Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik µV differentiell messen


von Samson (Gast)


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Hallo,

ich habe einen Magnetfeldsensor von dem ich das Messsignal (im 5µV-30µV) 
mit einem Instrumentation Amplifier (AD624) differentiell messen möchte.
Aus Platzgründen müsste ich das Messsignal vom Sensor zum Instr. 
Amplifier allerdings über ein ca. 50cm langes Kabel übertragen! Wäre das 
technisch noch machbar? Normalerweise müsste man bei solch kleinen 
Spannungen doch direkt an dem Sensor verstärken? Ein Eletroniker meinte 
aber auch, dass das gerade noch klappen funktionieren könnte...

von Lurchi (Gast)


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Wenn sich das Magnetfeld sich nicht groß ändert und sich das Kabel nicht 
viel bewegt, kann es noch funktionieren. Die Leitung sollte gut 
verdrillt sein oder ein eher dünnes Koax /geschirmtes Kabel sein, um die 
Induktionsspannung zu reduzieren, etwa vom Umgebungsfeld.

von Hp M. (nachtmix)


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Samson schrieb:
> Normalerweise müsste man bei solch kleinen
> Spannungen doch direkt an dem Sensor verstärken?

Es könnte aber auch sein, dass dein InAmp dann selber durch das 
Magnetfeld beeinflusst wird.
Ansonsten eben die üblichen Vorsichtsmaßnahmen wie verdrillte Adern und 
evtl eine Abschirmung anwenden.

P.S.:
Achte auf Temperatureffekte an den Enden der Leitungen!
Die Thermo-EMF pro Grad bewegt sich in der gleichen Grössenordnung wie 
dein Meßsignal.

: Bearbeitet durch User
von жтампф ден троль (Gast)


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Vergiss das mal. Die Thermospannungen zwischen zwei Metallen kann um die 
mehrere Dizend uV pro Kelvin betragen. Dann kann ein Kabel bei 
Bewegungauch ein paar duzend uV erzeugen.

Das Signal kommt von einer Hallsonde ? Dann musst du diese mit AC 
ansteuern und kannst nachher offset- und temperaturdriftfrei AC 
verstaerken bevor das Kabel kommt. Solche Sensoren muss man eh mit 
Lock-in verarbeiten.

von Lurchi (Gast)


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Rein im Kabel auf Kupfer sind Thermospannungen kein so großes Problem, 
denn man hat ein Material. Durch Verunreinigungen und Knicke kommt man 
da ggf. auf nV/K, also eher noch nicht störend. Kritischer sind da schon 
die Übergänge zum Sensor und Verstärker, aber das hat man auch bei 
kurzer Verbindung.

Das Problem ist eher die Induktionsspannung durch Änderungen im 
Magnetfeld oder in der Fläche wenn sich das Kabel bewegt.

Bei einer Hallsonde wäre ein AC Lösung tatsächlich vorzuziehen.

von Samson (Gast)


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Also das ist ein AMR Sensor.  HMC1001.

Wie ist das mit den Übergängen vom Sensor zum Verstärker? Auf was sollte 
ich da aufpassen? Viel mehr als gut die Leiterbahnen zu verlegen und gut 
die Kontake zu löten kann ich nicht machen oder?

Wenn Thermospannungen erst im nV/K Bereich relevant werden dann kann ich 
also auch sogar 1ųV auflösen. Den Aufwand den Sensor in AC zu messen 
würde ich mir schon gerneut sparen.

Das Kabel dürfte sich nicht bewegen können. Während der Messung 
verändert sich das Magnetfeld kaum (plus minus 1mG vielleicht). Vor der 
Messung schalte ich allerdings grössere Magnetfelder von 20G an. Bei der 
Messung sind die  grosse ändern Felder allerdings schon verschwunden.

von Peter(TOO) (Gast)


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Samson schrieb:
> Ein Eletroniker meinte
> aber auch, dass das gerade noch klappen funktionieren könnte...

Das ist gar nicht so einfach:

1. Du bist da im Bereich der Empfindlichkeit eines Radios! Jeder Draht 
ist auch eine Antenne und eine abgeschirmte Leitung schirmt nicht alles 
ab, die Dämpft das Störsignal.
Eine einfache Beurteilung der Umgebung kann man mit einem kleinen Radio 
machen. Einfach mal hören was auf Lang-, Mittel- Kurz-Welle so alles 
unerwünschte zu hören ist. UKW und DAB bringen nichts, das diese 
Übertragungsarten weniger störanfällig sind. Ich bin da schon öfters mit 
einem Radio in Fabrikhallen rumgewandert um Störquellen zu finden.

