Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Suppressordiode statt Varistor als Überspannungsschutz?


von Guido (Gast)


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Kann man die P6SMB400CA (bidirektionale Suppressordiode, 
http://docs-europe.electrocomponents.com/webdocs/10f4/0900766b810f4f06.pdf) 
zum Schutz einer Mikrocontroller-Schaltung als Überspannungsschutz am 
Schaltnetzteileingang - statt Varistor - einsetzen? Würde enorm Platz 
sparen, da sie auf die Unterseite des PCB zwischen die Netzteil-Pins 
passt. Aber nimmt das kleine Teil genug Energie auf oder würde die u.U. 
beim ersten Spannungsimpuls eines Kühlschrankmotors in der Nähe zum 
Kurzschluss werden?

Peak Forward Surge Current, 8.3ms: 100A
Peak Pulse Power Dissipation: 600W
Maximum peak pulse current: 1,3A

Peak Surge-Current des Netzteils: 10A

: Verschoben durch Moderator
von Bürovorsteher (Gast)


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Sehr gewagt, wenn wir hier von 230 V Netzspannung reden.

von Guido (Gast)


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Ja, Netzspannung. Gewagt weil unterdimensioniert oder warum?

von Bürovorsteher (Gast)


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Warum verwendet alle Welt einen teueren Varistor, wenn das von dir 
avisierte Teil um die 4 ct kostet?
Ja, katastrophal unterdimensioniert.

von Guido (Gast)


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> Ja, katastrophal unterdimensioniert.

Welcher Wert ist unterdimensioniert, wie gross sollte er sein?

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Guido schrieb:
> zum Schutz einer Mikrocontroller-Schaltung als Überspannungsschutz am
> Schaltnetzteileingang
Primär oder Sekundär?
Eingang = 230V?
oder
Eingang = 5V-Versorgung deiner Schaltung?

Wenn das zweitere: lass das Ding weg.

: Bearbeitet durch Moderator
von H.Joachim S. (crazyhorse)


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Die (passenden) Varistoren (S10K250 z.B.)vertragen kurzzeitig 2500A, 
deine Diode gerade mal 100A.

von Michael B. (laberkopp)


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Guido schrieb:
> Kann man die P6SMB400CA (bidirektionale Suppressordiode,
> zum Schutz einer Mikrocontroller-Schaltung als Überspannungsschutz am
> Schaltnetzteileingang - statt Varistor - einsetzen?

Die TVS hält 600W für 1ms aus, also 0.6 Joule,
ein kleiner VDRS07H250 7mm VDR 8.3 Joule.

Kein Wunder, die TVS enthält ein Siliziumkristall von vielleicht 2 x 
2mm, der VDR ist ein Block aus Material, bloss lackiert.

von Chris F. (chfreund) Benutzerseite


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In dem Datenblatt, dass Du hier verlinkt hast sind doch alle Kennlinien 
die Du brauchst.

Bei 2,3kW hält es 20-30µs durch (Figure 1 Seite 3). Hier sollte man 
Gasableiter und MOV kombinieren und nicht eine TVS alleine, die hat 
nicht die geringste Chance und altert sehr schnell. Das ist kein Bauteil 
um dauerhaft Überspannung abzuleiten und auch keine Klemmschaltung die 
richtig was abkann.

Die TVS kannst Du als Zusatzschutz vor dem IC setzen und zwar so, dass 
die im normalen Betrieb nicht durchbricht.

von Guido (Gast)


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Dass Varistoren mehr vertragen, ist mir klar - deswegen frage ich ja. 
Das war eine quantitative Frage: Reicht es noch? Mein 
Überspannungsschutz soll die Schaltung nicht vor katatrophalen 
Ereignissen wie Blitzen schützen, sondern den Mikrocontroller vor 
Störungen/Abstürzen durch alltägliche kurze Überspannungen im Hausnetz, 
z.B. durch Kühlschränke. Dafür muss es reichen, d.h. die Diode darf von 
solchen Überspannungen nicht zerstört werden und zum Kurzschluss werden, 
sonst wäre ich ganz ohne Diode besser bedient. Wenn das Gerät dagegen 
bei einem Gewitter so schnell zerstört wird wie eines ganz ohne Schutz 
wäre mir das egal. Die TVS-Dioden regieren schneller, deshalb erscheinen 
sie mir - neben dem geringen Platzbedarf - interessant.

