Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik MELV - Widerstände in Präzisionsverstärkern


von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


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Hi,
mir ist ein Wägezellenverstärker in die Hände gefallen.
Interessanterweise sind alle nicht-Analogwiderstände in 0603 ausgeführt, 
die Eingangsfilter jedoch in MiniMELV.

Gibt es auch heute noch gute Gründe dafür, oder ist das einfach ein 
veraltetes Design?

Mir gefallen diese Tonnen nicht - ich seh die beim Bestücker immer von 
der Leiterplatte rollen.

Häufig genannte Vorteile MELV:
- Spannungsfestigkeit (Anwendung 5V)
- Langzeitstabilität (Eingangstiefpass, mit 2nA Bias-Strom)
- Impulsbelastbarkeit (Wägezelle - hoffentlich nicht)
- Temperaturstabilität (ok, hier bietet die Anwendung -20..50°C)
- Verlustleistung sollte kein Argument sein, an manchen Stellen max. 
10mA / 5V.

Ich dachte evtl. an Kriechstrom und Drift? Mikrophonie?

Im Anhang hängt ein Bild - ich sehe da nur 10R 5% - kennt jemand 
passenden Ersatz in 0603 oder 0805?

Danke,
 marcus

von Pandur S. (jetztnicht)


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naja. Widerstaende gibt's bei Digikey. Ich wuerd den Fussabdruck fuer 
beide auslegen, nur falls ein 1206, 0805, 0603 nicht richtig tut, und es 
eben ein mmelf sein muss.

von Sebastian (Gast)


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1206 und Minimelf passen auf denselben Footprint, wenn man es nicht zu 
genau nimmt.

von Bitwurschtler (Gast)


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Sebastian schrieb:
> 1206 und Minimelf passen auf denselben Footprint, wenn man es nicht zu
> genau nimmt.

Beitrag "Gehäuseform "Minimelf ""

von Hp M. (nachtmix)


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Marcus H. schrieb:
> oder ist das einfach ein
> veraltetes Design?

Vielleicht ist das einfach ein bewährtes Design, das man nicht ohne Not 
ändert.

Marcus H. schrieb:
> Ich dachte evtl. an Kriechstrom und Drift? Mikrophonie?

Auch an Thermospannungen?

: Bearbeitet durch User
von M. S. (martin_der_bastler) Benutzerseite


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Marcus H. schrieb:
> Häufig genannte Vorteile MELV:

MEL_F_ - Metal Electrode Leadless Faces

> - Spannungsfestigkeit (Anwendung 5V)
> - Langzeitstabilität (Eingangstiefpass, mit 2nA Bias-Strom)
> - Impulsbelastbarkeit (Wägezelle - hoffentlich nicht)
> - Temperaturstabilität (ok, hier bietet die Anwendung -20..50°C)
> - Verlustleistung sollte kein Argument sein

Ein sehr wichtiges Argument Pro-MELF fehlt noch:
- Definiertes Ausfallsverhalten im Fehlerfall (R wird hochohmig)

> Mir gefallen diese Tonnen nicht - ich seh die beim Bestücker immer von
> der Leiterplatte rollen.

MELF: most end up lying on the floor. Ich mag die "Tonnen" sehr gerne, 
nicht nur wegen den genannten Vorteilen, ich finde, es sieht auch 
ästhetischer aus. Dein Bestücker hat offenbar seinen Prozess nicht im 
Griff. MELF erfordert eine andere (höhere) Placement-Force als die 
gängigere Chip-Bauform. Wenn man das nicht beachtet, führt das zu weit 
erhöhten Wegrollraten. Sollte (d)ein Bestücker aber eigentlich wissen. 
Idealerweise hat man auch einen MELF-Nozzle, wird aber gerne eingespart, 
weil's im Prinzip mit dem Flatnozzle ja auch funktioniert.

Zu deinem Verstärker kann ich nichts sinvolles beitragen, also lass 
ich's. Hoffe der Beitrag war trotzdem interessant.

von Michael B. (laberkopp)


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Marcus H. schrieb:
> Gibt es auch heute noch gute Gründe dafür

Nach Reflow und Alterung bleiben bei 1208 bis zu 2% Abweichung.
Bessere Widerstände in Bezug auf Alterung sind Dünnfilm.
In SMD sind dies häufig runde Bauformen (Melf, MiniMelf).
Die haben nach TÜV / UL auch den Vorteil, im Fehlerfall
keinen Kurzschluss zu verursachen. Es gibt sie aber
inzwischen auch in flacher Bauform (RN73, RN73H).
Noch besser sind bedrahtete, weil die Drähte die mechanischen
Spannungen reduzieren.
Noch besser sind bedrahtete, bei denen die Drähte ein
mal gerollt werden (meist um 450 Grad) falls die geringe
Induktivität nicht stört.

von Tom (Gast)


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Marcus H. schrieb:
> Ich dachte evtl. an Kriechstrom und Drift? Mikrophonie?

