Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Thermocouple: Coldjunction Compensation, was ist das für eine "Junction"?


von Sebastian (Gast)


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Hallo,

wenn ich die Spannung eines Thermoelements messe, wie kann ich aus der 
gemessenen Temperatur der Coldjunction einen Spannungsert errechnen um 
den raus zu rechnen?

Ich hab schon einige Dokumente gelesen, aberich hab ja am Stecker eine 
"mir unbekannte" Junction/Metallpaarung, bzw. woher bekomme ich die 
Daten/Formeln dafür? Die "fertigen IC's" können ja nicht eine 
Temperaturreihe messen, müssen also von einer bestimmten 
Junction/Metallpaarung an der "Coldjunction" ausgehen. Aber welche ist 
das?

Vielen Dank,

Grüße

Sebastian

von Pandur S. (jetztnicht)


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Naja. die Coldjunction muss natuerlich auf das Thermoelement passen. 
Also ein Chromel/Alumel macht 40uV/K

von Arc N. (arc)


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Sebastian schrieb:
> Hallo,
>
> wenn ich die Spannung eines Thermoelements messe, wie kann ich aus der
> gemessenen Temperatur der Coldjunction einen Spannungsert errechnen um
> den raus zu rechnen?
>
> Ich hab schon einige Dokumente gelesen, aberich hab ja am Stecker eine
> "mir unbekannte" Junction/Metallpaarung, bzw. woher bekomme ich die
> Daten/Formeln dafür? Die "fertigen IC's" können ja nicht eine
> Temperaturreihe messen, müssen also von einer bestimmten
> Junction/Metallpaarung an der "Coldjunction" ausgehen. Aber welche ist
> das?

1
 /---------- V1 -------------- Stecker ------- V3 ------ ADC
2
/                              Cold/T1                    T3   
3
\
4
 \---------- V2 -------------- Stecker ------- V4 ------ ADC
5
Hot                            Cold/T2                    T4

Die Thermospannung entsteht entlang eines Leiters. Ein Thermoelement 
macht sich zunutze, dass unterschiedliche Legierungen unterschiedliche 
Spannungen generieren und deshalb eine messbare Differenz übrig bleibt.

Zu der Zeichnung:
Angenommen wird wie üblich, dass T1 = T2 und T3 = T4 d.h. die vom 
Stecker bis zum ADC auftretenden Thermospannungen heben sich auf.
Übrig bleibt V1 - V2, die der Temperaturdifferenz Hot - Cold entspricht.

Zur Berechnung der absoluten Temperatur Hot:
- Messen der Temperatur Tcold = T1 = T2
- Berechnen der Thermospannung Vcold(Tcold, Typ des Thermoelements)
- Zusammenrechnen: Vthermo = (V1 - V2) + Vcold
- Umrechnen von Vthermo in die Temperatur Thot = Temp(Vthermo, Typ des 
TCs)

Koeffizienten und inv. Koeffizienten für die Berechnung der Polynome 
z.B.:
http://srdata.nist.gov/its90/menu/menu.html

von Sebastian (Gast)


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Hallo,

wie berechnet man die 40uV/K, bzw. welcher Mateialpaarung ensprechen 
die? Ich denke die ColdJunction ist nichtlinear wie beim Thermoelement?

Oder entspricht die Coldjunction-Compenastion des K-Type Thermocouples 
genau dem K-Type Thermocouple selbst und es wird nur zur Vereinfachung 
der lineare Wert von 40uV/K verwendet? Dann könnte man die von der 
NIST(amerikanische Standardisierung) angegebene Rückrechnung anwenden?

Vielen Dank,

Grüße

Sebastian

von Schokogusstroll (Gast)


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Zum Typ K (Chromel/Alumel) , welches 40uV/K macht.
die Koeffizienten sind, fuer Temperature kleiner Null,

c1 = 0.394501280250   x10-1
c2 = 0.236223735980   x10-4
c3 = -0.328589067840   x10-6

Dabei ist zu bemerken, dass der quadratische Term noch 1/1000 des 
linearen ist. Dh fuer Standardanwendungen mit kleinen Anspruechen 
vernachlaessigbar. Falls nicht, waere interessant wie der 
Temperaturkompensator das macht. Ich wuerd allerdings eher den 
Kompensator weglassen, und mit einem Controller rechnen.

von Sebastian (Gast)


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Hallo Schokogusstroll,

das past aber nicht mit dem was z.B. der Max31855 macht:

COLD-JUNCTION SENSITIVITY (μV/°C)(0NC TO +70NC) = 40.73

Das enspricht genau dem linearisierten Wert des K-Type Thermocouple im 
positiven Bereich.

