Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Coldcap Attiny85 Betriebszeit ausrechnen


von Torsten W. (toto1975)


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Hallo in die Runde,

ich möchte gerne meine Schaltung die mit einen Attiny85 aufgebaut ist 
über Goldcaps versorgen. Die Goldcaps sollen tagsüber mit einer 
Solarzelle geladen werden da man, wie ich hier gelesen habe, diese nicht 
überladen kann.

Der Attiny85 läuft bis 2,8 Volt ja ohne Probleme (Ich habe leider keine 
V-Version). Wenn ich nun 4 Goldcaps Parallel schalte dann bekomme ich 
folgende Werte:

1,5F 5 Volt x 4 = 6F 5 Volt

Nach dieser Seite http://lab.bitluni.net/cap wo ich in mAh umrechnen 
kann ergeben sich folgende Werte:

Kapazität: 6F
Volt:      5V
min. Volt  2,8V (bis dahin läuft der Attiny)
=3,667 mAh

meine Schaltung verbraucht in einer Stunde für 0,5 Sekunden 7 mA den 
Rest der Stunde schläft er mit 12µA.

Dazu habe ich nun folgende Fragen:
1. Wie lange würde die Schaltung ohne Aufladung laufen?

2. Die Solarzelle (5 Volt, 150 mA) liefert bei besten Bedingungen etwas 
mehr als 5,6 Volt. Können die 0,6 Volt den Cap zerstören bzw. auf dauer 
beschädigen? Es kommt ja noch eine Diode zwischen die Solarzelle und den 
Caps die die Spannung noch verringern wird aber sicher ist sicher

3. Wenn ich auf Caps mit 5,5 Volt umstelle können diese dann auch mit 5 
Volt geladen werden? Ich vermute ganz stark ja, bin mir aber nicht zu 
hundert Prozent sicher. Dann würde sich natürlich auch die Kapazität 
erhöhen.

4. Wenn der Cap mit 5 Volt angefangen wird zu laden wird er dann auch 
mit singender Spannung (schlechtere Sonneneinstrahlung) weiter geladen?

Soory für die eventuell einfachen Fragen aber ich bin noch totaler 
Anfänger und konnte hier keine Antworten finden bzw. habe es eventuell 
auch nicht verstanden :-| .

Viele Grüße
Torsten

: Bearbeitet durch User
von John D. (drake)


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Torsten W. schrieb:
> Coldcaps ... Coldcaps
> Coldcaps

Das nutzen manche Brustkrebspatientinnen. Ich denke, du meinst 
"Goldcaps"...

von Torsten W. (toto1975)


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John D. schrieb:

> Das nutzen manche Brustkrebspatientinnen. Ich denke, du meinst
> "Goldcaps"...

:-)
Im Beitrag geändert ;-)

von John D. (drake)


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Torsten W. schrieb:
> Solarzelle geladen werden da man, wie ich hier gelesen habe, diese nicht
> überladen kann.

Nun ja, Überspannung vertragen sie aber trotzdem nicht - üblicherweise 
max. 5,5V.

> 1,5F 5 Volt x 4 = 6F 5 Volt

OK.

> Kapazität: 6F
> Volt:      5V
> min. Volt  2,8V (bis dahin läuft der Attiny)
> =3,667 mAh

OK.

> meine Schaltung verbraucht in einer Stunde für 0,5 Sekunden 7 mA den
> Rest der Stunde schläft er mit 12µA.
> ...
> 1. Wie lange würde die Schaltung ohne Aufladung laufen?

Theoretisch 11 Tage. Zu den 13µA (12µA + 7mA*0,5/3600) kommt halt noch 
die Selbstentladung des Goldcaps. Diese kann durchaus in dieser 
Größenordnung sein. Vielleicht steht in deinem Datenblatt mehr dazu.

> 2. Die Solarzelle (5 Volt, 150 mA) liefert bei besten Bedingungen etwas
> mehr als 5,6 Volt. Können die 0,6 Volt den Cap zerstören bzw. auf dauer

Das Maximum ist zumeist 5,5V am Goldcap. Siehe dessen Datenblatt.

> 3. Wenn ich auf Caps mit 5,5 Volt umstelle können diese dann auch mit 5
> Volt geladen werden? Ich vermute ganz stark ja, bin mir aber nicht zu
> hundert Prozent sicher. Dann würde sich natürlich auch die Kapazität
> erhöhen.

