Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Gain von BD239C


von Michael B. (wichtel16)


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Hallo,

Ich bräuchte Interpretationshilfe bei einem Diagramm für hFE beim BD239C 
von ST [1]. Ich habe vor, ihn für max. 5V und 1A zu verwenden, und 
möchte ihn mittels AVR schalten. Jetzt rechne ich, ob der Gain 
ausreichend ist.

Laut Table 3 "Electrical characteristics" gilt bei I_C = 1A und V_CE = 
4V: h_FE = mindestens 15.

In Figure 4 und Figure 5 "DC current gain" (siehe Anhang; hoffe das ist 
urheberrechtlich OK) sieht man h_FE über I_C. Meines Erachtens nach ist 
hier hFE bei 1A und 4V (Figure 5) bei mindestens 30. Somit sollte ich 1A 
mit 33mA schalten können (max 40mA beim AVR) ... oder liege ich da 
falsch?

Danke und ein (spätes) frohes Neues!

Liebe Grüße

[1] http://www.bucek.name/pdf/bd239c.pdf

(edit: Rechtschreibung)

: Verschoben durch User
von John D. (Gast)


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Michael B. schrieb:
> [...] Somit könnte ich 1A
> mit mit 33mA schalten können ... oder liege ich da falsch?

Nein. Erstens sind das typische Kurven und zweitens schaltet man mit 
größeren Basisströmen (z.B 5-10 mal I_C/hfe) um den Transistor sicher in 
Sättigung zu bringen.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Michael B. schrieb:
> oder liege ich da
> falsch?

Frei nach 'Art of Electronics' zitiere ich mal, das man sich nie auf 
eine bestimmte hFE eines Transistors verlassen sollte und damit rechnen 
muss, das sie über oder unter den Werten im Datenblatt liegen kann. Wenn 
du also mit hFE 20 rechnest, wirst du auf der sicheren Seite liegen. 
Bedenke weiterhin, das an einem 'bipolaren' Transistor selbst in der 
Sättigung Uce abfällt, die mindestens 0,2V, meistens etwas mehr ist.
Die meisten Leute schalten deswegen heute mit MOSFet - in deinem Fall 
mit Logiklevel MOSFet, an denen im durchgeschalteten Zustand so gut wie 
keine Spannung abfällt.
MOSFet benötigen auch nur während des Schaltvorgangs selber Steuer 
(Lade-)strom und sind deswegen einfach direkt von MC Pins anzusteuern.

von M. K. (sylaina)


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Nimm einen BC547 mit dem du rund 100 mA an den BD239C weiter schickst.

von Achim S. (Gast)


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Michael B. schrieb:
> Meines Erachtens nach ist
> hier hFE bei 1A und 4V (Figure 5) bei mindestens 30. Somit sollte ich 1A
> mit 33mA schalten können (max 40mA beim AVR) ... oder liege ich da
> falsch?

Kommt darauf an. Willst du denn, dass im angeschalteten Zustand noch 4V 
über den Transistor abfallen? (Dafür ist Fig. 5 nämlich gezeichnet).

Oder sollen von deinen 5V möglichst viel an der Last und möglichst wenig 
am Transistor abfallen? Dann orientiere dich lieber an Fig. 6 im 
Datenblatt (oder nimm wie schon vorgeschlagen einen passenden MOSFET).

von Andrew T. (marsufant)


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Michael B. schrieb:
> Meines Erachtens nach ist
> hier hFE bei 1A und 4V (Figure 5) bei mindestens 30. Somit sollte ich 1A
> mit 33mA schalten können (max 40mA beim AVR) ... oder liege ich da
> falsch?

Du vermischt typical gain mit der im Datenblatt "guaranteed min hfe".

Wenn Du ein Einzelstück baust, kannst du sicher eine BD239C finden, der 
30 , 40, oder sogar mehr Verstärkung @ 1A Ic hat. Ggfs. selektierst du 
sogar um das Ergebnis zu erhalten.

