Forum: Platinen Fragen zu Artikel "Richtiges Designen von Leiterplatten"


von Curby23523 N. (Gast)


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Hallo,

ich habe mir den Artikel einmal durchgelesen und prompt einige Fragen 
bzgl. des Artikels.

1. Ich soll die freie Fläche zwischen Leiterbahnen für Masseflächen 
nutzen, digitale und analoge Masse darf ich ruhig kombinieren und 
möglichst eine großflächige Massefläche nutzen.

Wenn ich jedoch alle meine GND Signale zunächst von Hand verbunden habe, 
ist hier Sternförmig auch gleich Baumförmig? Ich kann ja schlecht von 
jedem Massepunkt eine durchgehende Leitung zur Spannungsversorgung 
ziehen. Dann steht im Artikel "Masseflächen sind nur dann wirklich 
wirksam, wenn sie möglichst durchgängig sind." - ich lese hier häufig 
das Gegenteil im Forum.

Sprich ich habe alle von Hand geroutet, lege dann eine große Massefläche 
über die Leiterplatte. Ich lese jetzt raus, dass man das genauso machen 
soll - hier im Forum ist diese Methode aber verpöhnt scheint es mir.

Ich persöhnlich habe es bisher immer so gemacht und hatte noch nie 
Probleme mit Brummen, Rauschen, Antennenfunktion etc.

2. Analoge und digitale Schaltungsteile direkt ohne Filter aus der 
gleichen Stromquelle versorgen.

Wie trennt man denn richtig analoge und digitale Spannungsversorung aus 
der selben Spannungsquelle? In meinem Fall habe ich einen Xmega, zwei 
TLC555 und ein SPI DAC. Der analoge Teil ist ein LM13700 für Ausgabe 
eines Audiosignals und ein Kopfhörerverstärker. Wie strinkt muss ich 
hier trennen - ich bewege mich ja nicht im gHz Bereich.

von Falk B. (falk)


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@ Nils Handelmann (nils_h494)

>1. Ich soll die freie Fläche zwischen Leiterbahnen für Masseflächen
>nutzen,

Kann man machen, muss man aber nicht.

>Wenn ich jedoch alle meine GND Signale zunächst von Hand verbunden habe,
>ist hier Sternförmig auch gleich Baumförmig?

Nein, das ist nicht gleich. Aber baumförmig ist in vielen Fällen OK.

>Ich kann ja schlecht von
>jedem Massepunkt eine durchgehende Leitung zur Spannungsversorgung
>ziehen.

Das muss man nur bei einigen Schaltungen.

> Dann steht im Artikel "Masseflächen sind nur dann wirklich
>wirksam, wenn sie möglichst durchgängig sind." - ich lese hier häufig
>das Gegenteil im Forum.

???
Du meinst, das stark zerteilte Masseflächen sonderlich wirksam sind?

>Sprich ich habe alle von Hand geroutet, lege dann eine große Massefläche
>über die Leiterplatte. Ich lese jetzt raus, dass man das genauso machen
>soll

Das ist auch der sinnvolle weg.

>- hier im Forum ist diese Methode aber verpöhnt scheint es mir.

Von talentfreien Bastlern und anderen Faulpelzen.

>Ich persöhnlich habe es bisher immer so gemacht und hatte noch nie
>Probleme mit Brummen, Rauschen, Antennenfunktion etc.

Dann kann die Methode ja nicht so schlecht sein.

>2. Analoge und digitale Schaltungsteile direkt ohne Filter aus der
>gleichen Stromquelle versorgen.

Ist ein Fehler.

>Wie trennt man denn richtig analoge und digitale Spannungsversorung aus
>der selben Spannungsquelle?

Mit RC oder LC Filtern, ggf. getrennte Spannungsregler.

>In meinem Fall habe ich einen Xmega, zwei
>TLC555 und ein SPI DAC.

Wozu braucht man 2 TLC555, wenn man einen uC auf dem Board hat?

> Der analoge Teil ist ein LM13700 für Ausgabe
>eines Audiosignals und ein Kopfhörerverstärker. Wie strinkt muss ich
>hier trennen

Normal, ohne Bäume auszureißen.

>- ich bewege mich ja nicht im gHz Bereich.

