Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Bewerbung bei Fraunhofer als berufserfahrener Wissenschaftler


von coolscientist (Gast)


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Hallo zusammen,

habe hier im Forum schon einiges Interessantes zu Fraunhofer gefunden, 
aber leider noch nichts, was meine Frage beantwortet hätte, deswegen 
dieser Thread.

Zu mir: Bin Dipl.-Phys., knapp über 40, habe auf einem anwendungsnahen 
Gebiet promoviert, dann erst noch ca. 4 Jahre an der Uni, und dann 6 
Jahre in einem mittelständischen Industrieunternehmen gearbeitet.

Jetzt habe ich eine ausgeschriebene Stelle für einen Wissenschaftler bei 
Fraunhofer entdeckt, die vom Profil her gut passen würde.

Die Stelle ist allerdings, wie die allermeisten Fraunhofer-Stellen, 
zunächst auf 2 Jahre befristet; und mir ist auch bekannt, dass 
Fraunhofer gerne als "Durchlauferhitzer" für Promovierende gesehen wird.

Jetzt frage ich Euch, die sich mit Fraunhofer auskennen: Ist eine 
Bewerbung auf eine solche Stelle für mich als berufserfahrenen 
Wissenschaftler denn überhaupt sinnvoll? Wenn ja, wie kommuniziere ich 
meine Absicht, dauerhaft bei Fraunhofer arbeiten zu wollen, am besten in 
den Gesprächen?

(Habe auch Schwerbehinderung, weswegen ich mir gewisse Chancen 
ausrechne, eingeladen zu werden)

Vielen Dank für Eure Hilfe und Grüße
coolscientist

von lalali (Gast)


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coolscientist schrieb:
> Ist eine
> Bewerbung auf eine solche Stelle für mich als berufserfahrenen
> Wissenschaftler denn überhaupt sinnvoll? W

Nein. Was sinnvoll wäre, wäre sich auf eine der wenigen festen Stellen 
zu bewerben. Wenn Du entsprechende Führungserfahrung hast kann das "gut" 
klappen.

von Fraunhofer Bewerber (Gast)


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Achte auch auf das Gehalt... so toll ist das da nicht.

von dh (Gast)


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ja das mit den befristeten Verträgen ist halt so. Heißt aber nicht, dass 
wenn der ausläuft du keinen neuen bekommst. Viele sind auch seit 
Jahrzehnten dabei mit immer neuen 2 Jahresverträgen. Musst dir halt 
überlegen ob du darauf Lust hast und was ist wenn du mit 50 auf einmal 
keine Verlängerung mehr bekommst. Das hängt, wenn dich der 
Abteilungsleiter halten will, dann davon ab ob genügend Projekte mit 
genügend Budget vorhanden ist. Wenn dein Vertrag zu einem ungünstigen 
Zeitpunkt ausläuft kannst du evtl. so gut und beliebt sein wie du 
willst. Gehalt ist halt auch nicht so, dafür angenehmes Arbeiten und 
interessante Aufgaben.

(je nach Institut und Abteilung gibt es wohl Variationen)
Falls initiative Bewerbung würde ich empfehlen dich auch kurz mit dem 
Abteilungs-/Forschungsleiter auf nicht nervige Art in Verbindung zu 
setzten.

von coolscientist (Gast)


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lalali schrieb:
> coolscientist schrieb:
>> Ist eine
>> Bewerbung auf eine solche Stelle für mich als berufserfahrenen
>> Wissenschaftler denn überhaupt sinnvoll?
>
> Nein. Was sinnvoll wäre, wäre sich auf eine der wenigen festen Stellen
> zu bewerben. Wenn Du entsprechende Führungserfahrung hast kann das "gut"
> klappen.

Über eine Begründung Deiner Antwort wäre ich sehr dankbar.

Ich habe dort eben in der Bewerberdatenbank nochmals nachgeschaut: 
Unbefristete Stellen gibt es so gut wie keine. Zumal ich nur regional 
suche und fachlich klare Vorstellungen habe. Ich habe zwar etwas 
Führungserfahrung, sehe mich aber als Spezialisten an. Dass hier in der 
Umgebung mal eine passende (wenn auch befristete) Fraunhofer-Stelle 
ausgeschrieben ist, kommt also für sich schon mal ziemlich selten vor.