Das nutzt Dir aber wenig, wenn Du viele Geräte baust, und dic hauf die 
(garantierte) minimlastromstärkung verlssen mußt.

Folglich sehe ich 3 Alternativen:
Entweder anderne BJT wählen, der bei 1A eine höhere gar. min. hfe hat.
Oder wenn möglich einen Darlington nutzen.
Oder ggfs. mal überlegen ob ein FET hier nicht hilfreicher ist.

: Bearbeitet durch User
von Michael B. (wichtel16)


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Danke euch allen für eure schnellen Antworten!

John D. schrieb:
> Nein. Erstens sind das typische Kurven und zweitens schaltet man mit
> größeren Basisströmen (z.B 5-10 mal I_C/hfe) um den Transistor sicher in
> Sättigung zu bringen.

Ahja, stimmt, das hatte ich vergessen. Wo kommen diese "5-10 mal 
I_C/hfe" eigentlich her? Kann ich das irgendwo aus dem Datenblatt 
herleiten? Danke!

Matthias S. schrieb:
> Wenn du also mit hFE 20 rechnest, wirst du auf der sicheren Seite liegen.

Ist die "sichere Seite" nicht, weniger Gain zu verwenden?

Michael K. schrieb:
> Nimm einen BC547 mit dem du rund 100 mA an den BD239C weiter schickst.

Damit sympathisiere ich insofern, als dass ich BD239C in größerer Menge 
herumliegen hab. Könnte ich auch mit einem BD239C als Vorstufe den 
BD239C ansteuern, als Darlington-Schaltung? Das wäre nämlich mein 
Backup-Plan gewesen, den ich, wie's aussieht, brauchen werde (eben weil 
ich vom BD239C genug da hab).

Achim S. schrieb:
> Oder sollen von deinen 5V möglichst viel an der Last und möglichst wenig
> am Transistor abfallen? Dann orientiere dich lieber an Fig. 6 im
> Datenblatt (oder nimm wie schon vorgeschlagen einen passenden MOSFET).
Denk- bzw. Lesefehler meinerseits. Natürlich sollen möglichst viel auf 
der Last abfallen, wobei ich mit bis zu 1V am Transistor auch kein 
Problem habe (Last ist eine High-Power-LED mit Vorwiderstand, also muss 
ich sowieso irgendwo V loswerden).

Andrew T. schrieb:
> Entweder anderne BJT wählen, der bei 1A eine höhere gar. min. hfe hat.
> Oder wenn möglich einen Darlington nutzen.
> Oder ggfs. mal überlegen ob ein FET hier nicht hilfreicher ist.

Danke, wie bereits oben geschrieben, überlege ich mir, eine 
Darlington-Schaltung aus zwei BD239C zu bauen (da keine neuen Teile 
notwendig).
1
                              ^ +5V
2
                              |
3
                              |
4
                             +-+
5
                             | | R_led 5.6 ohm
6
                             +-+
7
                              |
8
                             LED 700 mA
9
            Q1 BD239C         |
10
       +-----+    |-----------+
11
AVR ---|     |----|           |
12
       +-----+    |>--+       |
13
   R_basis ~ 1k       |   |---+
14
                      +---|
15
                          |>--+
16
                  Q2 BD239C   |
17
                             --- GND

Müsste meines Wissens nach so aussehen. Wie gesagt, natürlich wäre hier 
ein MOSFET oder ein integrierter Darlington schöner, ich möchte aber 
testweise die BD239C verwerten (baue übrigens ein Einzelstück für mich, 
es ist keine Serienanfertigung vorgesehen).

Danke nochmal für eure Tipps und Hilfe!

Liebe Grüße

: Bearbeitet durch User
von M. K. (sylaina)


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Michael B. schrieb:
> Könnte ich auch mit einem BD239C als Vorstufe den
> BD239C ansteuern, als Darlington-Schaltung? Das wäre nämlich mein
> Backup-Plan gewesen, den ich, wie's aussieht, brauchen werde (eben weil
> ich vom BD239C genug da hab).

