Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Edelstahlwelle in Nadellager


von Rumburak (Gast)


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Hallo Leute,

ich will Radialkräfte auf einer Welle mit ca.22mm im Durchmesser mit 
einen Nadellager aufnehmen. Diese Welle soll aber nicht rosten. Ich habe 
da an Edelstahl gedacht. Edelstahl läßt sich aber nicht härten. Ist der 
Rundlauf von etwas weicheren Edelstahl gegenüber gehärteten Stahl auf 
die Dauer möglich oder entwickeln sich mit der Zeit kleine Abdrücke der 
Nadeln auf der Edelstahlwelle? Hat wer Erfahrungen mit solchen 
Lagerkonstruktionen?

Gruß

von M. P. (matze7779)


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Hi,

warum nimmste kein Nadellager mit Innenring?
Bzw. gibt es die Innenringe auch einzeln.
Direkt auf Edelstahl ist nicht so eine gute Idee.

Gruß
Matze

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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Rumburak schrieb:
> Hallo Leute,
>
> ich will Radialkräfte auf einer Welle mit ca.22mm im Durchmesser mit
> einen Nadellager aufnehmen. Diese Welle soll aber nicht rosten. Ich habe
> da an Edelstahl gedacht. Edelstahl läßt sich aber nicht härten.

Dann hat Dir jemand Falsches erzählt. Edelstahl lässt sich durchaus in 
vielfältiger Art und Weise härten. Eine erste Übersicht liefert dieses 
Papier hier:

http://www.edelstahl-rostfrei.de/downloads/iser/MB982.pdf

> Ist der
> Rundlauf von etwas weicheren Edelstahl gegenüber gehärteten Stahl auf
> die Dauer möglich oder entwickeln sich mit der Zeit kleine Abdrücke der
> Nadeln auf der Edelstahlwelle?

Bei einer Kombination von weichen und harten Materialien liegt der 
Verschleiß immer zuallererst beim weichen Material. Bei Gleitlagern 
nutzt man das teilweise gezielt aus und spendiert ein preiswertes, 
einfach zu ersetzendes weiches Material und schont so bspw. eine teure, 
hochgenaue Welle (so wie hier in meiner Drehbank).

> Hat wer Erfahrungen mit solchen
> Lagerkonstruktionen?

Es wäre schon sinnvoll, beide "Schalen" zu härten.

Muss es denn überhaupt ein Nadellager (die es auch mit Innenring gibt) 
sein? Es gibt auch hervorragende, sehr preiswerte, rostfreie Gleitlager. 
Da reicht dann auch eine genaue Seite - teilweise muss man nichtmal 
härten.

: Bearbeitet durch Moderator
von Harald W. (wilhelms)


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Chris D. schrieb:

> Es gibt auch hervorragende, sehr preiswerte, rostfreie Gleitlager.

Präzise Lager, gerade in Drehbänken sind sowieso immer Gleitlager.
Kugellager "rumpeln" doch nur von einer zur nächsten Kugel.

von Ryven (Gast)


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Du findest höchsten noch in Uhrmacherdrehbänken Gleitlager.
Und das auch nur in den alten Maschinen.

War mal vor 60 Jahren modern.

Wenns Richtung Gleitlager geht, dann Magnet oder Luftlager. Ist aber 
keine Schwerzerspannung. ;-)

Gruß
Ryven

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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Harald W. schrieb:
> Chris D. schrieb:
>
>> Es gibt auch hervorragende, sehr preiswerte, rostfreie Gleitlager.
>
> Präzise Lager, gerade in Drehbänken sind sowieso immer Gleitlager.
> Kugellager "rumpeln" doch nur von einer zur nächsten Kugel.

Naja - es gibt schon gute Spindelwälzlager.

Aber die Laufruhe und Genauigkeit meiner Hauptspindel hier ist schon 
sehr beeindruckend - und vor allem kann man diese Lager problemlos 
aufbereiten/nachstellen (gilt natürlich auch für die 
Schwalbenschwanzführungen).

: Bearbeitet durch Moderator
von Rumburak (Gast)


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Chris D. schrieb:
> Dann hat Dir jemand Falsches erzählt. Edelstahl lässt sich durchaus in
> vielfältiger Art und Weise härten. Eine erste Übersicht liefert dieses
> Papier hier:


Mit Edelstahl meinte ich nicht rostende Stähle mit 10% oder mehr 
Chromgehalt.
Diese können aufgrund des hohen Chromgehalts keine Carbide in den 
Kristallstrukturen des Stahls ausbilden. Andere nichtrostende 
hochlegierte Stähle sind härtbar. Diese sind aber komplizierter zu 
härten als Stähle mit nur hohem Kohlenstoffanteil.

