Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik LTSpice Model eines Zugmagneten


von misc (Gast)


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Hallo zusammen,
ich möchte einen Zugmagneten simulieren, finde aber nicht den richtigen 
Ansatz.

Der Elektromagnet besteht aus einem EI-Kern, wie bei einem Trafo. Der 
I-Teil ist mit einer Feder aufgehangen. Zwischen E- und I-Teil ist noch 
eine Isolationsschicht, so daß immer ein Luftspalt vorhanden ist.

Im Ruhezustand ist der Luftspalt am größten und die Induktivität der 
Spule beträgt etwa 1,1H. Bei dem maximalen Strom liegt der I-Anker auf 
der Isolationsschicht auf und die Induktivität ist auf etwa 1,5H 
gestiegen. Den Verlauf dazwischen kenne ich leider nicht.

Die Modelle, die ich gefunden habe gehen alle von einer Sätigung aus, 
also eher dem gegenteiligen Effekt.

Hat jemand eine Idee?

von Pandur S. (jetztnicht)


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Was willst du mit einem LTSpice ? Eine magnetostatik Gleichung und eine 
Differentialgleichung in eine Schaltungssimulation pressen ?

von agloma (Gast)


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Es gibt in LTspice eine variable Induktivität, bei der man eine 
beliebige Funktion des Stromes durch diese Induktivität verwenden kann
flux=f(x) wobei x der aktuelle Stromwert ist.

Im Beispiel wird der Strom so umgerechnet, dass zwischen 40mA und 60mA 
der Faktor von 1.1 auf 1.5 linear ansteigt, aber außerhalb dieses 
Bereichs limitiert wird.

Da die Induktivität mit einem Stromanstieg von 1A/s angesteuert wird, 
entspricht der Zahlenwert der Spannung V(L) direkt der Induktivität in 
Henry.

Der Anstieg auf bis zu 6H ist der Funktion geschuldet, die man auch mit 
UpLim/DnLim nicht so ganz in den Griff bekommt. Eventuell könnte man 
auch eine B-Source verwenden, die den mechanischen bedingten Verlauf 
besser abbildet.

von misc (Gast)


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Hallo agloma,
vielen Dank für die umfangreiche Erklärung. Ich werd es am Wochenende 
testen.

misc

von agloma (Gast)


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Ich habe noch einen Fehler in der Geradengleichung behoben und ein wenig 
aufgeräumt.

Das Hauptproblem, dass ich bei diesem einfachen Modell (direkte 
Abhängigkeit vom Strom) sehe, ist die fehlende Massenträgheit - 
vermutlich wird die Simulation schwingen oder es werden 
Konvergenzprobleme auftreten.

Man könnte die Formeln aus
https://de.wikipedia.org/wiki/Reluktanzkraft#Luftspalt
L~kmag*1/l
F~kmag*0.5*I²*1/l²
verwenden und damit über die mechanisch-elektische Äquivalenz
http://lpsa.swarthmore.edu/Analogs/ElectricalMechanicalAnalogs.html
ein Modell bauen:

Kondensator als Masse, Stromquelle_1~mag. Kraft, 
Stromquelle_2~Federkraft
Die daraus resultierenden Spannung entspricht der Geschwindigkeit; diese 
wiederum über eine spannungsgesteuerte Stromquelle und Kondensator 
integriert liefert den Weg bzw. Luftspalt.

Dazu bräuchte es aber einige Parameter mehr.

Luftspalt lmin, lmax
Masse des Ankers
Anzugs- bzw. Abfallstrom
Federkonstante bzw. Fmin@lmax, Fmax@lmax

von misc (Gast)


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Hallo,
erstmal vielen Dank für Deine Mühe!
Auf die Idee die Mechanik mit elektrischen Größen zu simulieren war ich 
auch schon gekommen. Das ist aber nicht so einfach (bzw. hat man mir 
ausgeredet), weil das mechanische System groß in der Ausdehnung und von 
höherer Ordnung ist. Viele Massen, viele Federkonstanten und auch noch 
ein Anschlag. Deshalb hatte ich vor die Trägheitseffekte zunächst zu 
vernachlässigen und mal zu schaun, was dabei rauskommt.
Zumindest für Schaltvorgänge an kräftigen Schützen müßte das etwa 
passen.

Ich habe aber erstmal das Problem, daß ich diese UpLim- und 
DwLim-Funktionen nicht ganz verstehe. Was ist der dritte Parameter? 
Woher kommt ix-40m)*20+1,1 ? Das scheint nicht in der Hilfe zu stehen.

Dein Ergebnis sieht dann auch anders aus, als ich mir das vorstelle. Die 
Spannung an der B-Source leuchtet mir ein, so würde ich den 
Induktivitätsverlauf erwarten, aber der sollte doch eigentlich als V(L1) 
erscheinen.

