Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Ersatzkapazität Koaxialkabel


von Chris (Gast)


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Hallo, kann mir einer sagen ob ich das ~1m lange Koaxkabel gegen einen 
Kondensator ersetzen kann?
Das Kabel dient als Energiespeicher für einen Avalanche Generator [ 
Linear Technology AN97 ] und müsste sich doch einfach gegen eine 
passende Kapazität austauschen lassen oder?

Leider finde ich keine weiteren Angaben als die im Bild mit was für 
einem Wert würde man an die Sache rangegen 30pF; 50pF; 80pF ???

Vielen Dank für die Hilfe

: Verschoben durch User
von Chris (Gast)


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Sorry ich meine Linear Technology AN94

von Possetitjel (Gast)


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Chris schrieb:

> Hallo, kann mir einer sagen ob ich das ~1m lange Koaxkabel
> gegen einen Kondensator ersetzen kann?

Gegenfrage: Wie lange braucht eine Welle, um 1m weit auf
dem Kabel zu laufen?

> Das Kabel dient als Energiespeicher für einen Avalanche
> Generator

Wie lang sind die Pulse, die der Generator erzeugt?

von Chris (Gast)


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Mhh die Laufzeit beträgt ~5ns/m aber spielt die Zeit hier eine Rolle?
Das Kabel ist doch der Energiespeicher für den avalanche Transistor, 
dieses wird hochohmig über 100k aufgeladen und wenn der Transistor 
durchbricht, schlagartig entladen.

von Possetitjel (Gast)


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Chris schrieb:
> Mhh die Laufzeit beträgt ~5ns/m

Genau.

> aber spielt die Zeit hier eine Rolle?
> Das Kabel ist doch der Energiespeicher für den avalanche
> Transistor,

Genau.

> dieses wird hochohmig über 100k aufgeladen und wenn der
> Transistor durchbricht, schlagartig entladen.

Kannst Du mal bitte genauer erklaeren, wie das Kabel
SCHLAGARTIG entladen werden soll, wenn die physikalische
Grenzgeschwindigkeit 1m/5ns betraegt?

von Chris (Gast)


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>Kannst Du mal bitte genauer erklaeren, wie das Kabel
>SCHLAGARTIG entladen werden soll, wenn die physikalische
>Grenzgeschwindigkeit 1m/5ns betraegt?

naja, kurz vor dem selbstzünden des Transistors ist der Kondensator auf 
die Spannung 100V geladen.
Im Zeitpunkt des Durchbruches liegen diese 100V auch am Ausgang an. Der 
Ausgang ist mit 50 Ohm terminiert.
Jetzt wird die Energie aus dem Kondensator(Kabel)in die 50 Ohm gepresst 
und der Kondensator entlädt sich. Nach 5Tau ist Ruhe und der Kondensator 
leer.

Wenn ich jetzt dem Kabel unterstelle es hätte ein Tau von 1ns, dann 
komme ich auf 20pF Kapazität.

Passt das?

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Erst mal der Link: http://www.linear.com/docs/4183
Jim Williams wird schon gewusst haben, warum er ein leerlaufendes 
Koaxkabel benutzt. Das kann man nur für Frequenzen mit Wellenlängen weit 
über 1 m (300 MHz) durch einen Kondensator ersetzen. Für Messungen im 
Picosekundenbereich ist das ein verteiltes Bauelement und lässt sich 
höchstens durch mehrere LC-Tiefpässe ersetzen.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Nein, denn Du hast offenbar die Funktion der Schaltung nicht ansatzweise 
verstanden. Das Kabel wird nicht als (reiner) Kondensator verwendet, 
sondern als Laufzeitleitung, und diese lässt sich nicht einfach durch 
einen RC-Tiefpass o.ä. ersetzen.

von Chris (Gast)


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Das habe ich wirklich nicht verstanden.
Wo ist den der Unterschied?

Das Kabel ist wie ein Tunnel der mit 100 Autos voll ist. Besonderheit 
alle Autos fahren zur gleichen Zeit los.

Wenn jetzt das erste anfährt, dann habe ich 100 Autos = Volle Energie
Nach einer Zeit x sind 50 Autos weg und 50 Autos noch im Tunnel = halbe 
Energie und nach 5ns ist das letzte aus dem Tunnel rausgefahren = keine 
Energie.

Was macht ein Kondensator anders?

Wie sieht die Entladekurve eines Koax Kabels im Vergleich zum 
Kondensator aus.

Wenn ich einen gewickelten Kondensator habe. Dann sind es doch zwei 
Metallstreifen welche isoliert aufgewickelt sind. Dort sind doch auch 
gewisse Wegstrecken zurückzulegen. Ich war auch der Meinung das nur der 
Impuls weitergegeben wird mit Lichtgeschwindigkeit die einzelnen 
Elektronen aber durchaus langsamer unterwegs sind.