Sicher, aber auch hier kann man mit etwas Pech "schöne" Störungen aus 
dem Digitalteil in den Analogteil einkoppeln.

von Christian B. (luckyfu)


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Nils H. schrieb:
> ich bewege mich ja nicht im gHz Bereich.

wie hoch die Taktrate deiner Signale ist spielt nur eine untergeordnete 
Rolle: Viel wichtiger ist: Wie sind denn die Anstiegs- / Abfallzeiten 
deiner Signale. Diese musst du zur Betrachtung heranziehen. Typische 
Werte sind z.B. 5ns. Das sind dann aber schon 0,2GHz...

Weiters musst du beachten, daß ab ca. 150kHz der Rückstrom eines 
Signalstroms nicht mehr den direkten Weg nimmt sondern dem Strompfad des 
Signalstroms folgt. Wenn du nun ein Signal über eine Massefläche, oder 
an einer Massefläche entlang ziehst und diese plötzlich endet fließt der 
Strom bis zu dieser Stelle parallel zum Signalpfad und ab dort sucht er 
sich den kürzestmöglichen Weg um wieder zum Signalpfad zu kommen. Dabei 
wird eine "Leiterschleife" gebildet, welche natürlich Störungen 
aussendet aber auch empfängt. Das alles ist nicht zu komplex, man sollte 
es aber auch nicht zu leicht nehmen.

von Falk B. (falk)


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@ Christian B. (luckyfu)

>wie hoch die Taktrate deiner Signale ist spielt nur eine untergeordnete
>Rolle: Viel wichtiger ist: Wie sind denn die Anstiegs- / Abfallzeiten
>deiner Signale. Diese musst du zur Betrachtung heranziehen.

Stimmt.

> Typische
>Werte sind z.B. 5ns. Das sind dann aber schon 0,2GHz...

Stimmt nicht. 5ns Anstiegszeit entsprechen ~70MHz.

f ~ 0,35/tr

von Christian B. (luckyfu)


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Falk B. schrieb:
> Stimmt nicht. 5ns Anstiegszeit entsprechen ~70MHz.
>
> f ~ 0,35/tr

Ja, klar. danke für die Verbesserung

von H-G S. (haenschen)


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EMI/DMC-gerechtes Layoutdesign kann man fast studieren, so komplex ist 
es!

Du wirst nicht umhinkommen ein Büchlein zu kaufen wenn du es richtig 
machen willst.

von Curby23523 N. (Gast)


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Wenn ich nur begenzten Platz habe und eher eine Baumstruktur habe, als 
Sternmasse, wie sollten in diesem Baum die digitalen/analogen Bauteile 
angeordnet werden? Ich würde jetzt schätzen, die digitalen näher an der 
Spannungsversorgung, damit deren Pulse nicht auf der analogen Seite 
gesehen werden oder? Also analog nach digital?

Ich werde dann digitale und analoge Spannungsversorgung mit separaten 
Schaltreglern betreiben.

von Falk B. (falk)


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@ Nils Handelmann (nils_h494)

>Wenn ich nur begenzten Platz habe und eher eine Baumstruktur habe, als
>Sternmasse, wie sollten in diesem Baum die digitalen/analogen Bauteile
>angeordnet werden? Ich würde jetzt schätzen, die digitalen näher an der
>Spannungsversorgung, damit deren Pulse nicht auf der analogen Seite
>gesehen werden oder? Also analog nach digital?

Naja, wensigsten die Bereiche digital und analog sollte man möglichst 
sternförmit anbinden. Darüberhinaus kann man eher schlecht allgemeine 
Ratschläge geben, das ist sehr von der Schaltung abhängig.

>Ich werde dann digitale und analoge Spannungsversorgung mit separaten
>Schaltreglern betreiben.

;-)

Das macht das Problem nicht besser. Die meisten Schaltregler, vor allem 
in Händen von Bastlern, erzeugen mehr Störungen als die gemeinsame 
Versorgung aus einem (Schalt)spannungsregler + Filter. Linearregler 
können bis ein paar Dutzend kHz als brauchbarer Filter wirken, 
darüberhinaus werden auch sie wirkungslos bzw. HF-mäßig durchlässig. Ein 
Schaltregler ist als StörFILTER um Größenordnungen schlechter. Sowohl 
wegen seiner deutlich schlechteren Regeleigenschaften als auch auf grund 
der Eigenstörungen.

