Forum: Offtopic Verrosteter TL494 funktioniert nicht


von Gerhard O. (gerhard_)


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Ich erstand mir vor kurzen für ein Motorprojekt  ein chinesisch 
hergestelltes SMPS für 24V und bis zu 20A. Als es ankam, funktionierte 
es nicht. Es waren lediglich 3.6V feststellbar die bei geringster 
Belastung zusammenbrach.

Obwohl ich reklamierte und mir ein umgehend verschicktes Ersatznetzteil 
versprochen wurde wollte ich wissen ob es sich reparieren ließe.

Aufgemacht, war der erste Eindruck des Platinenaufbaus relativ positiv. 
Das einzige was mir auffiel war, daß einige Beinchen des TL494 stark 
verrostet waren. Keine verbrannten Teile oder Geruch.

Nach Ausbau der Platine inspizierte ich die Platinenverlötung und alles 
war in bester Ordnung. Spannungsmessungen ergeben normale Verhältnisse 
um den 494 herum. Keine Taktimpulse konnten mit dem Oszi gefunden 
werden. (Keine Sorge - Trenntrafo)

Dann dachte ich mir, jetzt wechsle mal den TL494 aus - kann ja 
eigentlich nichts anderes sein. Siehe da, nach Ersatz lief das NT.

Was mich nun interessiert, diffundierte Feuchtigkeit geriet ins Innere 
des Gehäuses und zerstörte den Die? Mikroskopisch gesehen könnten da 
genug Wege ins Innere führen die das Gehäuse nicht abdichten kann. 
Andrerseits sollte man meinen, die Glaspassivierung sollte den Die 
ausreichend schützen.

Irgendwelche Theorien? Was meint ihr dazu?

: Bearbeitet durch User
von Stefan F. (Gast)


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Ist Silizium überhaupt empfindlich gegen Feuchtigkeit? Ich denke nicht.

von Gerhard O. (gerhard_)


Angehängte Dateien:

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Ich konnte bis jetzt noch nichts Spezifisches finden. Allerdings 
behandelt dieses Paper nur die Gehäuse Feuchtigkeitseffekte und nicht 
die Die Empfindlichkeit:

http://www.springer.com/cda/content/document/cda_downloaddocument/9781441957184-c1.pdf?SGWID=0-0-45-963478-p174031968

Vielleicht findet sich noch etwas.

Hier ist noch ein Bild des Käfers.

: Bearbeitet durch User
von Gerd E. (robberknight)


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Ich könnte mir stark erhöhte Leckströme zwischen den Pins vorstellen:

Die Feuchtigkeit wurde ja nicht ganz gezielt nur auf die Pins des IC 
aufgesprüht oder sowas, sondern war im ganzen Netzteil vorhanden. Die 
sind halt nur als erstes verrostet. Die ersten gelösten Rostpartikel 
plus die Feuchtigkeit ergeben dann einen schön leitfähigen "Überzug" für 
den IC und die Platine darunter.

Bei nem analogen Regler können stärkere Leckströme schnell deutliche 
Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit haben.

Die andere Alternative wäre daß die verrosteten Pins ihre Lötstellen in 
Mitleidenschaft gezogen haben.

Noch ne Alternative wäre, daß der TL494 nicht neu war, sondern von 
irgendeinem anderen Gerät runtergerupft und recycelt wurde. Entweder 
hatte er schon vorher nen Hau oder wurde beim "ernten" beschädigt.

: Bearbeitet durch User
von Gerhard O. (gerhard_)


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Gerd E. schrieb:
> Die Feuchtigkeit wurde ja nicht ganz gezielt nur auf die Pins des IC

Der Rest vom Netzteil war einwandfrei ohne Korrosion. Es war nur der IC 
davon betroffen.

von Gerhard O. (gerhard_)