Ja, das geht natürlich auch ;)

von Ralf D. (doeblitz)


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Hi,
im Eingangspost schriebst du etwas von ca. einem Ampere. Bei deiner 
Schaltung hast du bei 5V einen LED-Vorwiderstand von 5,6 Ohm drin. Wenn 
du jetzt auch noch die Flußspannung der LED von den 5V abziehst, dann 
würde ich da nicht mehr als 400mA erwarten.

Hat zwar nichts mit dem Ursprungsproblem zu tun, aber ...

von Michael B. (wichtel16)


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Ralf D. schrieb:
> im Eingangspost schriebst du etwas von ca. einem Ampere. Bei deiner
> Schaltung hast du bei 5V einen LED-Vorwiderstand von 5,6 Ohm drin. Wenn
> du jetzt auch noch die Flußspannung der LED von den 5V abziehst, dann
> würde ich da nicht mehr als 400mA erwarten.

Ja, das stimmt schon so. Meine Überlegung war:

- Die LED hat ein I_max von 0.7A
- Ich dimensioniere den LED-Vorwiderstand für ca 0.4A (pi mal daumen, 
muss die LED ja nicht voll aussteuern und der R hat ja auch eine 
Toleranz)
- Den Stromversorgungs-Schaltkreis dimensioniere ich dafür rauf -> 1A 
sollte das Ding packen.

Als Update der Angelegenheit: Habe soeben die o.g. Darlington-Schaltung 
mit zwei BD239C gebaut, haut super hin! :-)

Falls es jemand nachbaut: Hab allerdings einen Widerstand vor Q1 
eingebaut, um den Basisstrom von Q2 zu beschränken (wäre zwar noch 
innerhalb der Grenzen, aber überhaupt nicht notwendig). Der 
resultierende Basisstrom von Q2 ist 42 mA -- gerade gemessen. Zusammen 
schalten die beiden übrigens problemlos Lasten von 0.5A, höher bin ich 
nicht geggangen. Der Basisstrom von Q1 (also das, was dann der AVR 
aufbringen muss) ist nie über 5 mA, also auch perfekt.

Danke allerseits, ihr habt mir alle sehr geholfen! :-)

Meine endgültige Schaltung, zur Doku:
1
                       ^ +5V    ^ +5V
2
                       |        |
3
                       |        |
4
                      +-+      +-+
5
        R_basis2 100R | |      | | R_led 5.6R
6
                      +-+      +-+
7
                       |        |
8
               BD239C  |       LED ~ 2.9V 700 mA max
9
                 Q1    |        |
10
                  |----+        |
11
AVR ---|=====|----|             |
12
    R_basis 820R  |>---+        |
13
                       |    |---+
14
                       +----|     Q2 BD239C
15
                            |>--+
16
                                |
17
                               --- GND

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Michael B. schrieb:
> Wo kommen diese "5-10 mal
> I_C/hfe" eigentlich her? Kann ich das irgendwo aus dem Datenblatt
> herleiten? Danke!

Wenn man weiß wo man schauen muß, ja. Ebenfalls in Tabelle 3 ist die 
Kollektor-Emitter Sättigungsspannung spezifiziert für Ic=1A, Ib=0.2A.
Um den Transistor in die Sättigung zu bringen, betreiben sie ihn also 
mit so viel Basisstrom als hätte er nur ein B von 5. Tatsächlich hat er 
aber mindestens B=15 und typisch B=40. Er wird also mit Faktor 3 bis 8 
übersteuert.

von Michael B. (wichtel16)


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Axel S. schrieb:
> Wenn man weiß wo man schauen muß, ja. Ebenfalls in Tabelle 3 ist die
> Kollektor-Emitter Sättigungsspannung spezifiziert für Ic=1A, Ib=0.2A.
> Um den Transistor in die Sättigung zu bringen, betreiben sie ihn also
> mit so viel Basisstrom als hätte er nur ein B von 5. Tatsächlich hat er
> aber mindestens B=15 und typisch B=40. Er wird also mit Faktor 3 bis 8
> übersteuert.

