Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Drehstrom gleichrichten : Verständnisproblem


von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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Hallo zusammen,

wenn man Drehstrom (drei um 120° verschobene Phasen) mit einem 
handelsüblichen Gleichrichter mit 6 Dioden gleichrichtet, dann bekommt 
man bekanntlich einen pulsierenden Gleichstrom mit relativ geringer 
Restwelligkeit. (im Vergleich zum pulsierenden Gleichstrom hinter einem 
Brückengleichrichter bei einphasigem Wechselstrom)


Die pulsierende Gleichspannung besteht dabei aus ganz vielen verketteten 
Hügeln.  Aber was passiert an den Übergangsstellen zwischen zwei Hügeln? 
Hier müsste ja die Stromstärke der vorhergehenden Phase schlagartig auf 
Null fallen, während die Stromstärke der folgenden Phase schlagartig von 
Null auf einen relativ hohen Wert steigen müsste.
Wir wissen ja, dass der Strom in Induktivitäten (wie z.B. hinter einem 
3-Phasen Generator oder Trafo sich nicht gerne schlagartig auf Null 
reduzieren lässt. Es sollte dann eine Induktionsspitze kommen, die aber 
direkt wieder durch die last hinter dem 3-Phasen-Gleichrichter 
'abgewürgt' wird.

Aber müsste dadurch die schöne regelmäßige pulsierende Gleichtstromwelle 
nicht stark verzerrt werden?

Danke und viele Grüße
Karl

von Elektrofan (Gast)


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von Manfred (Gast)


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Karl-alfred R. schrieb:
> Aber was passiert an den Übergangsstellen zwischen zwei Hügeln?
> Hier müsste ja die Stromstärke der vorhergehenden Phase schlagartig auf
> Null fallen, während die Stromstärke der folgenden Phase schlagartig von
> Null auf einen relativ hohen Wert steigen müsste.

Wie immer Du "schlagartig" definierst. Ich sehe drei phasenverschoben 
überlagerte Signale in Sinusform, die sich gegenseitig den Strom 
wegnehmen bzw. übernehmen.

Rechne mal die Steigung eines 50Hz-Sinus, so furchtbar schnell wird die 
nicht sein.

von asd (Gast)


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Karl-alfred R. schrieb:
> Aber was passiert an den Übergangsstellen zwischen zwei Hügeln?
> Hier müsste ja die Stromstärke der vorhergehenden Phase schlagartig auf
> Null fallen, während die Stromstärke der folgenden Phase schlagartig von
> Null auf einen relativ hohen Wert steigen müsste.

Hier hab ich mal drei gleichgerichtete Phasen (rot, grün, blau) 
aufgezeichnet. Und dazu die Summe der drei Spannungen (pink). Ich sehe 
hier nichts von "schlagartig auf Null" oder auch andersrum. Wie meinst 
du das? Die Summenspannung (pink) zeigt nur einen kleinen Ripple, weit 
entfernt von Null...

von Peter II (Gast)


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asd schrieb:
> Und dazu die Summe der drei Spannungen (pink). Ich sehe
> hier nichts von "schlagartig auf Null" oder auch andersrum.

dann zeichne mal den Strom auf jeder Phase ein.

von Graf Zahl (Gast)



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Guten Abend,

Das stimmt schon, zum Beispiel der eingangsstrom von Frequenzumrichter 
sieht typischerweise stark verzerrt gegenüber eines Sinuses aus. Es 
fliesst kurzfristig abwechseln hoher Strom in den einzelnen Phasen, die 
das Netz stark belasten können. Deshalb schaltet man bei größeren 
Leistungen auch Kommutierungsdrosseln vor.

Schönen Abend noch

von asd (Gast)


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Peter II schrieb:
> asd schrieb:
>> Und dazu die Summe der drei Spannungen (pink). Ich sehe
>> hier nichts von "schlagartig auf Null" oder auch andersrum.
>
> dann zeichne mal den Strom auf jeder Phase ein.

So sieht's aus.

von Peter II (Gast)


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asd schrieb:
> So sieht's aus.

häng mal noch ein Kondensator parallel zu R4.

von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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Vielen Dank für all Eure Antworten.  Dass es soooo krass wäre, wie auf 
den Graphiken, hätte ich aber nun auch wieder nicht gedacht.

Werde gleich intensiv nach Kommutierungsdrosseln googeln.

Wie ist das eigentlich bei Schweißgeräten?  Da fließen ja ziemlich große 
Ströme durch den 3-Phasen-Trafo und Gleichrichter.  Ich wundere mich 
gerade, dass die E-Werke damit kein Problem haben.

von asd (Gast)


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Peter II schrieb:
> asd schrieb:
>> So sieht's aus.
>
> häng mal noch ein Kondensator parallel zu R4.

von Graf Zahl (Gast)


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Wenn jetzt der Kondensator grösser wird oder die Last kleiner, fliesen 
nur noch kurze Ladeströme, dazwischen fällt der Strom auf Null und der 
Sinus der Phasenspannung verschwindet.

von Achim S. (Gast)


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jetzt wäre es vielleicht noch eine gute Idee, die Spannung der drei 
Quellen etwas größer zu machen. Mit 1V Amplitude ist bei zwei Dioden in 
Serie nicht viel zu holen.

von asd (Gast)


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Graf Zahl schrieb:
> Wenn jetzt der Kondensator grösser wird oder die Last kleiner,
> fliesen
> nur noch kurze Ladeströme, dazwischen fällt der Strom auf Null und der
> Sinus der Phasenspannung verschwindet.