2. Die nächste Frage ist die EMV-Umgebung. Was bei dir im Labor 
funktioniert muss noch lange nicht auch neben einem 40kW-Motor mit 
Umrichter funktionieren. In der Industrie gibt es eine Menge 
Störquellen!

3. Die Impedanz des Sensors spielt auch eine Rolle. Je hochohmiger umso 
grösser sind die aufgelesenen Störsignale.

4. Du machst keine Angaben zur Auflösung, Genauigkeit und 
Geschwindigkeit!
Bei einer sehr kleinen zeitlichen Auflösung (>0.1s) kann man noch vieles 
mit einem Tiefpass ausfiltern, muss es schneller sein, geht dies nicht.
Pro cm Leitung liest du Störungen auf, je länger die Leitung wird umso 
ungenauer wird das Messresultat.
Wird das analoge Signal in ein digitales gewandelt, sollten die 
Störungen idealerweise kleiner als die Auflösung des ADC sein, 
andernfalls bringen die niedrigsten Bits nichts.
Je nach Anwendung kann man Störungen erkennen und herausrechnen ohne 
einen Tiefpass (Mittelwert) zu verwenden.

Wenn du einen 100L-Behälter auf eine Waage stellst, kann sich die Masse 
nicht schneller ändern als Zu- und Ablauf zulassen. Alles was schneller 
ist, muss eine Störung sein.


Ich habe einige µV- und pA-Verstärker, für industrielle Umgebung, 
gebaut. Eine Leitung mit dem unverstärkten Signal macht immer Problem, 
auch wenn man teure Kabel mit mehrstufiger Abschirmung verwendet!

MfG Peter(TOO)

von Samson (Gast)


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Hp M. schrieb:
> Achte auf Temperatureffekte an den Enden der Leitungen!
> Die Thermo-EMF pro Grad bewegt sich in der gleichen Grössenordnung wie
> dein Meßsignal

Wie kann man denn auf die Temperatureffekte an den Leistungsenden 
achten?

von Samson (Gast)


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Peter(TOO) schrieb:
> Du machst keine Angaben zur Auflösung, Genauigkeit und Geschwindigkeit!
> Bei einer sehr kleinen zeitlichen Auflösung (>0.1s) kann man noch vieles
> mit einem Tiefpass ausfiltern, muss es schneller sein, geht dies nicht.
> Pro cm Leitung liest du Störungen auf, je länger die Leitung wird umso
> ungenauer wird das Messresultat.
> Wird das analoge Signal in ein digitales gewandelt, sollten die
> Störungen idealerweise kleiner als die Auflösung des ADC sein,
> andernfalls bringen die niedrigsten Bits nichts.
> Je nach Anwendung kann man Störungen erkennen und herausrechnen ohne
> einen Tiefpass (Mittelwert) zu verwenden.

Die Auflösung soll bei 100ųG liegen was 3ųV entspricht. Bandbreite ist 
500Hz.
Je länger das Kabel desto mehr Störungen. Das ist sofort einleuchtend. 
Aber wenn ich verdrillte, geschirmte und differentiell Messe könnte das 
bei so niedrigen Frequenzen noch klappen?

Wenn nicht habt ihr vielleicht noch Empfehlungen für Instrumentation 
Amplifier die vielleicht noch kleiner aber trotzdem ähnlich gut wie der 
AD624 sind?

Und vielen Dank für die ganzen Rückmeldungen! Echt super!

von Achim S. (Gast)


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Samson schrieb:
> Vor der
> Messung schalte ich allerdings grössere Magnetfelder von 20G an.

Hm. Dann gibt es noch einen anderen Faktor, der dir Probleme machen 
kann. Felder im Bereich 20G magnetisieren deinen Sensor schon ein Stück 
weit, so dass nach so starken Feldern der Sensor erst resettet werden 
muss (S/R-Puls). Und von einem S/R-Puls zum nächsten kann der Ausgang um 
bis zu 100µV springen. Die µV Auflösung ist also bestenfalls im 
Zeitverlauf nach einem starken Mangetpuls zu gebrauchen, aber kaum, um 
die Messwerte nach zwei unterschiedlichen Pulsen zu vergleichen.