Die äußeren Lagerschalen mit Nadellagern existieren schon und ich will 
diese verwenden. Dann müssen also gehärtete Lagerschalen auf der Welle 
verwendet werden! Gibt es glaub ich auch als Normteil zu kaufen.

Gruß

von Rumburak (Gast)


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Chris D. schrieb:
> Bei einer Kombination von weichen und harten Materialien liegt der
> Verschleiß immer zuallererst beim weichen Material. Bei Gleitlagern
> nutzt man das teilweise gezielt aus und spendiert ein preiswertes,
> einfach zu ersetzendes weiches Material und schont so bspw. eine teure,
> hochgenaue Welle (so wie hier in meiner Drehbank).

Nicht vergessen zwischen weichen und harten (beides Metalle) Teil eines 
Gleitlagers existiert (bei guter Wartung) ein Schmierfilm aus Öl oder 
Fett. Gute Gleitlager sind m.M. nach die Sinterbronzelager, da diese in 
Öl getränkt sind und eigentlich wartungsfrei sind. Eine Kombination 
Sinterlager und gehärteter Welle ergibt eine langlebige Konstruktion.

Gruß

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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Rumburak schrieb:
> Chris D. schrieb:
>> Dann hat Dir jemand Falsches erzählt. Edelstahl lässt sich durchaus in
>> vielfältiger Art und Weise härten. Eine erste Übersicht liefert dieses
>> Papier hier:
>
>
> Mit Edelstahl meinte ich nicht rostende Stähle mit 10% oder mehr
> Chromgehalt.
> Diese können aufgrund des hohen Chromgehalts keine Carbide in den
> Kristallstrukturen des Stahls ausbilden. Andere nichtrostende
> hochlegierte Stähle sind härtbar. Diese sind aber komplizierter zu
> härten als Stähle mit nur hohem Kohlenstoffanteil.

Richtig - widerspricht aber der Aussage "Edelstahl läßt sich aber nicht 
härten." Daher meine Anmerkung ;-)

> Die äußeren Lagerschalen mit Nadellagern existieren schon und ich will
> diese verwenden. Dann müssen also gehärtete Lagerschalen auf der Welle
> verwendet werden! Gibt es glaub ich auch als Normteil zu kaufen.

Wenn die Welle passt: ja.

> Nicht vergessen zwischen weichen und harten (beides Metalle) Teil eines
> Gleitlagers existiert (bei guter Wartung) ein Schmierfilm aus Öl oder
> Fett.

Das kommt auf das Gleitlager an. Igus bietet bspw. auch 
schmierstofffreie Kunststoffgleitlager hoher Standzeit an.

Aber ansonsten stimmt das natürlich: bei einem laufenden Gleitlager 
richtiger Konstruktion berühren sich die Teile nicht und die Welle 
"schwimmt" auf. Problematisch und verschließbehaftet ist meist der 
Anlauf - wenn noch kein Schmierstoffkeil aufgebaut wurde. Bei 
aufwändigeren Konstruktionen gibt es deshalb eine aktive 
Druckschmierung, die vorher eingeschaltet wird.

Hier in meiner Boley ist das Spindelgleitlager sogar sechsfach 
geschlitzt und erzeugt so nach dem Einschrauben durch die minimal 
sechseckige Form mehrere Schmierstoffkeile, die die Welle tragen und 
zentrieren. Bei einer perfekt kreisförmigen Aufnahme hat man dagegen 
immer leichten außerachsialen Versatz. Die Jungs damals wussten, was sie 
taten :-)

> Gute Gleitlager sind m.M. nach die Sinterbronzelager, da diese in
> Öl getränkt sind und eigentlich wartungsfrei sind. Eine Kombination
> Sinterlager und gehärteter Welle ergibt eine langlebige Konstruktion.

Ja, absolut - hier in der alten Tafelschere (Bj. 1959) sind solche 
Sinterbronzelager verbaut und die laufen immer noch und trotzten den 
doch recht hohen punktuellen Lastspitzen und dem jahrzehntenlangen Dreck 
der Vorbesitzer (leider >:-() und werden es wohl noch tun, wenn die 
Erben das Ding abholen ;-)

von Rumburak (Gast)


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Chris D. schrieb:
> Problematisch und verschließbehaftet ist meist der
> Anlauf - wenn noch kein Schmierstoffkeil aufgebaut wurde. Bei
> aufwändigeren Konstruktionen gibt es deshalb eine aktive
> Druckschmierung, die vorher eingeschaltet wird.