Kondensator mit zehnfachem Wert (1000µ).

von asd (Gast)


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Achim S. schrieb:
> jetzt wäre es vielleicht noch eine gute Idee, die Spannung der
> drei
> Quellen etwas größer zu machen. Mit 1V Amplitude ist bei zwei Dioden in
> Serie nicht viel zu holen.

Stimmt, das hatte ich nicht bedacht. Jetzt sieht's schon anders aus.

von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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@asd

irgendwie sieht das immer noch nicht nach Sinus aus.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Karl-alfred R. schrieb:
> irgendwie sieht das immer noch nicht nach Sinus aus.

Es gibt überhaupt keinen Grund dafür, dass die Phasenströme sinusförmig 
sein sollten.

von Jörg K. (joergk)


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Andreas S. schrieb:
> Es gibt überhaupt keinen Grund dafür, dass die Phasenströme sinusförmig
> sein sollten.

Ich gehe sogar weiter, daß sie bei ohmsch-induktiver Belastung sogar 
rechteckförmig sind...

Jörg

von Der Andere (Gast)


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Karl-alfred R. schrieb:
> irgendwie sieht das immer noch nicht nach Sinus aus.

Die Ströme sind ja auch nicht sinusförmig.

@asd: Warum belastest du deine Gleichrichtung nicht mal. Im Leerlauf 
sieht man nicht viel.

Karl-alfred R. schrieb:
> Wir wissen ja, dass der Strom in Induktivitäten (wie z.B. hinter einem
> 3-Phasen Generator oder Trafo sich nicht gerne schlagartig auf Null
> reduzieren lässt.

So groß sind die Induktivitäteneines Trafos nicht. Zumindest nicht die 
Streuinduktivität die hier maßgeblich ist, sondern nur die 
Hauptinduktivität.
Schau dir mal ein Ersatzschaltbild eines Trafos mit realen Werten an.

von Funkerlein (Gast)


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asd schrieb:
> Peter II schrieb:
>> asd schrieb:
>>> Und dazu die Summe der drei Spannungen (pink). Ich sehe
>>> hier nichts von "schlagartig auf Null" oder auch andersrum.
>>
>> dann zeichne mal den Strom auf jeder Phase ein.
>
> So sieht's aus.

Dreieck oder Stern?

von Peter R. (pnu)


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Karl-alfred R. schrieb:
> Wie ist das eigentlich bei Schweißgeräten?  Da fließen ja ziemlich große
> Ströme durch den 3-Phasen-Trafo und Gleichrichter.  Ich wundere mich
> gerade, dass die E-Werke damit kein Problem haben.

Schweißtrafos haben gewollt recht große Streuinduktivität,um die 
Kurzschlussströme beim Schweißen und beim Zünden des Bogens zu 
begrenzen. Die wirken dann bei Gleichrichtung als Kommutierungsdrossel.

Natürlich haben die E-Werke Probleme mit den Oberwellen. Da werden bei 
gewerblichen Abnehmern in den Lieferverträgen schon Grenzen gesetzt, 
welcher Blindstromanteil in Form von Oberwellen vorhanden sein darf.

von hinz (Gast)


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Funkerlein schrieb:
> Dreieck oder Stern?

Wo hat der Drehstromgleichrichter den Anschluss für den Neutralleiter?

von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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@Jörg K. und Andreas Schweigstill

> Ich gehe sogar weiter, daß sie bei ohmsch-induktiver Belastung
> sogar rechteckförmig sind...

Aber beim einphasigen Wechselstrom an einer ohmschen Last wäre der Strom 
doch auch ein Sinus. Mit zusätzlicher Induktivität auch noch, nur halt 
mit Phasenverschiebung.

Ich dachte, das wäre auch bei 3-Phasenstrom auf allen drei Phasen der 
anzustrebende Idealzustand. Deshalb auch meine Ursprungsfrage.

Etwas OT aber dennoch thematisch verwandt:
Noch schlimmer muss es ja bei Ladegeräten sein. Dort fließt ja erst dann 
Strom, wenn die Spannung hinter dem Gleichrichter größer ist, als die 
Batteriespannung. Ab dem Moment wächst der Ladestrom sehr stark an. 
Wenn man nun gigantische Batteriespeicher 
(https://de.wikipedia.org/wiki/Batterie-Speicherkraftwerk) laden wollte, 
müsste das doch die Kraftwerke an seine Grenzen bringen, denke ich mal 
als Laie.

: Bearbeitet durch User
von hinz (Gast)


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man Leistungsfaktorkorrekturfilter (PFC)

von Peter II (Gast)


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Karl-alfred R. schrieb:
> Noch schlimmer muss es ja bei Ladegeräten sein. Dort fließt ja erst dann
> Strom, wenn die Spannung hinter dem Gleichrichter größer ist, als die
> Batteriespannung. Ab dem Moment wächst der Ladestrom sehr stark an.

aus dem Grund hat er den Kondensator noch eingezeichnet.

Damit das kein Problem darstellt, gibt es die Pflicht für einen PFC bei 
Geräten mit höherer Leistung.

https://de.wikipedia.org/wiki/Leistungsfaktorkorrekturfilter

von Karl-alfred R. (karl-alfred_roemer)


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Ach dafür sind die auch da?  Ich dachte in meiner halblaien-Ahnung, das 
wäre nur, um verschobene Phasen wieder zurecht zu schieben.

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