Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Lautheit / Loudness War


von Ulrich B. (bbk)


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Guten Tag

ich denke über einen MP3 Player nach, der mit einer großen Anzahl (>5k 
Files) Dateien gefüttert wird, per USB, SD-Karte whatever.

MP3 Decodierung in Software ist ja schon an einigen Stellen besprochen 
und sollte nicht das Problem sein (modernen ARM mit ausreichend Takt und 
RAM vorausgesetzt)

Unweigerlich tritt dann das Problem der Lautstärkesprünge auf (Je älter, 
desto leiser gilt fast immer, Ausnahme amitionierte aktuelle Aufnahmen 
wie zb Random Access Memories)

Wie bekomme ich die Dateien (auf digitaler Seite) halbwegs gleich laut? 
Analoge Lösungen (Glühlampe/Limiter) sind bekannt.

Es geht um die Frage der Bestimmung der Lautheit anhand des bereits 
dekodierten rohen Auiodatenstromes, der vor der Ausgabe "vor einem 
liegt". Hat da jemand einen Tipp ?

grüßings

: Bearbeitet durch User
von Sebastian V. (sebi_s)


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Anhand eines kurzen Abschnitts kann man wohl vergessen die Lautstärke zu 
korrigieren. Normalisiere die MP3 Dateien einfach vorher auf dem PC. 
Dafür gibt es genug Programme.

von X- R. (x-rocka)


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Sebastian V. schrieb:
> Anhand eines kurzen Abschnitts kann man wohl vergessen die Lautstärke zu
> korrigieren. Normalisiere die MP3 Dateien einfach vorher auf dem PC.
> Dafür gibt es genug Programme.

Normalisieren reicht nicht, die Aufnahmen werden seit ca. (mind.) 15 
Jahren beim Mastering brutal laut gemacht, Kompression  Limiting  
Loudness Maximizing sind da die Stichworte.

Wenn Du genug Speicher hast, solltest du vorrausschauend den 
Durchschnittspegel ausrechnen können und entsprechend anpassen.
Vielleicht eher die modernen lauten Sachen ein bischen leiser ziehen?

Kann aber auch schief gehen...

von caesar (Gast)


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Ich würde darüber nachdenken die lauten Songs leiser abzuspielen. Das 
erhält die Dynamik der alten Aufnahmen. Ein einfaches Normalisieren wird 
die Lautheit einer Aufnahme kaum erhöhen, da wird Kompression nötig 
sein.
Es gab mal ein id3-tag "Replay Gain", was in einem neueren Standard 
durch "Relative volume adjustment" ersetzt wurde 
(http://id3.org/id3v2.4.0-frames Ch. 4.11.). Evtl. gibt es fertige 
Software, die eine bestehende MP3-Bibliothek analysiert und dieses Tag 
setzt. Der Player muss dieses Tag allerdings auch auswerten.

Hier mal auf die schnelle etwas für Linux gefunden:
http://manpages.ubuntu.com/manpages/trusty/man1/normalize-audio.1.html

von Uwe B. (uwe_beis)


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Kennst du die EBU R 128 
(https://de.wikipedia.org/wiki/EBU-Empfehlung_R_128)? Das ist eine 
Empfehlung, um die Lautheit verschiedener "Sequenzen" (Musikstücke, 
Nachrichten, Werbung) auf der Basis der ITU-R BS.1770 zu messen und auf 
einen bestimmten Sollwert zu nivellieren. Gedacht, um den Loudness War 
zu beenden, Pflicht bei den öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten und 
demnächst auch Pflicht bei den öffentlich-rechtlichen 
Rundfunk-Anstalten. Die privaten machen weiter Krieg, die versuchen 
weiterhin die theoretisch maximal zulässige "Lautheit" aus einem Sender 
herauszuholen, sowohl durch Vorverarbeitung als auch durch 
Messverfahren.

Der Algorithmus ist ziemlich komplex, ich habe ihn selber realisiert. Es 
sollte Plug-ins für gängige Audio-Editoren geben, mit denen man die 
Loudness gemäß der Empfehlung messen und automatisch korrigieren kann. 
Leider kann ich dir keinen Tipp geben, wäre aber selber daran 
interessiert.

Uwe

von Ulrich B. (bbk)


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Danke.

Die Dateien alle anzufassen wollte ich eigentlich gerade vermeiden.
Aber vielleicht doch nicht der ganz falsche Weg, seufz.

Sonst seh ich mich tatsächlich noch ein Glühlämpchen mit draufbauen ;)

von Ulrich B. (bbk)


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@Uwe: Danke ja, da war ich schon.

Ob da noch soviel Zeit für komplexe Algos bliebe, darf man bezweifeln.
(-> K-Weighting etc)

Zumal man dann ja dann, bei vorliegendem Ergebnis, auch die Samples alle 
immer einer Plutimikation unterziehen muss.

Ich dachte nur, es wäre elegant, dass da an der Stelle digital tun, aber 
ich fürchte, das läuft so nicht wirklich gut. Mehr als eine halbe 
Sekunde lookahead werde ich sicherlich nicht haben. (wenn überhaupt)

Alternativ kommt mir grade die Idee, (Gerade während der Gast CAESAR 
gepostet hat ;) die Lautheit am PC zu bestimmen (da findet sich 
sicherlich irgend ein Tuhl) und in einer Steuerdatei den Abspiel-Pegel 
je Musikdatei mitzugeben. Oder in den Dateiattributen, zB der Zeit. Auch 
nicht der Gipfel der Eleganz, aber sicherlich schmucker als eine 
Glühlampe.

