Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Aktive / Passive Filter höherer Ordnung


von Marlon B. (Gast)



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Guten Tag.

Ich bin seit einiger Zeit sehr interessiert an der Elektrotechnik. 
Langsam aber sicher wird es zu meinem Hobby, allerdings weiß ich ein 
paar Grundlegende Dinge noch nicht und erhoffe mir hier eine Antwort zu 
bekommen, da im Internet die unterschiedlichsten Dinge stehen, die mich 
mehr verwirren als aufklären.

Ich habe beispielsweise einen passiven Tiefpass 1. Ordnung (RC). Die 
Frequenz dieses Filters kann ich mit der Formel 1/2*Pi*R*C errechnen.
Wenn ich nun aber einen Tiefpass 2. Ordnung haben und ich eine Spule 
dazuschalte, wie berechne ich die Frequenz dann? Wie ist es bei einem 
Filter 3. oder n-ter Ordnung?

Und bei den aktiven Filtern mit einem OPV, wie errechne ich dort meine 
Frequenz?
Ist es bei dem Hochpass genauso?

Etwas was ich noch gar nicht verstanden habe ist der Bandpass. Den 
aktiven Bandpass zu berechnen ist für mich schon fast eine 
Meisterleistung, ich komme einfach nicht dahinter wie ich diese Filter 
berechnen kann.

Ich bedanke mich schon jetzt für jegliche Hilfe.

Im Anhang habe ich mal ein paar Beispiele eingefügt.

MfG

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Marlon B. schrieb:
> Ich bin seit einiger Zeit sehr interessiert an der Elektrotechnik.
> Langsam aber sicher wird es zu meinem Hobby, allerdings weiß ich ein
> paar Grundlegende Dinge noch nicht und erhoffe mir hier eine Antwort zu
> bekommen da im Internet die unterschiedlichsten Dinge stehen, die mich
> mehr verwirren als aufklären.

Das Internet und insbesondere ein Forum sind nicht der geeignete Ort 
für eine Grundlagenausbildung. Ich empfehle dir erst mal eine solide 
Grundlage, etwa aus dem Tietze-Schenk. Wenn du Englisch lesen kannst, 
ist auch The Art Of Electronics ein gutes Buch.

Wenn dich speziell aktive Filter interessieren - da gibt es etliche 
Regalmeter an Büchern nur zu diesem Thema. Falls es dir weniger um die 
Theorie geht und du nur ein paar Filterschaltungen bauen willst: ISBN 
3-327-00552-4 sollte es antiquarisch geben.

Ich sollte dich aber auch warnen, daß dieses Gebiet eine Sackgasse ist. 
Die Hauptdomaine aktiver Filter ist NF; für HF haben passive Filter 
i.d.R. bessere Eigenschaften. Gerade im NF-Bereich geht der Trend aber 
unwiderruflich zur Digitalisierung.

> Wenn ich nun aber einen Tiefpass 2. Ordnung haben und ich eine Spule
> dazuschalte, wie berechne ich die Frequenz dann?

Das kommt darauf an, wie du die Spule dazu schaltest. Der komplette 
Weg geht so, daß man Spulen und Kondensatoren durch ihre komplexen 
Impedanzen beschreibt (die sind frequenzabhängig und - eben - komplexe 
Zahlen). Jetzt kann man für eine Schaltung, die Spulen und Kondensatoren 
enthält, die Übertragungsfunktion berechnen. Diese Funktion ist das 
Verhältnis von Ausgangs- und Eingangsspannung - für den einfachen 
RC-Tiefpaß also ein Spannungsteiler aus komplexen Impedanzen.

Die Übertragungsfunktion ist dann auch wieder frequenzabhängig. Sie hat 
die Form eines Bruches aus zwei Polynomen mit der Frequenz als freier 
Variable. Die höchste Potenz der Frequenz ist die Ordnung der 
Übertragungsfunktion (und damit des Filters). Die Frequenz, bei der der 
Betrag der Übertragungsfunktion gerade 1/sqrt(2) ist, ist die 
Grenzfrequenz des Filters. Du siehst also, das ist eine lange Rechnung 
mit komplexen Zahlen.

> Wie ist es bei einem Filter 3. oder n-ter Ordnung?

Komplizierter.

> Und bei den aktiven Filtern mit einem OPV, wie errechne ich dort meine
> Frequenz?

Genauso.

In der Praxis hat man sich auf ein paar Grundschaltungen festgelegt, 
z.B. die Sallen-Key Filterblöcke. Aus diesen Blöcken kann man dann das 
gewünschte Filter wie aus einem Baukasten zusammensetzen. Statt langer 
Formeln benutzt man vorberechnete Tabellen, die normierte Bauteilwerte 
für die einzelnen Blöcke in Abhängigkeit der Filterordnung und 
Charakteristik angeben.

