Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Was bewirkt dieser Kondensator im EMI Filter?


von Alex (Gast)


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Hi,

ich bin über die angehängte Schaltung gestoßen für einen EMC Filter in 
einem galvanisch getrennten DC/DC Wandler:
http://www.recom-power.com/pdf/Econoline/RxxPxx.pdf

Was genau bewirkt der Kondensator C3?

Meiner Ansicht nach stellt er einen niederohmigen Pfad zwischen Primär- 
und Sekundärseite für hochfrequente Störungen dar, und koppelt 
entsprechend hochfrequente Störungen (z.B. GND Bouncing) von der 
Sekundärseite in die Primärseite  und vice versa. Ergo finde ich C3 
nicht sonderlich nützlich, wenn man zwei getrennte Potentiale haben 
möchte. Allerdings ist EMV auch nicht mein stärkstes Gebiet...

Wäre jemand so freundlich und könnte mir diesbezüglich ein wenig auf die 
Sprünge zu helfen?

Vielen Dank.

Alex

von Stefan M. (derwisch)


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C3 wirkt für HF niederohmig.
Er sorgt also dafür, dass die Masse ( GND ) HF mässig für Input und 
Output des Filters gleich ist.
Wahrscheinlich ist die Masse HF mässig im Filter unterbrochen.

: Bearbeitet durch User
von ich (Gast)


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C3 stellt einen Strompfad für den Strom über die parasitäre Kapazität 
im DC/DC-Wandler-Übertrager zur Verfügung.

von Wolfgang (Gast)


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Alex schrieb:
> Ergo finde ich C3 nicht sonderlich nützlich, wenn man zwei getrennte
> Potentiale haben möchte.

Dann musst du für ein vernünftiges Gnd auf der Primärseite sorgen, 
d.h. induktionsarm und niederohmig. Oder soll dein Gnd auf der 
Sekundärseite etwa wild durch die Gegen schwingen?

von Le_Bassiste (Gast)


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C3 wird dann eingesetzt, wenn sozusagen "in der isolation", also 
zwischen den beiden diagonalen strichen deines DC/DC-symbols eine 
störquelle (HF-spannungsquelle mit innenwiderstand) geschaltet ist, die 
man mit C3 kurzschließen kann. du kannst dir das so vorstellen, dass die 
störquelle mit ihrem einen pol an die linke diagonale und mit dem 
anderen pol an die rechte diagonale angeschlossen ist. die störspannung 
ist daher an beiden output-polen (z.b. gegen den -pol von C1 als bezug) 
messbar.
diese störquelle baut man sich ungewollt z.b. dann in den DC/DC wandler 
ein, wenn man schnell schaltende transistoren isoliert auf kühlkörper 
montiert und durch die großflächige kopplung der (drain- oder 
kollektor-) rückseite der transistoren schaltspitzen kapazitiv in den 
kühlkörper einkoppelt. es müssen natürlich nicht immer kühlkörper sein, 
in die eingekoppelt wird, sinngemäß gilt das gleiche auch für 
benachbarte wicklungen in trafos, usw.

von Le_Bassiste (Gast)


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Alex schrieb:
 Ergo finde ich C3
> nicht sonderlich nützlich, wenn man zwei getrennte Potentiale haben
> möchte.

stimmt, richtig "nützlich" ist er eigentlich nicht, außer eben bei der 
unterdrückung von HF störungen. was viel "gemeiner" ist: C3 muss auch 
noch die volle iso-spezifikation des gerätes halten, und daher sind 
diese kondensatoren entsprechend (in 230V netzteilen z.b. für mehrere 
kV) ausgelegt.

von Mark S. (voltwide)


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kurz gefasst: C3 ist im Prinzip ein Y-Kondensator.
Er dient als Nebenschluß für hochfrequente Störströme, die aus dem aktiv 
schaltenden Primärkreis über interne Koppelkapazitäten in den 
Sekundärkreis gelangen.
Ist also eine EMV-Maßnahme.

von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


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Ohne Kenntnis der Innenbeschaltung kann man erstmal nur aus der 
Erfahrung heraus schätzen.

http://rfemcdevelopment.eu/index.php/en/emc-emi-standards/en-55022-2010
55022 Class A ist Haushalt, mit geringeren zulässigen Emissionen.