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Gerd E. schrieb:
> Ich könnte mir stark erhöhte Leckströme zwischen den Pins
> vorstellen:
>
> Die Feuchtigkeit wurde ja nicht ganz gezielt nur auf die Pins des IC
> aufgesprüht oder sowas, sondern war im ganzen Netzteil vorhanden. Die
> sind halt nur als erstes verrostet. Die ersten gelösten Rostpartikel
> plus die Feuchtigkeit ergeben dann einen schön leitfähigen "Überzug" für
> den IC und die Platine darunter.
Das habe ich mir anfänglich auch gedacht, aber es waren keine 
Verunreinigungen unter dem IC sichtbar.
>
> Bei nem analogen Regler können stärkere Leckströme schnell deutliche
> Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit haben.
Die Leiterplatte war frei von irgendwelchen Sichtbaren Rückständen und 
so sauber aus wie man es erwarten sollte.
>
> Die andere Alternative wäre daß die verrosteten Pins ihre Lötstellen in
> Mitleidenschaft gezogen haben.
Die Lötstellen waren einwandfrei tauchgelötet.
>
> Noch ne Alternative wäre, daß der TL494 nicht neu war, sondern von
> irgendeinem anderen Gerät runtergerupft und recycelt wurde. Entweder
> hatte er schon vorher nen Hau oder wurde beim "ernten" beschädigt.

Ja, bei solchen Produkten ist es schon etwas Glücksache. Man kann nie 
wissen wie ond wo dort gespart wird. Ich habe den Eindruck, daß der 
Käfer schon vor dem Einbau so verrostet war.

: Bearbeitet durch User
von Uhu U. (uhu)


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Da wurde wohl für den TL494 irgend eine Platine recycelt, die schon 2 
Jahre auf dem Hof herum gelegen hatte...

von Gerhard O. (gerhard_)


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Uhu U. schrieb:
> Da wurde wohl für den TL494 irgend eine Platine recycelt, die
> schon 2
> Jahre auf dem Hof herum gelegen hatte...

Ja. Irgendwo brach das System zusammen...

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Uhu U. schrieb:
> Da wurde wohl für den TL494 irgend eine Platine recycelt, die schon 2
> Jahre auf dem Hof herum gelegen hatte...

Oder ein recycletes PC-Netzteil, das 10 Jahre alt war. Ist in Asialand 
gang und gäbe.

von Jeffrey L. (the_dude)


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Matthias S. schrieb:
> Oder ein recycletes PC-Netzteil, das 10 Jahre alt war. Ist in Asialand
> gang und gäbe.

Genau das war auch mein erster Gedanke. IC wurde aus irgendeinem 
Elektroschrott ausgelötet und weiter verkauft.

Der TL494 kostet beim Reichelt aber 32 cent - so betrachtet ist es doch 
wieder schwer vorstellbar dass sich jemand da diese Mühe macht, oder?

von Uhu U. (uhu)


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Jeffrey L. schrieb:
> Der TL494 kostet beim Reichelt aber 32 cent - so betrachtet ist es doch
> wieder schwer vorstellbar dass sich jemand da diese Mühe macht, oder?

und da sind die Transportkosten vom Schrotthof in China nach Deutschland 
schon drin!

von Michael X. (Firma: vyuxc) (der-michl)


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Seit wann sind denn die Pins aus Eisen? Wenn die Chinesen schon an 
dieser Stelle sparen dann dürfte der Rest auch nicht besser sein.

von Uhu U. (uhu)


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Michael X. schrieb:
> Seit wann sind denn die Pins aus Eisen?

Hast du noch nicht gemerkt, das SMD-Widerstände meistens magnetisch 
sind?

Der 4047 im DIL-Gehäuse, den ich mir gerade gegriffen habe, wird auch 
vom Magneten gehalten, wenn auch nicht sehr stark.

von Gerhard O. (gerhard_)


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Jeffrey L. schrieb:
> Der TL494 kostet beim Reichelt aber 32 cent - so betrachtet ist es doch
> wieder schwer vorstellbar dass sich jemand da diese Mühe macht, oder?

Bin wieder da;-)

Naja. Ob sich das lohnt frage ich mich auch. Da mir nach meiner 
Reklamation umgehend ein Ersatz versprochen wurde, sind dem Verkäufer 
auch Kosten verursacht worden. Wenn also ein ganzer Haufen solcher NT 
nicht funktioniert, lohnt sich der Verkauf für ihn doch auch nicht. Dass 
die dort das nicht begreifen, kann ich mir eigentlich auch nicht 
vorstellen. Mir vorsätzlich defekte Ware zu schicken kann ich ihm nicht 
wirklich  unterstellen.