> Primär oder Sekundär?

Primär am Schaltnetzteil.

von Bürovorsteher (Gast)


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Mach es so, wie du es magst. Des Menschen Wille ist sein Himmelreich.

von Chris F. (chfreund) Benutzerseite


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Guido schrieb:
> Reicht es noch?

Nein

> Mein Überspannungsschutz soll die Schaltung nicht vor katatrophalen
> Ereignissen wie Blitzen schützen, sondern den Mikrocontroller vor
> Störungen/Abstürzen durch alltägliche kurze Überspannungen im Hausnetz

Und genau da ist der Denkfehler, Suppressordioden sind für Entladungen 
mit hohen Spannungen die ganz, ganz kurz auftreten gedacht und nicht für 
den alltäglichen Kampf zwischen Staubsauger und Kondensatornetzteil. Was 
Du willst ist ein fetter MOV.

von Georg (Gast)


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Chris F. schrieb:
> Was
> Du willst ist ein fetter MOV.

Eine fette Supressordiode funktioniert genausogut oder besser, hier 
kommt es ausnahmsweise einmal auf die Grösse an: die mögliche 
Energieaufnahme hängt direkt von der Masse ab. Wie schon Godzilla 
zeigte, Size matters. Ein winziges SMD-Bauteil kann einfach zu wenig 
Impulsenergie schlucken.

Georg

von Gerd E. (robberknight)


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Georg schrieb:
> Chris F. schrieb:
>> Was
>> Du willst ist ein fetter MOV.
>
> Eine fette Supressordiode funktioniert genausogut oder besser,

Hast Du da ein konkretes Bauteil-Beispiel was für Netzspannung und die 
dort zu erwartenden Überspannungen taugt?

Ich kenne da bisher immer nur Varistoren und Gasableiter für.

von Georg (Gast)


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Gerd E. schrieb:
> Hast Du da ein konkretes Bauteil-Beispiel was für Netzspannung und die
> dort zu erwartenden Überspannungen taugt?

Für Netzspannung setze ich das normalerweise nicht ein, aber 
Standardbauteile und weit verbreitet sind die 1.5KE-Typen:

http://www.st.com/resource/en/datasheet/1.5ke.pdf

Gasableiter ersetzen sie nicht, wenn man so weit gehen will, muss man 
mehrstufige Schutzmassnahmen verwenden. Gasableiter allein sind ja auch 
nicht ausreichend. Ist ein weites Feld...

Georg

von Hurra (Gast)


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Guido schrieb:
>> Ja, katastrophal unterdimensioniert.
>
> Welcher Wert ist unterdimensioniert, wie gross sollte er sein?

Das richtet sich nach der Norm, nach der du testen willst. Üblicherweise 
ist der VDR ein SChutz gegen den SURGE (EN 61000-4-5). Das sind 
Energiereiche Impulse, die einen indirekten Blitzschlag simulieren 
sollen. Der VDR klemmt die Spannung auf einen bestimmten Maximalwert, 
den deine Schaltung noch verkraften sollte.

Nehmen wir an, der Surge hat 8/20µs, was durchaus üblich ist. Der 
Generator hat (wenn ich mich richtig erinnere) 18Ohm Innenwiderstand.

Dann haben wir 1kV Pegel, und 500V and der Diode:
Heißt: I=U/R = (1000V - 500V)/18Ohm = 28A (oder 14kW)
Die Diode verkraftet 1,1A (oder lt. Datenblatt 0,6kW)
Was ein sehr zahmer Surge wäre. Selbst das wid die Diode vernichtend 
schlagen :-)

Drum wird das wohl nichts. Drum sind an Netzeingängen immer die dicken 
Tabletten drin.

PS:
Nirgends steht geschrieben, dass es ein VDR sein muss.
Es gibt durchaus auch Dioden in dieser Kategorie, und auch Gasableiter. 
Siehe auch:
http://www.littelfuse.com/products/tvs-diodes.aspx
http://www.littelfuse.com/products/gas-discharge-tubes.aspx
Speziell Gasableiter gibts klein für hohe Ströme.

von Mark S. (voltwide)


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Wenn Du mal die Arbeitskennlinie eines Gasableiters betrachten würdest, 
wüßstest Du auch, warum diese in 230V-Anschlüssen nicht zu finden sind.

von Hurra (Gast)


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Mark S. schrieb:
> Wenn Du mal die Arbeitskennlinie eines Gasableiters betrachten
> würdest,
> wüßstest Du auch, warum diese in 230V-Anschlüssen nicht zu finden sind.