Ja. Aber was meinst du mit dem letzten Satz?

> 4. Wenn der Cap mit 5 Volt angefangen wird zu laden wird er dann auch
> mit singender Spannung (schlechtere Sonneneinstrahlung) weiter geladen?

Nein. Aber er wird zumindest nicht entladen, da du ja eine Diode in 
Reihe schalten möchtest.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Torsten W. schrieb:
> 1. Wie lange würde die Schaltung ohne Aufladung laufen?

Das rechnest du z.B. über die in den Caps enthaltene Ladung aus:
https://en.wikipedia.org/wiki/Coulomb

Wenn wir mal von 6F ausgehen und 5V, ist die verbleibende Differenz der 
Spannung 5 - 2.8 = 2,2V, damit liegt die nutzbare Ladung der Caps bei 
etwa 2,6C.
D.h., die Caps könnten für 2,6s 1A liefern - bei z.B. 100mA sinds dann 
26s. ( Nur theoretisch, denn in Wahrheit können die meisten Goldcaps 
durch ihren hohen Innenwiderstand solche Ströme nicht liefern).

Nun setzt du den mittleren Strom deiner Anordnung ein. Das sind für 
3599,5s 12µA und für 0,5s dann 7mA. Über den Daumen gepeilt wird das 
effektiv so bei 20µA liegen, die Verluste der u.a. Regelung noch mal 
z.B. 10 µA.
Bei 30µA läuft die Anordnung also etwa 70000s ~= 19h (wie gesagt, über 
den Daumen gepeilt, aber als Grössenordung brauchbar).

Torsten W. schrieb:
> 2. Die Solarzelle (5 Volt, 150 mA) liefert bei besten Bedingungen etwas
> mehr als 5,6 Volt.

Das ist sehr knapp. Besser ist es, eine Solarzelle mit deutlich mehr zu 
nehmen (z.B.) 8-10V, denn in unseren Breiten sind optimale Bedingungen 
meistens eben nicht gegeben.

Torsten W. schrieb:
> Es kommt ja noch eine Diode zwischen die Solarzelle und den
> Caps die die Spannung noch verringern wird aber sicher ist sicher

Die Diode ist unnötig, denn die Solarzelle ist schon selber eine. Du 
kannst eine 5,1V Z-Diode (oder besser einen TL431 auf 5V) über die Caps 
legen und damit eine Überladung der Caps und Zerstörung des MC 
verhindern.

von Torsten W. (toto1975)


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Hallo,
danke für die schnellen Antworten. Ich bin jetzt allerdings ein wenig 
verwirrt: Für mich als Neuling klingen beide Antworten realistisch und 
auch mit meinen wenigen Wissen auch soweit nachvollziehbar.

Aber welche Berechnung stimmt hier, die erste mit einer Laufzeit von 11 
Tagen (was super wäre) oder die 19 Stunden?

Viele Grüße
Torsten

von John D. (drake)


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Matthias scheint sich bei der Berechnung der Ladung geirrt zu haben. Es 
wären 13,2C, nicht 2,6C. Ist schon einmal ein Faktor 5.

Dann hat er einen Stromverbrauch von 30µA statt 13µA angenommen. Das 
scheinst du nicht zu haben, würde aber die schon erwähnte 
Selbstentladung abdecken.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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John D. schrieb:
> Matthias scheint sich bei der Berechnung der Ladung geirrt zu haben. Es
> wären 13,2C, nicht 2,6C. Ist schon einmal ein Faktor 5.

Oh, ja, das ist peinlich. Aber dann sind wir ja etwa in der gleichen 
Grössenordung angekommen.

von Peter II (Gast)


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Torsten W. schrieb:
> Aber welche Berechnung stimmt hier, die erste mit einer Laufzeit von 11
> Tagen (was super wäre) oder die 19 Stunden?

es gibt auch Kondensatoren mit mehr als 50F. Die Kann man zwar nur bis 
2,5V aufladen, aber wenn man dazu einen Schaltregler verwendet sollte 
das kein Problem sein.