> Ist es bei dem Hochpass genauso?

Hochpässe und Tiefpässe kann man ineinander umwandeln, indem man einfach 
Kondensatoren und Widerstände (bzw. Spulen bei passiven Filtern) 
tauscht.

> Etwas was ich noch gar nicht verstanden habe ist der Bandpass. Den
> aktiven Bandpass zu berechnen ist für mich schon fast eine
> Meisterleistung, ich komme einfach nicht dahinter wie ich diese Filter
> berechnen kann.

Im Prinzip ist ein Bandpaß eine Reihenschaltung aus Hochpaß und Tiefpaß. 
Speziell für aktive Filter verwendet man aber Grundschaltungen, bei 
denen man diese Teilfunktionen nicht mehr auseinandernehmen kann.

Passiv werden Bandpässe gern aus lose (z.B. magnetisch) gekoppelten 
Schwingkreisen gebaut.

von Garden (Gast)


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von Helmut S. (helmuts)


Angehängte Dateien:

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Du musst als erstes die Übertragunsfunktion ausrechnen. Dann die 
Koeffizienten mit denen der gwünschten Übertragunsgfunktionen 
vergleichen.
Beispiel Butterworth-Filter: maximal flacher Verlauf im Frequenzbereich 
aber  Überschwinger bei der Sprungantwort im Zeitbereich

Die Übertragunsgfunktion der Schaltung

F(jw) = 1/(1 +jw*(R1+R2)*C2 + (jw)^2*R1*R2*C1*C2) (1)

w0^2 = 1/(R1*R2*C1*C2) (2)

F(jw) = 1/(1 +j(w/w0)*(R1+R2)/Wurzel(R1*R2*C1/C2) + (jw/w0)^2) (3)

Normierte Funktion

F(p) = 1/(1+a1*p +a2*p^2) (4)

Butterworth
a1=Wurzel(2)
a2=1

Koeffizientenvergleich

Wurzel(2) = (R1+R2)/Wurzel(R1*R2*C1/C2) (5)

wg = w0
wg = 1/Wurzel(R1*R2*C1*C2) (6)

Jetzt C1 und C2 vorgeben.

Dann aus Gleichung 5 und Gleichung 6 die Widerstände R1 und R2 
berechnen.
Hat man ein ungünstiges Verhältnis C1/C2 gewählt, dann kommen negative 
Widerstandswerte heraus. Dann nochmals mit anderem Verhältnis rechnen.
Die Lösung des Gleichungssystem siehe unten. Wegen +/- gibt es zwei 
Lösungen für R1. Das bedeutet, dass man bei dieser Schaltung R1 und R2 
vertauschen kann. Die Lösung mit +sqrt(), also R1>R2 hat den Vorteil, 
dass der Eingangswiderstand der Schaltung höher ist. Achtung dieses 
Vertauchen geht nur bei dem Butterwort-Filter und mit genau dieser 
Schaltung.

wg = 2*pi*fg

C1 >= 2*C2

R1 = 1/(wg*C2*sqrt(2)) +/- sqrt(1/(wg*C2*sqrt(2))^2-1/(wg^2*C1*C2))

R2 = 1/(wg^2*R1*C1*C2)



* Matlab, Octave, Scilab

-->fg=1e3;wg=2*pi*fg;C1=20e-9;C2=10e-9;

-->R1=1/(wg*C2*sqrt(2)) +sqrt(1/(wg*C2*sqrt(2))^2-1/(wg^2*C1*C2))
 R1  =  11253.954

-->R2=1/(wg^2*R1*C1*C2)
 R2  =  11253.954


Bei Filter 3. Grades muss man ganz spezielle Verhältnisse der 
Widerstände oder Kondensatoren wählen um auf eine geschlossenen Lösung 
zu kommen. Die bessere Lösung ist die Verwendung eines numerischen 
Lösungsverfahrens für nicht lineare Gleichungen. Da hat man dann wieder 
alle Freiheitsgrade bei der Vorgabe der Bauteilewerte.

Im Anhang die Simulation mit LTspice zur Kontrolle.


Bei Hochpass und Bandpass rechnet man das genauso.
Da das alles viel Rechenarbeit ist, nimmt man meistens ein Programm zur 
Filterberechnung.

: Bearbeitet durch User
von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Helmut S. schrieb:
> Da das alles viel Rechenarbeit ist, nimmt man meistens ein Programm zur
> Filterberechnung.

oder guckt mal z.B. da:

http://sim.okawa-denshi.jp/en/Fkeisan.htm

ob da nicht schon das passende dabei ist.

Gruss
WK

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