Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Kapazität ElKo <-> Reststrom


von Wilhelm S. (wilhelmdk4tj)


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Hallo zusammen,

in den Tiefen meiner Kisten habe ich heute mehrere Elkos > 5000uf
gefunden. Ein C-Meter für diese Grössen habe ich nicht.
Dass man es auch anders messen kann, weiss ich; also bitte keine
Kommentare bzgl. Zeitkonstante, Stopuhr u.ä.

Also erstmal Formieren und sehen, wie sich diese Teile verhalten...
Bei allen war der Reststrom innerhalb einer halben Stunde
deutlich unter 50µA.
Meine Frage:
Kann man davon ausgehen, dass die Elkos noch ihre Kapazität haben
oder nicht?

73
Wilhelm

von Hp M. (nachtmix)


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Wilhelm S. schrieb:
> Kann man davon ausgehen, dass die Elkos noch ihre Kapazität haben
> oder nicht?

Die Kapazität schwindet auch bei stark gebrauchten Elkos kaum, aber 
durch Elektrolytverlust steigt der ESR an.
Bei Elkos, in denen ein hoher (Wechsel)strom fliesst, führt der ESR 
(ohmsche Innenwiderstand) zur Erwärmung bis hin zum Totalausfall.

: Bearbeitet durch User
von Elektrofan (Gast)


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> Elkos > 5000uf
> also bitte keine
> Kommentare bzgl. Zeitkonstante, Stopuhr u.ä.

Ist aber doch ganz einfach, wenn man

- ein Speicheroszilloskop hat.
- Oder, wenn man einen C mit bekanntem Wert hat, diesen aufladen, den
  unbekannten C über einen Widerstand parallel schalten,
  Spannung messen, rechnen, fertig.

von R. M. (Gast)


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Oft ist es sogar so, das spannungsfrei gelagerte Elkos an Kapazität 
gewinnen, auf Kosten der Spannungsfestigkeit, da die Isolierschicht 
dünner wird. Nach einiger Zeit unter Spannung renkt sich das aber wieder 
ein.
Wobei der Leckstrom nicht linear mit der Spannung steigt, sondern es so 
etwas wie einen weichen "Durchbruch" gibt. Und diese Durchbruchspannung 
ist es, die absinkt. Wenn Du die geladenen Elkos mehrere Tage liegen 
lässt, wirst du die Spannung messen können, bei der praktisch kein 
Leckstrom mehr fließt.

von Martin (Gast)


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von Manfred (Gast)


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Wilhelm S. schrieb:
> Also erstmal Formieren und sehen, wie sich diese Teile verhalten...
> Bei allen war der Reststrom innerhalb einer halben Stunde
> deutlich unter 50µA.

Aus dem Leckstrom auf die Kapazität schließen zu wollen, halte ich für 
nicht realistisch.

Ich selbst habe noch Elkos, die zweistellige Jahre alt sind - als Puffer 
an einer Batterie oder hinter dem Brückengleichrichter setze ich die 
noch immer bedenkenlos ein!

Es ist in Mode, von ESR zu schwafeln ... aber gut, an Schaltnetzteilen 
würde ich tatsächlich gucken, ob ich nicht besser spezifizierte Ware 
einsetze. Für die Lebensdauer: Je größer der Durchmesser, desto länger 
leben Elkos!

von Paul B. (paul_baumann)


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Manfred schrieb:
> Für die Lebensdauer: Je größer der Durchmesser, desto länger
> leben Elkos!

Die Erfahrung habe ich auch gemacht. Beim Menschen ist es genau 
umgekehrt.
:)
MfG Paul

von Wilhelm S. (wilhelmdk4tj)


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Hallo zusammen,

vielen Dank für die Erklärungen.

> http://www.tadiranbatteries.de/pdf/anwendungen/res...
Diesen Link kannte ich schon. Ja, über ESR kann man
trefflich streiten.

Noch eine Frage an Elektrofan:

>  Oder, wenn man einen C mit bekanntem Wert hat, diesen aufladen, den
>  unbekannten C über einen Widerstand parallel schalten,
>  Spannung messen, rechnen, fertig.

Das habe ich nicht verstanden, ich bitte um Erklärung.
Nicht übliche, geschickte und einfache Messverfahren
interessieren mich.
Ein Speicherscope habe ich nicht. Bin Laie, beizeiten
fehlt es eben an Grundlagen.

73
Wilhelm

von Chris F. (chfreund) Benutzerseite


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Wilhelm S. schrieb:
> Bin Laie, beizeiten
> fehlt es eben an Grundlagen.

