

von Thomas E. (picalic)


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Christian S. schrieb:
> Beispiel tiny13. Laut Datenblatt zieht er 2mA bei 10MHz.

Diese Stromaufnahme ist für den Stützkondensator völlig irrelevant!
Seine Aufgabe (bei allen Digital-ICs) ist es, die Transienten bei 
internen Schaltvorgängen wegzufiltern. Das sind extrem kürze 
Stromimpulse im Nanosekunden-Bereich, wo schon ein paar mm Draht oder 
Leiterbahn einen richtig großen Induktiven Widerstand darstellen. 
Deshalb gehört der Kondensator auch direkt an die Beinchen des ICs und 
nützt praktisch nichts, wenn er über cm lange Leitungen davon getrennt 
platziert wird.

: Bearbeitet durch User
von Christian (dragony)


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Danke Falk. Hat mir sehr geholfen.

von WehOhWeh (Gast)


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DAS ist ein viel schwierigeres Thema, als die meisten denken. Mit einer 
einfachen Formel ist es da ganz sicher nicht getan.

Man muss sich klar sein, eine CPU zieht einen Großteil des Stroms als 
Peaks, nicht als konstanten Strom. Schließlich ist da fast alles 
Taktsynchron.
Und diese Peaks muss die Versorgung liefern können (hauptsächlich die 
Kondensatoren), ohne dass die Spannung einbrechen darf. Das Ziel ist 
daher, die Quellimpedanz der Versorgung unter einen bestimmten Wert über 
einen breiten Frequenzbereich zu drücken.
Wie hoch die nötige Frequenz ist und wie niedrig die Impedanz sein muss, 
hängt vom Stromverbrauch der CPU und dem Takt ab. Aber bei CPUs mit 
mehrern 100MHz und FPGAs muss man da schon etwas Aufwand reinstecken.

Das folgende gilt eigentich allgemein für CMOS-IC, auch wenn die 
folgenden Links für FPGAs ist:
https://www.altera.com/support/support-resources/operation-and-testing/power/pow-integrity.html

Eine Appnote dazu:
https://www.altera.com/en_US/pdfs/literature/an/an574.pdf

Und ein sehr praktisches Excel-Sheet:
https://www.altera.com/support/support-resources/support-centers/signal-power-integrity/power-distribution-network.html

Natürlich kennt man bei den meisten MCU die nötigen Daten nicht. Häufig 
verlässt man sich daher auf die vom Hersteller empfohlenen Kapazitäten.

Dazu muss man sagen: Die üblichen Microcontroller sind relativ zahm, was 
diese Anforderungen angeht - schließlich ist der Stromverbrauch klein 
und der Takt niedrig.
D.h. für einen ATMEGA einen Fieldsolver anwerfen wäre ETWAS übertrieben.

von Falk B. (falk)


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