Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Klangreglung - einfache Schaltung am besten?


von Christoph M. (chrito)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Hallo an alle Audiophile!

Bin auf der Suche nach einer guten Klangregler-Schaltung. Gutes SNR, 
weiter Dynamikbereich, Anheben und Absenken bis +-20dB. Es soll für 
einen Instrumenten-Mischer mit Verstärker werden (Gitarre, Mikrofon, 
Bass usw.).

Eigentlich hätte ich gern mal was Digitales gebaut, mit DSP, aber der 
Aufwand scheint mir nicht ohne zu sein und ich finde nur bruchstückhaft 
Referenzdesigns. Daher lieber Analog-Technik.

So, jetzt des Pudels Kern:
Hab verschiedene Klangregler-Schaltungen aus dem Netz und Büchern unter 
die Lupe genommen, z.B.
Active Baxandall Circuit
von
http://www.learnabout-electronics.org/Amplifiers/amplifiers42.php

Aber auch andere. Hab den Krämpel mal simuliert (AC Analysis). Und der 
Frequenzverlauf ist gräuslich! In Mittelstellung der Potis ist der 
Frequenzverlauf nicht neutral und auch nicht symmetrisch, bei 
Maximalposition ist die Höhenverstärkung nur 10dB, während die 
Bassverstärkung 20dB erreicht. Und so einen Käse bekomme ich bei den 
meisten vorgeschlagenen Schaltungen, z.B. auch die hier erzeugt nach 
meiner Analyse keine sauberen Ergebnisse:
http://ok1ike.c-a-v.com/soubory/tipy/1%20IC%20TONE%20CONTROL%20PRE%20AMPLIFIER.JPG

Ausnahme bildet da
Single opamp tone control
von
http://www.simplecircuitdiagram.com/2010/02/03/single-op-amp-tone-control/

Hier ist der Frequenzverlauf sauber neutral in Mittelstellung, und die 
Maxima bzw. Minima liegen bei +-20dB. Und diese Schaltung ist mit die 
simpelste! Wie kann das sein? Wieso kursieren da soviel schlechte 
Schaltungs-Vorschläge im Internet? Oder hab ich was falsch simuliert?
Gibt's jemanden, der mich zu ner digitalen Lösung ermutigen kann?

Danke!
Grüße Christoph

: Bearbeitet durch User
von Peter D. (peda)


Lesenswert?

Die linke Schaltung ist schlichtweg falsch.
Das untere Ende gehört an GND und nicht an den OPV-Ausgang.
Mit OPV ist die rechte Schaltung richtig.
Früher waren OPVs sehr teuer, deshalb findet man die Schaltung wohl 
nicht so häufig. Aber sie war immer schon gut und auch bekannt.
Aber Bastler wollen ja was selber erfinden und nicht bewährte 
Schaltungen nachbauen. Da kommt es nur darauf an, daß man einen 
Unterschied hört.

Heutzutage nimmt man Klangsteller-ICs und steuert sie mit 
Gleichspannung. Dann hat man auch keine Gleichlaufprobleme der 
Tandempotis.

Das Ohr ist ja eh ein Gewöhnungssinn, wie alle anderen Sinne auch. Wenn 
man die Höhen aufdreht, merkt man es. Aber nach ein paar Minuten hat man 
sich daran gewöhnt und nimmt den Unterschied nicht mehr war.
Ich hab auch mal ne Weile an Klangstellern und Equalizern gespielt, aber 
bin dann doch zu neutral zurückgekehrt.
Für HiFi-Puristen sind Klangsteller total überflüssig.

von Christoph M. (chrito)


Lesenswert?

Hi Peda!
Naja, an einen Klangregler-IC hab ich auch gedacht, und mir den LM1036 
angeguckt. Der hat allerdings nen empfohlenen Eingangspegel von 300mV, 
und da weiß ich nicht, ob ich mit dem ein oder anderen Instrument 
darüber liege. Außerdem soll der SNR von einer diskret aufgebauten 
Schaltung besser sein.

Klangregler überflüssig? An so gut wie jedem Gitarren-Verstärker ist 
so'n Ding dran, häufig auch noch Verzerrer oder Hall.

von Noch einer (Gast)


Lesenswert?

> Klangregler überflüssig?
... und so ein EQ für Gesang hat mehr Knöpfe als ein Space-Shuttle.

von Einer (Gast)


Lesenswert?

Peter D. schrieb:
> Das untere Ende gehört an GND und nicht an den OPV-Ausgang.

Da muss ich Wiedersprechen
das ist rechts genauso und richtig.
bei der linken schaltung sind nur R3 und R4 zusätzlich.
Ansonsten sind die Schaltungen gleich bis auf die unterschiedliche 
dimensionierung, zu der auch R3 und R4 gehören (sind rechts eben 0).

Die schaltung kann man auch mit Transistoren aufbauen.

Nennt sich auch Kuschwanzregler.



MfG

von Torsten C. (torsten_c) Benutzerseite


Lesenswert?