Samson schrieb:
> Aus Platzgründen müsste ich das Messsignal vom Sensor zum Instr.
> Amplifier allerdings über ein ca. 50cm langes Kabel übertragen

Wenn Platz der Grund für die langen Leitungen sind, dann würde ich mir 
Alternativen zum AD624 anschauen. Beim schnellen Nachschauen bin ich 
eben auf den AD8231 gekommern. Der kann z.B. vom Niederfrequenzrauschen 
gut mit dem AD624 mithalten, mit dem zusätzlichen eingebauten OPV kannst 
du dir einen differentiellen Ausgang erzeugen, und er passt von der 
Größe her locker auf die Rückseiter der Platine unter deinem Sensor.

von Samson (Gast)


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Achim S. schrieb:
> Und von einem S/R-Puls zum nächsten kann der Ausgang um bis zu 100µV
> springen. Die µV Auflösung ist also bestenfalls im Zeitverlauf nach
> einem starken Mangetpuls zu gebrauchen, aber kaum, um die Messwerte nach
> zwei unterschiedlichen Pulsen zu vergleichen.

Die Info ist aus einem alten Datasheet. Je nach anliegender Spannung an 
der Messbrücke verändert sich die Größe der Sprünge. Laut dem neuen 
Datasheet liegt das dann bei 10ųV was noch so gerade eben akzeptabel 
wäre.

von Samson (Gast)


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Wird ein Instr. Amp denn nun durch Magnetfelder in Bereich von 20G 
beeinflusst oder nicht?

von Achim S. (Gast)


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Samson schrieb:
> Wird ein Instr. Amp denn nun durch Magnetfelder in Bereich von 20G
> beeinflusst oder nicht?

wenn du bei der Stabilität des AMR-Sensors schon so großzügig bist würde 
ich sagen: verglichen damit dürfte die Beeinflussung des 
Instrumentenverstärkers durch ein paar mT sehr wahrscheinlich 
vernachlässigbar sein. Unmittelbar beim Schalten des Magnetfelds kann 
vielleicht die induzierte Spannung den Verstärker in Sättigung bringen, 
aber dein Sensor wird ja erst recht gesättigt ohne dass es dich stört. 
In der Zeit, in der dein Sensor wieder in einen normalen Betriebsmodus 
kommt, kann auch der Verstärker wieder einschwingen.

Wirklich sicher wissen wirst du es, nachdem du es konkret aufgebaut 
hast. Denn außer in Ausnahmefällen wird das Verhalten auf solche 
gepulsten mT-Magnetfelder kaum spezifiziert sein. Du kannst dir mit 
Abschätzungen überlegen, wie groß die Effekte sein können. (Was wird in 
worst case in einer Leiterschleife von 4x4mm induziert? Kann ich an 
einem Sample des ICs nachmessen, ob es magnetische Materialien 
beinhaltet und ein externes Magnetfeld verzerrt? ...)

von Samson (Gast)


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Kennst jemand zufällig denn noch einen besseren Magnetfeldsensor als den 
HMC1001?
Der Sensor darf durch Magnetfelder von 20G nicht kaputt gehen, sollte 
mindestens 100ųG auflösen können in einem Messbereich von bis zu 2G und 
ca. 500Hz Bandbreite haben.
Fluxgates und Hallsonden gehen das beides nicht her. Dann bleiben 
eigentlich nur Sensoren die auf AMR vielleicht auch GMR basieren. So wie 
ich das gegoogelt habe ist die HMC 10xx von Honeywell am besten oder?

von Mark W. (kram) Benutzerseite


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Also fuer GMR und AMR Sensoren und Bruecken ist NVE auch immer eine gute 
Adresse. Ist schon etwas her, dass ich die eingesetzt habe, aber ich 
meine die hatten keine Probleme mit zu grossen Magnetfeldern. 500 Hz, 
kein Problem. Rest musst Du mal schauen. Habe jetzt den link nicht 
parat, findet sich aber einfach ueber Google.

von Mark W. (kram) Benutzerseite


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Eventuel waere vielleicht der GF708 von Sensitec noch was.(wenn ich das 
jetzt richtig von Gauss in mT umgerechnet habe :-))

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