von Gerhard O. (gerhard_)


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Falk B. schrieb:
> Das macht das Problem nicht besser. Die meisten Schaltregler, vor allem
> in Händen von Bastlern, erzeugen mehr Störungen als die gemeinsame
> Versorgung aus einem (Schalt)spannungsregler + Filter. Linearregler
> können bis ein paar Dutzend kHz als brauchbarer Filter wirken,
> darüberhinaus werden auch sie wirkungslos bzw. HF-mäßig durchlässig. Ein
> Schaltregler ist als StörFILTER um Größenordnungen schlechter. Sowohl
> wegen seiner deutlich schlechteren Regeleigenschaften als auch auf grund
> der Eigenstörungen.

Hier mein Streifen Senf dazu:

Das optimale Auslegen und Dimensionierung von Schaltreglern ist nicht 
wirklich eine Raketenwissenschaft. Viele Schaltregler Datenblätter geben 
oft detaillierte praxisbezogene Empfehlungen und Vorschläge zu einem 
funktionierenden, zufriedenstellenden Design. Wenn man sich daran hält, 
kann eigentlich nicht mehr so viel passieren. Zumindest hat man damit 
einen Anfangspunkt zu möglichen Verbesserungen und Optimierungen.

Im Grunde genommen dreht sich beim Abwärtsregler z.B. alles darum die 
beim Schalten auftretenden Ströme nicht zur Stromquelle oder Last 
fließen zu lassen. Das erreicht man indem man die Eingangs- und Ausgangs 
Cs so anordnet, daß zusammen mit dem Nullbezugspunkt des Reglers kein 
Strom nach außen abfließen kann. Wenn alles richtig gemacht worden ist 
bleibt dann nur fast nur noch die Ausgangs Ripplespannung übrig wie sie 
durch den ESR der Cs vorgegeben ist. Je nach Schaltfrequenz empfielt es 
sich die Cs durch verschiedene Typen zu komplementieren um breitbandige 
Wirkung zu erzielen. Die Wahl der Cs muß sehr sorgfältig erfolgen und 
viele Datenblätter geben dazu sachgerechte Praxis Empfehlungen. Es ist 
auch ungemein wichtig darauf zu achten, dass alle in Frage kommenden Cs 
die hochfrequenten Schaltströme mit ausreichendem Margin aushalten 
können. Für hochzuverläßige Schaltungen die viele Jahre funktionieren 
müssen, empfiehlt es sich mehr als einen Elko in Parallelschaltung 
anzuordnen um die Schaltströme aufzuteilen und die Belastung auf einem 
niedrigen Wert bringen zu können. Allerdings muß man aufpassen, daß der 
Gesammt ESR den empfohlenen/berechneten Bereich einhält.

Einige Hersteller haben auch on-line Berechnungsprogramme und 
Simulatoren. Damit kann man sich viel manuelle Berechnungsarbeit 
ersparen und die zu erwartenden Eigenschaften im Simulator 
durchzuspielen.

Auch mit zweiseitigen Platinen kann man Schaltregler mit guten 
Eigenschaften ordnungsgemäß implementieren. Es kommt darauf den Regler 
Eingangsstromkreis, den Ausgangsstromkreis und den Regler Nullpunkt auf 
einen gemeinsamen Punkt zusammenzuführen. Dort heben sich alle 
Störströme praktisch auf. Der Herr Kirchhoff wußte das schon vor sehr 
langer Zeit. Das Layout dazu ist mit SMD Komponenten meist leicht 
durchzuführen. Es ist wichtig alle stromdurchflossenen Schaltungszüge 
mit grossem Querschnitt auszulegen was leicht mit Polygonzügen zu 
verwirklichen ist. Viele CAD Programme haben diese Funktion.

Am leichtesten ist es ein LC Filter zur weiteren Abschwächung der übrig 
bleibenden Ripple Spitzen einzusetzen. Wenn man z.B. denselben Induktor 
wie beim Abwärtsregler verwendet kann man in der Praxis eine mindestens 
10:1 Verbesserung des Ripples erzielen. Da durch das LC Filter die 
Hochfrequente Energie abgeschwächt wird, verbessert sich das Spektrum so 
daß Störungen nach aussen meist kein Thema mehr sind und lineare Regler 
meist nicht mehr notwendig sind. Und falls ein linearer Regler 
nachgeschaltet werden muß, ist der Regler durch das weichere Spektrum 
besser imstande mit der verbleibenden Störungspannung fertig zu werden. 
Gewisse moderne Linearrregler haben auch ein weitaus höhere 
Grenzfrequenz um hochfrequente Anteile ausregeln zu können. Das Ausgangs 
C des LC Filters muß mit der Last Masse verbunden werden.

