Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Teure 220V Trafos


von Christian M. (Gast)


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Hallo Forumaner,

letzte Woche war ich wiedermal bei Pusterla in Zürich, da hat's schon 
seit Jahren teuren Gerümpel. Ich habe einen schönen Ringkerntrafo 
gefunden, den ich hätte gebrauchen können. Aber der hatte, wie die 
meisten dort rumliegenden Trafos, ein Primär-Nennspannung von 220V 
(zweihundertzwanzig). Der kostete auch immer noch 50% mehr als ein 
Vergleichbarer bei reichelt.
Auf meine Frage, ob man über den Preis sprechen kann, kamen nur 
Argumente wie:

Die Toleranzen seien ausreichend, die kommen nicht in Sättigung, und
Bei der grösseren Ausgangsspannung hat man mehr spazig für den 
nachfolgenden Spannungsregler,

also nur Vorteile. Ich werde aber sicher KEINEN 220V Trafo in einem 
neuen Projekt verbauen. Jetzt meine Frage: Besteht eine Gefahr bezüglich 
der Sättigung?

Bitte keine Bemerkungen zu Geiz ist geil, und ich muss ja nicht kaufen 
und so...

Gruss Chregu

von Автомат К. (dermeckrige)


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Nein.

von Franz Tormator (Gast)


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Christian M. schrieb:
> Auf meine Frage, ob man über den Preis sprechen kann...

Wenn man über den Preis hätte sprechen können -wäre es Dir dann gleich- 
gültig gewesen, ob der Trafo in die Sättigung gehen würde?

Christian M. schrieb:
> Ich werde aber sicher KEINEN 220V Trafo in einem
> neuen Projekt verbauen.

Ja, dann ist doch Alles in Ordnung. Wenn Du das ohnehin nie tun 
würdest...

Sehr, sehr seltsam.

von Thomas B. (thombde)


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Ich habe auch noch einige 220V Trafo´s am laufen.
Und mein altes Hameg Oszi läuft auch noch.
In neuen Projekten muss das aber nicht sein.

: Bearbeitet durch User
von Michael B. (laberkopp)


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Christian M. schrieb:
> Besteht eine Gefahr bezüglich der Sättigung?

Jein.

Ein Trafo wird so ausgelegt, daß er bei Nennbelastung gerade eben eine 
Temperaturerhöhung im inneren hat, die mit der Drahtisolierung eine 
Lebensdauer von 10 Jahren ergibt.

Zumindest wird die Belastung draufgestempelt. Sie gilt nur bei 
ausreichender Kühlung.

Wenn man den Trafo nur für 220V so ausgelegt hat, und an 230V 
anschliesst, dann bekommt man eine höhere Spannung und damit mehr 
Leistung bei gleichem Strom. Könnte man denken. Stimmt aber nicht, denn 
bei gleichem Strom wird der Trafoi gleich warm UND es kommt noch die 
etwas höhere Erwärmung auf Grund der höheren Ummagnetisierung die ihn 
stärker in Richtung Sättigung ausnutzt.

Man muss also den Strom reduzieren.

Wie weit ? So weit, daß die Leistung gleich bleibt ? Also bei 4.5% mehr 
Spannung eben 4.5% weniger Strom ? Nein, da die Sättigung nicht-linear 
ist und man immer weiter in die Sättigung geht, bringt 4.5% mehr 
Spannung nicht 4.5% merh Sättigungsverluste, sondern vermuclih 10% mehr 
Sättigungsverluste, denen man mit 10% weniger Strom begegnen muss, also 
insgesamt weniger Leistung als an 220V.

Wenn man nun aus dem 220V Trafo an 230V entsprechend weniger Strom 
zieht, daß die Gesamtverlustleistung gleich bleibt, alsoa uch die 
Erwärmung gleich bleibt, dann kann man ihn getrost einsetzen. Man hat 
halo so ungefähr 5% Leistungsverlust.

von Peter D. (peda)


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Christian M. schrieb:
> letzte Woche war ich wiedermal bei Pusterla in Zürich, da hat's schon
> seit Jahren teuren Gerümpel.

Wenn der keine Ahnung von Preisen hat, dann laß das Zeug ruhig weiter 
einstauben.