Ich bin der Meinung, es war ein lediglich ein (für mich) unglücklicher 
Zufall. Ich werde berichten wenn das Ersatz NT bei mir ankommt. Wie 
schon erwähnt, der Platinenaufbau ist makellos. Auch Marken NT würden 
aufbaumässig nicht besser aussehen. Ob die Schaltung mit Marken Produkte 
vergleichbar ist, kann ich im Augenblick nicht beurteilen. Mein Ersatz 
TL494 stammt von Digikey.

Die Frage die ich mir bei China Produkten immer stelle ist, inwieweit 
deren Produkte mit den Design- und Herstellungskriterien von westlichen 
Markenfabrikaten vergleichbar ist. Wer da wirklich darauf Wert liegt, 
soll sich ausführlich mit den Herstellerinformationen befassen und nur 
deren Produkte erstehen.

Diese Online aus Fernost kaufen hat meiner Meinung nach den Nachteil, 
dass man bei vielen Import Produkten wirklich nicht offiziell erfassen 
kann welche Design und Fabrikationskriterien dem Produkt zugrunde 
liegen. Die Käufer kaufen die Katze meist im Sack und ich bin mir das 
auch bewusst. Mir scheint der Kauf von Elektronik ist ähnlich wie der 
bei anderen Trivial Produkten wie Kleidung u.ae. Konsumer Produkte. 
Minimale Angaben, lediglich dem Vergleich dienend, aber keine harten 
technischen Fakten. Bei Markenprodukten unserer Hersteller ist das oft 
kein Problem. So, die Bottom Line ist: "Caveat Emptor". Das Risiko liegt 
beim Kunden und er ist für seine (Kauf) Entscheidung voll 
verantwortlich. Er muss selber wissen ob nicht ausreichend spezifizierte 
Billigprodukte für seine Anwendung ausreichend sind oder er die Garantie 
und Konformanz bei wesentlich höheren domestischen Preis haben will. Wer 
billige Einfuhrware weiter unter den üblichen Marktpreisen kauft, hat 
kein Recht zur Kritik oder Klage! Deshalb sehe ich meine diesbezügliche 
Erfahrung damit eher locker und ich weiß mir auch selber zu helfen. Für 
professionelle Anwendungen steht das Teil sowieso nicht zur Debatte.

Ich habe das NT nun seit einiger Zeit in Betrieb und es funktioniert 
ausgezeichnet. Auch bei Vollast wird es nicht zu warm. Der Ripple am 24V 
Ausgang ist 100mVpp. Für meine 250W Motorenspeisung sowieso kein Thema.

: Bearbeitet durch User
von Paul B. (paul_baumann)


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Gerhard O. schrieb:
> Wer
> billige Einfuhrware weiter unter den üblichen Marktpreisen kauft, hat
> kein Recht zur Kritik oder Klage!

Das ist vollkommen richtig.

MfG Paul

von S. R. (svenska)


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Gerhard O. schrieb:
> Mir vorsätzlich defekte Ware zu schicken kann ich ihm nicht
> wirklich unterstellen.

Solange die Kosten für "bei Defekt ein Ersatzgerät schicken" geringer 
sind als "jedes Gerät bei Fertigung testen", wird auch defekte Ware 
verschickt.

Nach deiner Schilderung verliert der Verkäufer ein paar Minuten 
Arbeitszeit, einmal Porto und ein zusätzliches Gerät. Das ist nicht 
viel, wenn die Abläufe darauf ausgelegt sind.

Gerhard O. schrieb:
> Die Frage die ich mir bei China Produkten immer stelle ist, inwieweit
> deren Produkte mit den Design- und Herstellungskriterien von westlichen
> Markenfabrikaten vergleichbar ist.

Die Designkriterien hängen vom Zielmarkt ab, da unterscheidet sich 
chinesische Ware nicht von westlicher. Nissan baut sichere Autos für die 
USA und unsichere Autos für Mexiko 
(https://www.youtube.com/watch?v=85OysZ_4lp0 ); Uni-T baut Multimeter 
mit viel Lügen für Asien und weniger Lügen für die EU 
(Beitrag "Re: Multimeter von Uni-T von EEVBlog total zerissen, aber was taugt dann noch der TÜV?"). Wenn du für 
chinesische Ware gutes Geld auf den Tisch zu legen bereit bist, bekommst 
du auch gute Standards.

