Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Frage zu Universalmotor


von Phil (Gast)


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Hallo,
Universalmotoren sind ja Reihenschlussmotoren. Ich hab nun gelernt, das 
man Reihenschlussmotoren auf gar keinen Fall ohne Last betreiben darf.
Nun hab ich aber gelesen, das Universalmotoren unter anderen auch 
Beispielsweise in Mixern, Bohrmaschinen usw. verbaut sind.
Diese Geräte kann ich aber problemlos ohne Last laufen lassen.
Kann mich da bitte jemand aufklären?

von Teo D. (teoderix)


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Die Dinger sind so madig gebaut das genug Reibung entsteht.
(Kannste laufen lassen bis die Lager schmelzen)
Ansonsten: Theorie und Praxis!

von Carl D. (jcw2)


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Weil z.B. Mixer soviel innere Reibung haben, daß ihre max Drehzahl nicht 
zum "Bersten wegen großer Fliehkraft" führt.

von Volker B. (Firma: L-E-A) (vobs)


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Phil schrieb:

> Universalmotoren sind ja Reihenschlussmotoren. Ich hab nun gelernt, das
> man Reihenschlussmotoren auf gar keinen Fall ohne Last betreiben darf.

Das kommt ganz darauf an, welches Ziel man verfolgt... :-)

> Nun hab ich aber gelesen, das Universalmotoren unter anderen auch
> Beispielsweise in Mixern, Bohrmaschinen usw. verbaut sind.
> Diese Geräte kann ich aber problemlos ohne Last laufen lassen.
> Kann mich da bitte jemand aufklären?

Das "Geheimnis" ist der Lüfter dieser Motoren. Da dessen Lastmoment in 
guter Näherung mit der dritten Potenz der Drehzahl ansteigt, ergibt sich 
bei leerlaufendem Motor ein stabiler Arbeitspunkt mit vergleichsweise 
geringer Drehzahlerhöhung. Die Universalmaschine wird idR. auf diese 
"Leerlaufdrehzahl" ausgelegt.

Grüßle,
Volker.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Das Problem mit den Zerlegern bei Überdrehzahl hast Du nur bei 
entsprechend großen Motoren (z.B. Traktionsmotoren bei der Bahn).

Bei haushaltsüblichen Geräten ist der Rotor so klein, daß die 
mechanische Festigkeit ausreicht, um die Leerlaufdrehzahl auszuhalten. 
Selbst die ziemlich leistungsstarken und großen Waschmaschinenmotoren 
zerlegen sich nicht, da verbrennt nur der Kollektor durch das starke 
Bürstenfeuer und irgendwann zerfallen die Lager.

Bei der Bahn ist es tatsächlich so, daß es bei Überdrehzahl (Schleudern) 
die Wicklung vom Rotor reißt, die schlägt dann in die stehenden Teile 
des Motors ein und dann ist das Ding reif für die Tonne.

Ich hänge mal zwei Bilder mit dran. Das sind Schäden an WKA-Generatoren, 
aber die Schäden bei Bahnstrom-Fahrmotoren sehen genauso aus.

von Christian M. (Gast)


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Oh, danke, Ben!

Das sind mal Bilder, die man nicht jeden Tag sieht! Sehr interessant!

Gruss Chregu

von Phil (Gast)


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Vielen Dank für eure Antworten.
Besonders die Antworten von Ben und Volker hören sich für mich als Laien 
jetzt am nachvollziehbarsten an. Wird das mit den Lüftern dann bei 
Motoren gemacht, die zu große Fliehkräfte entwickeln können?

von Volker B. (Firma: L-E-A) (vobs)


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Phil schrieb:
> (...)                      Wird das mit den Lüftern dann bei
> Motoren gemacht, die zu große Fliehkräfte entwickeln können?

Nein, da bei diesen meist der Wirkungsgrad im Fokus steht. Außerdem wäre 
es bei einem Bahnmotor kontraproduktiv. Dort benötige ich bei hohen 
Strömen eine starke Kühlung und diese Ströme fließen meist beim 
Anfahren, also genau dann, wenn die Drehzahl vergleichsweise gering ist. 
Deshalb sind "richtige Motoren" meist fremdbelüftet.

Die "Lüftermethode" findet man bei den billigen Consumer-Produkten, wie 
Elektrowerkzeuge, Küchengeräte usw.

Grüßle,
Volker.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Bahnstrom-Fahrmotoren sind fremdbelüftet, genau wie alle anderen 
Motoren, die nicht mit konstant hoher Drehzahl laufen. Zum einen würde 
die Drehzahl im unteren Bereich nicht für einen Lüfter ausreichen und 
bei der Bahn kommt noch das Schmutzproblem hinzu, wenn man die Kühlluft 
im Fahrwerk ansaugen würde.

Die höchste Leistung erreichen E-Loks erst relativ spät, so bei 
40..100km/h je nach Bauart. Bei voller Leistung im Stand wäre das 
Drehmoment der Motoren viel zu groß und die Räder drehen durch.

von Thomas B. (thombde)


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Ben B. schrieb:

> 1.jpg
> 2.jpg

Ich glaube da braucht man auch nicht mehr neu wickeln :)

von Elektrofan (Gast)


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Volker Bosch schrieb u.a.:

> Das "Geheimnis" ist der Lüfter dieser Motoren. Da dessen Lastmoment in
> guter Näherung mit der dritten Potenz der Drehzahl ansteigt, ...

Das Lastmoment steigt quadratisch, die Leistung mit der 3. Potenz der 
Drehzahl (ca.).

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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> Ich glaube da braucht man auch nicht mehr neu wickeln :)
Erstaunlicherweise bleiben die Nutenpakete zumindest bei 
Bahnstrom-Fahrmotoren meistens intakt. Die Rotorwicklung fliegt an einem 
Ende nach außen weg und schlägt dort in die Statorwicklung ein. Dadurch 
entsteht natürlich ein massiver Kurzschluß, der sofort den 
Motor(gruppen)schalter oder Hauptschalter raushaut und dann rollt man 
halt aus wenn's der Hauptschalter war. Durch den Verlust der 
Antriebsleistung fängt sich die Achse wieder, also die 
Überdrehzahl-Situation wird durch den Schaden sofort beendet und der 
Schaden am Motor nicht vergrößert.

Der Rest ist betriebstechnischer Ärger mit der blockierten Strecke wenn 
ein Wiederanfahren mit der verringerten Leistung nicht mehr möglich ist 
und die Reparatur halt.

Wobei man auch sagen muß, daß diese Schäden heute selten sind. Die 
meisten Fahrzeuge heute verwenden Drehstrom-Asynchronmotoren mit 
Traktionsstrom-Umrichtern (die kann man nicht überdrehen) und die 
älteren Baureihen sind mit Schleuderschutz ausgerüstet.

Bei der S-Bahn Berlin gab es solche Schäden öfter bei den älteren 
Baureihen, da sich durch die verwendete Reihenschaltung der Motoren 
(375V, 90kw pro Achse, 360kw pro Triebwagen, 4 Triebwagen pro Vollzug) 
eine schleudernde Achse nicht von selbst wieder fängt.

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