Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Messung von Leiterbeläge eines Koaxialkabels


von Micha W. (neinkeinroboter)


Lesenswert?

Hallo zusammen,

ich bin neu in der Welt der Elektrotechnik und versuche mich seit 
einigen Tagen an folgendem (zunächst nur theoretischen) Problem:


Zielsetzung:
Messung der Leiterbeläge eines Koaxialkabels, also Widerstandsbelag R, 
Kapazitätsbelag C, Induktivitätsbelag L und Querleitwertbelag G

Messaufbau:
Das Koaxialkabel wird mittels T-Stück an einen Funktionsgenerator und 
ein Ozilloskope geschlossen. Das Kabel kann am anderen Ende mit 
verschiedenen Widerständen abgeschlossen werden.

Messideen:

Messung von C:
Meinen Uberlegungen nach kann der Funktionsgenerator und das 
Koaxialkabel als RC-Glied (=Tiefpass) angesehen werden. Der Generator 
habe den Innenwiderstand R=50 Ohm. Man müsste nur punktuell die 
Ladekurve ausmessen, die gewonnenen Funktionswerte logerithmieren. Die 
Steigung der so gewonnenen Regressionsgerade sollte dann genau der 
Kehrwert der Zeitkonstante t=RC des Kondensators sein. Daraus lässt sich 
dann der Kapazitätsbelag C berechnen.

Hierzu meine Fragen:
Gilt dieser Ansatz? Wenn ja: Wie messe ich am Besten die Ladekurve?

Ich hoffe, dass ihr mir weiterhelfen könnt.

LG

von Peter R. (pnu)


Lesenswert?

Micha W. schrieb:
> an folgendem (zunächst nur theoretischen) Problem:

Genau das ist es: sehr theoretisch


Zunächst mal: Widerstands- und Leitwertsbelag sind zwei sehr 
frequenzabhängige Größen, haben nur als Angabe mit Messfrequenz zusammen 
einen Sinn. (Das Ersatzbild mit L,R,C und G ist meist unzureichend)


 Der Wellenwiderstand (Wurzel aus L/C) und die Dämpfung (dB/100m)sind 
bei der Anwendung von Leitungen die wesentlich aussagekräftigeren Werte. 
Dazu kommt noch der Zirkus mit Anpassung, Reflektionen und stehenden 
Wellen.

Kapazitäten per RC-Zeitkonstante zu ermitteln ist wenig sinnvoll, bei 
den hohen Frequenzen die da notwendig wären. theoretisch könnte man so 
messen, die Messergebnisse würden aber sehr ungenau sein.

Das leer laufende Kabel als Kondensator verwenden und seine Kapazität 
zusammen mit einem L (Schwingkreis) zu messen ist genauer.

: Bearbeitet durch User
von Lambda (Gast)


Lesenswert?

Kabellängen messen - rein elektrisch - so gehts !

https://youtu.be/SB_WPUhd2TY

von Oldie (Gast)


Lesenswert?

Der Beitrag von Lambda (Gast) ist ja nicht "SEHR" hilfreich.
Da wird mit bekannten Leitungsdaten (!) die Länge gemessen.
DIESE Daten möchte der TO aber selbst ermitteln!

Besonders reizvoll: Auf 1 mm genau.

1 mm ist 1/1000 (0,1%) von einem Meter, der Verkürzungsfaktor
mit dem Wert 0,66 ist nach meinem Ermessen nur auf 1,4% genau.
0,66 ohne weitere Dezimalstelle kann nun mal 0,655...0,664 sein.

Ansonsten:

Erste Frage: Wieviele Meter des Kabels hast du für Testzwecke
zur Verfügung?

C-Belag: Dein Vorschlag könnte funktionieren, wenn du die
Kurvenverformung des Rechtecks mit einer Auswahl bekannter
Cs (statt des Kabels) vergleichst. Bei 10 m Leitungslänge
kommst du in den Bereich 1 nF.
Die Grenzfrequenz eines Tiefpasses mit 50 Ohm / 1 nF ist
etwa 3,2 MHz. Liefert dein Funktionsgenerator da noch
saubere Rechteckkurven?
Bei 1 km Leitungslänge sind es schon ungefähr 100 nF
- da reichen 32 kHz...

