Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Netzteilauslegung für Schrittmotorsteuerung


von Manuel W. (multisync)


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Hallo zusammen!

Mir ist die Netzteilauslegung für Schrittmotorsteuerungen noch nicht 
ganz klar.

Thomas Ostermann schrieb in einem seiner Artikel folgendes
"Tatsächlich darf man die Ströme der Motoren nicht einfach addieren, da 
stromgeregelte Endstufen ähnlich wie Schaltnetzteile arbeiten. Die PWM 
sorgt für ein ständiges Ein- und Ausschalten der Wicklung, wodurch 
tatsächlich nur in einem kleinen Intervall Strom vom Netzteil in die 
Wicklung fließt. Für den statischen Fall (also n=0, d.h. der Motor dreht 
sich nicht), könnte man über das Verhältnis von Versorgungsspannung zu 
Motor Nennspannung auf das Einschaltverhältnis schließen. Bei einem 
Motor mit 4V Nennspannung dürfte die Wicklung bei 24V Betriebsspannung 
also nur 1/6 der Zeit eingeschaltet sein. Entsprechend würde der Strom 
vom Netzteil nur 1/6 des Nennstroms betragen."

http://www.schrittmotor-blog.de/betrachtungen-zur-leistung-von-schrittmotoren/

Das klingt für mich so, als wäre es i. O. wenn das Netzteil, sofern es 
denn die 6-fache Spannung anlegen kann nur ein Sechstel des Nennstromes 
liefern können muss. (Leistung die für die Anwendung an sich, so wie 
Schaltverluste im Schrittmotortreiber sind da jetzt nicht mit 
eingerechnet.) Ich frage mich jedoch, was in diesem Sechstel der Zeit 
passiert, in dem die Spulen bestromt werden? Hier muss das Netzteil sehr 
wohl seine volle Spannung bei vollem Nennstrom liefern. Ist ja 
schön, dass das Netzteil dann 5/6 der Zeit Zeit hat sich auszuruhen, 
aber das bringt ja nichts, wenn es schon während des ersten 1/6 schlapp 
macht.

Klar wird man das Netzteil wohl kurz überlasten können (da drin sind 
sicher irgendwo Pufferkondensatoren), aber um das 6-fache?!


Vielen Dank für eure Hilfe.
Ich hoffe, dass mir dann der Knoten aufgeht. :-)

von MaWin (Gast)


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Manuel W. schrieb:
> Das klingt für mich so, als wäre es i. O. wenn das Netzteil, sofern es
> denn die 6-fache Spannung anlegen kann nur ein Sechstel des Nennstromes
> liefern können muss.

Richtig.

Manuel W. schrieb:
> Ich frage mich jedoch, was in diesem Sechstel der Zeit
> passiert, in dem die Spulen bestromt werden? Hier muss das Netzteil sehr
> wohl seine volle Spannung bei vollem Nennstrom liefern.

Das liefert der Ausgangskondensator. 100kHz sind schnell.

http://www.dse-faq.elektronik-kompendium.de/dse-faq.htm#F.10

von Manuel W. (multisync)


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Alles klar, danke!

von Wolfgang (Gast)


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MaWin schrieb:
> Das liefert der Ausgangskondensator. 100kHz sind schnell.

... der dann einen passend niedrigen ESR haben muss, damit es ihm bei 
dem dauernd fließenden fast vollen Schrittmotorstrom nicht zu warm wird.

von MaWin (Gast)


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Wolfgang schrieb:
> ... der dann einen passend niedrigen ESR haben muss, damit es ihm bei
> dem dauernd fließenden fast vollen Schrittmotorstrom nicht zu warm wird.

