Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Unsicherheit bei einer Kalibrierung feststellen


von Martin (Gast)


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Hallo,

ich habe mir in den letzten Tagen einige Kalibrierzertifikate für 
Multimeter angesehen. Dort stand hinter jedem Messwert dann immer eine 
Unsicherheit. Es sah aber so aus, als würde dort einfach die 
Unsicherheit (Toleranz?) des Kalibrators stehen und nicht die 
Unsicherheit mit der das Messgerät bestimmt wurde. Ist das so?

Und wie stellt man die Unsicherheit überhaupt fest? Ich habe gelesen, 
dass man einige Messungen macht und daraus dann die Standardabweichung 
bestimmt. Bei k=2 ist die Unsicherheit dann die zweifache 
Standardabweichung. Ist das soweit richtig?
Aber was nützt mir die Standardabweichung alleine?

Nehmen wir mal an ich hätte einen Widerstand. Dann messe ich diesen 
einige Male und rechne dann die Standardabweichung aus. Was bringt mir 
das dann? Das kann ja nicht alles sein, irgendwie muss der Fehler meines 
Messgerätes ja auch mit eingehen. Und wie kann ich mir diese mehrfachen 
Messungen im Kalibrierlabor vorstellen? Wird da ein Multimeter 
anschlossen und dann abgewartet, bis es 100 Messungen gemacht hat? Oder 
wird zwischen den Messungen noch etwas am Aufbau varriert? Zumal es ja 
gut sein kann, dass mein Multimeter einfach 100 mal den gleichen Wert 
anzeigt, wenn sich am Aufbau sonst nichts ändert. Damit stimmt er ja 
aber nicht automatisch.

Und wie ergibt sich diese Kette bis zum NIST oder so? Da muss ja 
jedesmal etwas an Unsicherheit dazukommen, je mehr Zwischenstellen es 
gibt.

Vielleicht kennt jemand die Vorgänge in einem Kalibrierlabor?
LG Martin

von ths (Gast)


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Wen das ein DAkkS Kalibrierschein ist, gibt es für die Bestimmung der 
Messunsicherheit Methoden, die duch den GUM 
http://www.bipm.org/en/publications/guides/gum.html grundlegend 
beschrieben sind. Leider ist der GUM nicht übermässig spannend, 
praktisch oder verständlich. Deshalb gibt es eine Reihe von Richtlinien 
wie VDI/VDE/DGQ/DKD 2622 "Kalibrieren von Messmitteln für elektrische 
Größen".

Vereinfacht gesagt, setzt sich die Messunsicheheit aus drei Komponenten 
zusammen: Die Unsicherheit der Normale, die durch das Verfahren bedingte 
Unsicherheit und durch das Verhalten des Kalibriergegenstandes während 
der Messung (Die einzelnen Komponenten lassen sich natürlich beliebig 
aufdröseln.) Da diese Komponenten nicht korrelieren, werden sie 
geometrisch addiert und mit der Akkreditierungsgrenze des abgeglichen. 
Teilweise gibt es einen Sicherheitszuschlag, der ist dann laborabhängig 
und wird aus Erfahrungswerten oder a priori Wissen abgeschätzt.

Die Rückführung der Messmittel eines Kalibrierlabors erfolgt - zumindest 
bei elektrischen Größen - auf die gleiche Weise. Z. B das nationale 
Metrologieinstitut (hier PTB) erstellt einen Kalibrierschein, oder auch 
ein DAkkS Kalibrierlabor mit einer hinreichend guten Akkreditierung.

Wenn du deinen Kalibrierschein nicht verstehst, frag beim Labor nach. 
Ein seriöser Anbieter wird dir sehr gerne und umfassend Auskunft 
erteilen.

von Martin (Gast)


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Hallo ths,

vielen Dank. Hmm, der Widerstand war evtl. ein nicht so gutes Beispiel, 
weil der ja normal nicht justiert werden kann. Aber nehmen wir mal an 
ich hätte ein Voltmeter und lasse es kalibrieren.

Zunächst wird ja das Spannungsnormal im Kalibriernormal eine Spannung 
und eine Unsicherheit haben. Sagen wir als Beispiel einfach mal exakt 
10V und eine Unsicherheit von 5e-6.