Beim aufladen, musst du nur dafür sorgen, das bei 2,5V schluss ist. Die 
Versorgung deiner Schaltung über einen Schaltregler hat dann den 
Vorteil, das du den Kondensator besser ausnutzen kannst.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Peter II schrieb:
> Die Versorgung deiner Schaltung über einen Schaltregler hat dann den
> Vorteil, das du den Kondensator besser ausnutzen kannst.
Sie hat aber den Nachteil, dass diese Versorgung (weil sie ja auf 20mA 
ausgelegt werden muss) einen hohen Eigenstrombedarf hat.

Und: diese Ultracaps haben eine exorbitante Selbstentladung. Als 
Beispiel ein Nesscap 50F mit 73µA (unterste Zeile im Screenshot). Da 
braucht der Kondensator also das 6-fache des Bedarfs der Schaltung...

: Bearbeitet durch Moderator
von Andreas M. (elektronenbremser)


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Hab's jetzt nicht nachgerechnet, aber die Schaltung ist ja aktiv für 
0,5s/h und nicht pro Tag. Müsste man also mit 24 multiplizieren. 
Richtig?

von Peter II (Gast)


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Lothar M. schrieb:
> Sie hat aber den Nachteil, dass diese Versorgung (weil sie ja auf 20mA
> ausgelegt werden muss) einen hohen Eigenstrombedarf hat.

es gibt welche mit 12µA - dafür kann man die Energie bis 0.5V nutzen.

Lothar M. schrieb:
> Und: diese Ultracaps haben eine exorbitante Selbstentladung. Als
> Beispiel ein Nesscap 50F mit 73µA (unterste Zeile im Screenshot). Da
> braucht der Kondensator also das 6-fache des Bedarfs der Schaltung...

da muss man halt wissen was man will. Da die Solarzelle recht viel 
Energie liefert, ist es doch besser sie ausreichend zu speichern.

von Tim T. (tim_taylor) Benutzerseite


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Dann rechnen wir doch mal selber:

3599,5s/h * 12µA = 43.194µAs/h

0,5s/h * 7mA = 3,5mAs/h = 3.500µAs/h

43.194µAs/h + 3.500µAs/h = 46.694µAs/h

46,694µAs/h * 1h/3600s = 12,97µA


Jetzt zum Kondensator:

Q = C * U

U_max = 5V
U_min = 2,8V
C = 6F

Q = C * (U_max - U_min) = 6F * (5V - 2,8V) = 13,2As = 13.200.000µAs
13.200.000µAs * 1h/3600s = 3.666,67µAh


Also hat deine Schaltung eine rechnerische Laufzeit von:

3.666,67µAh / 12,97µA = 282,7h
282,7h * 1d/24h = 11,77 Tagen


Als Gegenprobe einfach mal kurz über die Energie rechnen:

Energie im Kondensator: W = 1/2  C  U²

0,5  6F  (25V² - 7,84V²) = 51,48Ws = 51.480.000µWs
51.480.000µWs * 1h/3600s = 14.300µWh

Für deine Schaltung nehme ich mal eine Worst-Case-Leistung von
5V * 12,97µA = 64,85µW an.

Also kann der Kondensator die Schaltung für 14.300µWh/64,85µW = 220,5h 
versorgen. 220,5h * 1d/24h = 9,19 Tage.


Bleibt dann noch die Frage wegen der Selbstentladung:

Angenommen zum Strom deiner Schaltung (12,97µA) kommen noch die 
beispielhaften 73µA aus Lothars Datenblatt:

3.666,67µAh / (12,97µA + 73µA) = 42,65h; womit wir real wohl bei etwas 
über einem Tag Laufzeit liegen würden, für deinen Anwendungsfall also 
ausreichend.

: Bearbeitet durch User
von Torsten W. (toto1975)


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Vielen Dank für die vielen Infos. Ist echt ein Super Forum ;-)

Nachdem die Goldcaps eingetroffen sind und ich die Schaltung zunächst 
erst mal auf ein Steckbrett aufgebaut habe läuft diese nun schon 84 
Stunden und hat noch eine Spannung von 4,07 Volt.

Ich habe insgesamt 4 x 1,5 Farat mit 5,5 Volt genommen. Diese werden 
allerdings nur mit einer Spannung von 5 Volt geladen.

Ich hoffe damit auch die trüben Wintertage zu überstehen und werde mir 
eventuell auch eine größere Solarzelle zulegen.

Viele Grüße
Torsten

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