Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Y5R und Y5V das selbe?


von M. M. (mrmcchicken)


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Hallo,
kurze Frage: Sind Y5R und Y5V Kondensatoren mit dem gleichen 
Dielektrikum gefertigt?
Bei Reichelt finde ich Y5R Kondensatoren aber keine wirklich passende 
Datenblätter dazu. Mich interessiert die Spannungsabhängige Kapazität 
der Kondensatoren. Meine Vorhaben ist einen verstimmbaren Schwingkeirs 
aufzubauen und mit einer DC Spannung die Frequenz zu ändern.

MfG

: Bearbeitet durch User
von hinz (Gast)


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M. M. schrieb:

> kurze Frage: Sind Y5R und Y5V Kondensatoren mit dem gleichen
> Dielektrikum gefertigt?

Nein.


> Bei Reichelt finde ich Y5R Kondensatoren aber keine wirklich passende
> Datenblätter dazu. Mich interessiert die Spannungsabhängige Kapazität
> der Kondensatoren.

Musst du eben selbst messen.


> Meine Vorhaben ist einen verstimmbaren Schwingkeirs
> aufzubauen und mit einer DC Spannung die Frequenz zu ändern.

Naja, klirrarm wird das sicher nicht.

von Praktiker (Gast)


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Hallo

"Musst du eben selbst messen"

Und wie macht man das - also die Kapazität Messen während gleichzeitig 
eine Spannung nach eigenen Vorgaben anliegt (z.B. vom Labornetzteil)?
Geht das mit einen "normalen" bezahlbaren Kapazitätsmessgerät oder der 
Kapazitätsmessfunktion eines "normalen" Multimeters?
Beeinflusst und stört die Spannung nicht die Messung bzw. das Messgerät?

Praktiker

von Philipp C (Gast)


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Wird eher auf einen kleinen Messaufbau hinauslaufen.

Was hast Du denn an Equipment zur Verfügung?

von Timmo H. (masterfx)


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Gucke halt direkt bei Herstellern die Datenblätter haben. Mit selbst 
messen wird eh nichts

: Bearbeitet durch User
von meckerziege (Gast)


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Praktiker schrieb:
> Beeinflusst und stört die Spannung nicht die Messung bzw. das Messgerät?

Das eine ist DC, das andere AC.
Die Spannung, bei der dich die Kapazität interessiert hängst du per DC 
dran. Die Kapazität misst du danach mit einer KLEINEN Wechselspannung. 
(zum Beispiel per RC Tiefpass, du rechnest dann auf die Kapazität 
zurück)

Alternativ kannst du auch gleich nen richtigen Signalgenerator nehmen 
und einfach einen DC Offset einstellen.

von Soul E. (Gast)


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M. M. schrieb:

> kurze Frage: Sind Y5R und Y5V Kondensatoren mit dem gleichen
> Dielektrikum gefertigt?

Y5 heisst -30..+85°C, X7 heisst -55..+125°C

R heisst +/-15°C Kapazitätsänderung über den gesamten Temperaturbereich, 
V heisst +22/-82%.


> Bei Reichelt finde ich Y5R Kondensatoren aber keine wirklich passende
> Datenblätter dazu. Mich interessiert die Spannungsabhängige Kapazität
> der Kondensatoren.

R-Dielektrika sind linearer mit ca -10% / (20 V/mil). V-Dielektrika 
gehen schon bei 10 V/mil um 30% runter, danach wird der Abfall flacher.

(1 mil ist 1/1000 inch. Man könnte die Dicke des Dielektrikums auch in 
µm messen, der das Zeug kommt halt aus dem Ausland.)

von Soul E. (Gast)


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Praktiker schrieb:

> Und wie macht man das - also die Kapazität Messen während gleichzeitig
> eine Spannung nach eigenen Vorgaben anliegt (z.B. vom Labornetzteil)?

Du könntest einen Schwingkreis aufbauen und mit einer DC Spannung die 
Frequenz ändern ;-)

von Peter R. (pnu)


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Die Spannungsabhängigkeit von Keramik zu nutzen halte ich für keine gute 
Idee. Schließlich ist die Spannungsabhängigkeit von der 
Temperaturabhängigkeit überlagert. Dazu kommt dann noch eine saftige 
Nichtlinearität.

Für so etwas gibt es doch als sinnvolle Lösung die Kapazitätsdioden. Da 
ist die Temperaturabhängigkeit um mindestens eine Größenordnung geringer 
und bei dual-Dioden kann man auch das nichtlineare Verhalten deutlich 
reduzieren.