Wenn ich dieses Normal nun an das Voltmeter anschliesse, dann zeigt es 
zB 10,00008V (also 8e-6 zu viel). Und ich mache damit einige Messungen 
aus denen ich eine Standardabweichung von zB 2e-6 ermittle.

Dann kann ich ja nicht am Ende einfach sagen die Unsicherheit ist Wurzel 
aus 5e-6^2 + 2e-6^2 = 5,4e-6? Wo bleiben in dieser Betrachung dann die 
8e-6 Abweichung? Werden die dann noch mal draufgeschlagen?

Vielen Dank!

von Bayes (Gast)


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Wie wäre es, du besorgst dir erst mal ein Mathebuch aus der 8. Klasse 
und lernst die Grundbegriffe der Statistik, damit du Begriffe wie 
Unsicherheit, Standardabweichung, Standardabweichung der Messgröße, 
Standardabweichung des Mittelwerts, Bias uvm. auseinanderhalten kannst?

Und dann erklärst du einfach dein Problem noch mal.

von Martin (Gast)


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Wenn du mir ein Buch empfehlen kannst in dem die Standardabweichung der 
Messgröße erklärt wird werde ich das tun.

Ich entnehme deiner Antwort mal, dass es sich bei der Unsicherheit also 
nicht wie im Eingangsspost gefragt um die 2fache Standardabweichung der 
Messungen an sich handelt?

Mein Problem ist ja genau, dass ich eben diese Begriffe nicht kenne, 
dies aber gern ändern würde (auch gerne über ein Buch für 8. Klässler, 
wenn es denn so eins gibt).

von Bayes (Gast)


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Martin schrieb:
> Wenn du mir ein Buch empfehlen kannst in dem die Standardabweichung der
> Messgröße erklärt wird werde ich das tun.

In die nächste Buchhandlung gehen, Abteilung Schulbücher, Regal 
Mathematik, beliebiges Buch mitnehmen, das ein Kapitel Statistik hat. 
Sorry, ist bei mir schon fast 10 Jahre her, ich erinnere mich nicht mehr 
an den genauen Titel. War aber so etwas wie "Mathematik 8. Klasse"

> Ich entnehme deiner Antwort mal, dass es sich bei der Unsicherheit also
> nicht wie im Eingangsspost gefragt um die 2fache Standardabweichung der
> Messungen an sich handelt?

Ich entnehme deiner Nachfrage mal, dass du noch immer nicht begriffen 
hast, dass Unsicherheit ein beliebig interpretierbarer Begriff ist.

> Mein Problem ist ja genau, dass ich eben diese Begriffe nicht kenne,
> dies aber gern ändern würde (auch gerne über ein Buch für 8. Klässler,
> wenn es denn so eins gibt).

Wie wäre es, wenn du dich mit anderen Dingen als Kalibrierung 
beschäftigst, wenn du keinen Matheunterricht in der Schule hattest?

Noch ein Geheimtipp: www.google.com

von Martin (Gast)


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Bayes schrieb:
> Ich entnehme deiner Nachfrage mal, dass du noch immer nicht begriffen
> hast, dass Unsicherheit ein beliebig interpretierbarer Begriff ist.

Das glaube ich wiederum nicht. Ich gehe stark davon aus, dass dieser 
Begriff in den entsprechenden Normen genau definiert ist. Ansonsten 
würde es nicht ohne weitere Erklärungen im Kalibrierschein stehen.

von ths (Gast)


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Martin, die Grundanforderungen an die Ermittlung der Messunsicherheit 
habe ich dir genannt. Einen Auszug aus dem GUM findest du hier: 
http://www.dakks.de/content/angabe-der-messunsicherheit-bei-kalibrierungen

Wichtig ist es, alle Einflussgrößen zu benennen, zu kennen und 
letztendlich daraus zu einem mathematischen Modell zu kommen, aus dem 
man die Messunsicherheiten berechnet.