MfG

von Possetitjel (Gast)


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Chris schrieb:

> Das Kabel ist wie ein Tunnel der mit 100 Autos voll
> ist.

Ja.

> Besonderheit alle Autos fahren zur gleichen Zeit los.

Nein! Wie denn?

Wenn der Transistor z.B. am linken Ende des Kabels
angeschlossen ist, und er bricht im Moment t=0 durch,
wie - um alles in der Welt - soll das rechte Ende des
Kabels zum Zeitpunkt t=0 etwas von der Entladung merken?

Die Laufzeit betraegt 5ns!

Bei t=0 flieszt nur direkt am Transistor Strom; 1ns spaeter
flieszt auch 20cm weiter rechts im Kabel Strom in Richtung
Transistor, 2ns spaeter 40cm weiter rechts und so weiter.
Nach 5ns ist das Wellental am rechten Kabelende angekommen
und wird dort reflektiert (das dauert dann nochmal 5ns).

> Was macht ein Kondensator anders?

Er entlaed sich exponenziell.

> Wie sieht die Entladekurve eines Koax Kabels im Vergleich
> zum Kondensator aus.

Sie ist bereichsweise konstant und springt dann.

> Wenn ich einen gewickelten Kondensator habe. Dann sind es
> doch zwei Metallstreifen welche isoliert aufgewickelt sind.
> Dort sind doch auch gewisse Wegstrecken zurückzulegen.

Ja - aber diese sind viel kuerzer. Man verschweisst die Wickel
sogar stirnseitig, damit die Stromwege moeglichst kurz werden.

Trotzdem ist es so, dass bei hinreichend hohen Frequenzen
diese Wickelkondensatoren nicht mehr als Kondensatoren
wirken. Ja, das ist so.

> Ich war auch der Meinung das nur der Impuls weitergegeben
> wird mit Lichtgeschwindigkeit die einzelnen Elektronen aber
> durchaus langsamer unterwegs sind.

Das ist ja auch richtig. Schneller als Lichtgeschwindigkeit
geht aber nun mal nicht.

Wenn die Bauteile bzw. Leitungen groeszer als ca. Lamda/10
werden, sind Laufzeiteffekte nicht mehr vernachlaessigbar!

Du darfst bei 100MHz NICHT mehr davon ausgehen, dass am linken
Ende eines 1m langen Koaxkabels dieselben Verhaeltnisse
vorliegen wie am rechten. Das ist NICHT der Fall!

von Andrew T. (marsufant)


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Chris schrieb:
> Hallo, kann mir einer sagen ob ich das ~1m lange Koaxkabel gegen einen
> Kondensator ersetzen kann?
> Das Kabel dient als Energiespeicher für einen Avalanche Generator [
> Linear Technology AN97 ] und müsste sich doch einfach gegen eine
> passende Kapazität austauschen lassen oder?

Es läßt sich defintiv nicht gegen einen einfachen Kondensator 
austauschen.
Eben exakt das WARUM ist in der AN97 auch erläutert

von Werner H. (werner45)


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Ein Kondensator entlädt sich nach der bekannten e-Kurve, ein Kabel 
nicht!
Ein reales Bild eines Kabels als Impulsformer ist in der englischen 
Wikipedia: (Scope Bilder unten)

https://en.wikipedia.org/wiki/Time-domain_reflectometer

L-C-Laufzeitketten statt Kabel sind unter Radartechnik beschrieben 
(googeln).

Gruß   -   Werner

: Bearbeitet durch User
von Bernhard D. (pc1401)


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Chris schrieb:
> Das habe ich wirklich nicht verstanden.
> Wo ist den der Unterschied?
>
> Das Kabel ist wie ein Tunnel der mit 100 Autos voll ist. Besonderheit
> alle Autos fahren zur gleichen Zeit los.
>
> Wenn jetzt das erste anfährt, dann habe ich 100 Autos = Volle Energie
> Nach einer Zeit x sind 50 Autos weg und 50 Autos noch im Tunnel = halbe
> Energie und nach 5ns ist das letzte aus dem Tunnel rausgefahren = keine
> Energie.
>
> Was macht ein Kondensator anders?
>
> Wie sieht die Entladekurve eines Koax Kabels im Vergleich zum
> Kondensator aus.

Das Koaxialkabel kann man sich als Kettenschaltung von Leitungselementen 
vorstellen, siehe hier unter "Ersatzschaltbild":
https://de.wikipedia.org/wiki/Leitungsbel%C3%A4ge

Das Kabel ist also weit mehr als einfach nur ein Kondensator. Zusätzlich 
spielt der Induktivitätsbelag die größte Rolle.

Ausführlicher ist das Ganze hier beschrieben:
https://de.wikipedia.org/wiki/Leitungstheorie

Gruß,
Bernhard

von Chris (Gast)


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Danke für die Infos.

Ich habe für mich mitgenommen:

Impuls mit Kondensator _|\_
                    __
Impulse mir Kabel _|  |_

MfG
Chris

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