Mach mal so einen Einsteigerkurs für den technischen Teil vom 
Amateurfunkzeugnis, da lernt man sowas, lohnt sich echt. Bestimmt hat 
der DARC einen Ansprechpartner in Deiner Region.

von Manfred (Gast)


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Paul B. schrieb:
> Manfred schrieb:
>> Für die Lebensdauer: Je größer der Durchmesser, desto länger
>> leben Elkos!
>
> Die Erfahrung habe ich auch gemacht. Beim Menschen ist es genau
> umgekehrt.
> :)
> MfG Paul

Ich als Erfahrung bislang nur einmal, ein simples Netzteil: 
Ringkerntrafo - Brückengleichrichter - Ladeelko - Spannungsregler - 
Elko, seit über 20 Jahren Dauerbetrieb bei ca. 40°C. Ich habe damals die 
Elkos eingebaut, die gerade da waren ... Die alten axialen 1000µ Frako 
waren noch bei über 990µF unterwegs, von mehreren radialen 100µ waren 
alle mit kleinem Durchmesser hin!

Schaue mal Datenblätter von Elkos an, zuerst habe ich mich gewundert: 
Lebensdauer "x Stunden > y mm Durchmesser", jetzt ist das klar.

von Elektrofan (Gast)


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>>  Oder, wenn man einen C mit bekanntem Wert hat, diesen aufladen, den
>>  unbekannten C über einen Widerstand parallel schalten,
>>  Spannung messen, rechnen, fertig.

> Das habe ich nicht verstanden, ich bitte um Erklärung.

Die Kondensatorformel hilft:

Kuh = Kuh      ;-)

Also, gegeben sei ein Kondensator mit bekannter Kapazität C0 und ein zu 
bestimmender Cx.
Zuerst lädt man über einen Widerstand von z.B. 10 Ohm den C0 auf eine 
bekannte Spannung U0 auf (Spannungsfestigkeit und Polarität beachten!).
Mittels parallelgeschaltetem Spannungsmesser sieht man gut, wann er 
"voll" ist (dauert ja nur unendlich lange...), die Ladung ist dann:

Q = U0*C0

Dann schliesst man dort, wo die Spannungsquelle war, den zu bestimmenden 
Cx an, wiederum über den Widerstand (OHNE knallt's).
Die Ladung bleibt konstant, verteilt sich auf beide Kondensatoren; die 
Spannung verringert sich auf Ux:

U0*C0 = Q = Ux*(C0+Cx)

Daraus dann:

Cx = C0 * (U0/Ux-1)

von Wilhelm S. (wilhelmdk4tj)


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Hallo zusammen, hallo Elektrofan.

Danke für deine Erklärungen, sehr klar und verständlich.
Auf die Sache mit der Ladung bin ich nicht gekommen.
Das ist dann wohl das Prinzip der kommunizierenden Röhren
auf die E-Technik übertragen. Im praktischen Leben kommt das
wohl eher selten vor..., aber gewusst wie. :-)

@ Chris:
Diese Bemerkungen hättest du dir sparen können.
Mein Rufzeichen, DK4TJ, habe ich seit 1970, und mit dem DARC
kenne ich mich auch aus. Der entspr. Ansprechpartner wäre ich
selber. Mit Ladungsmenge habe ich vielleicht vor 50 Jahren
mal im Physikunterricht gerechnet.

73
Wilhelm

von W. S. (winni_funker)


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Elektrofan schrieb:
> Kuh = Kuh      ;-)

Super, diese und die daraus folgende Ableitung! Wieder was gelernt. 
Damit lassen sich die im Laufe der Jahre angesammelten Schätze besser 
bewerten.

73
Winni

von Hp M. (nachtmix)


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Elektrofan schrieb:
> Also, gegeben sei ein Kondensator mit bekannter Kapazität C0

Wo bekomme ich einen solchen Kondensator, wenn es einige tausend µF sein 
sollen?


Manfred schrieb:
> Es ist in Mode, von ESR zu schwafeln ...

Das ist keineswegs geschwafelt.
Die Schaltungen sind im Laufe der Zeit immer niederohmiger geworden und 
der ESR spielt eine zunehmend wichtige Rolle.
Bis Ende der 1970er habe ich mich auch wenig um den ESR geschert, aber 
dessen Bedeutung dann doch auf die harte Tour gelernt.
Mittlerweile zählen ESR und Brummspannung mit zu den ersten Dingen, die 
ich mir in einer fraglichen Schaltung ansehe.

Einen Digital- oder Speicheroszi braucht man für solche Untersuchungen 
jedenfalls nicht.
Die Altvorderen hatten so etwas auch nicht zur Vergfügung, sondern die 
haben zur Messung einen Kopfhörer und eine intelligent ausgedachte 
Brückenschaltung verwendet.

von Joachim B. (jar)


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Paul B. schrieb:
> Die Erfahrung habe ich auch gemacht. Beim Menschen ist es genau
> umgekehrt.

nicht in meiner Familie, mein Opa mit dem sehr großen Durchmesser 90 
Jahre, sein Bruder deutlich weniger Durchmesser 77 Jahre.

Wer mal krank wird freut sich über Reserven!

Es stimmt zwar das die Menschen älter werden die leichtes Untergewicht 
haben, aber sie dürfen nicht krank werden.

Meine Oma jetzt 96 wird dieses Jahr 97, kam von 100kg aber ist jetzt nur 
noch bei knapp 60kg, solange noch Substanz vorhanden ist mag das gehen.

Ich mag die ElKo These!