Ältere 220V Trafos hatten meist noch nen 240V Abgriff.
Nicht so alte Billigtrafos können hart auf Kante genäht sein und bei 
230V ordentlich heizen, d.h die waren schon bei 220V weit in der 
Sättigung.
Man muß die Stromrechnung ja nicht mit Gewalt hochtreiben.

von Ichbin (Gast)


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Mein altes Markenschweißgerät welches noch mit 220V gestempelt ist, 
überhitzt im Leerlauf bei 230V....

Ichbin

von Lurchi (Gast)


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An sich wurden bei der Umstellung auf 230 V die Toleranzen reduziert. 
D.h. die höchste zulässige Spannung im Netz ist nicht höher geworden. 
Von daher sollte der alte für 220 V ausgelegte Trafo auch heute noch 
gehen.

Wie hoch die Magentisierung getrieben wird ist auch eine Auslegungsfrage 
- bei höherer Magentisierung bzw. Spannung für eine gegbene Spule hat 
man halt etwas mehr Leerlaufverluste und ggf. leicht mehr Leistung die 
der gleiche Kern liefern kann. Es ist halt eine Frage der Abwägung. Für 
eine Anwendung mit eher viel Leerlauf ist der 220 V Trafo also eher 
nichts.

Wenn der Preis nicht passt ist es aber sowieso egal. Im Regal ist es 
egal ob da 220 V , 230 V oder 100 V drauf stehen.

von Alfred B. (alfred_b979)


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Franz Tormator schrieb:
> Sehr, sehr seltsam.

Schon irgendwie. Aber vermutlich interessiert es ihn halt schlicht und 
einfach. Egal, was er sonst noch schrob. Ist doch eigentlich unwichtig.
Genaugenommen hätt´ er sich halt diese "Einleitung" sparen können, wenn 
sie mit weiteren Vorhaben nix zu tun haben zu scheint.

Ichbin schrieb:
> überhitzt im Leerlauf

Das heißt also wohl, daß die Gefahr - zumindest bei manchen 220V-Trafos 
- durchaus besteht. Das, in Verbindung mit der höheren Ausgangsspannung, 
bringt mich zu der Frage, wieso man eigentlich nicht (zumindest je nach 
Fall abgewogen) einfach etwas Windungen zählt und/oder rechnet, und eine 
passende Anzahl Primärwindungen hinzufügt. Wäre das nicht besser, als 
viele davon einfach nicht (mehr) zu benutzen?

von Timm T. (Gast)


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Автомат К. schrieb:
> Nein.

Echt nicht?

Ich hab hier einen alten Trafo, der mal für Modellbahn gedacht war, 
ausgelegt für 220V. Da sehe ich bei 230V sehr schön die Sättigung auf 
dem Oszi.

Lurchi schrieb:
> An sich wurden bei der Umstellung auf 230 V die Toleranzen reduziert.

Kapitalismus, man! Ich habe noch nie - und ich komme viel rum - weniger 
als 235V gemessen, selbst hier auf dem Dorf an der Stichleitung wird die 
Toleranz immer noch oben ausgenutzt.

Wahrscheinlich bringen die Spannungsüberhöhung durch den höheren 
Verbrauch noch ein paar Prozent mehr Rendite für die Auktionäre.

Dagegen habe ich bei Leuten, die in der Nähe einer Solaranlage wohnen, 
durchaus schon 248V auf der Uhr gehabt. Die Anlage muß ja rückwärts über 
den Ortstrafo ins 10kV-Netz einspeisen, und das geht nur mit höherer 
Spannung.

von Neuer (Gast)


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Timm T. schrieb:
> Da sehe ich bei 230V sehr schön die Sättigung auf
> dem Oszi.

Wie sieht man das?

von Mark S. (voltwide)


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Messung mit einer Stromzange

von oldeurope O. (Gast)


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Christian M. schrieb:
> Der kostete auch immer noch 50% mehr als ein
> Vergleichbarer bei r...

Und in Deutschland kostet er auch 50% mehr als beim Chinesen.

Timm T. schrieb:
> als 235V gemessen,

Bei mir 230,60VAC gemessen mit Fluke 867B

Timm T. schrieb:
> Dagegen habe ich bei Leuten, die in der Nähe einer Solaranlage wohnen,
> durchaus schon 248V auf der Uhr gehabt.