Den Hauptunterschied sehe ich darin, dass in China noch mehr in 
Handarbeit gefertigt wird und - kostet Zeit und Platz - der 
Funktionstest weggelassen und stattdessen mit hoher Ausfallrate (DOA) 
kalkuliert wird. Eine automatische Fertigungsstrecke mit eingefahrenen 
Prozessen produziert eher gleichbleibende Qualität.

Gerhard O. schrieb:
> Wer billige Einfuhrware weiter unter den üblichen Marktpreisen
> kauft, hat kein Recht zur Kritik oder Klage!

Man kann billige Ware auch teuer verkaufen, und das wird ebenfalls im 
großen Stil praktiziert. In Osteuropa wird die gleiche Marke wie hier 
verkauft, zum gleichen Preis (d.h. dort tut es mehr weh) - ist aber 
trotzdem mindere Qualität.

Der Durchschnittskunde kann Qualität nicht einschätzen.

Gerhard O. schrieb:
> So, die Bottom Line ist: "Caveat Emptor". Das Risiko liegt
> beim Kunden und er ist für seine (Kauf) Entscheidung voll
> verantwortlich.

Es gibt bei Aliexpress Li-Akkus mit 2000 mAh zu kaufen. Manche haben 
tausende Top-Bewertungen und irgendwo regt sich einer (zu recht) auf, 
dass die Teile real maximal 400 mAh haben - andere haben dutzende 
Photo-Reviews von Messungen, die die Angaben bestätigen. Und kosten 
mehr.

Wenn der Kunde bescheuert ist, bescheißt's sich einfach besser. Die 
einzige Abhilfe dagegen sind politisch: Gute Gesetze und die rigorose 
Durchsetzung selbiger. Nur fehlt dazu an den richtigen Stellen der 
Wille.

Man stelle sich mal vor, dass ein Joghurt mit "glücklichen Kühen auf der 
Weide"-Etikett nachweislich mit Milch von "glücklichen Kühen auf der 
Weide" hergestellt werden müsste, damit es nicht als gewerbliche 
Täuschung zählt. Oder wenn nur 20% nachhaltiger Kaffee verwendet wurde, 
dann darf die Werbung nur zu 20% einen gesunden Kaffeebauern zeigen.

Mir geht es nicht darum, Billigschrott aus China zu verbieten.
Man muss nur das Lügen, Täuschen und Schönfärben verbieten.
Dann kann "der Markt" das auch effektiv regeln.

: Bearbeitet durch User
von Paul B. (paul_baumann)


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S. R. schrieb:
> Die
> einzige Abhilfe dagegen sind politisch: Gute Gesetze und die rigorose
> Durchsetzung selbiger. Nur fehlt dazu an den richtigen Stellen der
> Wille.

...oder der Wille kommt so spät, daß es keinen Sinn mehr hat:

http://www.mdr.de/nachrichten/wirtschaft/eu-gericht-entscheidet-ueber-solar-strafzoelle-100.html

MfG Paul

von Michael X. (Firma: vyuxc) (der-michl)


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Uhu U. schrieb:
> Michael X. schrieb:
>> Seit wann sind denn die Pins aus Eisen?
>
> Hast du noch nicht gemerkt, das SMD-Widerstände meistens magnetisch
> sind?
>
> Der 4047 im DIL-Gehäuse, den ich mir gerade gegriffen habe, wird auch
> vom Magneten gehalten, wenn auch nicht sehr stark.

THT ist für mich nur Hobby. Ich hab fast ausschließlich alten Kram, der 
noch verzinnte Beine Hat. Wenn man die abknipst dann sieht man das 
rötliche Kupfer drin.
Deshalb die Frage.

von Gerhard O. (gerhard_)


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Erhielt in der Zwischenzeit das versprochene 24V/20A Ersatznetzteil und 
es funktioniert einwandfrei. Ist allerdings ein datengleiches anderes 
Modell gleicher Abmessungen. Mal sehen wie lange es funktioniert. 
Aufbauqualität ist einwandfrei wie sich nach Inspektion erwies. Dieses 
Mal konnte ich keinen Rost am Kontroller IS feststellen;-)

Das reparierte NT läuft auch immer noch tadellos 24/7.

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