Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Analoge Audioeingänge vor Überspannung schützen - Dioden?


von Ralf (Gast)


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Hallo,

wie schützt man denn Analoge Signaleingänge für Audioanwendungen vor 
Überspannung.

Habe es aus anderen Bereichen so kennengelernt, dass man direkt nach dem 
Eingang zwei entgegengerichtete Dioden gegen Masse schaltet.

Wie sinnvoll ist das bei Audio. Ist das "hörbar"?

Testen kann ich es leider nicht, weil ich mir die Bauteile immer erst 
bestelle, wenn die Platine fertig ist und ich defacto nichts auf Lager 
habe.

Wer weiß was?

Danke!

von Michael B. (laberkopp)


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Insbesondere der klassische Eingang
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                          V+
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Eingang --0.1uF--+-------|+\
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                 |       |  >--
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                 |       |-/
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                22k       |
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                 |        |
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Masse -----------+-- GND  |
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                          |
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                          V-
kann Probleme machen wenn der OpAmp ein CMOS-OpAmp ist, weil beim 
Einstecken des Steckers eventuell eine hohe Spannung einen Strom durch 
die Eingangsschutzdioden des OpAmps fliessen lässt woraufhin der in 
latch up geht und die Versorgungsspannung kurzschliesst bis sie wieder 
ausgeschaltet wird. Bipolare OpAmps halten das oft aus.

Dioden nach plus und minus der Versorgungsspannung sind sinnvoll:
1
                          V+
2
                    BAV199|
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                    +-|>|-+
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                    |     |
5
Eingang --0.1uF--+--+-1k-|+\
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                 |  |    |  >--
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                 |  |    |-/
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                22k |     |
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                 |  +-|<|-+
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                 |        |
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Masse -----------+-- GND  |
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                          |
13
                          V-
die leiten die gefährlichen Spannung ab, der 1k verhindert zu viel Strom 
in den OpAmp Eingang.

: Bearbeitet durch User
von Sascha (Gast)


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Hörbar ist das, sobald die Dioden auch leiten. Ist dann Clipping.

Typisch für Kopfhörerausgänge ist 1Vac, Eingang der nachfolgenden 
Schaltung kann üblicherweise mindestens 3V ab.

Hast du also noch Spielraum dazwischen.

von Andi B. (Gast)


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Ralf schrieb:
> Habe es aus anderen Bereichen so kennengelernt, dass man direkt nach dem
> Eingang zwei entgegengerichtete Dioden gegen Masse schaltet.
Das geht bei Audio nicht, bzw. nur bei leisen Signalen. Schon bei 
typischer Aussteuerung würden die Dioden das Signal clippen.

> Ist das "hörbar"?
Kommt auf deine Ohren an :-) Von, "klingt eh brauchbar" (120 jähriger 
Opa welcher das Hörgerät verlegt hat) bis "katastrophal beschissen" 
(meine Meinung).

Die von Michael vorgeschlagenen 22k sind unterstes Minimum in den 
einschlägigen Normen. Und die 100nF sind zu klein (11dB Dämpfung bei 
20Hz). Also lieber 47k oder 100k und > 220nF.

Die BAV199 würde auch das Audiosignal clippen. Geht also nur für "leise" 
Signale. 2 Veff (2,83Vp!) ist max. Standardaudiosignal. Etwas Reserve 
darüber hinaus schadet aber auch nicht. Also lieber sowas wie eine 5V 
Transil/Transzorp Diode oder Varistor.

Z.B. SIOV-CT0805M6G (B72510T0060M062) direkt am Eingang eignet sich da 
besser. Ob du dann noch Serienwiderstand brauchst oder....? Hängt davon 
ab, was in deiner Schaltung dahinter liegt. Wo willst du dein Signal 
einspeisen?

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Ralf schrieb:

> wie schützt man denn Analoge Signaleingänge für Audioanwendungen vor
> Überspannung.

Klassisch: gar nicht. Warum glaubst du denn, die schützen zu müssen?

> Habe es aus anderen Bereichen so kennengelernt, dass man direkt nach dem
> Eingang zwei entgegengerichtete Dioden gegen Masse schaltet.
>
> Wie sinnvoll ist das bei Audio. Ist das "hörbar"?

Es ist hörbar, sobald der Spitzenwert des Signals in die Größenordnung 
der Flußspannung kommt. Normale Silizium-Dioden mit ihren 0.7V sind für 
Line-Pegel sicher schon hörbar. Zwei antiserielle Z-Dioden oder 
Klemmdioden, wie von (laberkopp) vorgeschlagen, wären eine Alternative. 
Allerdings bedingen beide Varianten immer auch einen Längswiderstand 
(hat laberkopp nicht eingezeichnet).
1
          100n  
2
Eingang o--||--[1k]--*---*---> Schaltung
3
                     |   |
4
               100p ===  X 2 Z-Dioden antiseriell
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                     |   |
6
                    ~~~ ~~~

Der 1K Serienwiderstand bewirkt zusammen mit den Schutzdioden die 
Spannungsbegrenzung. In Verbindung mit den 100pF bildet er einen Tiefpaß 
gegen einstreuende HF.

