Forum: Offtopic Turbofantriebwerke - warum unten?


von Düsentrieb (Gast)


Lesenswert?

Hallo!

Kurze Frage,

weshalb befinden sich die Turbofantriebwerke diverser Passagierflugzeuge 
auf der Unterseite der Traflächen und nicht oben?

Danke! .)

: Verschoben durch Moderator
von Icke ®. (49636b65)


Lesenswert?

Weil es andersrum einfach scheiße aussieht...

von (prx) A. K. (prx)


Lesenswert?

Seltenes Gegenbeispiel war die VFW 614.

von Rufus Τ. F. (rufus) Benutzerseite


Lesenswert?

Düsentrieb schrieb:
> auf der Unterseite der Traflächen und nicht oben?

Weil sie dann leichter zu warten sind? So reicht 'ne Klappleiter, um an 
die Dinger ranzukommen, man kann mit 'nem Laster/Gabelstapler/whatever 
unter die Tragfläche fahren, wenn man die Dinger abbauen möchte ...

Stell' Dir mal den Aufwand vor, wenn man sie über der Tragfläche abbauen 
müsste. Das ginge nur mit Kränen.

von Icke ®. (49636b65)


Lesenswert?

Der Hauptgrund dürfte das Kippmoment sein, das der Schub um die 
Längsachse erzeugt. Bei unten liegenden Triebwerken hebt es die Nase, 
bei oben liegenden drückt es die Nase runter. Ersteres ist für das 
Flugverhalten deutlich günstiger, z.B. beim Durchstarten.

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Ein weiterer Grund könnte der niedrigere Schwerpunkt der Maschine sein.

Wie sieht es denn mit den Strömungsverhältnissen an den Tragflächen aus? 
Ist das wirkungsgradtechnisch egal?

von Bernd F. (metallfunk)


Lesenswert?

Chris D. schrieb:
> Ein weiterer Grund könnte der niedrigere Schwerpunkt der Maschine sein.
>
> Wie sieht es denn mit den Strömungsverhältnissen an den Tragflächen aus?
> Ist das wirkungsgradtechnisch egal?

Wahrscheinlich nicht. Die Luftströmung über die Oberseite ist schneller.

Da könnte das Triebwerk ja noch nachhelfen.

Aber: Was wissen wir schon.
Sehr sicher sind die Vorteile bei der üblichen Anordnung
größer, sonst hätte sich eine andere Anordnung durchgesetzt.

Grüße Bernd

: Bearbeitet durch User
von J.-u. G. (juwe)


Lesenswert?

Chris D. schrieb:
> Wie sieht es denn mit den Strömungsverhältnissen an den Tragflächen aus?
> Ist das wirkungsgradtechnisch egal?

Aerodynamisch optimal ist sicher ein Flügel ohne Triebwerke. 
Letztendlich ist aber das Gesamtpaket ausschlaggebend, wofür man sich 
entscheidet. Neben der schon angesprochenen guten Zugänglichkeit für 
Wartungszwecke bieten Triebwerke an den Flügeln auch Gewichtsvorteile. 
Die Triebwerke (die schwersten Komponenten eines Flugzeugs) sind ja 
direkt an der Quelle des Auftriebs befestigt. Bei Triebwerken am Rumpf 
müsste dessen Struktur kräftiger dimensioniert werden um die anfallenden 
Lasten aufnehmen zu können.

Icke ®. schrieb:
> Bei unten liegenden Triebwerken hebt es die Nase,
> bei oben liegenden drückt es die Nase runter. Ersteres ist für das
> Flugverhalten deutlich günstiger, z.B. beim Durchstarten.

Dieses starke "Nose-up"-Moment bereitet aber manchmal (insbesondere 
Besatzungen mit mangelndem Trainingsstand) auch erhebliche Probleme. 
Insbesondere beim Durchstarten, einem Manöver bei dem in kurzer Zeit 
viele Handlungen durchzuführen sind. Beispielsweise dürfte dieser Effekt 
beim Tatarstan Absturz eine Rolle gespielt haben:
http://avherald.com/h?article=46b9ecbc&opt=0

Ideal wäre es, wenn durch den Antrieb keine Momente auf das Flugzeug 
ausgeübt würden.

von (prx) A. K. (prx)


Lesenswert?

Chris D. schrieb:
> Wie sieht es denn mit den Strömungsverhältnissen an den Tragflächen aus?
> Ist das wirkungsgradtechnisch egal?

Die Tragflächen sind in beiden Fällen außerhalb der Strömung der 
Triebwerke (anders als bei Propellern). Bei besagter VFW 614 gab es aber 
anfangs Probleme mit dem von den Triebwerken beeinflussten 
Höhenleitwerk.

Triebwerke unten hat auch einen Nachteil: längeres und damit schwereres 
Fahrwerk. Ein Vorteil von Hecktriebwerken.

von Icke ®. (49636b65)


Lesenswert?

Chris D. schrieb:
> Wie sieht es denn mit den Strömungsverhältnissen an den Tragflächen aus?