Das öD-typisch relativ niedrige Gehalt macht mir dabei weniger Sorgen 
(auch weil ich bei meinem derzeitigen Arbeitgeber auch nicht gerade 
üppig verdiene), als dass ich dann von einer befristeten Stelle auf die 
nächste hüpfen müsste. Die Dame aus der Personalabteilung, die ich eben 
angerufen habe, meinte jedoch, dass eine Verlängerung bis jetzt immer 
geklappt hätte. Sie schien generell recht freundlich und offen (was aber 
vermutlich auch zu ihrem Job gehört; man möchte ja keinen Bewerber, den 
man noch nicht kennt, von vornerein verschrecken)

Die Frage ist halt auch, ob Einsteiger aus dem etablierten, 
berufserfahrenen Bewerberkreis dort üblich sind bzw. ob es für diese 
dort eine Zukunft gibt (auch dann, wenn sie weiter fachlich arbeiten und 
nicht etwa Abteilungsleiter o.ä. werden möchten)

von dh (Gast)


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http://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/tvoed/bund?id=tvoed-bund-2017i

hier kannste dir dein Gehalt errechenen lassen.

Als normaler Angestellter (wissenschaftlicher mitarbeitet also Master 
FH/Uni oder Dipl Uni) bekommst du E13. Nach einem Jahr in Stufe 2, nach 
zwei Jahren in Stufe 1 auf Stufe 2 usw).

Erkennbar ist das das Einstiegsgehalt für Frischlinge noch akzeptabel 
ist aber die Steigerungen klein sind.

Die haben vorgaben wie viel wenige Prozent fest Angestellt sein sollen 
mit dem Ziel das gehende zu Firmen neue Aufträge für Fraunhofer bringen.

(Das ist das was ich soweit raus finden konnte, was aber wie gesagt 
bestimmt auch vom Institut abhängt)

von genervt (Gast)


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coolscientist schrieb:
> Wenn ja, wie kommuniziere ich meine Absicht, dauerhaft bei Fraunhofer
> arbeiten zu wollen, am besten in den Gesprächen?

Du kannst das offen kommunizieren, aber was du nicht schriftlich hast, 
kannst du vergessen.

Was treibt dich zum Fraunhofer?

von coolscientist (Gast)


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genervt schrieb:
> Was treibt dich zum Fraunhofer?

In meiner bisherigen Berufslaufbahn hat sich gezeigt, dass mir die 
Arbeit im Grenzbereich zwischen Wirtschaft und Wissenschaft am meisten 
Freude bereitet. Da, denke ich, ist Fraunhofer ideal.

von genervt (Gast)


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Ohne Not würde ich nicht in Befristung gehen.

Such dir besser was ohne, evtl. findest du auch was forschungslastiges 
bei einem Konzern.

von Christian R. (supachris)


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Die neue Befristungsvorschrift bei Fraunhofer verhindert zuverlässig das 
ständige Verlängern​, indem die (auch guten) Leute entlassen werden 
müssen, wenn die entsprechenden Jahre rum sind. Regulär müsste dann 
entfristet werden, aber da müssen wir die Auslastung für 3 Jahre im 
Voraus zu min. 50% oder so darstellen. Und da das mit dem Projektmix 
kaum möglich ist, wirds schwierig. Außerdem gibts immer nur ein gewisses 
Kontingent an unbefristeten Stellen.
Bewerben kannst dich, aber auf eine Entfristung würde ich nicht hoffen. 
Ich hab die dann mit dem Gruppenleiter bekommen, da gehts automatisch.
Achja, deine bisherigen Jahre kannst du dir im Normalfall für die 
Eingruppierung anrechnen lassen. Wenn es fachlich passt natürlich.

von coolscientist (Gast)


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Christian R. schrieb:
> Die neue Befristungsvorschrift bei Fraunhofer verhindert
> zuverlässig das
> ständige Verlängern​, indem die (auch guten) Leute entlassen werden
> müssen, wenn die entsprechenden Jahre rum sind. Regulär müsste dann
> entfristet werden, aber da müssen wir die Auslastung für 3 Jahre im
> Voraus zu min. 50% oder so darstellen. Und da das mit dem Projektmix
> kaum möglich ist, wirds schwierig. Außerdem gibts immer nur ein gewisses
> Kontingent an unbefristeten Stellen.