Peter D. schrieb:
> Das Ohr ist ja eh ein Gewöhnungssinn, … nach ein paar Minuten hat man
> sich daran gewöhnt und nimmt den Unterschied nicht mehr war.

Mit anderen Worten: Klangreglung und Equalizer sind quatsch?
Oder soll das heißen, man benötigt sie genau dann, wenn man zwischen 
verschiedenen Signal-Ketten umschaltet, also z.B.:

* Andere Lautsprecher-Boxen
* CD, Radio, TV, Soundkarte, … (Kassette, Platte, …)
* Anderer Musiktitel, anderes Video, Werbung

… damit keine Umgewöhnung des Gewöhnungssinns erforderlich ist?

Also braucht man sie doch, aber die Regelung müsste automatisch 
passieren, oder?

  (Es wäre sonst ja auch ein Klang-steller kein -regler. Egal.)

Peter D. schrieb:
> Heutzutage nimmt man Klangsteller-ICs und steuert sie mit
> Gleichspannung.

Oder mit I²C. Damit ließe sich das auch gut automatisieren.

… just my 2 cents.

: Bearbeitet durch User
von Roman (Gast)


Lesenswert?

Hallo zusammen,

da muss ich Peter recht geben. Klangregler sind überflüssig, wenn denn 
die anderen Komponenten bis hin zum Hörraum in Ordnung sind.

Was ihr meint, Beispiel Gitarrenverstärker usw., dient der Erzeugung 
eines Klanges. Dieser hat mit dem Orginal Geräusch nichts gemein.

Gruß

Roman

von Tom K. (ez81)


Lesenswert?

Christoph M. schrieb:
> Wieso kursieren da soviel schlechte
> Schaltungs-Vorschläge im Internet?

Weil sich beim Thema Audio jeder kompetent fühlt, der schon mal ein 
Radio eingeschaltet hat.

von Thomas Z. (thozei)


Lesenswert?

Peter D. schrieb:
> Die linke Schaltung ist schlichtweg falsch.
> Das untere Ende gehört an GND und nicht an den OPV-Ausgang.

Das sehe ich nicht so. Beide Schaltungen sind im Prinzip identisch, 
Baxandall-Netzwerk in der Gegenkopplung. Müssen vom Ausgang gespeist 
werden.
ALLERDINGS sind links die Kondensatorwerte falsch, die müssen paarweise 
gleich sein.

Außerdem sind die Impedanzen sehr hoch, das gibt unnötig Rauschen.
Ich würde um den Faktor 10 bis 20 tiefer gehen.

Douglas Self hat im letzten Elektor-Preamp 1k Potis eingesetzt, 
allerdings mit 2 Ops zum treiben.

Generell sollte vor die Schaltungen eine niederohmige Treiberstufe.

--Thomas

von Klaus R. (klara)


Lesenswert?

Peter D. schrieb:
> Die linke Schaltung ist schlichtweg falsch.
> Das untere Ende gehört an GND und nicht an den OPV-Ausgang.
> Mit OPV ist die rechte Schaltung richtig.

Also, ich sehe zwischen beiden Schaltungen keinen prinzipiellen 
Unterschied. Links haben wir mit R1 bis R4 zusätzliche Widerstände die 
den Frequenzverlauf etwas beeinflussen. Das war es aber. Rechts ist die 
rudimentäre Version eines Kuhschwanzreglers.

Für einen Vorverstärker mag eine Klangreglung heutzutage bei einigen 
Leuten verpönt sein. Bei den AV- Receivern, z.B. dem Rx-V773 von Yamaha, 
gibt es in der Konfiguration der Wiedergabeeinstellungen trotzdem eine 
Klangreglung, natürlich für jeden Kanal. Die alte Klangreglung spielt 
aber nur noch bei der Konfiguration noch eine Rolle. Der Clou sind heute 
Klangprogramme. Auf der Fernbedienung gibt es aber auch noch den Button 
STRAIGHT, für Puristen.

mfg klaus

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


Lesenswert?

Eine sehr gute Anlaufstelle rund um Audio ist immer Elliot:
http://sound.westhost.com/projects-0.htm

von Klaus R. (klara)


Lesenswert?

Matthias S. schrieb:
> Eine sehr gute Anlaufstelle rund um Audio ist immer Elliot:
> http://sound.westhost.com/projects-0.htm

Stimmt. Würde ich für bodenständige Ansprüche auch empfehlen.
http://sound.westhost.com/project97.htm

mfg klaus

von Bernd K. (prof7bit)


Lesenswert?

Peter D. schrieb:
> Die linke Schaltung ist schlichtweg falsch.
> Das untere Ende gehört an GND und nicht an den OPV-Ausgang.

Unfug. Die rechte und die linke Schaltung sind in allen wesentlichen 
Punkten identisch.

: Bearbeitet durch User
von Mark S. (voltwide)


Lesenswert?