Möglicherweise auch ein Grund. Weniger wegen des Wirkungsgrades, sondern 
weil Flugzeuge bei Start und Landung üblicherweise mit positivem 
Anstellwinkel fliegen. Die Luftströmung oben montierter Triebwerke wird 
in dieser Fluglage von der Tragfläche gestört, unten jedoch nicht.

von Icke ®. (49636b65)


Lesenswert?

J.-u. G. schrieb:
> Dieses starke "Nose-up"-Moment bereitet aber manchmal (insbesondere
> Besatzungen mit mangelndem Trainingsstand) auch erhebliche Probleme.

Sicher ist das nicht optimal, ein Drücken der Nase wäre aber noch 
wesentlich ungünstiger.

A. K. schrieb:
> Bei besagter VFW 614 gab es aber
> anfangs Probleme mit dem von den Triebwerken beeinflussten
> Höhenleitwerk.

Bei dieser Maschine sitzen die Triebwerke auf relativ langen Stützen, um 
nicht von der Strömung der Flächen gestört zu werden. Das hat 
konstruktive Nachteile und verstärkt die Hebelwirkung zusätzlich.

von (prx) A. K. (prx)


Lesenswert?

Icke ®. schrieb:
> Die Luftströmung oben montierter Triebwerke wird
> in dieser Fluglage von der Tragfläche gestört,

Nur wenn der Lufteinlass hinter der Flügelvorderkante läge. Damit lägen 
sie aber zu weit hinten, vom Gewicht her. Auch unter der Fläche liegt 
ein Gutteil des Triebwerks deshalb vor der Flügelvorderkante.

Das ist aber ein bekanntes Problem von Militärjets, die zwecks 
geringerer Radarsignatur den Lufteinlass oberhalb des Rumpfes oder der 
Flügel haben. In engem Kurvenflug kann denen die Luft ausgehen.

: Bearbeitet durch User
von J.-u. G. (juwe)


Lesenswert?

A. K. schrieb:
> Triebwerke unten hat auch einen Nachteil: längeres und damit schwereres
> Fahrwerk. Ein Vorteil von Hecktriebwerken.

Kommt drauf an. Bei kleineren Flugzeugen hast Du sicher Recht. Bei den 
ganz großen (insbesondere langen) limitiert der benötigte Anstellwinkel 
beim Starten die minimale Fahrwerkshöhe. Der Platz unter den Flügeln ist 
demzufolge sowieso da.

von Icke ®. (49636b65)


Lesenswert?

A. K. schrieb:
> Nur wenn der Lufteinlass hinter der Flügelvorderkante läge. Damit lägen
> sie aber zu weit hinten, vom Gewicht her.

https://de.wikipedia.org/wiki/Honda_HA-420

von (prx) A. K. (prx)


Lesenswert?

J.-u. G. schrieb:
>> Triebwerke unten hat auch einen Nachteil: längeres und damit schwereres
>> Fahrwerk. Ein Vorteil von Hecktriebwerken.
>
> Bei kleineren Flugzeugen hast Du sicher Recht.

Wie die 737, die aus einer Zeit stammt, in der Triebwerke noch schlank 
waren. Spätere 737er haben deshalb einen unten abgeflachten Lufteinlass 
und längeres Fahrwerk. Demgegenüber haben vergleichbare Maschinen wie 
die MD 81 ein wesentlich kürzeres Fahrwerk. Probleme mit dem 
Rotationswinkel entstehen hier nicht, da aufgrund des Gewichts der 
Hecktriebwerke Hauptfahrwerk und Tragflächen deutlich weiter hinten 
liegen, damit auch der Punkt, um den sie beim Start rotieren.

: Bearbeitet durch User
von J.-u. G. (juwe)


Lesenswert?

A. K. schrieb:
> Wie die 737, die aus einer Zeit stammt, in der Triebwerke noch schlank
> waren. Spätere 737er haben deshalb einen unten abgeflachten Lufteinlass.

Ja genau. Die 737 wurde im Laufe der Jahrzehnte ja mehrfach 
weiterentwickelt. Aufgrund des kurzen Fahrwerks ist inzwischen das Ende 
der Fahnenstange hinsichtlich des Nebenstromverhältnisses der Triebwerke 
erreicht.

Was die Wechselwirkung zwischen Triebwerk und Flügel betrifft, habe ich 
gerade das hier:
http://people.nas.nasa.gov/~rogers/publications/aiaa2000-4219.pdf
gefunden. Muss ich mir aber erst noch in Ruhe zu Gemüte führen.

von Uwe M. (horsti)


Lesenswert?

Bernd F. schrieb:
>> Wie sieht es denn mit den Strömungsverhältnissen an den Tragflächen aus?
>> Ist das wirkungsgradtechnisch egal?
>
> Wahrscheinlich nicht. Die Luftströmung über die Oberseite ist schneller.