Für die Messung von Widerständen bei Verwendung einer Stromquelle und 
einem Multimeter DMM in Verbindung mit einem Bezugsnormalwiderstand sind 
das z.B.:

Nennwert des Normalwiderstands
Temperaturkoeffizient
Lastabhängigkeit
Kalibrierunsicherheit
Zuschlag für zeitliche Stabilität seit der letzten Kalibrierung

Nennwert des Kalibriergegenstandes
Temperaturkoeffizient
Lastabhängigkeit

Temperaturkoeffizient der Stromquelle
Stabilität der Stromquelle

Korrektionsfaktor für Auflösung und Störspanung des DMM
Berücksichtigung der Linearität des DMM
Temperaturkoeffizient des DMM
Transferstabilität des DMM

Klimatische Bedingungen während der Messung

Vielleicht hab ich auf die Schnelle noch was übersehen, kann sein. Aus 
den Einflussgrößen wird dann das Modell gebastelt.

Ein bisschen Mathematik nachschlagen wie Bayes optimistisch meint reicht 
jedenfalls nicht aus.

von Martin (Gast)


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Vielen Dank ths. Ich bin gerade dabei mir die GUM PDF anzusehen, dein 
zweiter Link sieht auch so aus als würde er viele meiner Fragen klären.

Zu den Kommentaren von Bayes muss man wohl nichts weiter sagen. Ist in 
diesem Forum ja so üblich sich über Leute lustig zu machen ohne auch nur 
einen Funken zur Sache beitragen zu können (höchstwahrscheinlich weil 
die Antwort selbst auch nicht bekannt ist). Aber Dank Leuten wir Dir hat 
das Forum ja immer noch viel Wert.

von ths (Gast)


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So, da habe ich es endlich gefunden: Beispiele sind doch etwas griffiger 
als blosse Theorie.

http://www.dakks.de/content/angabe-der-messunsicherheit-bei-kalibrierungen-erg%C3%A4nzungen-1-beispiele

von Peter M. (r2d3)


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Martin schrieb:
> Dann kann ich ja nicht am Ende einfach sagen die Unsicherheit ist Wurzel
> aus 5e-6^2 + 2e-6^2 = 5,4e-6? Wo bleiben in dieser Betrachung dann die
> 8e-6 Abweichung? Werden die dann noch mal draufgeschlagen?

Du hast die Klammern in Deiner Gleichung oben vergessen:
5e-6^2 sind für mich 5*e-36. Ich weiß zwar, was Du meinst, aber gerade 
in der Mathematik kann man ja Sachen präzise formulieren...

Deswegen habe ich ein Beispiel für Dich konstruiert, dass im 
Zweifelsfall auch ganz ohne große Rechenvorgänge auskommt.

Vielleicht hilft ja  folgende Überlegung:

Du bist gerade beim Gebrauchtelektronikhändler und möchtest Dir ein 
Multimeter kaufen. Du hast zwei Stück zur Auswahl.
Zufällig hast Du Dein Spannungsnormal dabei, das Du gerade auf der Maker 
Fair an das Multimeter der PTB angeschlossen hast. Dein Normal 
produziert 9,999 98V, da bist Du Dir ziemlich sicher!

Jetzt schließt Du das Multimeter A an das Normal an.
Die Messwerte von Multimeter A:
10,000 20; 10,000 22; 10,000 19; 10,000 18; 10,000 21

Die Messwerte von Multimeter B:
10,000 09; 9,999 97; ; 10,000 10; 9,999 80; 9,999 88

Jetzt die Preisfrage, bei der es außer Erkenntnis nichts zu gewinnen 
gibt:

Wenn beide Multimeter gleich teuer sind, welches würdes Du Dir kaufen?

: Bearbeitet durch User
von Martin (Gast)


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Peter M. schrieb:
> Deswegen habe ich ein Beispiel für Dich konstruiert, dass im
> Zweifelsfall auch ganz ohne große Rechenvorgänge auskommt.

Mir geht es ja aber genau um den Rechenweg und nicht um qualitative 
Dinge, daher hilft mir dein Beispiel leider gar nicht. Spannender wäre 
das Beispiel, wenn du gesagt hättest, die PTB hat dir gesagt deine 
9,99998V haben eine Unsicherheit von zB 5*10^-6 und die Messreihe sähe 
zB so aus:

10,00004
10,00008
10,00006

Wie sieht dann die Unsicherheit des Messgerätes aus?