Evtl. 1/f-Rauschen, dort gibt es reichlich Unterschied bei verschiedenen 
Ausführungen/Herstellern. K.A, ob das hier relevant sein könnte.

https://dcc.ligo.org/public/0002/T0900200/001/current_noise.pdf

von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


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Ah, nun kommt Leben in den Thread. :)

Martin:
Fehlerverhalten - das wird man im Auge behalten, falls es eine 
entsprechende Anforderung gibt.
Prozess - ohne Not würde ich auf einer Baugruppe keine grundlegend 
verschiedenen Bauformen haben wollen.
Hier liegt grad ein Teil zum Review, das von miniMELV, BGA, Chip 
0402..2512 alles in sich vereinigt.
Bis das zuverlässig zu fertigen ist, ist ggf. eine Menge zu tunen. Bei 
den Sonderbaugruppen in kleinen Stückzahlen, die ich meist entwerfe, 
möchte ich meinem Kunden gerne diese Kosten sparen.
Ich habe auch nicht "den Fertiger", im Idealfall ist eine Baugruppe 
soweit innerhalb üblicher Prozessgrenzen, dass jeder Fertiger das ohne 
Verrenkungen bestückt bekommt.

Michael:
Tolle Zusammenfassung, Danke. Deine Info geht auch konform mit anderen 
Quellen, u.a. Analog Devices.

Tom:
1/f Rauschen und SigmaDelta-Wandler - das ist der Grund, warum die 
Filterwiderstände in Dünnschicht spezifiziert werden.

Bei meinem nächsten Präzisionsverstärker werden testweise hochwertige 
Eingangsfilter mit Dünnschichtwiderständen und Folienkappas aufgebaut, 
beides in Chipform.
Die Folienkappas wegen "dielectric absorbtion".


Danke Euch,
 marcus

von ths (Gast)


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Nur aus Neugier? Wie präzise wird dein Präzisionsverstärker?

von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


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ths schrieb:
> Nur aus Neugier? Wie präzise wird dein Präzisionsverstärker?
Designziel (Serie):
700Ohm Messbrücke Fullscale 15mV zu 5V
10Hz Bandbreite
12bit Genauigkeit
17bit Auflösung
-20..55°C
sauberer, stationärer Einbau

von ths (Gast)


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Ok, das ist noch relativ einfach machbar. Bin gerade an einem ähnlichen 
Projekt mit etwas verschärften Anforderungen.

von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


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@ths - ich bin für direkten Austausch offen. Kontakt siehe Firma.
Ich habe vielleicht noch ein paar Randbedingungen "vergessen".
Das Design wird inhärent besser sein, jedoch wird man nur soviel 
garantieren, wie in der Anwendung gefordert ist.

von ths (Gast)


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Schon über die Prüfmittel und die Justage nachgedacht? 
Langzeitstabilität und thermische Effekte inbegriffen? Wir haben so 
viele Messverstärker im Lager, dass wir uns für einen geringen Beitrag 
davon trennen.

von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


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Danke für das Angebot, ich behalte das im Hinterkopf.

von Otto (Gast)


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http://www.harerod.de/:

Zuverlässigkeitsanalyse
Ermittlung von statistischen Parametern
FIT - Failure In Time
MTBF - Mean Time Between Failures
Beratung zur Einhaltung vorgegebener statistischer Parameter

Hmhm jaja sehr interessant. Was genau darf man sich denn darunter 
Vorstellen?

von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


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@Otto: Jaja, die Stichwörter sind Google und Wikipedia kompatibel.
Es geht um die statistische Beurteilung der Ausfallswahrscheinlichkeit 
einer Baugruppe und ggf. geeignete Maßnahmen um Vorgabewerte zu 
erreichen.
Wenn Du feststellen solltest, dass das für Dich interessant wäre, dann 
freue ich mich auf Deine PM.

: Bearbeitet durch User
von Otto (Gast)


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Ja, es hat mich schon immer interessiert wie Canon es schafft, dass 
selbst die teuersten Drucker nach 24.1 Monaten kaputt sind, während die 
Eos Kameras ewig halten ohne wirre Fehlercodes anzuzeigen.
Ich glaube allerdings, dass das in Software gelöst wird, während die 
Bauteile alle gleich sind.
Die Belastungen in einer DSLR dürften in jeder Hinsicht deutlich größer 
sein.

von Michael B. (laberkopp)


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Otto schrieb:
> Ja, es hat mich schon immer interessiert wie Canon es schafft, dass
> selbst die teuersten Drucker nach 24.1 Monaten kaputt sind,

?!?

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