Da bin ich auch besorgt. Habe aber keine Erfahrungswerte.

Peter D. schrieb:
> Ältere 220V Trafos hatten meist noch nen 240V Abgriff.

Und bei einem nicht vergossenen RK Trafo ist es kein Problem
ein paar Windungen dazu zu tun. Das mache ich wenn die Ausgangsspannung
genau stimmen soll.

Автомат К. schrieb:
> Nein.

Ich hatte diesbezüglich auch noch keine Probleme.

LG
OXI

von Uwe B. (uwe_beis)


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Timm T. schrieb:
> Ich habe noch nie - und ich komme viel rum - weniger als 235V gemessen
Hier bei mir, heute und im Moment: 226 V RMS, +/-0,5 V schwankend 
(HM8011). Ich messe selten, aber sehe dann, soweit ich mich erinnere, 
normalerweise immer < 230 V.

Timm T. schrieb:
> Dagegen habe ich bei Leuten, die in der Nähe einer Solaranlage wohnen,
> durchaus schon 248V auf der Uhr gehabt.
Wikipedia: Seit 2009 darf die Netzspannung 230 +/-23 V betragen, womit 
207 Volt bis 253 Volt erlaubt sind.

Wäre mal interessant, eine Statistik über tatsächlich vorhandene 
Netzspannungen zu sehen. Orts- und Zeitabhängig.

von Elektrofan (Gast)


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> An sich wurden bei der Umstellung auf 230 V die Toleranzen reduziert.

Aber nur für einige Zeit, solange bis der erste Satz Glühlampen in 
Deutschland und anderswo getauscht war.
Die Umstellung hatte man uns ja als notwendige Angleichung innerhalb der 
wesentlich vom deutschen Tropf am Leben erhaltenen gesamten EU-Farce 
verkauft, damit es allen noch besser ginge, jedenfalls der Wirtschaft.
(Und das alles wg. England; denen war's aber egal, die konnten ihre
240 V defacto beibehalten.)

Nachdem man dieses Wachstumselement verfrühstückt hatte, bohrte man im 
nächsten Schritt einfach die Toleranzen auf:

http://www.mysnip.de/forum-archiv/thema-569-238808/Erhoehung+der+Spannungstoleranzen+im+Stromnetz_.html

Damit haben "Fachkräfte" in diversen Bürokratien definiert, dass alle 
Stecker etc. mit VDE-Zeichen, auf denen 250 V steht, auch 3 V mehr 
abkönnen ...

von MaWin (Gast)


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Lurchi schrieb:
> An sich wurden bei der Umstellung auf 230 V die Toleranzen
> reduziert. D.h. die höchste zulässige Spannung im Netz ist nicht höher
> geworden.

Falsch.

Damals +10%, heute +10%.

von Elektrofan (Gast)


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> Damals +10%, heute +10%.

Nein, zuerst waren nur 6% erlaubt, lt.:

http://www.mysnip.de/forum-archiv/thema-569-238808/Erhoehung+der+Spannungstoleranzen+im+Stromnetz_.html

von Michael B. (laberkopp)


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Elektrofan schrieb:

> zuerst waren nur 6% erlaubt, lt.:
> http://www.mysnip.de/forum-archiv/thema-569-238808...

Sicher, aber deswegen ist "Damals 10%, heute 10%" noch lange nicht 
falsch,
sondern nur dein "Nein" ist falsch.

von Timm T. (Gast)


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Uwe B. schrieb:
> Wäre mal interessant, eine Statistik über tatsächlich vorhandene
> Netzspannungen zu sehen. Orts- und Zeitabhängig.

Es wurde doch auf dem 32C3 ein Projekt vorgestellt, wo man mit 
selbstgebauten Spannungs/Frequenzzählern sein Netz überwachen kann und 
die Daten sammelt, um die Quellen/Senken-Verteilung in Europa zu sehen.

Ich glaub es war in diesem Vortrag, aber ich finds auf die Schnelle 
nicht: https://www.youtube.com/watch?v=AzEmvX8_1jc

von D. Schlunz (Gast)


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Wewnn man Angst hat, kann man ja noch ein Induktives Filter Vorschalten, 
eine Spule in Serie und so...

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