Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Kondensatoren mit driftendem Wert


von Hannäs (Gast)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Ich habe mir gerade SMD X7R 1µF/50V Bauform 0805 mit 10% Toleranz 
angeblich von Samsung gekauft.

Ich habe sie im Bild mal neben anderen Kondensatoren aus meiner 
Bastelkiste abgebildet und auch durchgemessen.

Während alle anderen Kondensatoren nach zwei/drei Messintervallen auf 
einem konstanten Wert landen, sind die 6 SMD auch nach 5-10 Sekunden 
nicht auf einem konstanten Wert. Sie starten irgendwo bei 0,95µF und 
gehen dann Richtung 0,88µF oder sogar 0,85µF.

Ich weiß wohl, daß die Kapazität von X7R mit der anliegenden Spannung 
variiert, aber so stark? Außerdem sind die 10% Toleranz deutlich 
unterschritten. Ist das bei Samsung normal oder hat man mir billigeres 
Zeug angedreht?

Eine Zusatzfrage habe ich noch: Alle anderen Kondensatoren sind 
mindestens 30 Jahre alt und ich vermute, daß die drei rechten oberen 
Folienkondensatoren sein könnten, die besonders gut für Audio geeignet 
sind. Aber was genau sind das?

von MaWin (Gast)


Lesenswert?

u47 und 105K sind Folien und taugen für Audio.
Die SMD und die 104Z unten sind Keramik und taugen nicht für Audio.
Nun weisst du ja warum.
Ob während des Messzyklus wirklich die Gleichspannung am Kondensator 
steigt und für die Kapazitätsabweichung verantwortlich ist, weiss nur 
dein Messgerät. X7R ist ja noch harmlos gegenüber Z5U.
Klar ist, daß man diese SMD Keramik nicht für Audio einsetzt.

von Teo D. (teoderix)


Lesenswert?

Hannäs schrieb:
> Ich weiß wohl, daß die Kapazität von X7R mit der anliegenden Spannung
> variiert, aber so stark? Außerdem sind die 10% Toleranz deutlich
> unterschritten. Ist das bei Samsung normal oder hat man mir billigeres
> Zeug angedreht?

Liegt sicher an der Art der Messung.
https://de.wikipedia.org/wiki/Keramikkondensator#Kapazit.C3.A4t_und_Kapazit.C3.A4tstoleranz

von Hannäs (Gast)


Lesenswert?

Danke @MaWin und @Teo für die schnellen Antworten.

Ich habe ein relativ einfaches Multimeter VC97+ benutzt, das mir bisher 
bei Kapazitäten sehr reliable Messungen geboten hat, ist wohl kein 
Montagsgerät (derselbe Kondensator an verschiedenen Tagen gemessen hat 
nur minimale Abweichung und auch Kondensatoren mit 22pF und 33pF liefern 
nahezu die aufgedruckten Werte).

Der 104Z ist ja auch ein Keramikkondensator, aber driftet exakt 0 im 
Gegensatz zu den X7R. Warum?

Über den 105K hätte ich gerne mehr gewußt, außer daß es Folie ist, z.B. 
Poyester, Polypropylen, metallisiert, ..., Hersteller?

von Teo D. (teoderix)


Lesenswert?

Unterschiedliche Temperaturabhängigkeit und Masse(Bauform)!?
https://de.wikipedia.org/wiki/Keramikkondensator#/media/File:MLCC-Cap-Temp-Klasse-2-Kurven.svg
Alleine Deine /Anwesenheit/(<50cm) kann so kleine Dinger um ein Grad 
erwärmen!

von MaWin (Gast)


Lesenswert?

Hannäs schrieb:
> Der 104Z ist ja auch ein Keramikkondensator, aber driftet exakt 0 im
> Gegensatz zu den X7R. Warum?

Viel grösser, also konnte besseres Dielektrikum verwendet werden.
Das ist ein DD306 von Murata
http://www.rockby.com.au/DSheets/10059.pdf
mit Dielektrikum 'Type 3' was auch immer das ist, jedenfalls +80%/-20%

> Über den 105K hätte ich gerne mehr gewußt, außer daß es Folie ist, z.B.
> Poyester,

Polyester.

> Hersteller?

Nissey http://www.hoverbird.com.c n/Public/uploads/pdf/1326174251.pdf

von Hannäs (Gast)


Lesenswert?

Vielen Dank an alle!

von Hannäs (Gast)


Lesenswert?

Ich muß hier ergänzen, daß ich die X7R, die durch die Bank weniger als 
0,9µF hatten (20 gemessen), nach Einlöten, im Prototyp nutzen und 
Auslöten nochmal gemessen habe.

Und siehe da, plötzlich haben sie 1,04µF!

Ist das ein bekanntes Phänomen bei (größeren?) X7R, daß sie erst durch 
Erhitzen und/oder Benutzen ihre endgültige Kapazität erreichen?

von Sascha (Gast)


Lesenswert?

Ach, die haben alle möglichen unschönen Effekte.

In der Vorlesung Automobilelektronik war das eine Powerpoint Folie: 
"Diese hier gibt es auch, die werden meistens für weisse Ware verwendet. 
Bei uns eher nicht." ;)

von Felix the cat (Gast)


Lesenswert?

Hallo

laut Wikipedia:
"Klasse-2-Keramikkondensatoren haben Dielektrika aus ferroelektrischen 
Materialien, meist Bariumtitanat mit geeigneten Zuschlägen. Diese 
verändern ihre Dielektrizitätszahl mit der Größe der anliegenden 
Spannung."

Aber warum machen das ferroelektrische Materialien - was sind die 
physikalisch Vorgänge die das so extrem bewirken?
Über eine Hobbyisten taugliche  Beschreibung, bzw. einen Link einer 
Beschreibung die ->nicht<- auf Hochschulniveau liegt würde ich mich sehr 
freuen.

Und warum hat der Temperatur so einen großen Einfluss im Vergleich zu 
Kondensatoren mit anderen Dielektrika?


Felix the cat

von loeti2 (Gast)


Lesenswert?


von Arno H. (arno_h)


Lesenswert?

Hannäs schrieb:
> Ich muß hier ergänzen, daß ich die X7R, die durch die Bank weniger als
> 0,9µF hatten (20 gemessen), nach Einlöten, im Prototyp nutzen und
> Auslöten nochmal gemessen habe.
>
> Und siehe da, plötzlich haben sie 1,04µF!
>
> Ist das ein bekanntes Phänomen bei (größeren?) X7R, daß sie erst durch
> Erhitzen und/oder Benutzen ihre endgültige Kapazität erreichen?

MLCC unterliegen einer Alterung mit nachlassendem Kapazitätswert.
Erhitzen über die Curietemperatur stellt den Anfangszustand des KerKo 
wieder her. Siehe z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/Keramikkondensator 
im Abschnitt Alterung.

Arno

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.