Turbienen auf gleitgelagerten Wellen wie z.B. in Wasserkraftwerken 
laufen auch wegen dieses Schmierfilms ständig. Ich glaube mit 
aufwändigen Gleitlagerkonstruktionen kann man heute kein Geld verdienen, 
wenn die ewig halten. Viele haben heute Interesse daran, das die Kunden 
ständig neue Lager kaufen müssen besonders die Kugellager. So sind z.B. 
in Aluminiumteilen die eloxiert sind, die Passungen dadurch zu klein. 
Dann wird der Druck auf den Außenring des Kugellagers zu groß, so das 
dieses nach kurzer Zeit das Zeiliche segnet. Bei Brushlessmotoren im 
Modellbaubereich ist das oft der Fall.

Gruß

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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Rumburak schrieb:
> Turbienen auf gleitgelagerten Wellen wie z.B. in Wasserkraftwerken
> laufen auch wegen dieses Schmierfilms ständig. Ich glaube mit
> aufwändigen Gleitlagerkonstruktionen kann man heute kein Geld verdienen,
> wenn die ewig halten. Viele haben heute Interesse daran, das die Kunden
> ständig neue Lager kaufen müssen besonders die Kugellager.

Jede Lagerart hat eben ihre Vor-und Nachteile - in der erwähnten 
Tafelschere werkelt auch noch der originale 4kW-Drehstrommotor mit den 
ersten Kugellagern (sieht man schön, weil die Originallackierung der 
Abdeckbleche noch nicht zerstört wurde). Das geht also durchaus, wenn 
man die Lager richtig dimensioniert.

Wälzlager sind deutlich empfindlicher bzgl. Schmutz und Einbaufehlern. 
Danach sind sie allerdings sehr wartungsarm. Wälzlager sind deutlich 
besser genormt und meist einfacher tauschbar - dazu mittlerweile oft nur 
noch Cent-Artikel. Selbst die chinesischen Noname-Lager sind für die 
meisten Aufgaben vollkommen ausreichend.

> So sind z.B.
> in Aluminiumteilen die eloxiert sind, die Passungen dadurch zu klein.
> Dann wird der Druck auf den Außenring des Kugellagers zu groß, so das
> dieses nach kurzer Zeit das Zeiliche segnet. Bei Brushlessmotoren im
> Modellbaubereich ist das oft der Fall.

Das ist aber kein Fehler der Wälzlager - die armen kleinen Dinger können 
nichts dafür :-) Dem Problem könnte man aber begegnen, indem man die 
Lagersitze bspw. bei der Eloxierung ausspart oder das Übermaß 
einrechnet.
Ist halt etwas Aufwand an Material oder Gehirnschmalz ;-)

Wenn ich eine Gleitlagerbuchse in eine zu enge Passung quetsche, darf 
ich mich ja auch nicht wundern, wenn die Welle frisst. Die Lagerart ist 
daran unschuldig.

von Rumburak (Gast)


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Chris D. schrieb:
> Das ist aber kein Fehler der Wälzlager - die armen kleinen Dinger können
> nichts dafür :-)

Klar. Aber das meinte ich auch nicht.

Chris D. schrieb:
> Dem Problem könnte man aber begegnen, indem man die
> Lagersitze bspw. bei der Eloxierung ausspart oder das Übermaß
> einrechnet.

Bei der Serienproduktion von Modellbauartikeln im unteren und mittleren 
Preissegment wird das fast nie gemacht.

Ich habe schon mehrere neugekaufte gleiche Brushlessmotoren auf den 
Zustand der Lager überprüft. Wenn das Kugellager schon irgendwie seltsam 
läuft kommt es gleich raus. Dann merkt ich gleich wie fest die 
Kugellager sitzen. Ist der Paßsitz durch die Eloxalschicht zu klein 
schleife ich die soweit aus bis der Außenring des Kugellagers sich mit 
geringer Kraft noch eindrücken läßt. Es muß ja immer noch eine 
Presspassung bleiben. Aber nicht alle Kugellager sind betroffen. Die 
Maße der Passungen streuen vermutlich so stark das der Auftrag der 
Eloxalschocht dann das richtige Maß für die Passung liefert.