Trotzdem vielen Dank und vor allem auch an ths :) Das PDF sieht aus wie 
eine sehr gute Abendlektüre...

von ths (Gast)


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Martin, dein gewähltes Kalibrierlabor beantwortet dir sicherlich gerne 
alle offenen Fragen. Die freuen sich immer über Kunden, die sich 
kritisch mit dem Inhalt der Kalibrierscheine auseinandersetzen, deutlich 
mehr als über die Mehrheit der Kunden, welche diese Scheine mit Löchern 
versieht und abheftet. Das ist nämlich leider sehr, sehr selten.

von Peter M. (r2d3)


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Mein Beispiel war genau auf Deine Frage gemünzt um bei Dir einen kleinen 
Erkenntnisprozess anzustoßen.
Es war offensichtlich Zeitverschwendung für mich, dieses Beispiel 
speziell für Dich zu konstruieren.

Du suchst eine Rezeptesammlung?
Dann besorg' Dir die VDI/DKD-Richtlinie 2622, Blatt 3.
Dann kannst Du schöne Sachen ausrechnen, aber leider nicht 
interpretieren - auch ein Zugang zur Materie!

Einzeiler oder Literaturhinweise sind einfach die besten Antworten, die 
man hier im Forum liefern kann.

von Wolfgang (Gast)


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Martin schrieb:
> vielen Dank. Hmm, der Widerstand war evtl. ein nicht so gutes Beispiel,
> weil der ja normal nicht justiert werden kann.

Bei der Kalibrierung wird grundsätzlich nichts justiert. Es werden 
Abweichungen festgestellt und dokumentiert.

von ths (Gast)


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Nicht ganz, Wolfgang. Bei Kundenwunsch wird justiert, insofern das 
möglich ist. Das bedeutet:

Kalibrierschein erstellen für den Eingangszustand
Justieren
Kalibrierschein erstellen für den Ausgangszustand

von Martin (Gast)


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Peter M. schrieb:
> Mein Beispiel war genau auf Deine Frage gemünzt um bei Dir einen kleinen
> Erkenntnisprozess anzustoßen.
> Es war offensichtlich Zeitverschwendung für mich, dieses Beispiel
> speziell für Dich zu konstruieren.

Ich glaube Du hast einfach nicht verstanden was ich wissen möchte. Mir 
geht es nicht darum zu wissen wie groß die Standardabweichung einer 
Messung ist. Das ist klar wie man das berechnet und bewerten kann. Damit 
war es zwar lieb von Dir gemeint, doch leider für uns beide 
Zeitverschwendung.

Mir geht es darum mit einem Messmittel weitere Aussagen zu machen, dass 
kalibriert wurde, aber "natürlich" eine Abweichung bei der Kalibrierung 
gezeigt hat. Darum kann ich mit deinem Beispiel rein gar nichts 
anfangen, weil die Unsicherheitsangabe fehlt. Und nun erzähl mir nicht, 
dass deine Referenz da bei der PTB hing und alle Messungen bis auf die 
letzte Stelle gleich waren..

Vielleicht ist es ja so trivial, aber ich sehe das noch nicht. Was 
machst du denn nun mit deiner Referenz? Die hängst du bei dir an ein 
Multimeter und das zeigt nun nicht deine 9,99998V an sondern meinetwegen 
10,00008V +/-2e-6.

Meine Frage ist nun ganz einfach: Du hast nun Deine Referenz und damit 
dein Multimeter quasi kalibriert und die Standardabweichung bestimmt. 
Was heißt das nun in diesem Fall, wenn Du dein so kalibriertes 
Multimeter nimmst und damit eine weitere 10V Quelle misst?(gehen wir mal 
davon aus, du kannst die beiden Referenzen nicht direkt vergleichen und 
dein Multimeter ist ein weiteres Element in der Kalibrierkette)

Darum geht es und nicht wie man aus 5 Zahlen eine Standardabweichung 
bestimmt um dann die kleinere Standardabweichung zu finden..

von Wolfgang (Gast)


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ths schrieb:
> Bei Kundenwunsch wird justiert, insofern das möglich ist.

Das geht dann aber über eine reine Kalibrierung hinaus und ist eine 
zusätzliche Leistung.

von ths (Gast)


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Selbstverständlich ist das teurer.

von Автомат К. (dermeckrige)


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ths schrieb:
> Selbstverständlich ist das teurer.