Fragen über Fragen

von agloma (Gast)


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misc schrieb:
> Ich habe aber erstmal das Problem, daß ich diese UpLim- und
> DwLim-Funktionen nicht ganz verstehe. Was ist der dritte Parameter?
Entpricht der Limit-Funktion, wobei der dritte Parameter den Bereich 
angibt, in dem der Übergang gelättet wird - dieses Verfahren vermeidet 
Konvergenzprobleme durch Unstetigkeiten.
http://ltwiki.org/index.php5?title=Undocumented_LTspice#B-Sources

> Woher kommt ix-40m)*20+1,1 ? Das scheint nicht in der Hilfe zu stehen.
Damit wird die Stom L1 40-60mA auf eine Iduktivitätsänderung 1.1-1.5 
umgerechnet.

> Dein Ergebnis sieht dann auch anders aus, als ich mir das vorstelle. Die
> Spannung an der B-Source leuchtet mir ein, so würde ich den
> Induktivitätsverlauf erwarten, aber der sollte doch eigentlich als V(L1)
> erscheinen.
Das liegt daran, dass bei einem realen Zugmagneten die durch die 
Verkleinerung des Luftspaltes freiwerdende magnetische Energie in 
Bewegungsenergie umgesetzt (und erst am Anschlag in Wärme umgewandelt) 
wird.

Emag = 0.5*I²*L = Emech = 0.5*v²*m

Der Simulation fehlt also ein dissipatives Element, dass die durch 
Änderung der Induktivität zuzusagen aus dem Nichts entstehende Energie 
dem Kreis entzieht. Dann sollte V(L) den selben Verlauf wie V(lx) haben.

Ich könnte mir z.B. einen variablen Widerstand parallel zur Induktivität 
vorstellen der eine Momentanleistung von 0.5*I(L1)**2*ddt(V(lx)) 
umsetzt.
Aber ich müßte das erst einmal testen, da ich dafür keine passende 
Schaltung vorrätig habe. Ich bin mir nicht einmal sicher ob dL/dt 
korrekt ist um auf die Leistung zu kommen oder ob die Ableitung den 
ganzen Term betreffen muß (das würde aber auch reale, durch 
Stromänderung bedingte, Spannungen betreffen) - kann daher etwas dauern.

Eventuell gibt es auch unter den Mitlesern hier jemanden, der so etwas 
schon einmal gemacht oder eine bessere Idee dazu hat.

von agloma (Gast)


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Ach ja - diese Umrechnerei Strom auf Induktivität war eigentlich nur als 
Beispiel für die Verwendung von variablen Induktivitäten gedacht.

Wenn du kein realistiches mechanisches Modell einsetzen möchtest, wäre 
es meiner Meinung nach besser, eine nur von der Zeit abhängige (lineare) 
Induktivitätsänderung zu verwenden, sobald ein Schwellwert des Stromes 
überschritten wird. Der umgekehrte Vorgang bei einer sehr viel tiefer 
liegenden Ausschaltstromschwelle.

von agloma (Gast)


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Das Verwenden eines gesteuerten Widerstandes erzeugt mehr Probleme als 
es löst.

Daher hab ich die überschüssige Energie in einer Spannungsquelle 
verbraten. Selbst diese kann unter Umständen (je nach aktueller 
Schaltung) zu Simulationsartefakten führen (wie die Abweichung in 
V(l)-V(lx) von Null) - das ist aber nicht spezifisch der Induktivität 
geschuldet, sondern betrifft alle Schaltungen, die eine zeitliche 
Ableitung ddt(x) verwenden.

Ich die Formel auch nicht mathematisch hergeleitet sondern das Problem 
eher intuitiv gelöst. Es wäre also angebracht meine Lösung dahingehend 
zu überprüfen.

Auch die hysteresebehaftete, rein von der Zeit abhängige Steuerung der 
Induktivität überlass ich erst einmal deiner Kreativität >;->

von misc (Gast)


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Na da hab ich ja ein Faß aufgemacht...
Deine Beschreibung hab ich soweit verstanden und die Limitierungen 
funktionieren ziemlich gut.
Ich merke aber, daß ich für ein gutes Modell viel mehr über die 
Energieen und Kräfte rauskriegen müßte. Bisher hatte ich die abgegebene 
Leistung durch einen einfachen Widerstand nachgebildet. Das haut aber 
offenbar so gar nicht hin wenn die Induktivität mit der Zeit variiert. 
An der Stelle klinke ich mich lieber aus, das wird mir jetzt zu 
kompliziert.

Der Ansatz mit dem zeitlichen Verlauf gefällt mir gut. Da werde ich mal 
experimentieren, nur nicht jetzt.

Einstweilen danke für die Hilfe!

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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misc schrieb:
> ich möchte einen Zugmagneten simulieren, finde aber nicht den richtigen
> Ansatz.

Schau einfach unter [1] das Kapitel Reluktanzwandler (Seite 208 - 214) 
an.

[1] 
https://www.amazon.de/Verallgemeinerte-Netzwerke-Mechatronik-J%C3%B6rg-Grabow/dp/3486712616

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