Alles klar, danke für die Auskunft!

von ArnoR (Gast)


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Michael B. schrieb:
> Der Basisstrom von Q1 (also das, was dann der AVR
> aufbringen muss) ist nie über 5 mA, also auch perfekt.

> Meine endgültige Schaltung, zur Doku:

Die Schaltung ist keineswegs perfekt, sondern eher ziemlich schlecht. 
Mit einer kleinen Änderung und weniger Aufwand bekommt man deutlich 
besseres Verhalten.

Es gibt nämlich überhaupt keinen Grund den ersten Transistor zu 
übersteuern. Das hat nur Nachteile: Der vom AVR zu liefernde Strom ist 
viel größer als nötig, die Schaltzeiten sind länger, die Dimensionierung 
bzw. die fließenden Ströme sind von der Versorgung abhängig und der 
Aufwand ist höher als nötig.

Alle diese Nachteile vermeidet die untere Schaltung. Dadurch, dass der 
strombegrenzende Widerstand nun zwischen Emitter des ersten und Basis 
des zweiten Transistors liegt, ergibt sich automatisch ein Basisstrom 
des zweiten Transistors von Ib2=(Uavr-2Ube)/RB. Dieser Strom ist nur von 
der AVR-Spannung abhängig, aber nicht von der Versorgung. Außerdem 
fließt als Eingangsstrom nur der unbedingt nötige Basisstrom des ersten 
Transistors Ib1~Ib2/B1. Eine Übersteuerung ist hier weder möglich noch 
nötig.

Wegen der fehlenden Übersteuerung des ersten Transistors sind die 
Schaltzeiten kürzer als bei der oberen Schaltung.

von Michael B. (wichtel16)


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ArnoR schrieb:
> Die Schaltung ist keineswegs perfekt, sondern eher ziemlich schlecht.
Ersteres hab ich so nie behauptet ;-) "perfekt" war auf die 5 mA Strom 
vom AVR bezogen, die ich schon für wenig hielt. Wie ich sehe geht da 
noch (viel) weniger.

Danke sehr für deine Schaltung! Ist wirklich eine sehr elegante Lösung. 
Wenn ich da noch zwei Fragen nachwerfen dürfte:

ArnoR schrieb:
> Außerdem fließt als Eingangsstrom nur der unbedingt nötige Basisstrom des
> ersten Transistors Ib1~Ib2/B1.
Könntest du das eventuell kurz eläutern? Woraus ergibt sich diese 
Berechnung, warum fließt genau so viel Strom Ib1?

> Eine Übersteuerung ist hier weder möglich noch nötig.
Stellt eine Übersteuerung denn nicht sicher, dass der Transistor 
garantiert gesättigt ist und nicht in den linearen Bereich fällt?

(edit: Formulierung)

: Bearbeitet durch User
von ArnoR (Gast)


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Michael B. schrieb:
> ArnoR schrieb:
>> Außerdem fließt als Eingangsstrom nur der unbedingt nötige Basisstrom des
>> ersten Transistors Ib1~Ib2/B1.
> Könntest du das eventuell kurz eläutern? Woraus ergibt sich diese
> Berechnung, warum fließt genau so viel Strom Ib1?

Der erste Transistor arbeitet eben nicht als übersteuerte 
Emitterschaltung, sondern als Emitterfolger. Die Emitterspannung steigt 
immer soweit an, dass der Transistor nur den dazu gerade so nötigen 
Strom fließen lässt.

Michael B. schrieb:
>> Eine Übersteuerung ist hier weder möglich noch nötig.
> Garantiert eine Übersteuerung denn nicht, dass der Transistor garantiert
> gesättigt ist und nicht in den linearen Bereich fällt?

Wozu sollte der erste Transistor gesättigt werden? Das ist nur beim 
eigentlichen Leistungsschalter nötig und beim ersten sogar nachteilig. 
Der erste Transistor muss nur so viel Strom liefern, dass der zweite 
gesättigt ist.

von Michael B. (wichtel16)


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Ok, jetzt macht das alles Sinn. Danke für die Erklärung!

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