Gesehen habe ich sie zwar auch noch nicht, der Hersteller gibt aber an, 
sie wären für diese Anwendung geeignet. Zitat:

"GDT is the practical device
for the protection of telephone circuits, AC power lines,
modems, power supplies, CATV and almost any application
where protection from large and/or unpredictable transients
is desired."

Quelle:
http://www.littelfuse.com/~/media/electronics/product_catalogs/littelfuse_gdt_catalog.pdf.pdf
Auf S4.

Die Kennlinie (ähnlich wie ein Thyristor) ist halt so, dass sie mehr 
oder weniger einen Nulldurchgang brauchen, um zu löschen. Bei DC kann 
das unerwünscht sein (kommt aber auch drauf an), Aber warum verhindert 
das den Einsatz bei AC?

Ich behaupte nicht, mich da gut auszukennen (ich habe bisher immer VDR 
oder Dioden verwendet), daher ist die Frage ernstgemeint.

von Mark S. (voltwide)


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Möglicherweise liege ich auch falsch, und die Teile löschen tatsächlich 
im AC-Nulldurchgang. Bislang bin ich davon ausgegangen, dass ein einmal 
gezündeter Gasableiter innerhalb einer Halbwelle die nächste Sicherung 
heraushaut.
Bei Telekommunikationsleitungen besteht dieses Problem nicht, dort 
findet man diese Teile auch .

: Bearbeitet durch User
von fhh (Gast)


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Mark S. schrieb:
> Wenn Du mal die Arbeitskennlinie eines Gasableiters betrachten würdest,
> wüßstest Du auch, warum diese in 230V-Anschlüssen nicht zu finden sind.

Warum ist das so?

von fhh (Gast)


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Guido schrieb:
> Kann man die P6SMB400CA (bidirektionale Suppressordiode,
> http://docs-europe.electrocomponents.com/webdocs/10f4/0900766b810f4f06.pdf)
> zum Schutz einer Mikrocontroller-Schaltung als Überspannungsschutz am
> Schaltnetzteileingang - statt Varistor - einsetzen?

Ich gehe davon aus, dass diese Diode dann auch eine passende Freigabe
für den Betrieb am Netz benötigt?

von Hurra (Gast)


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Mark S. schrieb:
> Möglicherweise liege ich auch falsch, und die Teile löschen
> tatsächlich
> im AC-Nulldurchgang. Bislang bin ich davon ausgegangen, dass ein einmal
> gezündeter Gasableiter innerhalb einer Halbwelle die nächste Sicherung
> heraushaut.

Du kannst recht haben, dass einige der Gasableiter tatsächlich zu 
langsam sind, um beim Nulldurchgang zu löschen. Da steht ja was von ms. 
Daher wird "geeignet für AC-Powerline" vermutlich nicht für alle Typen 
zutreffen. Möglicherweise sind auch weitere Maßnahmen nötig wir 
irgenwelche Strombegrenzenden Bauteile in Serie oder so.

Das muss man das also durchaus betrachten. Naja, das ist halt wie immer 
: Wer
Datenblätter genau liest, gewint :-)

von Michael B. (laberkopp)


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Mark S. schrieb:
> Wenn Du mal die Arbeitskennlinie eines Gasableiters betrachten würdest,
> wüßstest Du auch, warum diese in 230V-Anschlüssen nicht zu finden sind.

Hmm, meine Überspannungsschutz-Steckdose hat welche drin.
1
  N --TempSich98--+--VDR140--+
2
                  |          |
3
         GlimmKontrolle      +--GASableiter600V-- PE
4
                  |          |
5
  L --TempSich98--+--VDR140--+


Aber richtig, in Geräten will man die wegen der Kennlinie eher nicht.

von Mark S. (voltwide)


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Auch wenn es schon 2 Monate her ist -
In der gezeigten Schaltung liegt der Gasableiter nicht parallell zu L 
und N wie die surge- begrenzenden Varistoren, sondern hinter 
Thermosicherungen und Varistoren auf dem Weg zum Schutzleiter.
Das ist eine ganz andere Baustelle.

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