Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Schutzklasse II in einem Metallgehäuse ?


von Detlef _. (detlef_a)


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Hallo Kollegen,

ich habe eine Supergerät zur schnellen und genauen Messung der 
Netzfrequenz gebaut. Jetzt möchten das paar andere Leute auch haben, 
deswegen möchte ich gerne einige rudimentäre Sicherheitsanforderungen 
für die Nachbauten einhalten, um nicht gleich ins Gefängnis zu kommen.

Frage: Kann ich Schutzklasse II in einem Metallgehäuse einhalten und 
wenn ja, wie?

Wikipedia sagt:
Betriebsmittel mit Schutzklasse II haben eine verstärkte oder doppelte 
Isolierung zwischen Netzstromkreis und Ausgangsspannung beziehungsweise 
Metallgehäuse (VDE 0100 Teil 410, 412.1).

Wie sieht denn eine 'verstärkte oder doppelte Isolierung' aus?

Im Moment betreibe ich einen Sicherheitstrafo nach VDE 0570/EN61558 
(230V/2*6V) ohne Schutzleiter an einem Rasiererstecker und der passenden 
Buchse in einem Alu Profilgehäuse. Muß ich da Kunststoffgehäuse nehmen 
oder kann ich was anderes tun?

Wo finde ich konkrete Regeln.

Hier im Forum habe ich gefunden:
- Lötstellen so sichen, dass abgerissene Drähte nicht ans Metallgehäuse 
kommen
- Folien, z.B. von Farnell 2494491.
- Kriechstrecken groß genug (wie groß)
- Kein Scheuern der Netzkabel
- keine losen Teile innen

Danke
Cheers
Detlef

: Verschoben durch Admin
von Sascha_ (Gast)


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Das Metallgehäuse an den Schutzleiter anschließen ist keine Option?

von Hannes (Gast)


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Hallo Detlef,

grundsätzlich müssen bei Schutzklasse 2 Geräten immer zwei 
Isolierschichten zwischen aktiven Teilen (z.B. Netzspannung) und äußeren 
berührbaren Metallteilen (dein Gehäuse) vorhanden sein.
Das heißt, du musst im Grunde deine ganze Verkabelung, dessen Spannung 
größer SELV (60V/120V) ist, in einer Kunststoffbox ausführen.

Primärseitig wären das alle L und N Leitungen, dein Trafo, etc. Die 
erste Isolierung bildet in diesem Fall die Basisisolierung des Leiters 
und die zweite Isolierung bildet dein Kunststoffgehäuse. Dein 
Kunststoffgehäuse ist es auch, welches im Fehlerfall der Basisisolierung 
(z.B. Leiterisolierung wird durch Schaben, Reibung, etc. verletzt) die 
Schutzfunktion gewährleistet.
Sekundärseitig ist das natürlich nicht nötig,da bist du ja im SELV 
Bereich, wenn du durch den Trafo eine galvanische Trennung hast.

Die verstärkte Isolierung kannst du dir vorstellen, als hätte dein 
Leiter bereits zwei Isolierungen. Wird bei Standardleitungen 
wahrscheinlich nicht der Fall sein.

Ich hoffe grundsätzlich ist der Unterschied nun etwas klarer.

Und ja, Luft- und Kriechstrecken sind bei Schutzklasse II Geräten 
natürlich auch anders definiert. Die genauen Werte kann ich dir 
allerdings nicht sagen.

Schöne Grüße
Hannes

von MaWin (Gast)


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Detlef _. schrieb:
> Frage: Kann ich Schutzklasse II in einem Metallgehäuse einhalten

Ja, siehe die meiste Unterhaltungselektronik im 43cm Gehäuse.

> und wenn ja, wie?

Die nicht SELV isolierte Netzspannung vor allen metallischenn Teilen 
doppelt isolieren.

> Wie sieht denn eine 'verstärkte oder doppelte Isolierung' aus?

