Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Warum funktioniert einseitiges Doppelpunktschweißen?


von Stephan S. (outsider)


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Scheinbar ist es üblich Akkus mittels einseitigem Doppelpunktschweißen 
zu verbinden. Oder täusche ich mich da? Ich kann gerade nicht 
nachvollziehen warum das überhaupt funktioniert. Warum sollte denn 
überhaupt ein Strom vom Blechverbinder in den Zellenkontakt fließen? Auf 
diesem Weg hat der Strom doch 2 mal Übergangswiderstand, während er 
einfach direkt im Blechverbinder fließen könnte und somit nur ein sehr 
niedriger Anteil parallel im Zellenkontakt fließt.

Oder ist der Kontakt der Zelle derart massiv und aus Kupfer, dass dieser 
Pfad trotz 2 mal Übergangswiderständen so viel niederohmiger ist als der 
direkte Weg durch den Blechverbinder aus Nickel, was nur ein Viertel der 
Leitfähigkeit von Kupfer hat?

Mir scheint als wäre dieses Punktschweißen von Hand wie man es bei 
YouTube oft sieht, eine ziemlich unpräzise Sache. Oder spielen die 
Übergangswiderstände (die man durch schwankenden Anpressdruck stark 
beeinflussen kann) eine derart geringe Rolle bei diesem Prozess, dass es 
keine große Rolle spielt?

Ich würde das gerne einmal selbst testen, habe aber keine Lust dass sich 
hinterher durch Temperaturwechsel und/oder Vibrationen einzelne Zellen 
im Pack lösen, ohne dass ich es mitbekomme und dann andere Zellen 
überlastet werden.

von Old P. (Gast)


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Stephan S. schrieb:
> Warum sollte denn
> überhaupt ein Strom vom Blechverbinder in den Zellenkontakt fließen? Auf
> diesem Weg hat der Strom doch 2 mal Übergangswiderstand, während er
> einfach direkt im Blechverbinder fließen könnte und somit nur ein sehr
> niedriger Anteil parallel im Zellenkontakt fließt.

In der Praxis passiert genau das. Der Strom fließt über beide Wege. Und 
wenn einer der Wege Übergangsschwierigkeiten hat, gibt es mitunter auch 
Brandlöcher.

> Oder ist der Kontakt der Zelle derart massiv und aus Kupfer, dass dieser
> Pfad trotz 2 mal Übergangswiderständen so viel niederohmiger ist als der
> direkte Weg durch den Blechverbinder aus Nickel, was nur ein Viertel der
> Leitfähigkeit von Kupfer hat?

Nein, der Zellenbecher ist auch aus einer Nickellegierung, sonst könnte 
man nicht schweißen.

> Oder spielen die
> Übergangswiderstände (die man durch schwankenden Anpressdruck stark
> beeinflussen kann) eine derart geringe Rolle bei diesem Prozess, dass es
> keine große Rolle spielt?

Doch, spielt eine große Rolle (s. Foto)

> Ich würde das gerne einmal selbst testen, habe aber keine Lust dass sich
> hinterher durch Temperaturwechsel und/oder Vibrationen einzelne Zellen
> im Pack lösen, ohne dass ich es mitbekomme und dann andere Zellen
> überlastet werden.

Nur Versuch macht kluch.... Hast Du denn eine Schweißmaschine dafür?
Im Übrigen wird ein solches Verfahren auch im Automobil- und 
Maschinenbau angewandt. Handgeräte dafür sind halt "Punktschweißzangen" 
mit beiden Elektroden auf einer Seite, sogenannte Doppel-Stoßpunkter. 
Anders könnte man auch kaum z.B. mittig im Autobodenblech was anpunkten.

Old-Papa

von MaWin (Gast)


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Stephan S. schrieb:
> Mir scheint als wäre dieses Punktschweißen von Hand wie man es bei
> YouTube oft sieht, eine ziemlich unpräzise Sache

Im Gegenteil, das muss sehr präzise gehandhabt werden.