Klemmdioden gegen die Betriebsspannung haben viele IC schon intern. Aber 
da du nicht sagst, was für eine Schaltung dir vorschwebt, können wir 
dazu natürlich nichts sagen.

: Bearbeitet durch User
von Der Andere (Gast)


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Andi B. schrieb:
> Die BAV199 würde auch das Audiosignal clippen. Geht also nur für "leise"
> Signale. 2 Veff (2,83Vp!) ist max. Standardaudiosignal.

Das ist nicht richtig, bitte genau hinschauen.
Die sind im Beistrag von Michael als Klemmdioden geschaltet und clippen 
erst wenn das Eingangssignal um die Sperrspannung der Diode größer ist 
als die Versorgung des OPs.

von EMP (Gast)


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Früher(TM) machte man das so:

"Antiparallel zusammengeschaltete Selendioden wurden auch als sogenannte 
Gehörschutzdioden in Telefonen eingesetzt; sie begrenzten durch ihre 
nichtlineare, jedoch „weiche“ Kennlinie Knackgeräusche auf ein 
erträgliches Maß, ohne starke Verzerrungen bei lauten Gesprächen 
hervorzurufen."   [Wikipedia]

von Michael B. (laberkopp)


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Andi B. schrieb:
> Die von Michael vorgeschlagenen 22k sind unterstes Minimum in den
> einschlägigen Normen. Und die 100nF sind zu klein (11dB Dämpfung bei
> 20Hz). Also lieber 47k oder 100k und > 220nF.

Ja.

> Die BAV199 würde auch das Audiosignal clippen.

Nein. Die leiten ja erst oberhalb V+ bzw. unterhalb V-.

Bei invertierenden Eingängen kann man die nah Masse ableiten lassen, 
weil der invertierende Eingang ja so lange alles funktioniert auf 
virtueller Null liegt
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                                     V+
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                        BAV199       |
3
                      +--|>|--+-----|+\
4
                      |       |     |  >------+--
5
Eingang --2.2uF--22k--+-------(--+--|-/       |
6
                      |       |  |   |        |
7
                      +--|<|--+  +---(--220k--+
8
                      |       |      |
9
                      +-100pF-+      V-
10
                              | 
11
Masse ------------------------+-- GND

von Peter D. (peda)


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Axel S. schrieb:
> Klassisch: gar nicht.

Ich hab auch noch nie Schutzschaltungen an diskreten Verstärkereingängen 
gesehen.
Die heutigen Quellenwahl-ICs (z.B. R2A15218FP) werden wohl welche 
eingebaut haben.

von Joerg L. (Firma: 100nF 0603 X7R) (joergl)


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Peter D. schrieb:
> Die heutigen Quellenwahl-ICs (z.B. R2A15218FP)

Den hats auch schon erwischt:
"R2A15218FP#U00R Production Status: EOL
EOL Products: A certain prescribed period of time has passed since EOL 
was announced for these products, and production has been discontinued. 
"

von Klaus B. (butzo)


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Ralf schrieb:
> Hallo,
>
> wie schützt man denn Analoge Signaleingänge für Audioanwendungen vor
> Überspannung.

> Wer weiß was?
So wie bei Eingangsschutzbeschaltungen der Messtechnik auch.

Klemmdioden nicht gegen GND sondern gegen die +/- Versorgung der Opamps, 
Schutzwiderstand 100R ..10 kOhm davor nicht vergessen.

http://www.analog.com/library/analogDialogue/archives/46-02/ovp.html?doc=AN-1318.pdf


Butzo

von Andi B. (Gast)


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Der Andere schrieb:
> Andi B. schrieb:
>> Die BAV199 würde auch das Audiosignal clippen. Geht also nur für "leise"
>> Signale. 2 Veff (2,83Vp!) ist max. Standardaudiosignal.
>
> Das ist nicht richtig, bitte genau hinschauen.

Stimmt. Hab ich übersehen. Ich tu mir schwer mit den 
Stricherlschaltplänen. Ableitdioden auf die Versorgungspins sind 
prinzipiell okay. Aber da würde ich dann Schottky Dioden nehmen. BAS40, 
BAS70...

von Michael B. (laberkopp)


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Andi B. schrieb:
> Aber da würde ich dann Schottky Dioden nehmen. BAS40, BAS70...

Die haben (zu) hohe Rückwärtsleitströme....

von Andi B. (Gast)


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Michael B. schrieb:
>> Aber da würde ich dann Schottky Dioden nehmen. BAS40, BAS70...
>
> Die haben (zu) hohe Rückwärtsleitströme....

Und die differenziellen << µA (typ. ein paar nA) machen bei einer 
Quellimpedanz von ein paar hundert Ohm welche Verzerrung?

von Andi B. (Gast)


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Und wenn das Eingangspotential in der Mitte von V+ und V- liegt, dann 
heben sich diese sogar auf ;-)

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