Mantel um Aderleitung, Plastikbox in Metallgehäuse, Kunststofffolie 
zwischen Luftstrecke.

> Muß ich da Kunststoffgehäuse nehmen oder kann ich was anderes tun?

Du musst nicht, aber du musst deinen (in gewissen Abstand zum 
Metallgehäuse fest montierten) Trafo in eine zweite Box einschliessen, 
so daß die Kontakte nie das Metallgehäuse berühren können, und dafpür 
sorgen, daß keine Netzkabel, auch wenn sie abgehen, dieses berühren 
können.

> Wo finde ich konkrete Regeln.

Hier:

> Hier im Forum habe ich gefunden:
> - Lötstellen so sichen, dass abgerissene Drähte nicht ans Metallgehäuse
> kommen
> - Folien, z.B. von Farnell 2494491.
> - Kriechstrecken groß genug (wie groß)

Doppelt so lang wie bei einfacher Isolierung.

> - Kein Scheuern der Netzkabel
> - keine losen Teile innen

Ja, es dürfte einfacher sein, ein Kunststoffgehäuse zu verwenden. Man 
verwendet in der Industrie nur dann Metall, wenn Kunststoff, weil die 
Form zu gross wäre, zu teuer wird. Dein gerät ist eher klein.

von Joachim B. (jar)


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Detlef _. schrieb:
> Frage: Kann ich Schutzklasse II in einem Metallgehäuse einhalten und
> wenn ja, wie?

klar kann man macht fast jedes HiFi Gerät mit Eurostecker und 
Metallgehäuse.

Du baust es einfach wie ein Schutzklasse II in ein geeignetes 
Kunststoffgehäuse und die Metallkiste herum.

Es dürfen keine netzspanunngsführenden Kabel zum Metallgehäuse Kontakt 
bekommen können. Es gibt Kabeleinführungen, Kabeldurchführungen und 
Kaltgeräteeinbaudosen 2-polig mit Sicherung und Schalter bei Bedarf, 
diese können auch in ein Innenkunststoffgehäuse montiert werden, das 
Metallgehäuse braucht ja nur einen passenden Ausschnitt.

Das Kunstoffinnengehäuse muss ja auch nur das Netzteil beherbergen wenn 
es mit Netztrennung ist.

Das Metallgehäuse zu erden kann eine gute oder schlechte Idee sein, wer 
will sich schon Potenziale oder Brumm ins Gerät holen?

: Bearbeitet durch User
von Detlef _. (detlef_a)


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Liebe Kollegen,

das hat mir sehr geholfen, danke, denke ich bekomme die Isolierung mit 
den genannten Maßnahmen hin.

Kam mir in den Sinn:
Kann ich den Teil des Gehäuses, in dem sich die Netzspannungskabel und 
-Anschlüsse befinden nicht einfach mit genügend spannungsfester 
Vergussmasse fluten. Gilt das als 'verstärkte oder doppelte' Isolierung?

Noch einen: Sicherung wurde erwähnt. Ist das Pflicht, ich habe keine 
drin?

THX den Experten, auch dafür, dass dieser thread so konstruktiv 
geblieben ist, bei Sicherheitsthemen ist das ja nicht immer so.

Cheers
Detlef

von Reinhard #. (gruebler)


Angehängte Dateien:

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Detlef _. schrieb:
> Frage: Kann ich Schutzklasse II in einem Metallgehäuse einhalten und
> wenn ja, wie?

Die richtigen Antworten wurden ja schon gegeben.
Hier das ganze noch mal mit praktischen Tipps
zur Umsetztung.

von Joachim B. (jar)


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Detlef _. schrieb:
> Noch einen: Sicherung wurde erwähnt. Ist das Pflicht, ich habe keine
> drin?

ist Pflicht, jedes Gerät muss seine passende Leitungssicherung haben, 
eine Steckdose liefert auch 16A an dünne Rasiererstrippen!

von MaWin (Gast)


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Detlef _. schrieb:
> nicht einfach mit genügend spannungsfester
> Vergussmasse fluten. Gilt das als 'verstärkte oder doppelte' Isolierung?