Oder einfach nur im Preis mit inbegriffen :-)

z.B. 
http://www.gmci-service.com/fileadmin/files/pages/content-slide/kalibrierpreise-2016-2016-05-03.pdf

von Henrik V. (henrik_v)


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@Martin:
Alle Antworten zu Deinen Fragen hat ths in seinen Antworten gegeben.
Der Links zu GUM und die DAkkS UND für ein DMM die wichtigsten 
Unsicherheitsbeiträge.

Damit kannst Du Dir deine Frage: Ich habe hier einen Kalibrierschein (am 
besten noch 5-10 weitere als Historie ;) ) und die Spec. des DMM UND den 
Messaufbau (Wichtig für die Modellbildung). Was sagt mir der angezeigte 
Wert?   .... beantworten.
Liste und bestimme die Einflußparameter für Deinen Fall.
Erstelle die Modellfunktion und berechne für Deinen Messvorgang die 
Messunsicherheit. Stelle Deine Ergebnisse zur Diskussion. (Begründete 
Annahmen /Schätzungen sind dabei durchaus üblich.)

Ja, ist Aufwändig... sonst hilft eben nur eine grobe Schätzung mit 
ausreichend Sicherheitszuschlägen.


Gruß Henrik

von Martin (Gast)


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@Henrik
Ja das hat ths vollständig und super getan im letzten Link sogar mit 
Beispielen. Ich wollte nur darauf hinaus, dass das was ths hier 
dankenswerter Weise rausgesucht hat nun wirklich nichts mit 8. Klasse 
Mathematik zu tun hat und auch das anschauen von einer handvoll 
Messwerten und dem Errechnen der Standardabweichung eben nicht wirklich 
weiterhilft. Es ist halt nur ein Bruchteil dessen was benötigt wird um 
die Unsicherheit zu bestimmen (muss ich Dir und ths sicher nicht sagen, 
aber bei den restlichen Leuten, die hier ihren Senf abgelassen haben 
sieht es da wohl eher anders aus).

von Steffen (Gast)


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Peter M. schrieb:
> Martin schrieb:
>> Dann kann ich ja nicht am Ende einfach sagen die Unsicherheit ist Wurzel
>> aus 5e-6^2 + 2e-6^2 = 5,4e-6? Wo bleiben in dieser Betrachung dann die
>> 8e-6 Abweichung? Werden die dann noch mal draufgeschlagen?
>
> Du hast die Klammern in Deiner Gleichung oben vergessen:
> 5e-6^2 sind für mich 5*e-36. Ich weiß zwar, was Du meinst, aber gerade
> in der Mathematik kann man ja Sachen präzise formulieren...

Wenn ihr hier schon auf 8. Klasse Mathematik rumreitet, dann doch bitte 
richtig. Die richtige Reihenfolge bei einer Berechnung ist: Potenzieren, 
multiplizieren/dividieren, addieren/subtrahieren. Es ist also völlig 
überflüssig die Klammern zu setzen und 5e-36 wäre auch ohne Klammern 
falsch.

von Peter M. (r2d3)


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> Wenn ihr hier schon auf 8. Klasse Mathematik rumreitet, dann doch bitte
> richtig.

Ei, was ist denn falsch?

> Die richtige Reihenfolge bei einer Berechnung ist: Potenzieren,
> multiplizieren/dividieren, addieren/subtrahieren.

Ja.

> Es ist also völlig
> überflüssig die Klammern zu setzen und 5e-36 wäre auch ohne Klammern
> falsch.

Nein.

(5e-6)^2 ist nicht dasselbe wie 5e-6^2=5e-36.

Jetzt widersprichst Du Dir selber, nachdem Du oben die 
Operatorenhierarchie richtig aufgezählt hast.

Eigentlich ist das Ganze etwas unglücklich geschrieben, weil 5e-6 ja 
kein Term ist, sondern für 5*10^-6 steht.