Die beschriebenen Baxandall-Schaltungen waren in den HiFi-Verstärkern 
der 80er-Jahre der Standard - nicht jedoch in den klassischen 
Fender/Marshall-Gitarrenverstärkern.
Dort wurden passive Klangregler eingesetzt, zu finden unter dem Begriff 
"tone stack".
Es gibt keine ideale Klangregelung für jeden Anwendungszweck - und dazu 
kommen die individuellen, weit gestreuten Klangvorstellungen.

von Peter D. (peda)


Lesenswert?

Bernd K. schrieb:
> Unfug. Die rechte und die linke Schaltung sind in allen wesentlichen
> Punkten identisch.

Nö, die linke Schaltung ist asymmetrisch dimensioniert, d.h. 
unterschiedliche Bauteilewerte für Dämpfung und Anhebung, wie es für 
passive Schaltungen vorgesehen ist. Daher ergibt sich auch eine 
unterschiedliche Kennlinie bezogen auf die Potistellung.

Klangsteller-ICs haben typisch eine ähnliche Kennlinie, wie die rechte 
Schaltung.

von Christoph M. (chrito)


Lesenswert?

Peter D. schrieb:
> Klangsteller-ICs haben typisch eine ähnliche Kennlinie, wie die rechte
> Schaltung.
Naja, sind denn analoge Klangsteller-ICs jetzt für Gitarren oder andere 
Musikinstrumente und Mikros geeignet? Hab nämlich gesehen, dass die nur 
bis 300mV Pegel verzerrungsfrei arbeiten und das Rauschen ist laut 
Datenblatt auch nicht ohne!?

Der LM1036 hat z.B. bei 300mV eine harmonische Verzerrung von 0,03%, bei 
600mV aber schon von 1%. Und der SNR liegt bei Vollaussteuerung (300mV) 
bei 80dB, dementsprechend bei 30mV bei 60dB. Klingt für mich wie eine 
Lösung, die gut mit skalierten normierten Signalen arbeiten kann, aber 
Bassgitarre, Mikro, Schlagzeug... da ist die Signalstärke wahrscheinlich 
weit gestreut und man benötigt viel Dynamik???

von Michael B. (laberkopp)


Lesenswert?

Mark S. schrieb:
> Es gibt keine ideale Klangregelung für jeden Anwendungszweck

Es gibt aber schon Grundanforderungen:

Die Potis sollten Gleichspannungsfrei sein,
und der Höhenregler sollte den Bassverlauf nicht beeinflussen bzw. 
umgekehrt,
und der Effekt der Schaltung sollte nicht von der Eingangsimpedanz 
abhängig sein

Christoph M. schrieb:
> In Mittelstellung der Potis ist der
> Frequenzverlauf nicht neutral und auch nicht symmetrisch

Na ja, 10k und 12k sind auch nicht symmetrisch.

Christoph M. schrieb:
> diese Schaltung ist mit die simpelste!

Na ja, sie erwartet VCC/2, es fehlt bloss der Spannungsteiler R5 R6 C6, 
ansonsten sind die identisch, bis auf den hier richtigen 
Widerstandswert.

Ich würde sowieso nur Schaltungen mit positiver und negativer 
Versorgungsspannung aufbauen um den Einschaltplopp zu verhindern. Dann 
entfällt R5 R6 C6 sowieso. Und einen OpAmp als Eingangspuffer 
vorschalten, der fehlt bei beiden.

Christoph M. schrieb:
> Eigentlich hätte ich gern mal was Digitales gebaut, mit DSP, aber der
> Aufwand scheint mir nicht ohne zu sein und ich finde nur bruchstückhaft
> Referenzdesigns. Daher lieber Analog-Technik.

Zwischendrin gäbe es den SC switches capacitor Filter
http://www.timstinchcombe.co.uk/index.php?pge=lmf100

http://www.ti.com/lit/ds/symlink/tas3002.pdf
hat schon viele Beinchen, wohl wahr. Den Fujitsu Whisper gibt es leider 
nicht mehr (er war auch nicht ganz HiFi).

von Peter D. (peda)


Lesenswert?

Die Klangsteller-ICs sind hauptsächlich für die Wiedergabe von Musik 
gedacht. Und der LM1036 ist auch nicht gerade high end.

Effektgeräte für Musiker haben oft andere Anforderungen. Die können sich 
auch je nach Musikrichtung und Instrument ändern. Ich würde einen 
Equalizer mit wählbaren Presets empfehlen.
Schau Dich einfach mal in der Gitarrenverstärker-Szene um.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


Lesenswert?

Christoph M. schrieb:
> Der LM1036 hat z.B. bei 300mV eine harmonische Verzerrung von 0,03%, bei
> 600mV aber schon von 1%.

Ich hatte das Ding in 2-facher Ausfertigung früher in meinem 
Bassverstärker - kontrolliert von einem I²C DAC. Der Chip klingt nicht 
schlecht, aber seine geringe Austeuerbarkeit erfordert auf jeden Fall 
einen Aufholverstärker, ehe es zur Endstufe geht. Ausserdem ist er, 
soweit ich weiss, abgekündigt, so das es nur noch Reststückzahlen gibt.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.