Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Eingangswiderstand des Oszilloskops bei AC-Kopplung


von Philipp C. (e61_phil) Benutzerseite


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Hallo,

ich hatte in einem anderen Thread einfach vollmundig behauptet, dass man 
bei AC-Kopplung und hohen DC-Spannungen trotz 1:10 bzw. 1:100 Tastkopf 
nicht einfach so auf AC-Kopplung schalten dürfe, weil der 
Eingangs-Kondensator des Scopes ansonsten die volle ungeteilte 
Gleichspannung sieht.

Nun habe ich vorhin mal geschaut ob es tatsächlich immer so ist und habe 
festgestellt, dass mein Rigol DS2072 auch auf AC Kopplung einen 
DC-Widerstand von ca. 1Meg hat. Also hier würde auch bei AC-Kopplung die 
Gleichspannung an der 1:x Probe geteilt werden.

Ich ging bisher davon aus, dass bei jedem Scope einfach der 
AC-Koppelkondensator in Reihe zum Eingang liegt und somit eine 
DC-Teilung durch Tastköpfe, die nur eine Reihenimpedanz (wie üblich bei 
1:10 und 1:100) aufweisen, bei AC Kopplung hinfällig ist.

Daher würde mich mal interessieren wie es bei euren Scopes so ist.

Tektronix 7000er mit 7A18 -> DC-mässig hochohmig
Tektronix 7000er mit 7A22 -> DC-mässig hochohmig
Rigol DS2071 -> trotz AC-Kopplung 1Meg DC

Bin gespannt wie es bei euren Scopes ist

Viele Grüße
Philipp

von Uwe B. (uwe_beis)


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Hallo Philipp,

ob bei AC-Kopplung die DC-Eingangsimpedanz 1 MOhm ist, lässt sich auch 
daran relativ leicht erkennen, ob im 10:1-Betrieb die untere 
Grenzfrequenz 1/10 (genauer: 1/11) der vom 1:1-Betrieb ist oder die 
selbe.

Ich habe nie gemessen, aber auf diese Weise bei meinen Oszis immer 
beobachtet, dass die DC-Impedanz bei AC-Kopplung immer = ∞ ist. Das 
waren fast alles Hameg-Scopes.

Dieses Schaltung halte ich auch für normal und eigentlich auch gar nicht 
vermeidbar, denn wenn der Eingangs-R vor dem C ist, wodurch bekommt 
die folgende Eingangsstufe ihren Bias-Strom? 10 MOhm? Dann müsste ein 
1.1111 MOhm-R am Eingang sein. 100 MOhm? Ein bisschen arg viel für eine 
Eingangsstufe, bei der man eine DC-Drift im µV-Bereich vermeiden will.

Grüße, Uwe

von Philipp C. (e61_phil) Benutzerseite


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Hallo Uwe,

man kann ja auch einfach direkt mit einem Ohm-Meter mal messen. Das 
dürfte für viele hier noch einfacher sein.

Ich hielt es auch für normal, dass das Scope auf AC gekoppelt einen 
quasi unendlich hohen DC Widerstand hat. Darum hat mich das Rigol auch 
sehr überrascht. Man hört dort beim Umschalten auch nicht das typische 
Relais-Klicken. Das DS2072 hat als kleinste Vertikalauflösung dabei 
sogar nur 500µV/Div. Wäre schon interessant, wie dort die Schaltung 
aussieht. Zumal das Scope ja nur per Software auf 70MHz limitiert ist. 
Die 200MHz Version unterscheidet sich nicht in der Hardware.


Mir kam diese Überlegung weil es ja immer wieder Leute gibt, die sich zB 
den Ripple auf einigen 100V ansehen möchten und das Scope dann mit 
angeschlossenem 1:100 Tastkopf auf AC schalten im Glauben, dass der 
1:100 Tastkopf das Scope vor diesen paar hundert Volt schützt. Dies ist 
ja aber nicht so, wenn tatsächlich ein C in Reihe liegt. Dann würde die 
volle Netzteilspannung an der Scope-Buchse liegen trotz 1:100 Tastkopf.

Viele Grüße
Philipp

von Mani W. (e-doc)


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Philipp C. schrieb:
> man kann ja auch einfach direkt mit einem Ohm-Meter mal messen. Das
> dürfte für viele hier noch einfacher sein.

Mein HAMEG 203-5 hat auf DC 1M, auf AC reicht der 20M-Bereich des
Ohmmeters nicht aus, irgend etwas anzuzeigen, was ja auch logisch
sein sollte...