Daher möchte bei Class A der Hersteller des Störsenders diesen etwas 
besser gefiltert sehen.

Der C3 bindet den floatenden Ausgangsteil HF-mäßig auf die (postulierte) 
GND des Eingangs. Wie bereits beschrieben, muss der C3 so ausgelegt 
sein, dass die geforderte Isolationsfestigkeit erhalten bleibt.

Falls Du in Deiner Schaltung das Teil nur als Spannungswandler 
verwendest, sprich die galvanische Trennung nicht erforderlich ist, 
kannst Du statt des Kappas das Ausgangsteil mit GND verbinden. Das 
sollte sogar besser dämpfen.

Der Hersteller zeigt hier interessanterweise nur ein Gegentakt-Filter.
Gleichtaktstörungen scheinen aus seiner Sicht kein Problem zu sein.

Wieder aus der Erfahrung heraus, glaube ich aus Prinzip keinem 
Schaltwandlerhersteller seine Spec, ohne zuerst sein EMV-Prüfprotokoll 
gesehen zu haben (darauf hast Du Anspruch!).
Danach geht es mit dem konkreten Aufbau aber ASAP in die orientierende 
Messung.

Das Problem ist, dass das Emissionsspektrum mit der Belastung variiert.
Wenn einer meiner Kunden so ein Teil braucht, dann wird während der 
orientierenden Messung der gesamte Lastbereich simuliert.
Viele Schaltwandler, auch namhafter Hersteller (meine aktuelle Quote ist 
3:1), verlässt in bestimmten Lastszenarien (z.B. ohmsche Last, 65%) die 
Spec.

von Mark S. (voltwide)


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Soweit einverstanden, allerdings gilt für Haushalt EN55022B, Class A ist 
Industriebereich.

von Marcus H. (Firma: www.harerod.de) (lungfish) Benutzerseite


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Mark S. schrieb:
> Soweit einverstanden, allerdings gilt für Haushalt EN55022B, Class A ist
> Industriebereich.

Oh Mann, Danke, Dir, ja. Ich glaub es nicht, dass mir da ein Dreher 
passieren konnte.

Beim Design meiner Geräte versuche ich bei Aussendungen Haushalt und 
Einstrahlung Industrie einzuhalten. Damit ist man von der Anwendbarkeit 
am wenigsten eingeschränkt.

: Bearbeitet durch User
von Kugel - Ulbricht (Gast)


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Alex schrieb:
> Was genau bewirkt der Kondensator C3?

Aber wie schaut es aus wenn Inputseitig eine Stromkompensierte Drossel 
(CMC ... Common Mode choke) geschaltet wäre ?!

Damit diese Drossel Störungen im Kern aufhebt muss der ein und 
ausfließende Strom doch gleich sein. Durch den C fließt aber ein Teil 
über den Output-zweig ab, so dass die Drossel in diesem f-Bereich 
wirkungslos wäre?! Also zwei EMV-Maßnahmen, die sich gegenseitige 
behindern?

von Mark S. (voltwide)


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Das ist immer genau die Frage. Die Gleichtaktdrossel hilft ja nur, wenn 
die Impedanz bei der jeweiligen Frequenz hoch genug ist. Leider sind in 
der Praxis die Störamplituden bei den niedrigsten Frequenzen am größten, 
also dort wo die Sperrwirkung der Drossel am geringsten ist. Am liebsten 
wäre mir von daher eine Drossel mit 150kHz Eigenresonanz - die ist aber 
kaum zu haben. Die Optimierung ist von daher nicht generell zu 
beantworten, sie hängt stark von den tatsächlichen Eigenschaften des 
Schaltwandlers ab. Die ganz kleinen AC-Adapter kommen durchaus ohne 
Gleichtaktdrossel aus.

: Bearbeitet durch User
von Mark S. (voltwide)


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Um auf die Frage einzugehen:
Der überbrückende Y-Kondensator schließt den über die 
Primär-Sekundär-Koppelkapazität (typischerweise in der Größenordnung von 
einigen 10pF) austretenden Strom kurz.
Ohne diesen Nebenschluß sucht sich der Störstrom seinen Weg primärseitig 
über das Netzkabel, rein in die Erde, und über die Kopplung 
Erde-Sekundärkreis schließt sich dann der Kreis.

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