Gegenvorschlag:
Nimm einen RC-Oszillator mit austauschbarem C.
Ersetze den Kondensator mit einem Stück Leitung bekannter
Länge: Außenleiter und Innenleiter an einem Ende sind die
Kondensator-Anschlüsse, das andere Ende der Leitung muss
"offen" sein. Aus der Frequenz, im Vergleich mit bekannten
Kondensatoren lässt sich der C-Belag (C/m) gut bestimmen.

L-Belag:
Mit einfachen Mitteln schwierig, oder hast du eine
Induktivitätsmessbrücke? Da musst du ein Stück bekannter
Länge der (am anderen Ende kurzgeschlossenen) Leitung
anschließen. ABER: Siehe unten.

R-Belag:
Ein übliches Ohmmeter ist in den unteren Bereichen nicht
sehr genau. Ab einigen 100 m bis km Leitungslänge (anderes
Ende kurzgeschlossen) kommt man in die halbwegs
vertrauenswürdige Regionen von einigen 100 Ohm.
Dieser Wert ist aber nicht sehr interessant, da
Leitungsverluste (dB/m) bei höheren Frequenzen eher vom
Skineffekt bestimmt werden.

G-Belag:
Ein übliches Ohmmeter wird dir bis zu vielen Metern
Leitungslänge nur OVERFLOW (20 MOhm, oder so) anzeigen.
Dieser Wert ist auch meistens der uninteressanteste, da
die Leitungsverluste in den allermeisten Fällen vom
Skin-Effekt kommen.

Die Spannungsfestigkeit entnimmt man auf jeden Fall lieber
dem Datenblatt!!!

Besser ist es, erstmal den Wellenwiderstand zu ermitteln!
Nimm deinen Pulsgenerator (100 kHz), schließe ihn mit
einem T-Stück an das Oszilloskop an. An die andere Seite des
T-Stücks schließt du die Leitung (am besten 10 m oder mehr)
an. An das andere Ende der Leitung schließt du einen
veränderlichen Widerstand (Poti 220 Ohm) an. Drehe an diesem
Poti, bis die Überschwinger (Reflexionen) auf dem
Oszillokopschirm minimal werden. Dann trenne den veränderlichen
Widerstand ab und messe seinen Wert:
Das ist der Wellenwiderstand Zw.
Das wird ein Wert um 50 Ohm, 60 Ohm, oder 75 Ohm sein.

Stellst du die Formel (gilt ab 100 kHz) Zw = Wurzel(L/C) um,
kannst du den L-Belag aus Zw und dem C-Belag errechnen.

Die Leitungsdämpfung a (dB/m) wächst mit der Frequenz f.
a ist etwa proportional zu Wurzel(f). Je dünner die Leitung
ist, um so schlechter werden die Werte sein.

Der Verkürzungsfaktor ist eher ein Merkmal für die
Isolierschicht zwischen Innen- und Außenleiter:
Massiv-PE: 0,6...0,7.
Schaum-PE: 0,8...0,9
PE-Abstandshalter mit viel Luft dazwischen: 0,85...0,95.

Viel Spaß!

von Micha W. (neinkeinroboter)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Danke erstmal an alle Antworten.

Zwar hat Lambdas Video erstmal nur wenig mit der Messung von 
Leiterbelägen zu tun, zeigt aber ziemlich gut, wie man die Länge 
mithilfe eines Impulses und dem zugehörigen reflektierten Impuls 
bestimmen kann. Der Verkürzungsfaktor müsste dafür aber bekannt sein.
----

@Oldie
Ich habe die Koaxialkabel folgender Typen (Länge):

RG-58 C/U (15m)
RG-59 B/U (10m)
RG-58     (90m)

Diese Längen habe ich mit einer ähnlichen Methode (vgl. Lambdas Video) 
gemessen.

Ich verfolge deinen zweiten Lösungsvorschlag weiter, da dieser gut zu 
meinen Aufbau passt und ggf. Lösungenansätze über den Reflexionsfaktor 
GAMMA zulässt. Zum Beispiel würde ich GAMMA aus dem Ozillatorbild (vgl. 
Anhang +Lambdas Video) bestimmen. Es würde gelten:

R=Z(GAMMA+1)/(GAMMA-1) mit GAMMA= (U1/U2)-1

Ich schreibe später noch was dazu.

LG

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.