Erst liegen die beiden Kontakte mit mässigem Anpressdruck auf dem 
Verbinderblech auf und halten es locker gegen den Akku.
Dann fliesst Strom und erhitzt vor allen an Berührungsstelle Kontakt zu 
Verbinderblech fliesst durchs Verbinderblech und heizt die andere 
Kontaktstelle.
Ist das Blech glühend weich wird der Anpressdruck erhöht, der Strom 
fliesst nun vor allem durch den niederohmigen Zellenbecher und heizt an 
den Kontaktstellen, allerdings ist der Kontaktwiderstand jetzt so 
niedrig dass der Strom nicht mehr zum schmelzen reicht, sondern vor 
allem Migration der Metalle stattfindet.
Dann wird der Strom drastisch reduziert und die fast geschmolzenen 
Kontaktstellen des Verbinderblechs werden in die weichen heissen 
Kontaktstellen des Akkubechers hineingepresst. Dann schaltet man den 
Strom ab und wartet bis das Metall weit genug heruntergekühlt ist bevor 
man die Kontakte abhebt.

Stimmt irgendetwas in dem Verfahren nicht, bekommst du leicht wieder 
abreissbare Kontakgbkeche.

von Old P. (Gast)


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MaWin schrieb:
>
> Erst liegen die beiden Kontakte mit mässigem Anpressdruck auf dem
> Verbinderblech auf und halten es locker gegen den Akku.
> Dann fliesst Strom und erhitzt vor allen an Berührungsstelle Kontakt zu
> Verbinderblech fliesst durchs Verbinderblech und heizt die andere
> Kontaktstelle.
> Ist das Blech glühend weich wird der Anpressdruck erhöht, der Strom
> fliesst nun vor allem durch den niederohmigen Zellenbecher und heizt an
> den Kontaktstellen,

Soweit die Theorie ;-)
In der Praxis dauert der Vorgang bei mir etwa 10-20mS 
(Kondensatorschweißgerät),
Wie man(n) in der Zeit händisch den Anpressdruck in zwei Stufen 
kontrolliert aufbringt, musst Du mir mal zeigen.

Selbst meine Industrielle Zange hat nur einen Druckpunkt. Allerdings 
achtet die Steuerung (Eigenbau) schon darauf, dass nicht zu früh 
abgehoben wird.

Old-Papa

von Lukas (Gast)


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Die Zellenverbinder sind auch geschlitzt um den Widerstand zwischen den 
Schweißpunkten zu erhöhen.

Der Schweißstrom geht somit über den Zellenkontakt.

von Falk B. (falk)


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@Old Papa (old-papa)

>> Ist das Blech glühend weich wird der Anpressdruck erhöht, der Strom

>Soweit die Theorie ;-)

Nicht mal das. Ich behaupte mal, daß das Blech NICHT glühend heiß wird 
sondern nur sie Schweißstellen. Wenn ich mich recht erinnere, sind die 
Kontaktbleche für Akkus etc. speziell gestanzt, sodaß sie nur mit 2 
kleinen Punkten anliegen, die später verschweißt werden sollen.

Im Allgemeinen muss man wohl den Teil-Kurzschluß über das Kontaktblech 
schlicht mit ausreichend Schweißstrom kompensieren.

von hinz (Gast)


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Old P. schrieb:
> Nein, der Zellenbecher ist auch aus einer Nickellegierung, sonst könnte
> man nicht schweißen.

Sowohl der Becher wie auch die Verbinder sind aus vernickeltem Stahl, 
man Hilumin Band.

von K. J. (Gast)


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@Falk genau das Blech wird nicht heiß dafür ist der Impuls viel zu kurz 
die Hitze entsteht am Übergang der Bleche zueinander durch den 
Übergangswiderstand der zwar sehr klein ist aber bei den Strömen 
Ausreicht um genug hitze zu erzeugen, man jagt ja nur viel Strom durch 
eine sehr kleine Fläche.

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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Falk B. schrieb:
> Nicht mal das. Ich behaupte mal, daß das Blech NICHT glühend heiß wird
> sondern nur sie Schweißstellen. Wenn ich mich recht erinnere, sind die
> Kontaktbleche für Akkus etc. speziell gestanzt, sodaß sie nur mit 2
> kleinen Punkten anliegen, die später verschweißt werden sollen.
>
> Im Allgemeinen muss man wohl den Teil-Kurzschluß über das Kontaktblech
> schlicht mit ausreichend Schweißstrom kompensieren.