Aber erzähl mal: Wie groß sollen das C und seine Änderung sein? Bei 
welcher Frequenz soll das stattfinden? Für welche Anwendung ist es 
gedacht?

Da die Spannungsabhämgigkeit nur ein ungewollter Effekt ist, wirst Du 
kaum einen Kondensator finden, bei dem dieses Verhalten genau 
vorhersehbar ist.
Wenn es bei einem Kondensator brauchbar ist, ist es beim nächsten schon 
nicht mehr.

: Bearbeitet durch User
von Hp M. (nachtmix)


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Peter R. schrieb:
> Die Spannungsabhängigkeit von Keramik zu nutzen halte ich für keine gute
> Idee. Schließlich ist die Spannungsabhängigkeit von der
> Temperaturabhängigkeit überlagert. Dazu kommt dann noch eine saftige
> Nichtlinearität.

Dazu kommen noch hohe dielektrische Verluste und vor allem Hysterese.
Besonders letztere wird dafür sorgen, dass du keine  stabilen 
Verhältnisse bekommst.

Ich hatte einst derartige SMD-Kondensatoren, die mit 1µF verkauft 
wurden, aber bei der Messung nur 0,5µF zeigten.
Ärger!
Nach dem Einlöten gemessen war dann plötzlich das bestellte 1µF zu 
sehen.

Als Grund nehme ich an, dass der Hersteller abschliessend einen Test mit 
hoher Spannung gemacht hat und dabei das Dielektrikum polarisiert hat.
Beim Löten wurde das Dielektrikum über den Curiepunkt erhitzt und die 
Polarisierung rückgängig gemacht.




Praktiker schrieb:
> wie macht man das - also die Kapazität Messen während gleichzeitig
> eine Spannung nach eigenen Vorgaben anliegt (z.B. vom Labornetzteil)?
> Geht das mit einen "normalen" bezahlbaren Kapazitätsmessgerät oder der
> Kapazitätsmessfunktion eines "normalen" Multimeters?

Ja, das geht relativ einfach.
Man kann den zu prüfenden Kondensator mit einem als "gut" bekannten oder 
vermessenen Typen in Reihe schalten und die Gleichspannung am 
Verbindungspunkt über einen hochohmigen Widerstand und/oder ein Relais 
einspeisen.
Wenn man solch einen "guten" Referenzkondensator nicht hat, oder das vom 
Wert her nicht praktikabel ist, kann man an dessen Stelle auch einen 
zweiten der fraglichen Typen verwenden, erhält dabei natürlich aber nur 
einen Mittelwert für dC/dU.



P.S.:

Peter R. schrieb:
> Schließlich ist die Spannungsabhängigkeit von der
> Temperaturabhängigkeit überlagert. Dazu kommt dann noch eine saftige
> Nichtlinearität

Tk und  Nichtlinearität haben Kapszitätsdioden allerdings auch.

: Bearbeitet durch User
von M. M. (mrmcchicken)


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soul e. schrieb:
> M. M. schrieb:
>
>> kurze Frage: Sind Y5R und Y5V Kondensatoren mit dem gleichen
>> Dielektrikum gefertigt?
>
> Y5 heisst -30..+85°C, X7 heisst -55..+125°C
>
> R heisst +/-15°C Kapazitätsänderung über den gesamten Temperaturbereich,
> V heisst +22/-82%.
>
>
>> Bei Reichelt finde ich Y5R Kondensatoren aber keine wirklich passende
>> Datenblätter dazu. Mich interessiert die Spannungsabhängige Kapazität
>> der Kondensatoren.
>
> R-Dielektrika sind linearer mit ca -10% / (20 V/mil). V-Dielektrika
> gehen schon bei 10 V/mil um 30% runter, danach wird der Abfall flacher.
>
> (1 mil ist 1/1000 inch. Man könnte die Dicke des Dielektrikums auch in
> µm messen, der das Zeug kommt halt aus dem Ausland.)

Danke! Auf so eine oder ähnliche Antwort habe ich gehofft.

Hp M. schrieb:
> Dazu kommen noch hohe dielektrische Verluste und vor allem Hysterese.

Kannst du mir erklären was du mit Hysterese meinst?
Duden sagt: ,,Das Zurückbleiben einer Wirkung hinter der sie 
verursachenden veränderlichen Kraft." Dies verstehe ich im Kontext nicht 
so genau.

Peter R. schrieb:
> Aber erzähl mal: Wie groß sollen das C und seine Änderung sein? Bei
> welcher Frequenz soll das stattfinden? Für welche Anwendung ist es
> gedacht?

