Forum: Haus & Smart Home Verdrahtungsbrücke im Schaltkasten abgefackelt und abgebrochen


von Artur K. (Gast)


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Hallo,

an Ostern wurde ich von einem Nachbarn gerufen, dem der Sicherungskasten 
im Haus anfing zu "dampfen".

Es ist ein 60er Jahre Haus, mit ebenso alter Elektrik darin. 
Sicherungskasten besteht aus 3x 25A Sicherungen (Drehstrom - hab 
nachgemessen), die dann auf ca. 10x 20A Sicherungen verteilt werden.

Immer das gleiche, unten geht der Strom in die Sicherung rein und oben 
wieder raus. Die Leitungen, die da bei ihm in die Wände gehen und diese 
20A halten sollen, haben vielleicht optisch gemessen 1,5 mm². Der 
Sicherungskasten ist mit Drahtbrücken von 6 mm² verkabelt (immerhin) - 
trotzdem sind die meisten vermutlich so alt wie das Haus und die 
Isolierung dieser Verdrahtungsbrücken ist am bröckeln. Anfassen würde 
ich die unter Spannung nicht durch diese Isolierung.

Nun denn, nach dem Aufschrauben der Verblendung, sah ich die ganz rechte 
20A Sicherung, unten geht der 6mm² Kupfergeflechtdraht mit Gabeln an 
seinen Enden (auch genannt: Drahtbrücke) in die Sicherung rein, oben 
geht die 1,5 mm² Leitung raus - weiter in die Wand. Die Leitungen unter 
dem Putz müssen bei ihm förmlich glühen.

Die besagte rechte Sicherung sah unten arg abgefackelt aus, so dass sich 
ein Plastikpropfen vor der Schraube gebildet hat. Als ich unter Spannung 
mit dem Schraubenzieher gegen die Verdrahtungsbrücke klopfte, gab es aus 
dem unteren Sicherungsschraubanschluss Funken. Offensichtlich war die 
Verdrahtungsbrücke drin locker. Also Strom aus, Sicherung raus, 
Verdrahtungsbrücke raus.

Beim Entfernen der Verdrahtungsbrücke ist die Gabel in der Sicherung 
stecken geblieben. Ich habe nicht daran gezogen. Das Gewicht der 
Drahtbrücke, die an der Sicherung hing, reichte aus, dass das 6 mm² 
Kupfergeflecht brach. Die verkohlte Drahtbrücke fiel runter, die 
abgebrochene Gabel blieb in der Sicherung stecken.

Ich tauschte ihm die Sicherung gegen eine passende gleiche aus, 
erneuerte die paar desolaten Verdrahtungsbrücken und er war glücklich, 
dass er Ostern nicht ohne Strom in der Küche und Wohnzimmer verbringen 
musste.

Welcher Idiot verschaltet die Küche + Wohnzimmer auf die gleiche eine 
Sicherung. Dafür aber hat das Klo auch eine eigene Sicherung.

Was mich aber interessiert ist, wie kann das bitte passieren, dass eine 
fette 6 mm² Verdrahtungsbrücke so brüchig werden kann, dass die am Ende 
montierte Gabel, einfach abfällt, wie ein verkohlter Ast vom Baum (so in 
etwa kam mir das nämlich vor)?

Auch wenn da von mir aus die 20 A dauerhaft 24/7 laufen sollten, dürfte 
das der 6 mm² Brücke nichts machen. Da sehe ich eher ein Problem bei den 
1,5 mm² Leitungen, die in seinen Wänden sind.

Was kann mit seinen 1,5 mm² Leitungen in den Wänden passieren, wenn er 
dauerhaft darüber 20A zieht? Ich meine, ausser dass die Isolierung 
irgendwann sicher brüchig wird (ggf. sogar abbrennt) und vermutlich 
bereits ist - so dass nur noch der Putz isoliert. Kann der Kupferdraht 
dieser 1,5 mm² Leitung irgendwie durch die 20A Dauerlast theoretisch 
dazu führen, dass der Draht bricht oder aufhört zu leiten? Was kann dem 
Draht (nicht der Isolierung) selbst dabei tatsächlich passieren?