Grüße

Sebastian

P.S.

Wenn die Implementierung MAX31855 richtig ist muss man die Spannung die 
durch die "Coldjunction" entsteht von der Spannung der Hotjunction 
subtrahieren. Die Eigenschaften der Hitjunction und Coldjunction sind 
demnach identisch.

Ist das so?

von Arc N. (arc)


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Sebastian schrieb:
> Wenn die Implementierung MAX31855 richtig ist muss man die Spannung die
> durch die "Coldjunction" entsteht von der Spannung der Hotjunction
> subtrahieren.

Nein.
Die Polynome zum Berechnen der Temperatur an der Hotjunction sind auf 
0°C Kaltstelle referenziert.
Ist die Kaltstelle wärmer, ist die Spannung, die das Thermoelement 
liefert, geringer und dementsprechend muss diese Differenz addiert 
werden, um die Temperatur an der Hotjunction berechnen zu können.

Vthermo = V(Thot - Tcold)
ist Tcold = 0 °C könnte direkt in den Tabellen nachgesehen werden 
welcher Temperatur Thot diese Spannung entspricht.
Ist Tcold != 0 °C muss die Differenz V(Tcold - 0°C) addiert werden.
Es werden immer die Spannungen addiert und danach erst in die Temperatur 
umgerechnet.
Würde zuerst V(Thot - Tcold) in eine Temperatur umgerechnet und dann die 
Temperatur der Kaltstelle einfach addiert, gäbe es deutliche Fehler.

"It then measures the voltage from the thermocouple’s output at the 
reference junction and converts this to the noncompensated thermocouple 
temperature value. This value is then added to the device’s die 
temperature to calculate the thermocouple’s “hot junction” temperature"
(MAX31855) ist, wenn es tatsächlich so gemacht wird, falsch.

von Sebastian (Gast)


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Hallo,

ja, Vthermo = V(Thot) - V(Tcold).

Also liefert die Coldjunction die eine Spannung die auch die Hotjunction 
liefern würde.

Z.B.

Hotjunction@500°C = 20.644mV
Coldjunction@20°C = 0.798mV

Daraus folgt, am MAX31855 liegen 21.442mV an, gemessen werden 1,596mV 
und 20°C. Vom Messwert 21.442mV werden dann 0.798mV subtrahiert die aus 
den gemessenen 20°C der Coldjuction durch den MAX31855 bestimmt wurden. 
Ergibt 20.644mV was dann in die 500°C umgerechnet wird. Oder?

Vielen Dank,

Grüße

Sebastian

von Arc N. (arc)


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Das Beispiel von oben etwas konkreter:
Typ K Element:
KP = Chromel (90% Nickel, 10% Chrom)
KN = Alumel (98% Nickel, 2% Aluminium)
Seebeck-Koeffizienten bei 0 °C
Chromel: 21.7 uV/°C
Alumel: -17.3 uV/°C
Kupfer: 6.5 uV/°C
1
      /---------- V1 - KP --- Stecker --- V3 - Kupfer --- ADC+
2
     / 
3
Thot|                          Tcold/T1                    T3   
4
     \
5
      \---------- V2 - KN --- Stecker --- V4 - Kupfer --- ADC-
6
                               Tcold/T2                    T4

Thot = 15 °C
Tcold = T1 = T2 = 5 °C
Tadc = T3 = T4 = 20 °C

V1 = 21.7 uV/°C * (Thot - Tcold) = 21.7 uV/°C * 10 °C = 217 uV
V2 = -17.3 uV/°C * (Thot - Tcold) = -17.3 uV/°C * 10 °C = -173 uV

V3 = 6.5 uV/°C * (Tcold - Tadc) = 6.5 uV/°C * -15 °C = -97.5 uV
V4 = 6.5 uV/°C * (Tcold - Tadc) = 6.5 uV/°C * -15 °C = -97.5 uV