Aber:

(5*10^-6)^2 <> 5*10^-6^2
<=> 25 * 10^-3 <> 5 * 10^-3
<=> 25  <> 5

Der Hinweis auf die "8.Klasse Mathematik" ist nicht von mir, aber wie 
man sieht, ist er durchaus nicht unwichtig, Martin, Steffen et alii :)

: Bearbeitet durch User
von Peter M. (r2d3)


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Martin schrieb:
> Aber nehmen wir mal an
> ich hätte ein Voltmeter und lasse es kalibrieren.
>
> Zunächst wird ja das Spannungsnormal im Kalibriernormal eine Spannung
> und eine Unsicherheit haben. Sagen wir als Beispiel einfach mal exakt
> 10V und eine Unsicherheit von 5e-6.
>
> Wenn ich dieses Normal nun an das Voltmeter anschliesse, dann zeigt es
> zB 10,00008V (also 8e-6 zu viel). Und ich mache damit einige Messungen
> aus denen ich eine Standardabweichung von zB 2e-6 ermittle.
>
> Dann kann ich ja nicht am Ende einfach sagen die Unsicherheit ist Wurzel
> aus 5e-6^2 + 2e-6^2 = 5,4e-6? Wo bleiben in dieser Betrachung dann die
> 8e-6 Abweichung? Werden die dann noch mal draufgeschlagen?

Du hängst Dein Multimeter ja an das Spannungsnormal, weil Du wissen 
willst, ob es falsch misst.

Die Abweichung von 8ppm ist die Größe, die Du bewerten willst. Diese 
Abweichung geht nicht in das Maß für Unsicherheit ein! Genau diese 
Abweichung soll ja mit dem Maß für Unsicherheit bewertet werden.

Deine Daten bestehen aus einer Messreihe. Die Werte dieser Reihe 
streuen.
Aus dieser Messreihe kannst Du einen idealtypischen Wert ermitteln, den 
Mittelwert (10,000 08V). Du kannst auch ein Streuungsmaß ermitteln, die 
Standardabweichung.

Wenn Du an dieser Stelle die zusätzliche Annahme triffst, dass der 
Messvorgang nichts anderes ist als das Ziehen von normalverteilten 
Zufallszahlen mit Erwartungswert Mü und Standardabweichung Sigma, dann 
hast Du mit Deiner Rechnung den Erwartungswert Mü von 10,000 08V 
geschätzt als auch die Standardabweichung Sigma von 2ppm (Angabe oben) 
* 10,000 08V = 2,000 016µV mit dem Du diesen Messvorgang beschreiben.

Dummerweise streut Dein Normal ja auch noch...
Leider passen Deine Annahmen nicht zu einander!
Wenn Dein Spannungsnormal nämlich eine "Unsicherheit" (wir nehmen an, Du 
meinst Standardabweichung) von 5ppm aufweist und unabhängig von Deinem 
Multimeter streut, ist es bei einer ausreichenden Zahl von Messwerten 
unwahrscheinlich, dass Du bei Deinen Messungen am Normal mit Deinem 
Multimeter eine Standardabweichung von nur 2ppm errechnen kannst.
Dafür streut Dein Normal zu sehr!

Zurück zur Frage:

Misst Dein Multimeter falsch?

Das obige Spannungsnormal produziert Werte, die in 68% aller Fälle im 
Bereich 10V+-5ppm liegen und in 95% aller Fälle im Bereiche von 10V+- 
2*5ppm liegen.

Hättest Du 10ppm zu viel gemessen, könntest Du sagen, dass Dein Wert mit 
einer Wahrscheinlichkeit von 95% falsch ist.

Es geht also bei dem Streuungsmass im Zusammenhang von Kalibration immer 
um die Bedeutung (Signifikanz) der Abweichung.

Wenn also der Kalibrator viel weniger streut als in Deinem Beispiel und 
Dein Multimeter auch, könntest Du die Aussage treffen:

Ich bin mir fast zu 100% sicher, dass mein Messwert 8ppm zu hoch ist!

Das wäre der Fall, wenn die Standardabweichung des Normal nur 0,5ppm 
betrüge, und die Deines Multimeters vielleicht 1ppm.

Dann entspricht der Messfehler zwischen Normal und Multimeter gleich 
mehreren Standardabweichungen.

In Deinem Fall würde ich zu der Abweichung von 8ppm sagen:

Der Fehler ist wahrscheinlich, aber so richtig sicher bin ich mir nicht.

