Hallo, ESD Schutz bei vielen Leitungen kann schnell teuer werden. Ein Kondensator mit 10nF und 100V findet man gelegentlich im Netz als ausreichend. Scenario: Ein Stecker mit 60 Leitungen wird vom Kunden aufgesteckt und gelöst. Viele Datenleitungen, Can Bus, Steuerleitungen, 5V Volt und 3,3V Versorgungen. +-8Kv Luftentladung gilt es zu schützen, max. 5V DC an den Leitungen. Bei Versorgungen ist (meiner Meinung) nach zu befürchten das der Impuls eine leitende Verbindung mit Masse herstellt. Dann kann der Strom der Versorgung für diesen Moment ebenfalls fließen und die ESD Schutzelemente zerstören. Was nimmt ihr so in der Praxis (Tatsächliche Erfahrung vorausgesetzt)? Reichen Kondensatoren oder müssen es TVS Dioden sein (bidirektional)? Wieviel ist euch der Schutz Wert?
Schutzmaßnahmen, wie z.B. ESD-Schutz, unterscheidet ein qualitatives Produkt von einem China-Produkt. Bei einem Stecker mit offenen Metallkontakten ist das Testen per Kontaktentladung gegenüber Luftentladung vorzuziehen (steht auch so explizit in den meisten normen). Ein außreichend großer Kondensator um die ESD Energie zu schlucken stört bei den meisten Datenleitungen. Ein Entladenetzwerk mit 8kV, 150pF und 330R (IEC 61000-4-2) ladet deinen 10nF Kondensator theoretisch auf >100V auf. In der Praxis würde davor aber schon dein IC leitend, und der muss dann die noch übrig gebliebene Energie aufnehmen. In der Praxis (automotive) testen wir u.A. nach IEC 61000-4-2 und benutzen hauptsächlich Varistoren, da die weitaus mehr Energie abkönnen als TVS-Dioden gleicher Baugröße. Bei schnellen Schittstellen, wie USB2.0, lieber TVS-Dioden wegen der geringeren parasitären Kapazität (z.B. NUP4201MR6). Genereller Tipp zur ESD-Festigkeit: Nütze die Bauteile die du ohnehin schon in der Schaltung hast. Meistens wird z.B. ein Status-Eingang ein RC-Glied haben zur Bandbreitenbegrenzung, bevor es auf einen IC geht. Wenn du nun ein Varistor am Stecker platzierst, wird dieser die Spannung zB auf 60V clampen, und der Widerstand des RC-Glieds verhindert zu großen Stromfluss in den IC (halt im Datenblatt Ausschau nach dem Latchup-Current). Bei USB und CAN wiederum kannst du die Gleichtaktdrossen nutzen.
Interessant, wir haben als Vorgabe 330pF und 2k bei +-8KV bekommen. Varistoren sind auch bei uns ein Thema da sie ja prinzipiell schon bidirektional sind, eben wie auch Kondensatoren. Unsere Eingänge sind wie du sagst schon hochohmig mit Kondensator, die sind auch unkritisch, große Versorgungen geben wir 1500W Supressordioden (smc) als Schutz. Die Überlegung ist eben die ca. 20 bis 50 Cent Varistoren/TVS Dioden aus der Würth Apotheke jeden Datenpin anzusetzen. Das bezahlt keiner gerne wenn es nicht unbedingt sein muss. Dann lieber 10€ für 5000 Kondensatoren ausgeben, natürlich wenn es die Datengeschwindigkeit zulässt. Wenn man erst einmal so eine 8 bis 12K teure ESD Pistole hat, merkt man den Unterschied zwischen Theorie und Praxis.
Kuddel schrieb: > Unterschied zwischen Theorie und Praxis Entladung ist ein Fall der Prüfung. Der übliche Dau wird aber den Stecker schief einstecken und die Masse zuletzt verbinden. Gut, wer auch diesen Rauch-Fall vorsorglich bedacht hat.
Kuddel schrieb: > Die Überlegung ist eben die ca. 20 bis 50 Cent Varistoren/TVS Dioden aus > der Würth Apotheke jeden Datenpin anzusetzen. Das bezahlt keiner gerne > wenn es nicht unbedingt sein muss. Auch TI und Andere machen TVS Dioden, Du musst ja nicht zur Apotheke gehen. Manchmal sogar für vier Leitungen. rgds
Wenn jetzt eine TVS Diode für 5Volt ausgelegt ist, heißt das das sie den 8kV Impuls für diese Zeit auch auf 5V begrenzen kann?
Nein, Kuddel. In den Bauteiledatenblättern gibt der Hersteller des Schutzbausteins an, wie sich dieser in bestimmten Belastungsfällen verhält. Nimm doch gleich mal Davids Beispiel: NUP4201MR6 http://www.farnell.com/datasheets/664318.pdf Findest Du die 20 Volt in den electrical characteristics? Ist ein schickes Datenblatt.
Kuddel schrieb: > Wenn jetzt eine TVS Diode für 5Volt ausgelegt ist, heißt das das sie den > 8kV Impuls für diese Zeit auch auf 5V begrenzen kann? Nein. Auch SMD-Bauteile haben Leitungsinduktivitäten. Aber sie begrenzt vielleicht auf 200V, und das hält Dein Chip dann aus. Notfalls mit einem Serienwiderstand, der Amplitude gegen Zeit tauscht. Bei ESD-Schutzmaßnahmen ist das Leiterplattenlayout extrem wichtig. ESD-Pulse sind elektrische Wellen, hier gilt kein ohmisches Gesetz! Wenn Du auf einen Pin schiesst, wo ESD-Kondensator und Controllerpin über eine T-Kreuzung angebunden sind, dann teilt sich der Strom auf und fliesst zu gleichen Teilen in beide Richtungen. Wenn Du eine offene Stichleitung hast, fliesst ein Teil des Stromes in die Stichleitung, merkt dann dass er dort nicht weiterkann und kommt wieder zurück. Daher immer erst auf das Schutzbauteil routen, und von da aus auf die nachgelagerte Schaltung.
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