Im Vergleich zu Kapazitätsdioden möchte ich eine relativ große Kapazität 
haben. Der Kondensator soll in einem RLC Reihenschwingreis als variabler 
Bandpass verwendet werden. Der Frequenzbereich soll dementsprechend 
unter 100kHz liegen. Die Frequenzspanne soll möglichst hoch sein.

Leider habe ich keine passende Kondensatoren da. In der Nähe ist kein 
Laden bei dem ich einen kriegen könnte. Nächste Woche bin ich jedoch 
unterwegs. Vielleicht haben die beim Conrad etwas passendes da.
Ansonsten werde ich doch welche bestellen müssen.

Ein Frequenzgenerator und Oszilloskop ist verfügbar. Ich denke wenn ich 
welche habe werde ich also doch nur mit ein paar Versuchen weiter 
kommen.

Danke für die ganzen Infos und Hinweise. Wenn ich mehr herausgefunden 
habe melde ich mich nochmal. Könnte jedoch aufgrund der 
Materialbeschaffung auch etwas dauern :/

von Hp M. (nachtmix)


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M. M. schrieb:
> Hp M. schrieb:
>> Dazu kommen noch hohe dielektrische Verluste und vor allem Hysterese.
>
> Kannst du mir erklären was du mit Hysterese meinst?
> Duden sagt: ,,Das Zurückbleiben einer Wirkung hinter der sie
> verursachenden veränderlichen Kraft." Dies verstehe ich im Kontext nicht
> so genau.

Das bedeutet, dass die Kapazität von der Vorgeschichte abhängt.
Z.B. bekommst du nicht die gleiche 5V-Kapazität, wenn du von 0 auf 5V 
fährst, wie wenn du von 10V auf 5V fährst.

Bekannter ist dieses Phänomen als Hysterseschleife bei 
Magnetwerkstoffen.
Deshalb ist es möglich ein Stück Stahl mit einem Magneten dauerhaft zu 
megnetisieren, weil die Magnetisierung des Stahls nach dem Entfernen des 
Magneten nicht auf 0 zurückgeht.
Auch die Harddisk in deinem  Computer speichert so die Daten.

Mit einem geringen Wechselfeld ist es auch möglich die Magnetisierung 
allmählich auf die Neukurve zurückzuführen, und das klappt auch bei 
diesen Kondensatoren, weshalb sich ihre Kapazität im Betrieb allmählich 
ändern wird.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ferromagnetismus#Hysterese

P.S.:
Meist findet man eine Darstellung wie am Anfang des obigen Artikels: 
https://de.wikipedia.org/wiki/Ferromagnetismus#/media/File:Hysteresiskurve.svg

In deinem Fall auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Ferroelektrikum

: Bearbeitet durch User
von Hp M. (nachtmix)


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M. M. schrieb:
> Der Kondensator soll in einem RLC Reihenschwingreis als variabler
> Bandpass verwendet werden. Der Frequenzbereich soll dementsprechend
> unter 100kHz liegen. Die Frequenzspanne soll möglichst hoch sein.

Für kleine Signale bieten sich anstelle richtiger LC-Schwingkreise 
aktive Schaltungen an.
Z.B. kann man mit einem OTA aus einer Kapazität eine Induktivität machen 
und deren Wert auch noch über den Vorstrom über einen extrem weiten 
Bereich (mehr als 1:1000) steuern. Das funktioniert insbesondere bei so 
niedrigen Frequenzen gut.

Schau mal, ob du noch Applikationsschriften zum CA3080 (als Gyrator) 
findest.
Damit habe ich vor zig Jahren mal einen Schwingkreis gebastelt, bei dem 
man mit einem Zeigerinstrument die Schwingung sehen konnte.

Der CA3080 hat etwas bessere Nachfolger LM... gefunden. Schau mal bei 
ti.com nach OTA bzw. Operational Transconductance Amplifier.

von Werner H. (werner45)


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Hallo M. M. C.!

Auch wenn das mit den Kondensatoren gehen sollte, hast Du doch nur einen 
prozentual kleinen nichtlinearen und inkonstanten Variationsbereich.

Beschäftige Dich mal mit "switched capacitor filter", da werden 
Kondensatoren durch Takten verkleinert. Die Kapazitätsvariation 
entspricht genau dem Tastverhältnis.
Ob da 100 kHz Grenzfrequenz möglich sind, muß man recherchieren. Im 
NF-Bereich funktioniert das aber gut.

Gruß   -   Werner

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