Ein anderer Fall ist das Wellen die radial mit Kugellager gelagert sind, 
um diese spielfrei zu bekommen, auch vorgespannt werden müssen. Bei 
Modellhubschraubern wird das zu oft nicht gemacht. Ohne die Vorspannung 
vergrößert sich das radiale Spiel und die Kugellager gehen durch die 
dann auftretenden Schwingungen mehr und mehr kaput.

von Klaus P. (Gast)


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Rumburak schrieb:
> ich will Radialkräfte auf einer Welle mit ca.22mm im Durchmesser mit
> einen Nadellager aufnehmen. Diese Welle soll aber nicht rosten. Ich habe
> da an Edelstahl gedacht. Edelstahl läßt sich aber nicht härten. Ist der
> Rundlauf von etwas weicheren Edelstahl gegenüber gehärteten Stahl auf
> die Dauer möglich oder entwickeln sich mit der Zeit kleine Abdrücke der
> Nadeln auf der Edelstahlwelle? Hat wer Erfahrungen mit solchen
> Lagerkonstruktionen?

Nadellager benutzt man in erster Linie dann, wenn hohe Kräfte bei 
geringem Bauraum übertragen werden müssen. Die Härte der Lauffläche 
(sowohl innen wie außen) müssen zumindest ganz grob im Bereich der 
Nadelhärte liegen, also rund 65 HRc. Daher müssen z.B. gezogene 
Laufbahnen einsatzgehärtet werden.

Weicher Stahl eignet sich für solche Anwendungen nicht, dann muss man 
Laufringe benutzen. Diese Laufringe sind dann aber aus rostendem 
Material.

Ein Nadellager hat ganz andere Eigenschaften als ein Gleitlager. Die 
Empfindlichkeit des Gleitlagers bezüglich der Anlaufreibung wurde ja 
schon genannt. Langsame Drehungen mögen Gleitlager daher auch nicht. Bei 
hohen Lasten ist (wie schon erwähnt) eine hydraulische Schmierung 
erforderlich.

Auf den anderen Seite kann man in einem richtig dimensionierten 
Gleitlager noch höhere Kräfte übertragen als mit einem Wälzlager.

Im laufenden Betrieb können Wälzlager duaerfest sein. In der Regel gibt 
es aber einen Verschleiß. Dieser mach sich nicht als "kleine Abdrücke", 
sondern als Pittings und später als Ausbrüche in den Laufbahnen 
bemerkbar. Abdrücke gibt es bei Wälzlagern eher dann, wenn die Welle im 
Stillstand nur geromgfügig vibriert ("Stillstandsmarkierungen"). Deshalb 
lassen manche Betreiber ihre Windräder bei Flaute elektrisch betrieben 
weiterlaufen.

von Rumburak (Gast)


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Klaus P. schrieb:
> Weicher Stahl eignet sich für solche Anwendungen nicht, dann muss man
> Laufringe benutzen. Diese Laufringe sind dann aber aus rostendem
> Material.

Ist in meinen Fall kein problem, da die Nadellager abgedichtet sind. 
Allerdings ist der konstruktive Aufwand größer.

Klaus P. schrieb:
> Deshalb
> lassen manche Betreiber ihre Windräder bei Flaute elektrisch betrieben
> weiterlaufen.

Ahja. Die Drehzahl ist dann aber eher sehr gering. Das hatte ich auch 
schon mal beobachtet, das die sich geringfügig weiterdrehen wenn kein 
Wind mehr weht.

von Thomas B. (thombde)


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Verstehe ich das richtig?
Nadellager ohne Innenring?

Und Simmeringe gibt es ja auch noch.

von ths (Gast)


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Der Edelstahl 1.4112 kann problemlos gehärtet werden.

von Rumburak (Gast)


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Hallo,

ths schrieb:
> Der Edelstahl 1.4112

Nur braucht man dafür spezielle Härteöfen mit Themperatursteuerung. In 
der Hochschule hatten wir sowas. Nichtrostende Stähle lassen sich nicht 
so einfach härten wie Kohlenstoffstahl. Hab ich schon probiert an einen 
Probestück AEB-L, der für Messerklingen vorgesehen ist. Ich denke der 
Aufwand lohnt nicht mit der Edelstahlwelle. Ich hab gestern nachgemessen 
und ich kann keine Innenringe verwenden.

Vielen Dank nochmal an alle für die Hinweise.

Mit freundlichen Grüßen

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