AC wird über 0,1u/500V und in Serie dazu einen 51R geführt...

von Mani W. (e-doc)


Angehängte Dateien:

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Hier ist die Schaltung aus dem Service-Manuel HM 203-5

von Lukas K. (carrotindustries)


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Mal so zum Vergleich das Frontend des DS1052E, dein Rigol wird vmtl. 
ähnlich aussehen:
http://rigol.codenaschen.de/index.php/File:DS1052E_HW58_PCB_Schematics_-_Ch1_analog_front-end.jpg

Für AC-kopplung wird einfach der DC-Pfad ausgemacht. Das Relais dafür 
kann auch als Optorelais ausgeführt werden. So hat man ein Relais 
weniger im HF-Pfad.

von Philipp C (Gast)


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Auch wenn ich glaube (weniger Rauschen, mehr Bandbreite), dass es beim 
DS2000 anders aussieht ist das ja sehr interessant.

Damit wäre der DC Widerstand ja vom Abschwächer abhängig. Bei weniger 
als 500mV/Div knallt es hier dann erst.

Vielen Dank

von Sven D. (Gast)


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Also ich sag der Eingangswiderstand ist frequenzabhängig :-)

von Philipp C. (e61_phil) Benutzerseite


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Sven D. schrieb:
> Also ich sag der Eingangswiderstand ist frequenzabhängig :-)

Un dich sage, dass Du weder gelesen (noch verstanden) hast worum es hier 
geht.

Aber für Dich gerne noch mal in kurz: Es geht explizit um den 
DC-Widerstand.

von Ralph B. (rberres)


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Philipp C. schrieb:
> ch hatte in einem anderen Thread einfach vollmundig behauptet, dass man
> bei AC-Kopplung und hohen DC-Spannungen trotz 1:10 bzw. 1:100 Tastkopf
> nicht einfach so auf AC-Kopplung schalten dürfe, weil der
> Eingangs-Kondensator des Scopes ansonsten die volle ungeteilte
> Gleichspannung sieht.

Wenn man weis, das eine hohe Gleichspannung anliegt, darf man den Scope 
nicht auf AC schalten, weil sonst in der Tat die hohe DC ( wenn auch 
über einen 99Mohm Widerstand ) am AC-Trennkondensator im Oszillograf 
anliegt.

Aber mir stellt sich die Frage, ob ein 100:1 Tastkopf insbesonders wenn 
er mehr als 1,5KV aushält, wirklich einen 99Mohm Längswiderstand hat.

Der Trimmkondensator paralell zu dem 99Mohm müsste die Spannung ja 
ebenso aushalten.

Vielleicht weis hier jemand, wie solche Tastköpfe tatsächlich aufgebaut 
sind.

Ralph Berres

von Philipp C (Gast)


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Meine Testec 1:100 2,5kV Tastköpfe sind genau so aufgebaut.

von Philipp C (Gast)


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@Ralph: Das was Du sagst scheinen aber die wenigsten zu wissen. Auch 
hier im Forum wird ja immer wieder gesagt es wäre ok sich zB den Ripple 
auf 400V DC mit einem 1:10 Tastkopf anzusehen.

Mein Tektronix 1:1000 Tastkopf ist übrigens nicht mehr einfach durch 
eine Serienimpedanz gemacht.

Viele Grüße
Philipp

von Ralph B. (rberres)


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An von den Abmessungen so kleinen Trimmkondensatoren 2,5KV DC anzulegen, 
halte ich aber schon für auf die Kante genäht.

Vielleicht sollte man den vollmundigen Versprechungen der 
Tastkopfhersteller, was die maximal zulässige Spannung an der 
Tastkopfspitze betrifft, ein wenig reservierter gegenüberstehen.

Insbesonders wenn es sich um fernöstlichen Fast Foot Schrott handelt.

Eine lange Isolierung zwischen Tastspitze und Abschirmkörper muss noch 
lange nicht bedeuten, das dort der limitierende Faktor liegt.

Ralph Berres

von Jens G. (jensig)


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Philipp C. schrieb:
>Mir kam diese Überlegung weil es ja immer wieder Leute gibt, die sich zB
>den Ripple auf einigen 100V ansehen möchten und das Scope dann mit
>angeschlossenem 1:100 Tastkopf auf AC schalten im Glauben, dass der

Wenn es nur ein paar 100V sind, ist es auch meistens ok. Zumindest mein 
TDS224 sagt was von 300V Dauer, bzw. 420V Peak (bei 50% Impulsverhältnis 
bzw. <100ms).
Wobei ich eher den Verdacht habe, daß diese Werte von der max. 
Verlustleistung des Eingangs-R abhängen, denn das ergibt ja an 1MOhm 
auch schon knapp 100mW bzw. 170mW.
Der Eingangs-C wird da wohl mindestens richtung 400V gehen, eher 630V.
Ansonsten ist es bei meinem Oszi auch so, nämlich Ri -> unendlich bei 
AC.

