Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Audio-Verstäker mit Motortreiber TCA0372, auch für Kopfhörer


von Christoph M. (chrito)


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Hallo Forum!

Ich suche einen guten und einfachen IC für 0,5 Watt Musikleistung. Das 
Ding soll mit 12Volt +-2Volt funktionieren. Es geht um einen 
Kopfhörerverstärker mit hoher Dynamik und einigermaßen Qualität 
(geringes Rauschen, geringe Verzerrung). Habe mit konventionellen 
Kopfhörerverstärkern rumexperementiert:

TDA2822M - rauscht wie blöde, Verstärkung lässt sich nur begrenzt durch 
Rückkopplung reduzieren

TS482IDT - Arbeitet mit maximal 5 Volt, und wenn das Signal kurzfristig 
den Dynamikbereich verlässt (Musikinstrumente), wird es abgeschnitten 
und verzerrt.

Deswegen suche ich eine bessere Alternative. Habe jetzt bei OPVs mit 
hohem Ausgangsstrom gesucht und den TCA0372 gefunden. Das Ding hat ne 
THD von 0,02% bei 50 Ohm (Kopfhörer sind 16 oder 32 Ohm), zwei Kanäle 
und kostet circa 90 Cent. Wenn ich mir das Datenblatt ansehe (siehe 
Anhang), würd ich sagen, das Ding ist super für Audio-Anwendungen 
geeignet. An acht Ohm würde man damit sogar 8 Watt Spitze zaubern 
können, also ganz nett für einen Webplayer oder Ähnliches. Aber im Netz 
findet man nichts dergleichen... oder hab ich was übersehen?

Was würdet ihr sagen?
Danke!

Christoph

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Christoph M. schrieb:
> Was würdet ihr sagen?

Probiers aus. Ich habe mit einem Spulentreiber für CD Player auch schon 
einen Verstärker für Lautsprecher gebaut. Klingt gut, allerdings muss 
man ein wenig tricksen, um die Gleichspannungsverhältnisse zu klären.
Aber deiner sieht noch mehr wie ein normaler OpAmp aus, sollte also 
recht einfach gehen.

von Michael B. (laberkopp)


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Christoph M. schrieb:
> TCA0372

Der ist dasselbe wie L272, kein Ausgangsstufenruhestrom, hohes 
Eingangsrauschen, nicht besondern schnell, ebenso wenig geeignet als 
Audioverstärker wie ein LM358.

Wie wäre es mit TPA6120 oder LM4952 ?

von Christoph M. (chrito)


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Michael B. schrieb:
> Der ist dasselbe wie L272, kein Ausgangsstufenruhestrom, hohes
> Eingangsrauschen, nicht besondern schnell

Hey danke für die Tipps!

Ausgangsstufenruhestrom :
Der TCA0372 zieht 5mA im Ruhezustand, das dürfte doch der Strom durch 
die Ausgangsstufe sein? Es steht dort "Zero Crossover Distortion".

Hohes Eingangsrauschen :
TCA0372: 22nV/sqrt(Hz) (Äquivalentes Eingangsrauschen)
LM4952:  8µV (Ausgangsrauschen)
TPA6120: 1µV (Ausgangsrauschen)

offenbar schwer zu vergleichen, über das ganze hörbare Spektrum 16-20KHz 
integriert käme man ja quasi auf

U_rausch = 22nv/sqrt(Hz) * sqrt(20000-16) = 3,1µV

Rechnet man das wohl so???

Meine Verstärkungsfaktor ist 1, d.h. ich verwende das Teil nur als 
Stromverstärker, sodass Eingangsrauschen ungefähr gleich 
Ausgangsrauschen sein dürfte. Korrigiert mich, falls ich Unsinn 
schreibe!

Langsam :
Das GBW liegt bei 1,4 MHz, Audiosignale sind für das Teil doch quasi wie 
Gleichstrom, oder nicht?

