Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Sprachinverter Verständnissfrage


von Trex (Gast)


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Hallo,

die angehängt Schaltung scheint ja eine der bekannten und einfachen 
Sprachinverter Schaltungen zu sein.Leider verstehe ich nicht wo in der 
Schaltung eine Modulation um einen Träger stattfindet.
IC3A und B sind ein Verstärker und Invertierer, danach geht das Signal 
auf IC2A der als Differenzverstärker arbeitet. Über den Analogschalter 
kann die Phasenlage des Differenzsignals umgeschaltet werden. Danach 
folgt ein Tiefpass mit R14 und C8 und ein über einen Tief- und einen 
Hochpass angesteuerter Impedanzwandler.

Wo findet hier die Modulation um ein Träger statt?

von Bernhard (Gast)


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Der Träger kommt von Pin 4 des Connector links und schaltet das 
Audiosignal wechselnd auf invertiert. Das ist wie die Multiplikation mit 
einem Rechteck der zwischen -1 und 1 wechselt.

Liegt der Träger z.B. bei 4000 Hz dann wird das Band 300-3000 Hz auf 
1000-3700 Hz spiegelverkehrt umgesetzt. Das ist die Invertierung. 
Zusätzlich entstehen 4300-7000 Hz die weggefiltert werden.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Ja, Umschalter Y und Z bilden einen Polwendeschalter, oder 
Kreuzschalter, auch ein Dioden-Ringmischer macht nichts anderes.

Umschalter X kann nur das Signal abschalten. Wenn man X1 noch beschalten 
würde, könnte man zwischen normal und invertiert umschalten.

Der Oszillator ist im Bild nicht gezeigt, er schaltet Y und Z 
gleichzeitig um.

von Eins der drei ??? (Gast)


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Bernhard schrieb:
> Der Träger kommt von Pin 4 des Connector

So ist es. Wozu der Steuereingang Pin 3 da ist, ist mir ein Rätsel. 
(Muting? Ohne auf Masse zu schalten?)

Unsinn ist allerdings der Filter. Er sollte möglichst steilflankig bei 
ca. 4 kHz liegen, tut er aber nicht. Es ist ein 3-poliger SK-Tiefpass 
mit einer Grenzfrequenz von ca. 1400 Hz und einer  Charakteristik, die 
annähernd Butterworth entspricht. Real und ideal 3-polig im Anhang. Noch 
idealer wäre ein noch viel steilerer Filter.

von Trex (Gast)


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Danke an alle, mit bisschen Denkanregung (der Differenzverstärker als 
Modulator) und Neuanordnung der Bauteile (Sallen-Key-Tiefpass) macht das 
Teil plötzlich Sinn...

@Eins der drei ???: Was wäre deine alternative für den Tiefpass?

von Eins der drei ??? (Gast)


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Trex schrieb:
> @Eins der drei ???: Was wäre deine alternative für den Tiefpass?

Ich muss zugeben, keine praktische Erfahrung mit Sprachinvertern zu 
haben. Aber ich stelle mir vor, dass z. B. bei ein 4 kHz Träger, bei dem 
4,3 kHz Frequenzanteil ebenso wie 3,7 kHz auf 300 Hz gespiegelt wird, 
ein recht unsauberes Ergebnis liefert. Bei einem idealen 3-poligen 
Butterworth-Filter werden die 4,3 kHz gerade einmal 2 dB mehr als die 
3,7 kHz gedämpft.

Mehr Filter ist nicht nur mehr Aufwand - es gilt auch, mit geringeren 
Toleranzen zu arbeiten. Ich würde es aus dem Bauch heraus mal mit einem 
7-poligen Filter, also zwei Op-Ammps mehr, versuchen. Siehe Anhang. Der 
lässt sich ganz gut mit http://www.beis.de/Elektronik/Filter/Filter.html 
dimensionieren. 4,5 statt 2 dB bei Δf = 600 Hz - auch nicht toll, aber 
schon besser.

Besser wäre wohl noch ein elliptischer bzw. Cauer-Filter, aber dafür 
weiß ich jetzt keine schnelle Dimensionierungshilfe. Auch statt 
Butterworth ein Chebycheff mit 1 bis 2 dB Ripple könnte schon eine 
weitere Verbesserung bringen.

von Thomas L. (Gast)


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> Ich muss zugeben, keine praktische Erfahrung mit Sprachinvertern zu
> haben. Aber ich stelle mir vor, dass z. B. bei ein 4 kHz Träger, bei dem
> 4,3 kHz Frequenzanteil ebenso wie 3,7 kHz auf 300 Hz gespiegelt wird,
> ein recht unsauberes Ergebnis liefert. Bei einem idealen 3-poligen
> Butterworth-Filter werden die 4,3 kHz gerade einmal 2 dB mehr als die
> 3,7 kHz gedämpft.

Diese Problematik ist durchaus beherrschbar. So arbeitete etwa ein
analoger Profi-Voice-Scrambler mit mehreren unterschiedlichen
Invertierungs-Frequenzen, die in schneller Folge (20ms) gewechselt
wurden. Die Abhörsicherheit war dadurch weitaus höher als bei einer
simplen Sprachband-Invertierung mit Festfrequenz (Sprachverschleierung).

Der Schaltungsaufwand zur Filterung des Trägers war wohl beträchtlich.
Man erzielte damit aber trotzdem eine deutlich bessere Sprachqualität
als bei digitalen Sprachschlüsselgeräten, wie sie im schmalbandigen FM-
Betriebsfunk eingesetzt wurden.