Wenn das mit den gestanzten Punkten stimmt, dann wird das so wie beim 
Bolzenschweißen mit Zündspitze funktionieren: Der Lichtbogen entsteht 
bei der Entladung dort erst am quasi punktförmigen Kontakt, wird 
entsprechend niederohmig und breitet sich dann von dort aus kreisförmig 
aus wobei die beiden Metallflächen dann aufschmelzen. Der durch die 
Pistolenfeder erzeugte Druck fügt dann die aufgeschmolzenen Flächen 
zusammen. Das alles läuft in wenigen Millisekunden ab und muss sehr 
präzise erfolgen. Deswegen ist das eigentliche Teuere dieser Geräte auch 
die Pistole, nicht die Elektronik.

Die Schweißstelle ist danach kaum merklich erwärmt, man kann sofort 
anfassen.

Für Frontplattenbolzen gibt's nichts Besseres :-)

von Falk B. (falk)


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@ Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite

>Wenn das mit den gestanzten Punkten stimmt, dann wird das so wie beim
>Bolzenschweißen mit Zündspitze funktionieren: Der Lichtbogen entsteht

Nicht bei allen Akkus, aber bei einigen.

http://www.accushop.at/images/product_images/original_images/awzap/APSC2100-Z.jpg

Hier sogar mit Schlitz, um den parasitären Kurzschluß hochohmiger zu 
machen.

https://www.akkuteile.de/item/images/1006972/1900x1900/LG-INR18650MJ1-3500mAh-3-6-3-7V--10A-Loetfahne-Z-.jpg

Hier ohne Schlitz und Punkte.

von MaWin (Gast)


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Old P. schrieb:
> In der Praxis dauert der Vorgang bei mir etwa 10-20mS
> (Kondensatorschweißgerät),
> Wie man(n) in der Zeit händisch den Anpressdruck in zwei Stufen
> kontrolliert aufbringt, musst Du mir mal zeigen.

Kondensatorschweissen hält ja auch nicht. Professionelle Geräte sind 
alle mit Trafos.

Falk B. schrieb:
> Ich behaupte mal, daß das Blech NICHT glühend heiß wird
> sondern nur sie Schweißstellen

Natürlich. Also lass es mich umformulieren: Das Blech an den von den 
Kontakten berührten Stellen.

Lukas schrieb:
> Die Zellenverbinder sind auch geschlitzt

Bei weitem nicht alle.

von Stefan (Gast)


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Kann es evtl. sein, dass der Strom auf Grund der Lorentzkraft gezwungen 
wird den weiteren Weg zu laufen?

von Old P. (Gast)


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MaWin schrieb:
>
> Kondensatorschweissen hält ja auch nicht. Professionelle Geräte sind
> alle mit Trafos.

Dann hast Du irgendeine Entwicklung verschlafen.
Meine Schweißpunkte halten seit Jahren. Die werden sich auch nicht 
lösen, wenn Du das möchtest.

> Lukas schrieb:
>> Die Zellenverbinder sind auch geschlitzt
>
> Bei weitem nicht alle.

Das Simmt allerdings.

Old-Papa

von passing by (Gast)


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MaWin schrieb:
> Falk B. schrieb:
>> Ich behaupte mal, daß das Blech NICHT glühend heiß wird
>> sondern nur sie Schweißstellen
>
> Natürlich. Also lass es mich umformulieren: Das Blech an den von den
> Kontakten berührten Stellen.


Und um die von den Kontakten beruehrten Stellen herum.

Der Kurschluss welcher das Blech/die Blechfahne zwischen den 
aufgedrueckten Kontakten bildet taugt ja erstmal nur um diese selbst 
aufzuheizen das reicht ja aber nicht.

Aber dadurch das es sich stark erhitzt ergibt sich ein 'kuerzerer' 
niederohmigerer Weg ueber das darunterliegende dann besser leitende 
Werkstueck. In dem Zug wird das Blech mit ihm wenigstens oberflaechlich 
verschmolzen.

So wuerde ich mir das vorstellen wollen.

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