Das ist unwahr. Die Ströhmungsgeschwindigkeit ist ähnlich, durch den 
längeren Weg auf der Oberseite ensteht nach dem Totpunkt ein Unterdruck 
der den Flügel hebt. Das Triebwerk unter dem Flügel verstärkt diesen 
Effekt geringfügig.
Der Hauptgrund sind bereits genannt, die metazentrische Höhe.

MfG Horsti

: Bearbeitet durch User
von J.-u. G. (juwe)


Lesenswert?

A. K. schrieb:
> Probleme mit dem
> Rotationswinkel entstehen hier nicht, da aufgrund des Gewichts der
> Hecktriebwerke Hauptfahrwerk und Tragflächen deutlich weiter hinten
> liegen,

Bei weiter hinten liegenden Tragflächen ist aber auch der Hebelarm zum 
Leitwerk kürzer. D.h. größere Leitwerksflächen und Ruder erforderlich - 
höhere Masse.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


Lesenswert?

Die Triebwerke so anzuordnen, daß ihr Abluftstrom über die Tragflächen 
geführt wird, bringt erhöhten Auftrieb (Coanda-Effekt).

Bei der 747 hängen die Triebwerke an jeweils drei Scherbolzen, die als 
Sollbruchstellen dienen. Bei starken Triebwerksschwingungen, die evtl. 
die  Flügelkonstruktion beschädigen könnten, brechen diese und das 
Triebwerk kann frei nach unten abfallen.

Tiefer Schwerpunkt wurde schon gesagt, auch für eine Notlandung ohne 
Fahrwerk sind die Triebwerke unten kein Nachteil.

Bei Flugzeugen mit Hecktriebwerken sind diese gefährlich nah am Rumpf 
montiert. Es gab Abstürze, weil ein dort montiertes Triebwerk 
explodierte und schwere Schäden am Flugzeug (DC-10) bzw. einem direkt 
benachbarten Triebwerk (IL-62) angerichtet hat. Außerdem haben diese 
Flugzeuge oft ein T-Leitwerk. Dieses birgt die Gefahr eines 
locked-in-stalls, ein Strömungsabriss, bei dem das Höhenleitwerk (im 
Windschatten der Tragflächen) nicht mehr angeströmt wird und der 
Anstellwinkel des Flugzeugs nicht mehr durch die Steuerflächen 
beeinflußt werden kann. Ohne ein großzügiges Maß an Höhe und/oder Schub 
kommt man da nicht mehr lebend raus.

von oldeurope O. (Gast)


Lesenswert?

Die schönste mit Strahltriebwerken:
https://halfbyteblog.files.wordpress.com/2012/09/boac_coment.jpg
Da stellt sich die Frage gar nicht.

LG
old.



Bild kommt von diesem Blog:
https://halfbyteblog.wordpress.com/2012/09/03/the-dream-that-never-happened-the-comet-aircraft/

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


Lesenswert?

OXI T. schrieb:
> Die schönste mit Strahltriebwerken:
> https://halfbyteblog.files.wordpress.com/2012/09/boac_coment.jpg
> Da stellt sich die Frage gar nicht.

Boooaa, kannst du dich erinnern, wie laut die Dinger waren? Das möchte 
ich nicht zurück haben.

von Jörn P. (jonnyp)


Lesenswert?

http://www.brooklandsmuseum.com/images/uploads/explore/DSC_0347_(700x372).jpg
Mein Favorit zur damaligen Zeit: die Vickers VC10

von Unbekannt U. (Gast)


Lesenswert?

Uwe M. schrieb:

> Das ist unwahr. Die Ströhmungsgeschwindigkeit ist ähnlich, durch den
> längeren Weg auf der Oberseite ensteht nach dem Totpunkt ein Unterdruck
> der den Flügel hebt.

Das ist Blödsinn, den man so nicht stehen lassen darf.

Gerade im vorderen Teil eines Flügels ist die Geschwindigkeit der 
Grenzschicht auf der Tragflächenoberseite deutlich höher als auf der 
Unterseite. Auch die Luftmasse oberhalb des Flügels bewegt sich deutlich 
schneller als die auf der Unterseite.

Aus diesen unterschiedlichen Luftgeschwindigkeiten entstehen die 
dynamischen Druckunterschiede die in der Summe (Vektorfeld!) den 
Auftrieb bewirken, und zwar um die ganze Fläche verteilt!

Und die Strömung auf der Oberseite einer Tragfläche ist empfindlicher 
als die auf der Unterseite. Und zwar weil die Strömung auf der Oberseite 
einen längeren Weg zurücklegen muss und durch die unvermeidbare Reibung 
stetig an kinetischer Energie und somit Geschwindigkeit verliert.

Ein Strömungsabriss passiert immer auf der Oberseite der Tragfläche. Und 
zwar genau dann, wenn die Geschwindigkeit der Grenzschicht auf der 
Oberseite Null wird, und hinter diesem Punkt sich die Strömungsrichtung 
umgekehrt hat, so das Luft vom Flügelende nach vorne strömt.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.