Würde ihn nämlich ggf. aufklären wollen, dass das was er da so hat, 
nicht so super ist.

Gruss
Artur

von Horst (Gast)


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Artur K. schrieb:
> Was mich aber interessiert ist, wie kann das bitte passieren, dass eine
> fette 6 mm² Verdrahtungsbrücke so brüchig werden kann, dass die am Ende
> montierte Gabel, einfach abfällt, wie ein verkohlter Ast vom Baum (so in
> etwa kam mir das nämlich vor)?

Schraube locker. Der häufigste Fehler bei Bränden und Verteilungen.
Der Anpressdruck reicht nicht mehr für einen richtigen Kontakt und an 
der Übergangsstelle entsteht durch den Übergangswiderstand Wärme. Durch 
die Wärme wird der Kontakt schlechter und es entsteht noch mehr wärme 
und so weiter.


Artur K. schrieb:
> Was kann mit seinen 1,5 mm² Leitungen in den Wänden passieren, wenn er
> dauerhaft darüber 20A zieht?

Sie werden Warm. Wie warm und was die Folgen sind, kommt aus die 
Verlegeart an. Unter-Putz (B2) können die Leitungen mehr Wärme abführen 
als in einer isolierten Leichtbauwand (A2).
Die aktuellen Normen sind so ausgelegt, daß die Leitungen nicht wärmer 
als 70° werden sollen. Das Kupfer fühlt sich deiben noch wohl, nur die 
Isolierung fängt langsam an, sich zu zersetzen und wird hart und spröde. 
Fest in der Wand nicht so ein Problem aber lose mit anderen Leitungen im 
Kanal kann das schnell zum Hitzestau und zu Isolationsfehler führen.


Artur K. schrieb:
> Würde ihn nämlich ggf. aufklären wollen, dass das was er da so hat,
> nicht so super ist.

Ich würde hier die größere Gefahr in den alten Verteilungen sehen, wie 
auch Dein Beispiel zeigt.  Allerdings sollte da jemand ran, der mehr 
Erfahrung hat als Du. Sobald an der Verteilung irgendetwas geändert 
wird, fällt der Bestandsschutz und die gesammte Installation muß nach 
aktuellen Richtlinien hergerichtet werden.

von Horst (Gast)


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Horst schrieb:
> Unter-Putz (B2)

Unsinn, Unterputz ist natürlich C, B ist im Rohr/Kanal.

Und bei durchgängiger Verlegung im/unter Putz können 20A durchaus 
zulässig sein. (2 belastete Adern, keine Häufung, 25° 
Umgebungstemperatur,... also normaler Haushalt)

von Alex W. (a20q90)


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Viel Text,

aber für die Beschreibung der Verdrahtung hätte auch ein Foto gereicht!

von Toni Tester (Gast)


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Artur K. schrieb:
> Welcher Idiot

Kaum zu glauben, aber wahr: Vor 50 (!) Jahren war der Stand der Technik 
ein vollkommen anderer als heute - das von Dir Beschriebene ist nach 
meiner Erfahrung vollkommen normal (eher schon fast eine 
Luxusausstattung).
Die Anlage hat ihre Lebensdauer mehr als erreich (s. z. B. 
http://www.sachverstaendigenbuero-reis.de/wp-content/uploads/2012/05/Lebensdauer-einiger-Bauteile.pdf) 
- eine vollständige Erneuerung ist dringend anzuraten.
Ja, das macht Schmutz und Lärm - aber das ist natürlich auch dem werten 
Herrn Nachbarn anzulasten. Denn wie jedes andere Bauteil auch altert 
eine Elektroinstallation, und die Tatsache, dass die meisten Menschen 
darüber nicht nachdenken, denn im Gegensatz zu z. B. Fenstern oder der 
Heizung ist diese wohl "einfach da", ändert nichts daran, dass auch hier 
regelmäßige Wartung und Erneuerung auf Grund von Alterung und Verschleiß 
erforderlich ist.
Statt also hier den-/diejenigen zu beleidigen ("Idiot"), der diese 
Anlage vor fast zwei Generationen nach offenbar bestem Wissen und 
Gewissen und dem damaligen Stand der Technik installierte, solltest Du 
lieber Deinem werten Herrn Nachbarn die o. a. Tabelle um die Ohren hauen 
- vielleicht sensibilisiert ihn das dann für die Tatsache, dass so eine 
Immobilie eben auch Wartung erfordert (und das nicht mit einer neuen 
Tapete oder neuen Möbeln alle Naselang getan ist).
Persönlich würde ich an Deiner Stelle die Finger von einer derart 
überalterten Anlage lassen - wenn dann doch noch was passiert und Du 
zuvor daran herumgefummelt hast, bist Du noch der Dumme.