Grüße,
Christoph

: Bearbeitet durch User
von hinz (Gast)


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Christoph M. schrieb:
> Meine Verstärkungsfaktor ist 1,

Leistungsverstärker sind meist nicht stabil bei dieser Verstärkung, aber 
sie sind dann klasse Oszillatoren.

von Sascha_ (Gast)


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Christoph M. schrieb:
> Michael B. schrieb:
>> Der ist dasselbe wie L272, kein Ausgangsstufenruhestrom, hohes
>> Eingangsrauschen, nicht besondern schnell
>
> Hey danke für die Tipps!
>
> Ausgangsstufenruhestrom :
> Der TCA0372 zieht 5mA im Ruhezustand, das dürfte doch der Strom durch
> die Ausgangsstufe sein? Es steht dort "Zero Crossover Distortion".

Übernahmeverzerrungen gehören zu den übelsten Verzerrungen die ein 
Audioverstärker generieren kann. Das heisst nicht, dass es gar keine 
Verzerrungen gibt.

> Hohes Eingangsrauschen :
> TCA0372: 22nV/sqrt(Hz) (Äquivalentes Eingangsrauschen)
> LM4952:  8µV (Ausgangsrauschen)
> TPA6120: 1µV (Ausgangsrauschen)
>
> offenbar schwer zu vergleichen, über das ganze hörbare Spektrum 16-20KHz
> integriert käme man ja quasi auf
>
> U_rausch = 22nv/sqrt(Hz) * sqrt(20000-16) = 3,1µV
>
> Rechnet man das wohl so???

22nV/sqrt(20kHz) = 3,1µV. Dieses Eingangsrauschen wird mitverstärkt mit 
deinem Spannungsverstärkungsfaktor von 1. Bleibt also bei 3,1µV.

> Meine Verstärkungsfaktor ist 1, d.h. ich verwende das Teil nur als
> Stromverstärker, sodass Eingangsrauschen ungefähr gleich
> Ausgangsrauschen sein dürfte. Korrigiert mich, falls ich Unsinn
> schreibe!
s.o.
> Langsam :
> Das GBW liegt bei 1,4 MHz, Audiosignale sind für das Teil doch quasi wie
> Gleichstrom, oder nicht?

Bei einem Verstärkungsfaktor von 1 ist das tatsächlich so. Würdest du 
den OPV mit einem Verstärkungsfaktor von 500 betreiben, hast du noch 
eine Bandbreite von 1,4MHz/500 = 2,8kHz. Das ist die Krux beim GBW.

> Grüße,
> Christoph

von ArnoR (Gast)


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Christoph M. schrieb:
> Der TCA0372 zieht 5mA im Ruhezustand, das dürfte doch der Strom durch
> die Ausgangsstufe sein?

Zumindest zu einem guten Teil, die restlichen Stufen brauchen ja auch 
noch ein wenig Strom.

Christoph M. schrieb:
> U_rausch = 22nv/sqrt(Hz) * sqrt(20000-16) = 3,1µV
>
> Rechnet man das wohl so???

Nein, du musst die effektive Bandbreite des Verstärkers ansetzen. Der 
LM4952 schafft die 8µV auch nur mit bandbegrenzendem Filter 
(A-Bewertung).

Christoph M. schrieb:
> Das GBW liegt bei 1,4 MHz, Audiosignale sind für das Teil doch quasi wie
> Gleichstrom, oder nicht?

Solche Schaltungen reduzieren die Verzerrungen durch Gegenkopplung 
(=hohe Schleifenverstärkung). Man möchte also viel Leerlaufverstärkung 
auch bei hohen Frequenzen (-> hohes GBP). Das ist bei dem Verstärker 
niedrig im Vergleich zu TPA6120 und LME49990/497x0 (>100MHz).