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Lukas K. schrieb:
> Mal so zum Vergleich das Frontend des DS1052E, dein Rigol wird vmtl.
> ähnlich aussehen:
> 
http://rigol.codenaschen.de/index.php/File:DS1052E_HW58_PCB_Schematics_-_Ch1_analog_front-end.jpg
>
> Für AC-kopplung wird einfach der DC-Pfad ausgemacht. Das Relais dafür
> kann auch als Optorelais ausgeführt werden. So hat man ein Relais
> weniger im HF-Pfad.

Die Tektronix-Patente auf Feed-Beside Technik müssen wohl ausgelaufen 
sein :-)

von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Ralph B. schrieb:
> Der Trimmkondensator paralell zu dem 99Mohm müsste die Spannung ja
> ebenso aushalten.

Welcher Trimmkondensator parallel zu den 99 MΩ? Zumindest mein 1:100 
Tastkopf wird per Fußtrimmkondensator abgeglichen, nicht am Kopf. Am 
Kopf des Teilers wird ein fester Kondensator parallel sein.

Ralph B. schrieb:
> Wenn man weis, das eine hohe Gleichspannung anliegt, darf man den Scope
> nicht auf AC schalten, weil sonst in der Tat die hohe DC ( wenn auch
> über einen 99Mohm Widerstand ) am AC-Trennkondensator im Oszillograf
> anliegt.

Das wird erst zu einem Problem, wenn die ungeteilte DC zu groß für den 
Eingang vom Oszi wird, also normalerweise 300 Volt oder mehr. 
Ripple-Messungen an noch höheren Versorgungen dürfen dann nicht mehr 
AC-gekoppelt sein.

: Bearbeitet durch User
von Andrew T. (marsufant)


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Ralph B. schrieb:
> ber mir stellt sich die Frage, ob ein 100:1 Tastkopf insbesonders wenn
> er mehr als 1,5KV aushält, wirklich einen 99Mohm Längswiderstand hat.

Es kommt darauf an .-)
Einige haben 99M OHM,
andere weniger UND dafür einen zusätzlichen Widerstand zw. 
Ausgangsseitigem Ende und GND

>
> Der Trimmkondensator paralell zu dem 99Mohm müsste die Spannung ja
> ebenso aushalten.

Denke mal anders:
Man kann auch 2 pF 2kV fix-C parallel zum 99 M Ohm schalten UND dann den 
Trimmkondensator zw. Ausgangsseitigem Ende und GND setzen .-)


Siehe Manual zum Tektronix P6015 als Beispiel.

>
> Vielleicht weis hier jemand, wie solche Tastköpfe tatsächlich aufgebaut
> sind.

s.o.
Will sagen: Es gibt bei 100:1 beide Versionen.
Bei 1000:1 nur die oben skizzierte.
Etc.

von Philipp C. (e61_phil) Benutzerseite


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Eigentlich erkennt man das Prinzip des Tastkopfes auch direkt an der 
angegebenen Impedanz. Ein 1:100 Tastkopf der 100Meg haben soll, der kann 
nur mit 99Meg in Reihe realisiert sein (wir gehen mal von passiven 
Tastköpfen aus). Wenn der 1:1000 dann auch nur 100Meg hat, dann weiß man 
eigentlich auch, dass dieser einen Teiler besitzen muss.

Der Testec-Tastkopf wird auch an der Scope-Buchse getrimmt und nicht 
"vorne"


Marian  . schrieb:
> Das wird erst zu einem Problem, wenn die ungeteilte DC zu groß für den
> Eingang vom Oszi wird, also normalerweise 300 Volt oder mehr.
> Ripple-Messungen an noch höheren Versorgungen dürfen dann nicht mehr
> AC-gekoppelt sein.

Ja klar, bis 300V ist es kein Problem. Trotzdem denke ich, dass viele 
sich das nicht vor Augen führen. Und hier gibt es ja des Öfteren 
Netzteilbauten für Zählröhren usw die die 300V DC überschreiten. Gerade 
wenn die Leute mit 1:100 Tastköpfen hantieren geht es ja oft um größere 
Spannungen.


Bei meinem DS2072 ist es übrigens egal wie man den Abschwächer 
einstellt, es bleibt immer bei ca. 1Meg DC. Es ändert sich zwar ein 
wenig bei jedem Relais-Klicken, aber grob bleibt 1Meg.


Und wenn man sich die Eingangsschaltung mal nicht auf dem Handy ansieht, 
sondern auf einem Monitor, dann sieht man auch, dass es auch beim DS1052 
immer einen DC-Pfad gibt. :)

: Bearbeitet durch User
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