Forum: PC Hard- und Software Linux auf einem Qualcom Snapdragon 200


von Matthias (Gast)


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Guten Morgen,

ich habe ein Lumia 540 auf dem aktuell Win10 läuft. Bei dem Prozessor 
handelt es sich um einen Snapdragon 200 von Qualcom.

In der Folge 202 des ComputerClubs² wurde eine Software vorgestellt, die 
es in einer Softwarelösung ermöglicht, Debian auf einem Android-System 
laufen zu lassen.

Ich stelle mir die Frage, wieso nicht gleich Linux als System 
aufspielen. Laut Netz sind Linux und Snapdragon kein Problem.

Frage, gibt es jemanden, der bereits Erfahrungen mit einem derartigen 
OS-Wechsel bei dem Prozessor oder einem Lumia hat?

Seht Ihr da größere Probleme oder irgendwelche Gründe, so etwas auf 
keinen Fall zu machen? Garantieansprüche und dergleichen einmal außen 
vor gelassen.

von Peter II (Gast)


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Matthias schrieb:
> Seht Ihr da größere Probleme oder irgendwelche Gründe, so etwas auf
> keinen Fall zu machen?

ein Handy ist kein PC - der Linux wird bestimmt irgendwie laufen, aber 
das du dann noch Telefonieren kannst und die Grafik sinnvoll 
funktioniert halte ich für ausgeschlossen.

Selbst von Android auf ein anderes Android (LineageOS) hat man schon 
Probleme weil nicht alles funktioniert.

von Matthias (Gast)


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Das wäre die nächste Frage gewesen, inwieweit es eine OS-Variante gibt, 
die auch diese Funktionalitäten zur Verfügung stellt.

Ubuntu für Smartphones, war da nicht mal was?

von Paul R. (atmega9)


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Matthias schrieb:
> Ich stelle mir die Frage, wieso nicht gleich Linux als System
> aufspielen.

Ich hatte mal so ein Tablet mit Windows 8. Das hatte eigentlich 
Linux-kompatible Hardware verbaut, das UEFI war allerdings 32-bit was 
eine Installation mit GRUB unmöglich gemacht hat. Außerdem verbauen die 
Hersteller leider oft Spezialhardware die nur schlecht oder gar nicht 
funktionieren. Sind eben nur für windows entwickelt. Nur weil die 
Prozessor-Architektur läuft, muss da noch lange kein anderes OS 
zufriedenstellend funktionieren. Meist benötigt man einen speziellen 
Kernel mit den ganzen Modulen, da du afaik nicht mit einem Installer das 
System auf das Handy kompilieren kannst. Du brauchst also (vermutlich) 
so ähnlich wie beim RPi ein fix fertiges Image für genau dein Gerät.

Matthias schrieb:
> Seht Ihr da größere Probleme oder irgendwelche Gründe, so etwas auf
> keinen Fall zu machen?

Naja im schlimmsten Fall brickst du den Bootloader --> Tonne.

von Matthias (Gast)


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Paul R. schrieb:

>Meist benötigt man einen speziellen Kernel mit den ganzen Modulen

Das hatte ich im Prinzip erwartet. Gerade mal die Suchmaschine bemüht 
und Artikel von 2013 gefunden, die Ubuntu fürs Telefon und Tablet 
behandeln.

Darin wird genau die von Euch beschriebene Problematik thematisiert. 
Heute 2017, da dachte ich allerdings, es hätte sich vielleicht was 
geändert, zumal, wenn so ein großer Player wie Canonical da schon dran 
war/ist.

von Rolf Magnus (Gast)


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Matthias schrieb:
> Darin wird genau die von Euch beschriebene Problematik thematisiert.
> Heute 2017, da dachte ich allerdings, es hätte sich vielleicht was
> geändert, zumal, wenn so ein großer Player wie Canonical da schon dran
> war/ist.

Leider nicht. Anders als beim PC ist bei den Tablet-/Handygeräten zwar 
vom Prinzip her auch immer fast das gleiche drin, aber dennoch alles 
vollkommen inkompatibel zu einander. Man sieht ja auch gerade bei 
CyanogenMod/LineageOS, dass wirklich für jedes Gerät eine eigene 
Variante aufwändig zusammengebastelt werden muss. Einfach nen USB-Stick 
mit dem Installer in ein beliebiges ARM-Tablet stecken und installieren 
ist leider nicht - und wird von den Herstellern der Geräte und der 
vorinstallierten Betriebssysteme auch nicht gewünscht.

von S. R. (svenska)


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Das Betriebssystem (also Userland) ist nicht das Problem. In der Theorie 
reicht ein Bootloader (U-Boot), Standardkernel (Linux) und Devicetree 
(gerätespezifisch) aus, um den Rest auch noch zu haben.