Eingangsseitig empfiehlt sich zur Blockierung der Schaltregler conducted 
Störungen noch ein sogenanntes Common Mode Filter zu verwenden. Richtig 
dimensioniert sind die auf der Leitung verbleibenden induzierten 
Störungen in der Praxis dann meist kein Thema mehr. In meiner Praxis 
haben sich diese Maßnahmen immer bewährt und passierten alle offiziellen 
EMC Grenzwerte mit ausreichendem Abstand auf Anhieb.

Regler wie LM2596, 2576 , 2674 z.B. sind ziemlich gutmütig, deshalb 
werden sie auch "Simple Switcher" genannt.

Die Erfahrung kommt mit der Praxis. Es empfiehlt sich einige Regler 
seperat aufbauen um damit praktische Erfahrungen zu sammeln. Man bekommt 
dann sozusagen ein brauchbares "Referenz Design" welches dann mit 
reproduzierbaren Werten wiederverwendet werden kann.

Beim Arbeiten mit Schaltreglern ist ein gutes Oszilloskop unentbehrlich. 
Auch Breitband Stromwandler (Ringkern, Hall Efekt) zur 
Schaltstromuntersuchung sind sehr nützlich.


Mfg,
Gerhard

: Bearbeitet durch User
von R. R. (elec-lisper)


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Gerhard O. schrieb:
> Hier mein Streifen Senf dazu:
>
> Das optimale Auslegen und Dimensionierung von Schaltreglern ist nicht
> wirklich eine Raketenwissenschaft. Viele Schaltregler Datenblätter geben
> oft detaillierte praxisbezogene Empfehlungen und Vorschläge zu einem
> funktionierenden, zufriedenstellenden Design. Wenn man sich daran hält,
> kann eigentlich nicht mehr so viel passieren. Zumindest hat man damit
> einen Anfangspunkt zu möglichen Verbesserungen und Optimierungen.

> Wenn alles richtig gemacht worden ist ...

> Die Wahl der Cs muß sehr sorgfältig erfolgen und
> viele Datenblätter geben dazu sachgerechte Praxis Empfehlungen. Es ist
> auch ungemein wichtig darauf zu achten, ...

> Allerdings muß man aufpassen, daß ...

> Richtig dimensioniert ...

> Die Erfahrung kommt mit der Praxis. Es empfiehlt sich einige Regler
> seperat aufbauen um damit praktische Erfahrungen zu sammeln. Man bekommt
> dann sozusagen ein brauchbares "Referenz Design" welches dann mit
> reproduzierbaren Werten wiederverwendet werden kann.
>
> Beim Arbeiten mit Schaltreglern ist ein gutes Oszilloskop unentbehrlich.
> Auch Breitband Stromwandler (Ringkern, Hall Efekt) zur
> Schaltstromuntersuchung sind sehr nützlich.

Klingt auf jeden Fall danach, dass Falk B. recht hat. Hobbyisten,
die keine Wissenschaft aus der Stromversorgung machen, werden kaum
ein störfreies Design "eben mal" hin bekommen. Zumindest wenn ich
nach all den "Wenn", "sorgfältig", "ungemein wichtig darauf zu achten",
"richtig dimensioniert" und "Erfahrung" gehe.

von F. F. (foldi)


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Boah Gerhard, das war ein toller Vortrag!
Eine Weile hatte ich mich mit aktiven Filter Schaltungen befasst und das 
funktioniert auch tatsächlich wie in der Simulation mit dem 
Filterberechnungsprogramm. Die Werte auf dem Oszi waren nahezu gleich.
Es gibt fertige kleine Filter, für feste Frequenzen. Wie wirksam sind 
diese?

von R. R. (elec-lisper)


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F. F. schrieb:
> Boah Gerhard, das war ein toller Vortrag!

Ja, dem muss ich auch zustimmen. Auch wenn es nicht
gerade trivial klingt, hat Gerhard es gut zusammengefasst.

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