Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik ESD Schutz für größere Stecker


von Kuddel (Gast)


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Hallo,

ESD Schutz bei vielen Leitungen kann schnell teuer werden. Ein 
Kondensator mit 10nF und 100V findet man gelegentlich im Netz als 
ausreichend.

Scenario: Ein Stecker mit 60 Leitungen wird vom Kunden aufgesteckt und 
gelöst. Viele Datenleitungen, Can Bus, Steuerleitungen, 5V Volt und 3,3V 
Versorgungen.

+-8Kv Luftentladung gilt es zu schützen, max. 5V DC an den Leitungen.

Bei Versorgungen ist (meiner Meinung) nach zu befürchten das der Impuls 
eine leitende Verbindung mit Masse herstellt.
Dann kann der Strom der Versorgung für diesen Moment ebenfalls fließen 
und die ESD Schutzelemente zerstören.

Was nimmt ihr so in der Praxis (Tatsächliche Erfahrung vorausgesetzt)?
Reichen Kondensatoren oder müssen es TVS Dioden sein (bidirektional)?
Wieviel ist euch der Schutz Wert?

von David R. (blackbird92)


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Schutzmaßnahmen, wie z.B. ESD-Schutz, unterscheidet ein qualitatives 
Produkt von einem China-Produkt.

Bei einem Stecker mit offenen Metallkontakten ist das Testen per 
Kontaktentladung gegenüber Luftentladung vorzuziehen (steht auch so 
explizit in den meisten normen).

Ein außreichend großer Kondensator um die ESD Energie zu schlucken stört 
bei den meisten Datenleitungen.
Ein Entladenetzwerk mit 8kV, 150pF und 330R (IEC 61000-4-2) ladet deinen 
10nF Kondensator theoretisch auf >100V auf. In der Praxis würde davor 
aber schon dein IC leitend, und der muss dann die noch übrig gebliebene 
Energie aufnehmen.

In der Praxis (automotive) testen wir u.A. nach IEC 61000-4-2 und 
benutzen hauptsächlich Varistoren, da die weitaus mehr Energie abkönnen 
als TVS-Dioden gleicher Baugröße.
Bei schnellen Schittstellen, wie USB2.0, lieber TVS-Dioden wegen der 
geringeren parasitären Kapazität (z.B. NUP4201MR6).

Genereller Tipp zur ESD-Festigkeit: Nütze die Bauteile die du ohnehin 
schon in der Schaltung hast. Meistens wird z.B. ein Status-Eingang ein 
RC-Glied haben zur Bandbreitenbegrenzung, bevor es auf einen IC geht. 
Wenn du nun ein Varistor am Stecker platzierst, wird dieser die Spannung 
zB auf 60V clampen, und der Widerstand des RC-Glieds verhindert zu 
großen Stromfluss in den IC (halt im Datenblatt Ausschau nach dem 
Latchup-Current). Bei USB und CAN wiederum kannst du die 
Gleichtaktdrossen nutzen.

von Kuddel (Gast)


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Interessant, wir haben als Vorgabe 330pF und 2k bei +-8KV bekommen. 
Varistoren sind auch bei uns ein Thema da sie ja prinzipiell schon 
bidirektional sind, eben wie auch Kondensatoren.
Unsere Eingänge sind wie du sagst schon hochohmig mit Kondensator, die 
sind auch unkritisch, große Versorgungen geben wir 1500W Supressordioden 
(smc) als Schutz.
Die Überlegung ist eben die ca. 20 bis 50 Cent Varistoren/TVS Dioden aus 
der Würth Apotheke jeden Datenpin anzusetzen. Das bezahlt keiner gerne 
wenn es nicht unbedingt sein muss.
Dann lieber 10€ für 5000 Kondensatoren ausgeben, natürlich wenn es die 
Datengeschwindigkeit zulässt.

Wenn man erst einmal so eine 8 bis 12K teure ESD Pistole hat, merkt man 
den Unterschied zwischen Theorie und Praxis.

von oszi40 (Gast)


Angehängte Dateien:

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Kuddel schrieb:
> Unterschied zwischen Theorie und Praxis

Entladung ist ein Fall der Prüfung. Der übliche Dau wird aber den 
Stecker schief einstecken und die Masse zuletzt verbinden. Gut, wer auch 
diesen Rauch-Fall vorsorglich bedacht hat.

von 6a66 (Gast)


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Kuddel schrieb:
> Die Überlegung ist eben die ca. 20 bis 50 Cent Varistoren/TVS Dioden aus
> der Würth Apotheke jeden Datenpin anzusetzen. Das bezahlt keiner gerne
> wenn es nicht unbedingt sein muss.

Auch TI und Andere machen TVS Dioden, Du musst ja nicht zur Apotheke 
gehen. Manchmal sogar für vier Leitungen.

rgds

von Kuddel (Gast)


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Wenn jetzt eine TVS Diode für 5Volt ausgelegt ist, heißt das das sie den 
8kV Impuls für diese Zeit auch auf 5V begrenzen kann?

von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


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Nein, Kuddel.
In den Bauteiledatenblättern gibt der Hersteller des Schutzbausteins an, 
wie sich dieser in bestimmten Belastungsfällen verhält.

Nimm doch gleich mal Davids Beispiel:
NUP4201MR6 http://www.farnell.com/datasheets/664318.pdf
Findest Du die 20 Volt in den electrical characteristics?
Ist ein schickes Datenblatt.

von Soul E. (Gast)


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Kuddel schrieb:

> Wenn jetzt eine TVS Diode für 5Volt ausgelegt ist, heißt das das sie den
> 8kV Impuls für diese Zeit auch auf 5V begrenzen kann?

Nein. Auch SMD-Bauteile haben Leitungsinduktivitäten. Aber sie begrenzt 
vielleicht auf 200V, und das hält Dein Chip dann aus. Notfalls mit einem 
Serienwiderstand, der Amplitude gegen Zeit tauscht.


Bei ESD-Schutzmaßnahmen ist das Leiterplattenlayout extrem wichtig. 
ESD-Pulse sind elektrische Wellen, hier gilt kein ohmisches Gesetz! Wenn 
Du auf einen Pin schiesst, wo ESD-Kondensator und Controllerpin über 
eine T-Kreuzung angebunden sind, dann teilt sich der Strom auf und 
fliesst zu gleichen Teilen in beide Richtungen. Wenn Du eine offene 
Stichleitung hast, fliesst ein Teil des Stromes in die Stichleitung, 
merkt dann dass er dort nicht weiterkann und kommt wieder zurück.

Daher immer erst auf das Schutzbauteil routen, und von da aus auf die 
nachgelagerte Schaltung.

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