Der ADC misst differentiell an seinen Anschlüssen ADC+ und ADC-:
(V1 + V3) - (V2 + V4)
= 217 uV + (-97.5 uV) - (-173 uV) - (-97.5 uV)
=  217 uV + 173 uV = 390 uV

In der Tabelle nachgeschaut: 390 uV entsprechen etwa 10 °C
Fehlt noch die Kaltstelle:
5 °C entsprechend etwa 198 uV
390 uV + 198 uV = 588 uV
Aus der Tabelle: 588 uV entsprechen etwa 15 °C und damit der Temperatur 
Thot

Beim Beispiel mit Thot = 500 °C und Tcold = 20 °C:
Am ADC würden 19.846 mV gemessen...
Die 20 °C würden gemessen und umgerechnet zu 0.798 mV
Beides würde addiert: 19.846 mV + 0.798 mV = 20.664 mV ~ 500 °C

: Bearbeitet durch User
von Sebastian (Gast)


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Hallo,

woher hattest Du die Werte?

Chromel: 21.7 uV/°C
Alumel: -17.3 uV/°C
Kupfer: 6.5 uV/°C

Wikipedia, oder kann ich die auch bei dem NIST finden?

In der Tabelle des NIST stehen 500°C = 20,664uV , das bedeutet die Werte 
sind nicht nur die Hotjunction sondern beinhalten eine Coldjunction bei 
20°C?

Vielen Dank,

Grüße

Sebastian

von Arc N. (arc)


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Sebastian schrieb:
> Hallo,
>
> woher hattest Du die Werte?
>
> Chromel: 21.7 uV/°C
> Alumel: -17.3 uV/°C
> Kupfer: 6.5 uV/°C

Z.B.
http://www.sft.asso.fr/Local/sft/dir/user-3775/documents/actes/Metti5_School/Lectures&Tutorials-Presentations/Presentation-L5A-Lanzetta&Garnier.pdf

Ansonsten sind die Daten im/wohl aus dem
Handbook of Temperature Measurement Vol. 3: The Theory and Practice of 
Thermoelectric Thermometry, Bentley, 1998

> In der Tabelle des NIST stehen 500°C = 20,664uV , das bedeutet die Werte
> sind nicht nur die Hotjunction sondern beinhalten eine Coldjunction bei
> 20°C?

Nein. Die Werte in den Tabellen des NIST oder der DIN sind bezogen auf 
eine Kaltstelle von exakt 0 °C.
Wenn also beim Typ K Thot = 500 °C und Tcold = 0 °C dann sind 20.644 mV 
messbar.

Ist die Kaltstelle jetzt bspw. 20 °C, dann erzeugt das Thermoelement 
nicht 19.792 mV entsprechend (500 °C - 20 °C) = 480 °C, sondern 19.846 
mV und es müssten die 0.798 mV (20 °C) der Kaltstelle addiert werden.

Gerechnet würde:
Seebeck-Koeffizient:
umgestellt:

Entlang des Leiters ergibt sich dann mit
cu = Kupfer, KP = Chromel, KN = Alumel
das Integral

Der erste und letzte Term fallen weg (Integrationsgrenzen vertauschen, 
identisches Material, Kupfer) und die KP und KN können zusammengefasst 
werden
Nur wenn der Seebeck-Koeffizient nicht von der Temperatur abhängig, 
sondern konstant wäre, könnte gerechnet werden
Das Integral von 0°C bis 20 °C müsste trotzdem addiert werden, um die 
absolute Temperatur Thot zurückrechnen zu können

Ausführlicher ist das z.B. in 
http://web.cecs.pdx.edu/~gerry/epub/pdf/thermocouple.pdf dargestellt.

von Sebastian (Gast)


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Hallo,

vielen Dank für die ausführliche Erklärung und die Dokumenten-Links.

Faktisch fällt die Coldjunction weg weil die Differentiale sich 
aufheben, aber man bekommt nur die Spannung der Temperaturdifferenz von 
der Coldjunction zu Hotjunction, in dem Beispiel 500°C-20°C = 480°C. 
Also muss man die Spannung der 20°C dazu addieren um von der relativen 
Termospannung, zur absoluten Thermospannung zu kommen.

Vielen Vielen Dank an alle die geholfen haben.

Grüße

Sebastian

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