Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Operationsverstärker - Verständnisfrage


von Rigo (Gast)


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Hallo Leute, ich bin der Rigo.

Ich habe mir seit einiger Zeit den Operationsverstärker angeschaut und 
kann mir immer noch nicht eine Frage klären.

Bei einem Operationsverstärker wirkt ja der Ausgang dem Eingang so stark 
entgegen, dass die Differenzspannung gleich Null wird, aber wieso?

Was wäre, wenn die Differenzspannung 1 ist? Dann würde sich doch einfach 
eine andere Verstärkung ergeben oder nicht?

Wäre sehr dankbar für eure Hilfe :-)

: Verschoben durch Moderator
von Dussel (Gast)


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Das gilt nur in der Rückkopplung, ich glaube nur in der negativen.

Ich überlege mir das immer so: Der Operationsverstärker hat eine sehr 
hohe Verstärkung der Differenz zwischen Eingang und Ausgang. Wenn die 
Differenz 1mV (ziemlich wenig) ist, ist der Ausgang auf z.B. 100V. Das 
geht natürlich nicht, also ist er in der oberen Begrenzung. Das gleiche 
für den negativen Bereich.
Wenn der Ausgang auf den negativen Eingang zurückgekoppelt ist und die 
Spannung am positiven Eingang höher ist als die Spannung am negativen 
Eingang, steigt die Ausgangsspannung. Damit steigt aber auch die 
Spannung am negativen Eingang, bis sie so groß ist, wie die am positiven 
Eingang.

Die Eingänge werden auch (oder hauptsächlich) invertierend und 
nicht-invertierend genannt. Positiv und negativ ist aber kürzer.

von Wilhelm M. (wimalopaan)


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Bei einem idealen OPV ist die Verstärkung unendlich.

von Werner M. (Gast)


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Wilhelm M. schrieb:
> Bei einem idealen OPV ist die Verstärkung unendlich.

... und sinkt im Frequenzgang mit 20dB/Dekade.

von MaWin (Gast)


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Rigo schrieb:
> Bei einem Operationsverstärker wirkt ja der Ausgang dem Eingang so stark
> entgegen, dass die Differenzspannung gleich Null wird, aber wieso?

Weil die Schaltung drumrum, die Gegenkopplung, das so machen muss.

Rigo schrieb:
> Was wäre, wenn die Differenzspannung 1 ist?

Dann wäre die Ausgangsspannung fast die volle positive 
Versorgungsspannung und bleibt da auch, egal ob 0.9 oder 1.2V 
Eingangsdifferenzspannung draus werden. Übersteuert.

http://www.ti.com/lit/an/slod006b/slod006b.pdf

von Wilhelm M. (wimalopaan)


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von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Hallo,

hier kann man das schön nachlesen:
http://www.elektronik-kompendium.de/public/schaerer/opa1.htm

In einer korrekten Schaltung mit OPV wird der OPV immer alles daran 
setzen, die Differenzspannung am Eingang auf fast genau Null Volt 
einzustellen.

Ist sie 1 kV, mV, MV , wird sein Ausgang gesättigt an einer seiner 
Stellgrenzen hängen. Die Verstärkung ändert sich dabei nicht, kann so 
aber natürlich nicht mehr gemessen werden.

Am besten aufbauen und damit herumspielen.

Mit freundlichem Gruß

von Jobst M. (jobstens-de)


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Christian S. schrieb:
> In einer korrekten Schaltung mit OPV wird der OPV immer alles daran
> setzen, die Differenzspannung am Eingang auf fast genau Null Volt
> einzustellen.

Schmitt Trigger = keine korrekte Schaltung ...?


Rigo schrieb:
> Was wäre, wenn die Differenzspannung 1 ist? Dann würde sich doch einfach
> eine andere Verstärkung ergeben oder nicht?

Du meinst, wenn er sich immernoch im gegengekoppelten und ausgeregelten 
Bereich befindet? Also, wenn die 1V z.B. 10V am Ausgang trotz höherer 
Betriebsspannung ergeben? Dann hätte er eine Verstärkung von 10. So 
einen OP kenne ich nicht. Die haben immer wesentlich mehr. Ideal ist ja 
auch unendlich und nicht 1 oder gar 0. Entweder musst Du ihn so 
beschalten, dass er eine Verstärkung von 10 bekommt, oder Du must ihn 
diskret so aufbauen.

Allerdings ändert sich die Verstärkung nicht, wenn Du eine andere 
Spannung anlegst. Die Verstärkung wird von der äußeren Beschaltung bzw. 
vom OP selbst festgelegt. Spannungen werden verstärkt, ändern aber die 
Verstärkung selbst nicht.


Gruß

Jobst

von M.A. S. (mse2)


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Werner M. schrieb:
> Wilhelm M. schrieb:
>> Bei einem idealen OPV ist die Verstärkung unendlich.
>
> ... und sinkt im Frequenzgang mit 20dB/Dekade.
:)

Der war gut!

von HildeK (Gast)


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Werner M. schrieb:
> ... und sinkt im Frequenzgang mit 20dB/Dekade.