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Eins der drei ??? schrieb:
> Besser wäre wohl noch ein elliptischer bzw. Cauer-Filter, aber dafür
> weiß ich jetzt keine schnelle Dimensionierungshilfe. Auch statt
> Butterworth ein Chebycheff mit 1 bis 2 dB Ripple könnte schon eine
> weitere Verbesserung bringen.

Naja, ich kann auch an einen 30 Jahre alten Golf Diesel noch neue 
Alufelgen schrauben. Dann sieht er vielleicht schoener aus. Aber bringts 
das wirklich?

Gruss
WK

von Eins der drei ??? (Gast)


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Moin Weka,

wie viel ein besserer Filter bringt, weiß ich nicht. Ich schrieb 
deshalb:
> Ich muss zugeben, keine praktische Erfahrung mit Sprachinvertern zu
> haben.
Ich mache mir so meine Gedanken. Wenn Frequenzanteile bei der 
Invertierung falsch (bzw. alias-)gespiegelt und dann das Gleiche bei der 
Rück-Invertierung passiert, kann ein besserer Filter nicht von Nachteil 
sein. Ein idealer Filter würde ein perfektes Ergebnis liefern, gar kein 
Filter würde vielleicht auch funktionieren.

Man könnte jetzt mal die fehlerhaften Energieinhalte bzw. deren 
Unterschied abschätzen. Was den Filter vielleicht wirklich weniger 
wichtig macht, dürfte die Tatsache sein, dass bei Sprache die höheren 
Frequenzanteile hauptsächlich aus Zischlauten besteht und weniger aus 
Formanten. Zischlaute sind weitgehend Rauschen, und ob man das ein bzw. 
zwei mal nicht richtig filtert ist - zumindest bei echtem Rauschen - 
vollkommen egal. Deshalb könnte ein hochpoliges Filter bei Sprache doch 
recht wenig Vorteile haben. Ja, Nachdenken hilft, um zu anderen 
Erkenntnissen zu kommen.

Letztendlich muss der Versuch entscheiden. Vermutlich wird es ein 
Plug-In "Laplace Filter" für Audacity geben und die Möglichkeit einer 
Modulation auch, damit könnte man mal spielen. Das Ergebnis interessiert 
mich schon.

von Eins der drei ??? (Gast)



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Es hat mir keine Ruhe gelassen und ich war neugierig. Ich habe den 
Versuch mit Audacity gemacht. Originalsignal mit 4 kHz multipliziert, 
Tiefpass-gefiltert, wieder mit 4 kHz multipliziert und wieder 
Tiefpass-gefiltert.

Der Unterschied zwischen einem 3-poligen (24dB/Oktave) und einem 
6-poligen (48dB/Oktave) Tiefpass ist schon sehr deutlich, aber für 
Versuche reicht ein 3er.

Im Anhang 3 Files, alle mit 4 kHz Trägerfrequenz und Tiefpass:

Das invertierte Test-File mit 48 kHz Tiefpass: 
SpecInvert_Tagesschau_InvLPF48dB.mp3

Versucht mal, 'rauszukriegen, was das Original ist. In der Mitte der 
Sequenz habt ihr eine Chance.

Das mit 24 dB/Oktave sowohl erzeugte als auch demodulierte Signal: 
SpecInvert_Tagesschau_LPF24dB.mp3

Das mit 48 dB/Oktave sowohl erzeugte als auch demodulierte Signal: 
SpecInvert_Tagesschau_LPF48dB.mp3

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Klar sind da steilflankige Tiefpassfilter eine gute Idee. Und klar sind 
die mit Audacity auch g'schwind gemacht. Und vor dem Modulator braucht's 
die eigentlich auch. Speziell, wenn ich mit einem Rechteck als LO 
arbeite. Da mischt's mir ja die Oberwellen des Rechtecks auch noch mit 
in mein Signal.

Muss man aber alles in Relation zur "echten" Schaltung sehen.
Wenn du versuchst, Filter mit 48 dB/Oct. - also achter Ordnung (=4 
Teilfilter mit je einem OpAmp), in analog aufzubauen, kriegst du echten 
Spass mit Bauteiltoleranzen. Und ganz schnell kanns dir passieren, dass 
du irgendwelche Beulen oder Loecher im Durchlassbereich hast, die du 
eigentlich nicht haben willst - oder dein Cauerfilter keine 0.5dB Ripple 
hat wie berechnet, sondern 10dB; dafuer aber nochmal irgendwas im 
Sperrbereich hochkommt...

Daher meine Bedenken gegenueber gepimpten Filtern.

Gruss
WK

von Eins der drei ??? (Gast)


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Hi Weka,

du hast recht, wir sind uns einig. Ich schrieb ja auch schon:
> Mehr Filter ist nicht nur mehr Aufwand - es gilt auch, mit geringeren
> Toleranzen zu arbeiten.
Für einen Versuch braucht man es nicht so genau zu nehmen, aber wenn die 
Ansprüche etwas höher sind, sollte auch ein 7-poliger Filter (3 Op-Amps) 
bei 4 kHz mit 1%-Bauelementen ausreichend genau realisierbar sein. 
(1%-Kondensatoren gibt's bei Bürklin.) Ein bisschen Ripple oder eine 
schwächer ausgeprägter Übergang ist ja auch nicht so tragisch. Könnte 
man auch schnell mit Monte Carlo simulieren.

Ich muss noch etwas korrigieren: Ich schrieb oben, dass die 
Sound-Beispiele mit 3- bzw. 6-poligen Filtern gemacht wurden, es sind 
aber 4- und 8-polige Filter.

Grüße, ein ?

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