=> Nachbar soll den Elektriker rufen und alles nach dem aktuellen Stand 
der Technik erneuern lassen. Alles andere ist sinnlos.
Bei den bestehenden Leitungen sind die Weichmacher komplett raus, deren 
Isolierung demzufolge brüchig ohne Ende; die grenzwertige 
Dimensionierung (damals Stand der Technik) hast Du selbst schon 
festgestellt, die Leitungsfarben passen schon lange nicht mehr, und die 
klassische Nullung rauszuschmeißen und einen FI (seit den 70ern schon 
recht weit verbreitet in höherwertigen Immobilien, seit 33 Jahren 
Vorschrift für Bäder, seit 8 Jahren Vorschrift für alle laienbedienbaren 
Steckdosen) zu setzen wäre so langsam auch mal überfällig.
Ja, das ist scheiße, weil schmutzig, dreckig, staubig, laut etc. - Aber 
ist wie gesagt der Nachbar auch dran schuld - hätte ja durchaus auch in 
den letzten Jahrzehnten schon auch sukzessive raumweise Leerrohre mit 
einbringen können, wenn er einen Raum neu tapezierte o. ä.

von Walter S. (avatar)


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Toni Tester schrieb:
> Die Anlage hat ihre Lebensdauer mehr als erreich (s. z. B.
> 
http://www.sachverstaendigenbuero-reis.de/wp-content/uploads/2012/05/Lebensdauer-einiger-Bauteile.pdf)
> - eine vollständige Erneuerung ist dringend anzuraten.

nach der Tabelle ist es wirtschaftlicher ein Haus nach 30 Jahren 
abzureißen und komplett neu zu bauen

von Rufus Τ. F. (rufus) Benutzerseite


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Horst schrieb:
> Und bei durchgängiger Verlegung im/unter Putz können 20A durchaus
> zulässig sein.

Aber nicht, wenn sie zu einer Steckdose führen. Die darf nur mit 16A 
abgesichert werden, und das ist nichts neues.

Die überdimensionierten 20A-Sicherungen sollten durch 16A-Sicherungen 
ersetzt werden, außer an den Stellen, an denen sie fest installierte 
Verbraucher ohne Steckdose speisen (E-Herd, 
Wasserbereiter/Durchlauferhitzer, Heizanlagen).

von Harald W. (wilhelms)


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Toni Tester schrieb:

> Statt also hier den-/diejenigen zu beleidigen ("Idiot"), der diese
> Anlage vor fast zwei Generationen nach offenbar bestem Wissen und
> Gewissen und dem damaligen Stand der Technik installierte,

Nun, der beschriebene Fehler spricht dafür, das die Schraube
von Anfang an nicht richtg angezogen war.

von Artur K. (Gast)


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Horst schrieb:
> Ich würde hier die größere Gefahr in den alten Verteilungen sehen, wie
> auch Dein Beispiel zeigt.  Allerdings sollte da jemand ran, der mehr
> Erfahrung hat als Du. Sobald an der Verteilung irgendetwas geändert
> wird, fällt der Bestandsschutz und die gesammte Installation muß nach
> aktuellen Richtlinien hergerichtet werden.