Außerdem ist die SlewRate niedrig, was zu einer größeren Aussteuerung 
der Eingangsstufe führt.

von ArnoR (Gast)


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hinz schrieb:
> Leistungsverstärker sind meist nicht stabil bei dieser Verstärkung

Der TCA0372 schon, der hat bei V=1 sogar 65° Phasenreserve, das ist gut. 
Viele OPVs sind auf 45° korrigiert.

von Sascha_ (Gast)


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ArnoR schrieb:
> hinz schrieb:
>> Leistungsverstärker sind meist nicht stabil bei dieser Verstärkung

Warum eigentlich, Millereffekt?

von ArnoR (Gast)


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Sascha_ schrieb:
> Warum eigentlich

Normalerweise werden Leistungsverstärker mit einer gewissen Verstärkung 
(20dB oder mehr) betrieben und sind daher auch nur dafür korrigiert. Bei 
kleineren Verstärkungen ist die Phasenreserve dann einfach zu klein. 
Typisches Beispiel, das hier immer wieder hochkam: der TDA2030.

> Millereffekt?

Alles Mögliche: parasitäre Kapazitäten an Hochimpedanzknoten, 
Grenzfrequenzen der Transistoren und auch Miller-Effekt.

von ArnoR (Gast)


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ArnoR schrieb:
>> Millereffekt?
>
> Alles Mögliche: parasitäre Kapazitäten an Hochimpedanzknoten,
> Grenzfrequenzen der Transistoren und auch Miller-Effekt.

Also damit meine ich, wodurch die einzelnen internen Polfrequenzen 
zustande kommen, die schließlich die Frequenzgangkorrektur erzwingen.

von Ernst O. (ernstj)


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Vorschlag:

https://tangentsoft.net/audio/cmoy/

mehr Power braucht kein Kopfhöer.


lg

von Sascha_ (Gast)


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Ah, die gute Hustenbonbondose. Wie heissen die nochmal, irgendwas mit X 
am Anfang, oder?

von Michael B. (laberkopp)


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Ernst O. schrieb:
> Vorschlag:

Oh no, nicht diese kranke Schaltung. Typische "Maker"-Generation, von 
der Technik keine Ahnung, aber dicker Webseitenauftritt.

Der Mann verwendet zwei 9V Blöcke als Stromversorgung, aber erzeugt dann 
aus den 18V eine virtuelle Masse.

Selbst ein Blinder mit Krückstock merkt, daß es schlauer wäre, den 
Knotenpunkt der beiden Batterien als 0 anzunehmen.

Und dann sind leider alle vorgeschlagenen OpAmps als Kopfhörerverstärker 
unbrauchbar, sie clippen wegen Strombegrenzung des Ausgangs auf +/-40mA. 
Für normale Lautstärke reicht das, aber gute Musik hat Dynamik, Spitzen 
die in der Spannug bis 5 mal über den normalen Pegel gehen und damit 
auch im Strom, und die werden einfach weggeclippt. Man muss schon sehr 
taub sein, um das nicht zu hören.

von Manni (Gast)


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Michael B. schrieb:
> Oh no, nicht diese kranke Schaltung. Typische "Maker"-Generation, von
> der Technik keine Ahnung, aber dicker Webseitenauftritt.
Typisch für die DIY-Audio-Szene. 90% Esotherik und Schrott.

von Jobst M. (jobstens-de)


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Michael B. schrieb:
> Selbst ein Blinder mit Krückstock merkt, daß es schlauer wäre, den
> Knotenpunkt der beiden Batterien als 0 anzunehmen.

Aber dann könnte er den einpoligen Schalter nicht verwenden. ;-)


Gruß

Jobst

von Willi Schmidt (Gast)


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Christoph M. schrieb:
> Ich suche einen guten und einfachen IC für 0,5 Watt Musikleistung. Das
> Ding soll mit 12Volt +-2Volt funktionieren

Ich werfe mal den NE5534 oder den NE5532 (Stereo) ins Rennen.
Der ist für Audio konzipiert, preiswert und hat einen hierfür
ausreichenden Ausgangsstrom.

Schaltungen hierzu gibt es genug im Netz.

von Christoph M. (chrito)


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So Leute,

hab jetzt nen Verstärker mit so einen TCA0372 aufgebaut und das Ganze 
gründlich getestet:

Ist als Audioverstärker bzw. Kopfhörerverstärker ausgezeichnet!