Selbst beim realen Operationsverstärker ist das erst ab 10Hz ... 50Hz so 
(bei üblichen Typen).
Und wie viele Dekaden gibt es noch unterhalb 10Hz? Er kann schließlich 
auch Gleichspannung verstärken. Nach oben sind es nur 5...6 Dekaden ...

von THOR (Gast)


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Rigo schrieb:
> Hallo Leute, ich bin der Rigo.
>
> Ich habe mir seit einiger Zeit den Operationsverstärker angeschaut und
> kann mir immer noch nicht eine Frage klären.
>
> Bei einem Operationsverstärker wirkt ja der Ausgang dem Eingang so stark
> entgegen, dass die Differenzspannung gleich Null wird, aber wieso?
>
> Was wäre, wenn die Differenzspannung 1 ist? Dann würde sich doch einfach
> eine andere Verstärkung ergeben oder nicht?
>
> Wäre sehr dankbar für eure Hilfe :-)

Das kommt auf die Schaltung an, du beschreibst eine Schaltung mit 
negativer Rückkopplung wie den invertierenden Verstärker. Zu der 
negativen Verstärkung ist auch das Themengebiet Regelungstechnik 
interessant.

Ein OPV an sich verstärkt erstmal nur die Differenz der 
Eingangsspannungen. Ua = (Upos-Uneg)*A wobei A der 
Leerlaufverstärkungsfaktor ist. Der ist beim idealen OPV unendlich, beim 
realen OPV je nach Modell 1000..1000000. Also sehr groß.

In der Praxis bedeutet das, dass der OPV ohne Rückkopplung als 
Verstärker gar nicht benutzbar ist, seine Verstärkung ist so immens 
groß, dass wenige µV am Eingang direkt zu diversen 10V am Ausgang 
führen. Bei einer Betriebsspannung von 5V heisst das: Die Spannung am 
Ausgang ist entweder 0 oder 5V.
Die lineare Beziehung zwischen Eingangsssignal und Ausgangssignal (Stell 
dir nen Sinus an Uneg vor) ist damit völlig weg. Linearität ist eine der 
wichtigsten Eigenschaften eines Verstärkers. Ein unlinearer Verstärker 
nennt sich Verzerrer.

Also baut man eine Rückkopplung ein, die dazu führt dass die Verstärkung 
auf Werte runterkommt, die sinnvoll sind. Hast du beispielsweise einen 
Sinus mit 100mVpp und 5V Versorgung, darf dein Ausgangssignal 2,5Vpp 
nicht überschreiten. Also darf deine Verstärkung maximal 25 sein.
Widerstände ausrechnen, einbauen, am Oszi überprüfen, fertig.

Es gibt auch OPV Schaltungen die keinen Verstärker darstellen. 
Oszillatoren, Schmitt-Trigger usw. Da gibts dann häufig auch ne 
Rückkopplung, aber weniger stark ausgeprägt und ausserdem noch ne 
Mitkopplung, die das 0V/5V Anschlagverhalten bewusst provoziert.

Komparatoren sind OPVs die so konstruiert werden, dass sie das besonders 
gut können.

von TrollHunter (Gast)


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Werner M. schrieb:
> Wilhelm M. schrieb:
>> Bei einem idealen OPV ist die Verstärkung unendlich.
>
> ... und sinkt im Frequenzgang mit 20dB/Dekade.

Und wird trotzdem nicht weniger :-) Ein Wunder!

von Harald W. (wilhelms)


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Werner M. schrieb:
> Wilhelm M. schrieb:
>> Bei einem idealen OPV ist die Verstärkung unendlich.
>
> ... und sinkt im Frequenzgang mit 20dB/Dekade.

Der Frequenzbereich ist selbstverständlich auch unendlich.

von wesc482 (Gast)


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In diesem Video wird die Frage wirklich langsam und anschaulich 
beantwortet.
(Die ersten 10min reichen aus)

https://www.youtube.com/watch?v=YOdhwh9ACCY

lg

von Helmut S. (helmuts)


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> Bei einem Operationsverstärker wirkt ja der Ausgang dem Eingang so stark
entgegen, dass die Differenzspannung gleich Null wird, aber wieso?


Es ist viel einfacher.

Uausgang = (U+Eingang - U-Eingang) * Verstärkung

Die Verstärkung ist bei Gleichspannung ca. 100000.

Angenommen die Ausgangsspannung wäre +5V. Dann ist die Differenz 
zwischen dem Pluseingenag und dem Minuseingang +5V/100000=50uV. Die 50uV 
(u steht für mikro) werden in all den "schönen" Formeln vernachlässigt. 
Das heißt man nimmt an, dass die Spannungsdifferenz zwischen den 
Eingängen 0V ist.

: Bearbeitet durch User
von Egon D. (Gast)


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wesc482 schrieb:

> In diesem Video wird die Frage wirklich langsam

Langsam... ist genau das richtige Stichwort.
Über drei Jahre hat der Mann gebraucht.

DREI JAHRE!

von Jürgen von der Müllkippe (Gast)


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Egon D. schrieb:
> DREI JAHRE!

Das ist mal ein schönes Video. Es läuft aber keine 3 Jahre! Es ist schon 
nach 30 Minuten zu Ende.

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