Danke für die gute Information!

Was ich mich beim Vorgehen von Fraunhofer immer frage: Eigentlich 
sollten die ja scharf sein auf Leute, die nicht nur Uni- sondern auch 
Industrieerfahrung haben (die also beide Seiten kennen). Dass es aber 
nur befristete Stellen gibt, verhindert in aller Regel, dass solche 
Leute sich bei Fraunhofer bewerben.

Wie gelingt es Fraunhofer dann, richtig gute Leute aus der Industrie zu 
sich zu holen, oder besteht da schlicht kein Bedarf?


> Bewerben kannst dich, aber auf eine Entfristung würde ich nicht hoffen.
> Ich hab die dann mit dem Gruppenleiter bekommen, da gehts automatisch.

Ich schau mal. Die Bewerbung ist dann ja auch noch mit einem 
"Auswahltag" verknüpft, an dem ich wohl mit den ganzen 15-Jahre-jüngeren 
Master-Absolventen zusammengeschmissen werde. Klingt erst mal wenig 
prickelnd; aber vielleicht sieht man dann ja auch, dass ich nicht der 
einzige alte Haudegen bin? ;-)


> Achja, deine bisherigen Jahre kannst du dir im Normalfall für die
> Eingruppierung anrechnen lassen. Wenn es fachlich passt natürlich.

Meine bisherigen Jahre im öD (Uni), oder meine bisherigen Jahre 
insgesamt?

von fhg-ing (Gast)


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Hallo coolscientist, ich arbeite bei einem der Fraunhofer Institute.
Eine generelle Aussage zu treffen ist leider schwierig, da jedes 
Institut so ein wenig seine eigene Einstellungspolitik fährt.

coolscientist schrieb:
> Jetzt frage ich Euch, die sich mit Fraunhofer auskennen: Ist eine
> Bewerbung auf eine solche Stelle für mich als berufserfahrenen
> Wissenschaftler denn überhaupt sinnvoll?
Ja! Grundsätzlich solltest du es probieren. Der größte Teil der Postdocs 
hier hat zwar schon am Institut angefangen und wurde dort promoviert, es 
gibt aber auch Leute, die von extern erst später hinzugekommen sind.
Wie gesagt mag das aber je nach Institut unterschiedlich aussehen.

> Wenn ja, wie kommuniziere ich
> meine Absicht, dauerhaft bei Fraunhofer arbeiten zu wollen, am besten in
> den Gesprächen?

Einfach, indem du es sagst ;-) Du bist ja schon durch die 
Promotionsphase durch. Daher gilt das "Durchlauferhitzer" Prinzip für 
dich nur noch bedingt.
Es gibt grundsätzlich festangestellte Leute. Promotion ist aber dafür 
keine zwingende Voraussetzung. Üblicherweise werden aber Leute erst fest 
angestellt, wenn sie ein paar Jahre da sind. Üblich ist zum Beispiel: 
Befristung 2-3 Jahre, nochmal Befristet 2-3 Jahre und dann 
Festanstellung.
Aber wie gesagt: Das musst du dann selbst aushandeln, wie sowas aussehen 
kann. In schlechtesten Fall sind gerade keine Stellen für Festanstellung 
frei, da gibt wohl schon irgendein internes Limit.

Zum Gehalt: Mit Promotion kannst du irgendwo zwischen E13 und E15 
landen. Das hängt mehr von deinen zukünftigen Aufgaben ab als von deiner 
Qualifikation. Ich kenn leute mit PhD die auf E13 angestellt sind, 
andere wiederum sind E14 (ggf. auch ohne PhD?), die haben dann aber auch 
mehr Verantwortung (Projektleitung, Gruppenleitung, etc.)