Und dann wären wir bei der Praxis:
- die in Linux mitgelieferten Treiber sind nicht aktuell genug/fehlen,
  weil die Herstellungszyklen für aktuelle Geräte zu schnell sind;
- jeder SoC-Hersteller patcht nach Belieben am Kernel rum,
  gibt oft weder Dokumentation noch Sourcecode raus (trotz GPL),
  oder nur unter NDA und wenn du mit >1 M$ winkst;
- wenn es Source gibt, dann meist einen antiken Kernel als Baum,
  kein git oder so
- für manche Hardware gibt es überhaupt keine gebrauchbaren Treiber,
  für andere fehlt ein passendes Subsystem im Kernel, so dass die API
  schlecht ist und nicht von den Entwicklern übernommen wird;
- die Gerätehersteller spielen nach Belieben an der Hardware rum,
  ohne das zu verraten - Device-Trees veralten schnell;
- die Gerätehersteller patchen auch noch am Kernel rum,
  dokumentieren das aber noch weniger als die SoC-Hersteller;
- Windows-Geräte nutzen keine Device-Trees, sondern ACPI;
- zB Allwinner benutzt keine Device-Trees, sondern etwas
  eigenes, inkompatibles (FEX) mit ähnlicher Funktionalität;
- nicht alle Treiber benutzen Device-Trees, sondern werden teilweise
  auf das jeweilige System gepatcht;
- und alles weitere, was ich noch vergessen habe

Selbst Cyagenmod setzt oft auf den (alten) Herstellerkernel und pflanzt 
da ein moderneres Userland drauf, weil es anders einfach nicht geht.

Entweder "vergiss es" oder "du musst noch viel lernen".

von Matthias (Gast)


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Wenn ich das sehe...

https://www.ubuntu.com/mobile/devices

...frage ich mich, wieso ich mich damalig für ein Microsoft Lumia 
entschieden habe. So lange wir Kunden es nicht in ausreichend großer 
Stückzahl nachfragen, werden die oben beschriebenen Hindernisse einer 
freien OS-Wahl weiterhin fortbestehen.

Wenn man es weiterdenkt, könnte es sich aber auch relativ schnell gegen 
altbekannte, proprietäre Anbieter der Hardware wenden.

Ich stelle mir gerade die Frage, was passieren würde, wenn Debian und 
andere Organisationen demnächst, neben Ubuntu, auch Smartphones und 
Tablets verkaufen würden, auf deren Hardware das hauseigene+quelloffene 
OS prima läuft.

Wenn das, abgesehen von der Linux-Community, auch eine größere Zahl an 
'normalen' Konsumenten annehmen würde, bräuchte es auch keine technische 
Lösung für ein eigentlich kaufmännisches Problem geben.

von S. R. (svenska)


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Ich lache mal leise.

Linux läuft auf Tablets und Smartphones eher bescheiden. Die 
Paketverwaltung ist ungeeignet. Die kommerziellen Strukturen (also die 
aktuelle App-Blase) fehlen. Die Geräte wären offen und damit gute 
Bastelobjekte.

Es ist nicht für den Endnutzer geeignet, der WhatsApp, Facebook, Apple- 
und Google-Dienste sowie drölfzig coole Apps haben will. Die regen sich 
schon auf, wenn ein Entwickler nur Android oder iOS unterstützt.

Google will Android pushen, Apple will iOS pushen. Beide würden so ein 
offenes System als Konkurrenz ansehen und die Nutzbarkeit ihrer Dienste 
einschränken.

Telkos haben eine extreme Abneigung gegen offene Geräte, denn mit denen 
kann man deren schlechte Infrastruktur beeinflussen. Davor haben die 
Schiss. Gilt auch für Banken, Kreditkarten- und Nahverkehrsunternehmen, 
die Internet- und NFC-Funktionen anbieten wollen.

Ein wirklich offenes Gerät (im Debian-Sinn) darf nicht auf NDAs basieren 
und besteht damit zwangsweise aus veralteten, langsamen und teuren 
Komponenten. So ein Projekt kann nicht mit dreiunddrölfzig Chinabuden 
konkurrieren, die für 60€ ein Quadcore-Tablet auf den Markt schmeißen 
können; von den Platzhirschen wie Samsung und Apple mal abgesehen.

Träum weiter.

von Zoltan (Gast)


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S. R. schrieb:
> Linux läuft auf Tablets und Smartphones eher bescheiden.


Linux läuft auf allen Android Geräten sogar sehr gut.
Android nutzt einen abgewandelten Linux Kernel.
Android ist quasi auch nur eine sehr spezielle Linux Distribution, gibt 
halt keinen typischen Unix-Userspace ;-)


S. R. schrieb:
> Beide würden so ein
> offenes System als Konkurrenz ansehen

Android selbst ist Open Source. Kannst Du Dir theoretisch selbst bauen 
und auf einer embedded CPU laufen lassen (macht halt selten Sinn, wenn 
man stattdessen auch ein normales Linux haben kann).
Geht auch ohne die Google Dienste.

Das Problem ist die Hardwarevielfalt und Hersteller die keine Infos zur 
Hardware und den Treibern rausrücken - und natürlich hat auch keiner der 
Endgerätehersteller oder Provider Interesse daran, dass der Anwender da 
irgendwas machen kann.

von S. R. (svenska)


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Dass ein Korinthen... war natürlich klar.

Ein Nicht-Android-Linux läuft auf Tablets und Smartphones trotzdem eher 
bescheiden.

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