Als Ausgangselko eines Schaltnetzteils hat er den, denn Schaltnetzteil 
und Chopper-Stromreglnder-Schrittmotortreiber sind sich ähnlich.

von Tany (Gast)


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Manuel W. schrieb:
> ...ein Sechstel des Nennstromes liefern können muss

und Nennstrom bei Bipolar Betrieb wäre dann:
(Nennstrom pro Phase) x 1,41

von Manuel W. (multisync)


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Tany schrieb:
> Manuel W. schrieb:
>> ...ein Sechstel des Nennstromes liefern können muss
>
> und Nennstrom bei Bipolar Betrieb wäre dann:
> (Nennstrom pro Phase) x 1,41

Wenn du statt „Bipolarbetrieb“ „Vollschrittbetrieb“ geschrieben hättest 
würde ich dir zustimmen, so aber verstehe ich den Satz nicht ganz. 
Kannst du das näher erläutern?

von Tany (Gast)


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Manuel W. schrieb:
> Wenn du statt „Bipolarbetrieb“ „Vollschrittbetrieb“ geschrieben hättest
> würde ich dir zustimmen

Das muß du mir nicht zustimmen, wenn du anders überzeugt bist :-)

Manuel W. schrieb:
> so aber verstehe ich den Satz nicht ganz.

d.h. wenn auf dem Motor 2,8 A /Phase steht, dann muß das Netzteil 2.8A x 
1,41=3.92 A liefern können müssen. Und wenn die Spannung 6facher höher 
als Nennspannung ist, dann 3,92 /6 ~ 0.65A.
Denn im Bipolar Betrieb wird nicht dauerhaft nur eine Phase bestrommt.

von Thorsten O. (Firma: mechapro GmbH) (ostermann) Benutzerseite


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Das ist aber falsch. Bei bipolaren Motoren gilt der angegebene Nennstrom 
für Vollschritt, bei dem beide Wicklungen voll bestromt werden. Also ist 
der Faktor für die Leistung 2, nicht 1,42. Bei Halb- und Mikroschritt 
kann man den Spitzenstrom in einer Wicklung dann um den Faktor 1,42 
(Wurzel aus 2) erhöhen.

Der Motornennstrom ist als der Effektivwert. Dummerweise hat es sich bei 
Endstufen durchgesetzt, den Peakwert anzugeben. Deswegen muss man die 
Endstufe immer mit entsprechend Reserve planen.

Im übrigen ist das nur ein Teil der Leistung, die benötigt wird, nämlich 
die ohmschen Verluste im Motor. Die mechanisch abgegebene Leistung 
sollte man auch nicht vergessen, und ggf. die Verluste in der H-Brücke 
(statisch und dynamisch) sowie dynamische Verluste im Motor. Das steht 
aber alles im oben verlinkten Artikel von mir.

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Ostermann

von Manuel W. (multisync)


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Thorsten O. schrieb:
> Das ist aber falsch. Bei bipolaren Motoren gilt der angegebene
> Nennstrom für Vollschritt, bei dem beide Wicklungen voll
> bestromt werden.

Guter Hinweis! Das war mir neu. Ich muss aber gestehen, dass ich etwas 
skeptisch war, und habe deshalb diesbzgl. etwas nachgeforscht. (Immerhin 
habe ich das zum ersten Mal gehört.)

In folgendem Dokument
http://www.nema.org/Standards/SecureDocuments/ICS16.pdf
Siehe 4.3.3.1 Rated Current auf Seite 86.

wird der Nennstrom als jener Strom definiert, bei dem die 
Spulentemperatur die Spulenmaximaltemperatur nicht überschreitet. Die 
Spulen müssen hierfür in Serie geschaltet werden. (= Vollschritt)

Nur: Wenn sich der Schrittmotor in einem Halbschritt befindet, und der 
Treiber nun tatsächlich den Strom dementsprechend erhöhen würde, würde 
da nicht die Temperatur an der bestromten Spule noch weiter ansteigen?

Ich verstehe schon, dass man mit dem Strom dann etwas in die Höhe gehen 
kann, (immerhin verringert sich die Anzahl der Hitzequellen da ja einige 
Spulen nicht bestromt sind), aber bist du dir sicher, dass es gleich das 
1,42-fache(!) ist?

von MaWin (Gast)


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Manuel W. schrieb:
> Nur: Wenn sich der Schrittmotor in einem Halbschritt befindet, und der
> Treiber nun tatsächlich den Strom dementsprechend erhöhen würde, würde
> da nicht die Temperatur an der bestromten Spule noch weiter ansteigen

Nö, Kupfer leitet die Wärme zu gut, es werden beide Spulen warm und 
entscheidend für die Motorerwörmung ist der gemeinsame Wärmeübergang an 
die Umgebung, der bleibt gleich.

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