Könnte man, wenn auch ohne Vergussmasse alles schon isoliert war, wird 
es mit Vergussmasse, für die elektrische Kennwerte vorliegen müssten, 
also UL-zertifiziert ist, doppelt isoliert, und vor mechanischen 
Effekten (abreissen, verbiegen, Schraube zwischenfallen) geschützt.

ABER: Unreparabeler Scheiss, Wegwerfware.

von Paul B. (paul_baumann)


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Joachim B. schrieb:
> eine Steckdose liefert auch 16A an dünne Rasiererstrippen!

Muss ja auch -wenn man sich nach 10 Jahren Abstinenz mal wieder glatt 
rasieren möchte...
:)

MfG Paul

von 1234567890 (Gast)


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Detlef _. schrieb:
> Kann ich den Teil des Gehäuses, in dem sich die Netzspannungskabel und
> -Anschlüsse befinden nicht einfach mit genügend spannungsfester
> Vergussmasse fluten.

Auf die Wärmeausbreitung achten. Mit Vergussmasse kann diese nämlich 
nicht mehr so gut weg.

von tetete (Gast)


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Am besten wäre es eine harmonisierte Produktborm nach der LVD (low 
voltage directive) herauszusuchen, bestellen und abzuarbeiten.
Ansonsten: immer im Kopf behalten: das Gerät muss im 1-Fehlerfall (auch 
z.B. starke Schläge gegen das Gehäuse 'Stahlkugeltest) sicher bleiben 
mit dem Hintergedanken das der Defekt durch Ausfall oder jährliche 
BGV-A3 Prüfung endekt wird und somit kein 2-Fehlerfall auftretwn kann.

von Detlef _. (detlef_a)


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1234567890 schrieb:
> Detlef _. schrieb:
>> Kann ich den Teil des Gehäuses, in dem sich die Netzspannungskabel und
>> -Anschlüsse befinden nicht einfach mit genügend spannungsfester
>> Vergussmasse fluten.
>
> Auf die Wärmeausbreitung achten. Mit Vergussmasse kann diese nämlich
> nicht mehr so gut weg.

Ja, hab ich aufm Schirm. 2W Verlustleistung, sollte vergiessbar sein.

>>>>>
Aber: Unreparabeler Scheiss, Wegwerfware.

Yo, denke ich auch, nich gut, aber wie kann man den Normfetischisten 
sonst Genüge tun?

>>>>> 'Stahlkugeltest'

Hört sich interessant an, wiki kennt das nicht, link?

>>>>>>>>>
Am besten wäre es eine harmonisierte Produktborm nach der LVD (low
voltage directive) herauszusuchen, bestellen und abzuarbeiten.

Gerne, systematisches Herangehen finde ich gut. Was brauch ich, wo finde 
ich das?

Ich glaub, ich muss vergiessen. Mumpe habe ich bestellt und ausprobiert.
Nich gut :(

Danke für die Hilfe
Cheers
Detlef

von batman (Gast)


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Scheint alles nicht so recht zur Realität zu passen, was ich hier lese. 
2xTV-Receiver, 2xVCR aufgemacht, sehe ich oft nur eine dünne Lackschicht 
zwischen Blechgehäuse und blanken Primärteilen. Keine Spur von 
gekapseltem Netzeil. Zumindest bei einem Receiver könnte ich mit einem 
kräftigen Faustschlag das obere Blech mit stehenden Kondensatoren im 
Primär-NT verbinden.

von Michael K. (Gast)


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> Normfetischisten

hätten Dich jetzt darauf hingewiesen das Du trotzdem sämtliche 
Vorschriften mißachtest die das inverkehrbringen elektrischer 
Gerätschaften in der EU regeln. (siehe CE + Produkthaftung + WEEE + + +)

Wir reden ja garnicht über die Bußgelder die das nach sich ziehen kann 
sondern nur darüber wie auch jemand der überhaupt keinen blassen von 
Produktsicherheit hat nicht andere Leute ableben lässt und damit sein 
Leben ruiniert.