: Bearbeitet durch User
von Elektrofan (Gast)


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> Die Schaltungen sind im Laufe der Zeit immer niederohmiger geworden ...

Da immer mehr Röhren durch Transistoren ersetzt werden, wird sich dieser 
Trend noch verstärken.            SCNR

von Paul B. (paul_baumann)


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Joachim B. schrieb:
> Meine Oma jetzt 96 wird dieses Jahr 97,
Das ist schon erstaunlich.

> kam von 100kg aber ist jetzt nur
> noch bei knapp 60kg, solange noch Substanz vorhanden ist mag das gehen.

Ja, das ist wieder eine Parallele zu Elkos: Mit der Zeit verlieren 
Mensch und auch Elko an Elektrolyten.
:)
MfG Paul

von Elektrofan (Gast)


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>> Also, gegeben sei ein Kondensator mit bekannter Kapazität C0

>W o bekomme ich einen solchen Kondensator, wenn es einige tausend µF
> sein sollen?

Man kann ja auch einen solchen dicken Kondensator mit konstantem Strom 
(z.B. 1mA) laden und dann beobachten, wie die Spannung steigt.

( Kuh=Kuh )

von Manfred (Gast)


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Hp M. schrieb:
> Manfred schrieb:
>> Es ist in Mode, von ESR zu schwafeln ...
>
> Das ist keineswegs geschwafelt.
> Die Schaltungen sind im Laufe der Zeit immer niederohmiger geworden und
> der ESR spielt eine zunehmend wichtige Rolle.

Du hast bewusst nur einen Teil meines Textes zitiert?

Es steht ausser Zweifel, dass schnellere Halbleiter Elkos öfter und 
schneller umladen als früher und damit der ESR bzw. die sich aus diesem 
ergebenden Wirkverluste eine wichtige Größe geworden sind.

Ich behaupte sogar, dass die in Computern massenhaft geplatzten Elkos 
weder schuldig noch schlecht waren - die Netzteilentwickler haben 
lediglich deren Grenzdaten nicht verstanden und schalten / laden die 
Dinger tot.

Dennoch bleibe ich bei meiner Behauptung: ESR wird ständig von Bastlern 
zitiert, die den Zusammenhang noch nicht einmal im Ansatz verstanden 
haben.

von Joachim B. (jar)


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Manfred schrieb:
> Ich behaupte sogar, dass die in Computern massenhaft geplatzten Elkos
> weder schuldig noch schlecht waren - die Netzteilentwickler haben
> lediglich deren Grenzdaten nicht verstanden und schalten / laden die
> Dinger tot.

nö falsches Desigen oder geplante Obsoleszenz, wie anders kann man es 
erklären das 85°C Kondensatoren in der Nähe von knappen Kühlkörper 
plaziert werden?
Man hätte ja auch 105°C Typen nehmen können oder andere Abstände.

von Manfred (Gast)


Angehängte Dateien:

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Joachim B. schrieb:
> Manfred schrieb:
>> .. die Netzteilentwickler haben
>> lediglich deren Grenzdaten nicht verstanden und schalten / laden die
>> Dinger tot.
>
> nö falsches Desigen oder geplante Obsoleszenz, wie anders kann man es
> erklären das 85°C Kondensatoren in der Nähe von knappen Kühlkörper
> plaziert werden?
> Man hätte ja auch 105°C Typen nehmen können oder andere Abstände.

85° Kondensatoren habe ich hier noch nicht gehabt, da stand immer 105°C 
drauf. Die Nähe zum Kühlkörper ergibt sich aus dem Zwang, kurze 
Leitungslängen zu erreichen. Mitunter könnte es schon helfen, das 
Netzteil in anderer Lage 90° gedreht einzubauen, da ist dann aber der 
Designer nicht mit einverstanden.

Siehe Anhang, fast identische Bilder des gleichen Netzteiles (Monitor) 
finden sich im Internet zuhauf. Hier hätten auch ein paar Luftlöcher 
wahre Wunder bewirkt - aber dann bekommt man per VDE-Prüfstift 
berührbare Teile oder ein sehr aufwendiges Spritzgusswerkzeug.

Du liegst in soweit richtig, Fremderwärmung ist ein zusätzliches 
Problem! Und Du kennst den Daumenfaktor "10° mehr = halbe Lebensdauer" ?

von Joachim B. (jar)


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Manfred schrieb:
> 85° Kondensatoren habe ich hier noch nicht gehabt

ich schon öfter aber was besagt das schon?

von Hp M. (nachtmix)


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Elektrofan schrieb:
>>W o bekomme ich einen solchen Kondensator, wenn es einige tausend µF
>> sein sollen?
>
> Man kann ja auch einen solchen dicken Kondensator mit konstantem Strom
> (z.B. 1mA) laden und dann beobachten, wie die Spannung steigt.

Dann kann ich den Prüfling auch gleich so vermessen und brauche den Rest 
deiner Schaltung nicht:

Elektrofan schrieb:
> Daraus dann:
>
> Cx = C0 * (U0/Ux-1)

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