Der Aufbau:
Virtuelle Masse 5Volt
Betriebsspannung 10 Volt
geglättet mit 7810CV

Verstärkungsfaktor 1x (erster Test) 5x (zweiter Test)

Ergebnis:
- Dynamik ist endlich zufriedenstellend (Spannungsspitzen von 
Musikinstrumenten werden nicht abgeschnitten)
- Rauschen: Bei 5-facher Verstärkung und Poti am Eingang des TCA0372 auf 
Null (um nur das Rauschen der Endstufe zu haben) ist kein Rauschen 
hörbar. Selbst wenn ich mir den In-Ear-Kopfhörer bis zur Hörmuschel 
durchschiebe und es im Zimmer ganz leise ist.
- mein subjektiver Klangeindruck ist ausgezeichnet, das Ding verzerrt ja 
auch laut Datenblatt nur mit einer THD von 0,02%.

Also ich kann euch das Teil als Kopfhörerverstärker echt empfehlen!

VG,
Christoph

von Peter D. (peda)


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Christoph M. schrieb:
> - Dynamik ist endlich zufriedenstellend (Spannungsspitzen von
> Musikinstrumenten werden nicht abgeschnitten)

Woran hattest Du denn den Kopfhörer vorher angeschlossen?
HiFi-Anlagen haben oft nur einen Vorwiderstand am Kopfhörerausgang und 
sind daher besser für hochohmige Kopfhörer geeignet.

von Christoph M. (chrito)


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Hallo Peter,

vorher hatte ich die hier ausprobiert:
TDA2822M - rauscht wie blöde, Verstärkung lässt sich nur begrenzt durch
Rückkopplung reduzieren

TS482IDT - Arbeitet mit maximal 5 Volt, und wenn das Signal kurzfristig
den Dynamikbereich verlässt (Musikinstrumente), wird es abgeschnitten
und verzerrt.

Beides ICs für Kopfhörer-Audio, beide meiner Meinung nach nur sehr 
bedingt zu empfehlen.

VG
Christoph

von Peter D. (peda)


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Ich meine, an welchem Ausgang hattest Du den Kopfhörer ohne Verstärker 
angeschlossen, wo er verzerrte.
Hast Du vielleicht den Kopfhörerausgang mit Line-Out verwechselt.
Bei manchen Soundkarten ist das der gleiche Anschluß und man kann es im 
Treiber umschalten.
Ich habe keinerlei Probleme, den Kopfhörer (Panasonic, 40 Ohm) direkt 
ohne Verstärker an Hifi-Receiver, PC, Notenbook, MP3-Player zu 
betreiben.

: Bearbeitet durch User
von Christoph M. (chrito)


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Peter D. schrieb:
> Ich meine, an welchem Ausgang hattest Du den Kopfhörer ohne Verstärker
> angeschlossen, wo er verzerrte.
> Hast Du vielleicht den Kopfhörerausgang mit Line-Out verwechselt.
> Bei manchen Soundkarten ist das der gleiche Anschluß und man kann es im
> Treiber umschalten.

Nein, es gibt hier kein Line-Out. Das Audio-Signal kommt von der 
E-Gitarre, geht durch eine Klangregelstufe und wird dann in die Endstufe 
(jetzt TCA0372)eingespeist. Das Signal vor der Endstufe war und ist 
sauber.

von Peter D. (peda)


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Christoph M. schrieb:
> Das Audio-Signal kommt von der
> E-Gitarre, geht durch eine Klangregelstufe und wird dann in die Endstufe
> (jetzt TCA0372)eingespeist. Das Signal vor der Endstufe war und ist
> sauber.

Ah, dann hatte ich das verwechselt.
Es gibt ja auch reichlich Threads, wo jemand unbedingt einen 
Kopfhörerverstärker hinter einen Kopfhörerausgang schalten will.

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