Zur R128 findet sich auch dies hier:
https://opus4.kobv.de/opus4-filmuniversitaet/files/177/NicklDipl.pd


@caesar: genau, so. Replay gain. Guter Gedanke. Bedankt

: Bearbeitet durch User
von .● Des|ntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


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Normalisieren:
welcher Zeitbedarf wäre für ca 150GB MP3-Dateien nötig?
Kann man die Dateien dafür alle in deren Unterordnern (Alben)
belassen oder wie ist das?

Da ich eher faul bin, hab ich mich damit noch nicht beschäftigt.
und bevor man sich da noch wieder Klangverluste einhandelt blieb das
bisher immer so wie es ist.

von Ulrich B. (bbk)


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@J-A von der Heyden

ich würde da sicherlich nicht normalisieren, sondern nur nondestruktiv 
analysieren und das Ergebnis abspeichern.
Wie lange das geht: keine Ahnung, hab bisher noch kein passendes 
Werkzeug.

: Bearbeitet durch User
von Ulrich B. (bbk)


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@Uwe
Der erwähnte Link ist leider zerbrochen.

Direkte Google Suche geht aber:
"ebu r128 anpassung von kinomischungen für die Fernseh Distribution"

von Sebastian V. (sebi_s)


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caesar schrieb:
> Es gab mal ein id3-tag "Replay Gain", was in einem neueren Standard
> durch "Relative volume adjustment" ersetzt wurde
> (http://id3.org/id3v2.4.0-frames Ch. 4.11.). Evtl. gibt es fertige
> Software, die eine bestehende MP3-Bibliothek analysiert und dieses Tag
> setzt. Der Player muss dieses Tag allerdings auch auswerten.

Ja solche Programme gibt es (http://mp3gain.sourceforge.net/) und 
gefühlt unterstützt das so ziemlich jeder Player.

von Peter D. (peda)


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Bei meinem MP3-Player funktioniert MP3Gain hervorragend. Riesen 
Lautstärkeunterschiede sind weg.
Man muß allerdings die EU-Bevormundung deaktivieren, sonst ists zu 
leise.

von Ulrich B. (bbk)


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Hallo nochmal

hab das eben mit 0.5 GB Testmaterial und MP3Gain in einer Spiel-VM und 
auf realer Harddisk ausprobiert.

Es dauert schon was, aber andererseits macht man das nun ja nicht gar so 
oft. Interessanterweise reenkodiert es nicht, sondern passt nur die Gain 
in den MP3 Chunks an, daher ist es 1) wirklich LOSSLESS und daher 2) 
geht es auch halbwegs flugs.



Das findet sich dazu in der Hülfe:


Lossless Gain Adjustment

The bad news: MP3Gain can only adjust the volume of your mp3 files in 
steps of 1.5 dB.

The good news: 1.5 dB is a small enough step for most practical 
purposes. Most humans can just barely hear a volume change of 1 dB.

The other good news is that this volume adjustment is completely 
lossless. In other words, if you adjust an mp3 by -6 dB and then change 
your mind, you can adjust it again by +6 dB and it will be exactly the 
same as it was before you made the first adjustment.

Here's the technical reason why it's lossless, and also why the smallest 
change possible is 1.5 dB:

The mp3 format stores the sound information in small chunks called 
"frames". Each frame represents a fraction of a second of sound. In each 
frame there is a "global gain" field. This field is an 8-bit integer (so 
its value can be a whole number from 0 to 255).

When an mp3 player decodes the sound in the frame, it uses the global 
gain field to multiply the decoded sound samples by 2(gain / 4).

So if you add 1 to this gain field in all the frames in the mp3, you 
effectively multiply the amplitude of the whole file by 2(1/4) = 119% = 
+1.5 dB.

Likewise, if you subtract 1 from the global gain, you multiply the 
amplitude by 2(-1/4) = 84% = -1.5 dB.

von Bernd K. (prof7bit)


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X- R. schrieb:
> Normalisieren reicht nicht, die Aufnahmen werden seit ca. (mind.) 15
> Jahren beim Mastering brutal laut gemacht, Kompression  Limiting
> Loudness Maximizing sind da die Stichworte.

Kein Problem, mp3gain berücksichtigt das.

von Ulrich B. (bbk)


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.. also ...

ich hab nun den geplanten Dateibestand von ca 15 GB PC seitig dupliziert 
und in diesem Extra Topf dann mittels MP3Gain normalisiert. Gedauert hat 
das allerdings schon, einige Altlasten im Haushalt wurden währenddessen 
erledigt;)

Auf den Originalen wollte ich das nicht tun, da diese ja teilweise auch 
aus einem Album-Verbund stammen und ich da die Lautstärke-Verhältnisse 
nicht ruinieren wollte.

Das Ergebnis ist aufs erste Hören soweit in Ordnung.
Thema erledigt.
Bedankt.
Schönen Tag, macht’s gut, und danke für den Fisch

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