Also, Kunststoffgehäuse oder Erden mit Schukostecker + 
Leitungsschutzsicherung.
Wenn überhaupt nur als Bausatz abgeben denn da ist (weitestgehend) jeder 
selbst verantwortlich.

von Joachim B. (jar)


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Michael K. schrieb:
> Also, Kunststoffgehäuse oder Erden mit Schukostecker

kann nicht stimmen, jede Menge HiFi Geräte sogar unser Trenntrafo ist im 
Metallgehäuse ohne Schukostecker ohne PE.

von Pandur S. (jetztnicht)


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Sinnvollerweise kommt die Netzspannung per Kaltgeraetestecker rein. Dann 
ist sie schon abgesichert, und gefiltert. Dann Erde auf das Gehaeuse. 
Metallgehaeuse muessen immer geerdet sein.

Allerdings, haben nur industriegeraete ein Metallgehaeuse. 
consumergeraete haben ein Plastikgehaeuse. Fuer diese aufgabe wuer ich 
wahrscheinlich ein Plastikgehaeuse nehmen. Und sicher nicht mit 
angeloeteten Draehten arbeiten. Auf Leiterplatten wird eigentlich nur 
gesteckt. Ist auch besser wartbar.

von Michael K. (Gast)


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> kann nicht stimmen, jede Menge HiFi Geräte sogar unser Trenntrafo ist im
> Metallgehäuse ohne Schukostecker ohne PE.

Wenn man weiß was man tut ist das auch kein Hexenwerk.
Der Fall stellt sich mir hier aber anders da.

>Sinnvollerweise kommt die Netzspannung per Kaltgeraetestecker rein. Dann
>ist sie schon abgesichert, und gefiltert.
Nein, es gibt entsprechende Module inkl. Kaltgerättestecker.
Kaltgerätestecker an sich sind einfach nur Kaltgerätestecker.

>Metallgehaeuse muessen immer geerdet sein.
Nein, müssen nicht wenn man trotzdem Schutzklasse 2 erreicht bzw mit 
Schutzkleinspannung arbeitet.

>Allerdings, haben nur industriegeraete ein Metallgehaeuse.
>consumergeraete haben ein Plastikgehaeuse.
Das kann man überhaupt nicht verallgemeinern.

von Joachim B. (jar)


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Michael K. schrieb:
>> kann nicht stimmen, jede Menge HiFi Geräte sogar unser Trenntrafo ist im
>> Metallgehäuse ohne Schukostecker ohne PE.
>
> Wenn man weiß was man tut ist das auch kein Hexenwerk.
> Der Fall stellt sich mir hier aber anders da.

da könntest du Recht haben, wenn ich "vergiessen" lese kommen mir auch 
Zweifel, da kochen dann alle Leistungsteile ab weil sie die Abwärme 
nicht loswerden.

Im Prinzip ist es doch einfach, er baut sein Netzteil ordentlich mit 
Trennstrecken und Sicherheitsabstände zur not auch in einem 
Plastikgehäuse durchlüftet auf und dieses ins Metallgehäuse, der Art das 
keine netzführende Leitung je das Metall berühren kann.

Sogar für die Kopplung zur Aussenwelt gibt es Einbaudosen, sogar 2-polig

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kann also locker in ein Kunststoffgehäuse und guckt hinten durchs 
Metallgehäuse


mit Sicherung und wahlweise mit Schalter habe ich nicht gefunden, da 
wird die Luft wohl dünne.

: Bearbeitet durch User
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