: Bearbeitet durch User
von Steffen (Gast)


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Unsicherheit ist nicht gleich Standardabweichung

Von daher kann seine Standardabweichung der Messwerte schon kleiner sein 
als die Unsicherheit des Normals. Das ist sogar gar nicht mal unüblich, 
wenn du ein Normal misst. Wenn du dein Multimeter an einen Kalibrator 
anschließt, der vor nicht ganz einem Jahr kalibriert wurde und eine 
spezifizierte Unsicherheit von sagen wir mal 10ppm hat (einfach aus der 
Luft gegriffen), dann wirst du auch bei 100 Messungen in einem 
begrenzten Zeitraum (sagen wir mal im Laufe eines Tages) eine deutlich 
kleinere Standardabweichung mit einem guten Multimeter messen.

von Peter M. (r2d3)


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Hallo Steffen,

danke für den Hinweis! Der folgende Abschnitt, wie von mir oben 
geschrieben, ist falsch!

=> Hier fängt der Müll an!

Peter M. schrieb:
> Dummerweise streut Dein Normal ja auch noch...
> Leider passen Deine Annahmen nicht zu einander!
> Wenn Dein Spannungsnormal nämlich eine "Unsicherheit" (wir nehmen an, Du
> meinst Standardabweichung) von 5ppm aufweist und unabhängig von Deinem
> Multimeter streut, ist es bei einer ausreichenden Zahl von Messwerten
> unwahrscheinlich, dass Du bei Deinen Messungen am Normal mit Deinem
> Multimeter eine Standardabweichung von nur 2ppm errechnen kannst.
> Dafür streut Dein Normal zu sehr!

Was in den Beispielen fehlt, ist die Angabe der Zeit.

Mein Denkfehler bestand darin zu unterstellen, dass das Normal im 
Zeitraum der Messung im Rahmen der Bandbreiten der "Unsicherheit" 
schwankt.
Das ist natürlich Blödsinn. Die Unsicherheit ergibt sich ja eher aus der 
Drift des Normals über die Zeit und nicht aus dem kurzzeitigen Rauschen 
während der Messung.

Den folgenden Abschnitt von mir muss man dann auch anders verstehen:

Peter M. schrieb:
> Das obige Spannungsnormal produziert Werte, die in 68% aller Fälle im
> Bereich 10V+-5ppm liegen und in 95% aller Fälle im Bereiche von 10V+-
> 2*5ppm liegen.

Das soll nicht heißen, dass das Normal im Rahmen der angegebenen 
Bandbreiten wild rauscht, sondern dass es sich über die Zeit von dem 
Referenzwert 10V wegbewegt hat und für den Moment der Messung vielleicht 
stillsteht. Nichtsdestotrotz bleibt die Unsicherheit über die 
Driftbewegung.


Danke für den Hinweis!!!
Wenn man versucht eine Sache zu erklären, merkt man, ob man sie wirklich 
verstanden hat...

: Bearbeitet durch User
von Arc N. (arc)


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Peter M. schrieb:
> Zurück zur Frage:
>
> Misst Dein Multimeter falsch?
>
> Das obige Spannungsnormal produziert Werte, die in 68% aller Fälle im
> Bereich 10V+-5ppm liegen und in 95% aller Fälle im Bereiche von 10V+-
> 2*5ppm liegen.
>
> Hättest Du 10ppm zu viel gemessen, könntest Du sagen, dass Dein Wert mit
> einer Wahrscheinlichkeit von 95% falsch ist.
>
> Es geht also bei dem Streuungsmass im Zusammenhang von Kalibration immer
> um die Bedeutung (Signifikanz) der Abweichung.
>
> Wenn also der Kalibrator viel weniger streut als in Deinem Beispiel und
> Dein Multimeter auch, könntest Du die Aussage treffen:
>
> Ich bin mir fast zu 100% sicher, dass mein Messwert 8ppm zu hoch ist!
...
> Der Fehler ist wahrscheinlich, aber so richtig sicher bin ich mir nicht.

Und da wären wir bei Akzeptanzintervallen, Guard Bands und definitiv 
weit von 8. Klasse Mathematik wie von Bayes behauptet entfernt

"Evaluation of measurement data – The role of measurement uncertainty in 
conformity assessment"
http://www.bipm.org/utils/common/documents/jcgm/JCGM_106_2012_E.pdf

"How to Maintain Your Confidence (in a World of Declining Test 
Uncertainty Ratios)"
http://www.isobudgets.com/pdf/papers/06_Maintain%20Confidence.pdf

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