Das weiß ich, darum habe ich darauf geachtet nichts zu ändern, sondern 
nur kaputtes durch neues zu ersetzen.

Das ist noch eine Installation, wo eine klassische Nullung gemacht wird. 
Keine Erdung. Nur Phasen und Masse im Schaltkasten.

Dass da keine FI-Schalter existieren, brauche ich wohl nicht extra zu 
sagen. :-(

Alex W. schrieb:
> aber für die Beschreibung der Verdrahtung hätte auch ein Foto gereicht!

Ja, wenn ich ein Smartphone hätte. Die Nikon extra dafür auszugraben, 
war mir zu viel. Aber ich verstehe was Du meinst. Im Sommer kommen die 
neuen Nokias raus mit dem unverbastelten Android drauf - soll auch 
regelmäßig Updates geben, was bei anderen Herstellern selten 
stattfindet. Vielleicht tue ich mir dann so ein Ding an.

Toni Tester schrieb:
> Ja, das macht Schmutz und Lärm - aber das ist natürlich auch dem werten
> Herrn Nachbarn anzulasten.

Das Haus ist nicht viel Wert. Ich denke, wenn man dort alles auf den 
heutigen Stand (FI-Schalter, Echter Schutzleiter statt klassische 
Nullung) umstellen wollte, müsste man das komplette Haus entkernen und 
neu verlegen. Bei der Gelegenheit dann gleich die Heizungsrohre und 
Wasserleitungen mit erneuern. Glaube, Abriss und Neubau wäre in seinem 
Fall günstiger. Er kann das unmöglich finanziell leisten.

Toni Tester schrieb:
> Nachbar soll den Elektriker rufen und alles nach dem aktuellen Stand
> der Technik erneuern lassen. Alles andere ist sinnlos.

Ich sehe das auch so. Werde es ihm Ausrichten, auch wenn ich denke, dass 
es aus obigen Gründen nicht gemacht wird.

"Idiot" - war nicht als Beleidigung gemeint, sondern als rhetorische 
Redewendung. Ich ging nicht davon aus, dass jemals 1,5 mm² bei 20A 
zulässig waren - dafür bin ich wohl zu jung.

Walter S. schrieb:
> nach der Tabelle ist es wirtschaftlicher ein Haus nach 30 Jahren
> abzureißen und komplett neu zu bauen

Das habe ich gemeint, als ich es oben schrieb. Danke dass Du den Link 
eingefügt hast.

Rufus Τ. F. schrieb:
> Aber nicht, wenn sie zu einer Steckdose führen. Die darf nur mit 16A
> abgesichert werden, und das ist nichts neues.

Selbstverständlich kannst Du bei ihm an jeder Steckdose 20 A ziehen. Da 
schweigt die zuständige Sicherung noch lange.

Beitrag #4982767 wurde von einem Moderator gelöscht.
Beitrag #4982850 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Alex W. (a20q90)


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Artur K. schrieb:
> Was mich aber interessiert ist, wie kann das bitte passieren, dass eine
> fette 6 mm² Verdrahtungsbrücke so brüchig werden kann, dass die am Ende
> montierte Gabel, einfach abfällt, wie ein verkohlter Ast vom Baum (so in
> etwa kam mir das nämlich vor)?

Foto?

von Horst (Gast)


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Artur K. schrieb:
> Das ist noch eine Installation, wo eine klassische Nullung gemacht wird.
> Keine Erdung. Nur Phasen und Masse im Schaltkasten.

Ich hoffe jetzt mal, daß es schon Sicherungsautomaten sind. Bei 
Schraubsicherungen hättest Du nach so einem Schaden auf jeden Fall den 
Sockel mit tauschen müssen.

von Artur K. (Gast)


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Horst schrieb:
> Ich hoffe jetzt mal, daß es schon Sicherungsautomaten sind. Bei
> Schraubsicherungen hättest Du nach so einem Schaden auf jeden Fall den
> Sockel mit tauschen müssen.

Ja, Automaten.

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