Kurz gesagt: Bewirb dich einfach und schau dir den Laden an :-)
Ehrlich gesagt fehlen oftmals die erfahrenen Leute, daher finde ichs 
gut, wenns da ein paar mehr davon gäbe!

von Christian R. (supachris)


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coolscientist schrieb:
> Was ich mich beim Vorgehen von Fraunhofer immer frage: Eigentlich
> sollten die ja scharf sein auf Leute, die nicht nur Uni- sondern auch
> Industrieerfahrung haben (die also beide Seiten kennen). Dass es aber
> nur befristete Stellen gibt, verhindert in aller Regel, dass solche
> Leute sich bei Fraunhofer bewerben.
> Wie gelingt es Fraunhofer dann, richtig gute Leute aus der Industrie zu
> sich zu holen, oder besteht da schlicht kein Bedarf?

Doch, Bedarf bestünde, aber aus der Wirtschaft wechselt schon wegen der 
Bezahlung kaum einer freiwillig, es sei denn er kommt aus einer kleinen 
Klitsche im Osten. Hier im Osten kann der ÖD mit KMUs durchaus mithalten 
was die Bezahlung angeht. Im Westen und im Vergleich zum IGM 
Schlaraffenland ist es natürlich ein Witz.
Wir kriegen solche Leute dann halt einfach nicht, mit viel Glück und 
echtem Bedarf an z.B. einem Abteilungsleiter kann man mit AT oder 
Eingruppierung in die 15 plus Zulage was machen aber da muss schon große 
Not sein.
Unser Institut ist ziemlich Engineering lastig, wir holen die Leute dann 
meist direkt im Praktikum oder Diplomsemester schon an der FH ab und 
versuchen sie zu halten.
Wenn sie dich unbedingt wollen und du gut verhandeln kannst, ist sicher 
auch eine Zulage drin, aber wird schwierig.
Man muss aber auch für den immer mehr ausufernden bürokratischen 
Schwachsinn gemacht sein, sonst wird man verrückt. Ist immerhin 
öffentliches Geld, alleine Beschaffungen​ sind interessante Aufgaben, 
die einen lange fessen können ;)
Bewirb dich mal und schau was passiert. Wenn du der einzige mit 
Schwerbehinderung bist, müssen sie dich nehmen. Nur eine 
schwerbehinderte Frau müsste dann noch vorgelassen werden.
Die meisten Stellen sind aber eh für interne ausgeschrieben und 
zugeschnitten. Mit einem schwerbehindertem externen Bewerber kommt man 
dann ganz schön ins Schwitzen...

von coolscientist (Gast)


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Christian R. schrieb:
> Doch, Bedarf bestünde, aber aus der Wirtschaft wechselt schon wegen der
> Bezahlung kaum einer freiwillig, es sei denn er kommt aus einer kleinen
> Klitsche im Osten. Hier im Osten kann der ÖD mit KMUs durchaus mithalten
> was die Bezahlung angeht. Im Westen und im Vergleich zum IGM
> Schlaraffenland ist es natürlich ein Witz.

Wie oben schon geschrieben. Meine Bezahlung aktuell ist nicht so der 
Hit, so dass ich nicht tief fallen würde. Mir ist auch eine interessante 
Beschäftigung sehr wichtig, sowie etwas Kontinuität (nicht das Hü und 
Hott eines börsennotierten US-Unternehmens).

> Bewirb dich mal und schau was passiert. Wenn du der einzige mit
> Schwerbehinderung bist, müssen sie dich nehmen.

Habe die Bewerbung erst mal 2, 3 Wochen nach hinten geschoben (ich wohne 
in der Nähe von 2 für mich passenden Fraunhofer-Instituten, da kommt 
alle paar Monate was interessantes herein, wenn halt leider auch immer 
befristet...) Jetzt geht's erst mal in den Urlaub, werde diesen auch 
nutzen, um meine Karriereplanung zu überdenken :-) Danke allen, die mir 
hier teils sehr fachkundig geholfen haben. Ihr seid top!

von Qwertz (Gast)


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coolscientist schrieb:
> Danke allen, die mir
> hier teils sehr fachkundig geholfen haben. Ihr seid top!

Ja, das Forum ist bekannt für seinen freundlichen Umgangston und vielen 
hilfreichen Tipps zu Beruf und Karriere! Ich halte mich hier auch gerne 
auf, lauter nette Leute und immer eine positive Grundstimmung, die einem 
Mut macht.

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