Hallo allerseits, vielleicht kann mir jemand eine Frage beantworten. Ich kenne es von früher, dass in Datenblättern von Transistoren auch immer Kennlinienfelder angegeben wurden, zB. das Ausgangskennlinienfeld, in dem Ic über Uce aufgetragen war, was man ja benötigt, um einen Arbeitspunkt einzustellen. Habe aber meist Transistoren nur als Schalter verwendet und daher lange Zeit nicht mehr so richtig darauf geachtet, ob diese Angaben im Datenblatt stehen. Umso verwunderter war ich, als ich mir ein Datenblatt (Siemens) von einem Transistor (BC846) ansah und diese Kennlinie vergeblich suchte. Warum sind also diese Kennlinien nicht mehr in den Datenblättern ? Wenn man alle anderen Diagramme in dem Datenblatt betrachtet, kann man ja nun wirklich nicht davon ausgehen, dass es ein reiner Schalttransitor ist, dafür bräuchte ich ja dann auch frequenzabhängigen Paramater grafisch darzustellen. Grüße und vielen Dank schonmal vorab....
André D. schrieb: > Warum sind also diese Kennlinien nicht mehr in den Datenblättern ? Vielleicht werden sie von Fremdherstellern zugekauft, und sind daher nur in bestimmten Punkten der Kennlinie charakterisiert. Z.B ist Motorola bzw. ON schon seit langem der Hersteller für viele Typen von NXP.
André D. schrieb: > Warum sind also diese Kennlinien nicht mehr in den Datenblättern Gute Datenblätter von guten Herstellern haben noch Diagramme. Auch von Siemens: http://pdf.datasheetcatalog.com/datasheet/siemens/BC850C.pdf Viele Hersteller (Indien, Bourns) stellen aber auch nur irgendwelche Chips her und versuchen die unter möglichst vielen Bezeichnungen zu verkaufen. Da erfüllt der Chip sowieso nicht die Daten des Originalherstellers, also verschweigt man lieber die detaillierten Diagramme.
André D. schrieb: > Ich kenne es von früher, dass in Datenblättern von Transistoren auch > immer Kennlinienfelder angegeben wurden, zB. das Ausgangskennlinienfeld, > in dem Ic über Uce aufgetragen war, was man ja benötigt, um einen > Arbeitspunkt einzustellen. Wow. Grafische Verfahren zur Dimensionierung von Schaltungen sind schon Ende der 80er aus der Mode gekommen. Seitdem sind Simulationsprogramme a'la Spice allgemein verfügbar und erledigen den Job wesentlich besser. Statt eines Kennlinienfeldes erwartet der Ingenier heute vom Hersteller ein gutes (Spice) Modell. > Umso verwunderter war ich, als ich mir ein Datenblatt (Siemens) von > einem Transistor (BC846) ansah und diese Kennlinie vergeblich suchte. > > Warum sind also diese Kennlinien nicht mehr in den Datenblättern ? Du generalisierst da etwas zu sehr. Nur weil du in einem Datenblatt eines Herstellers eine bestimmte Kennlinie vermißt, heißt das ja nicht, daß kein Hersteller die mehr in irgendein Datenblatt packt. Gerade der BC846 wird von gut einem Dutzend Hersteller produziert und wenn du dir 10 Datenblätter ansiehst, wirst du deine geliebte Kennlinie sicher in der Hälfte davon finden. Allerdings sind Kennlinien für das praktische Design von Schaltungen ohnehin massiv überbewertet (IMHO). In der Ausbildung sind sie natürlich Klasse, weil sie das Verhalten eines Bauelements auf einfach erfaßbare Weise darstellen. In der Praxis helfen sie aber schon deswegen nicht sehr weit, weil sie nur das Verhalten eines typischen Exemplars des Bauelements darstellen. Ein reales Exemplar wird später mehr oder weniger stark davon abweichen (je nachdem welcher Parameter; bei einem Bipolartransistor wie BC846 ist bspw. die Ic vs. Ib Kennlinie weitgehend bedeutungslos). Wenn die Kennlinien aber quantitativ sowieso nicht stimmen und qualitativ für alle Bauteile einer Familie (z.B. Si-npn-Transistoren) gleich sind, dann brauche ich nicht für jedes Bauteil eigene Diagramme. Der Job des Elektronik-Ingenieurs besteht andererseits darin, eine Schaltung so zu entwerfen, daß sie nachher unabhängig von der Exemplarstreuung funktioniert. Auch dabei helfen ihm detailierte Kennlinien nur sehr begrenzt weiter. Selbst wenn es tatsächlich so kommen sollte, daß kein Hersteller mehr Kennlinien in seine Datenblätter druckt, wäre das aus meiner Sicht kein Verlust.
Danke erst mal für die Resonanz... @Michael: Da ich ein Datenblatt von Siemens zur Hand hatte... und Siemens ja auch nicht gerade unbekannt ist, hat es mich schon ein bissl verwundert, dass da nichts dabei war. @Axel: Wenn ich mal eben schnell ganz grob was machen will, ist ein grafisches Verfahren glaube ich gar nicht so übel. Uns wurde damals jedenfalls immer gesagt, ein Ingenieur rechnet nicht bis auf 10 Nachkommastellen, er muss in der Lage sein, Größenordnungen richtig einzuschätzen. Was nützt es auch, wenn ich eine Zahl errechnet habe, die 5 Nachkommastellen hat, aber bei den Zehner potenzen verhaue ich mich dann mal um den Faktor 1000.... egal... Fazit, finde ich.. grafisch kann man ganz schnell eine Lösung finden... Axel S. schrieb: > Statt eines Kennlinienfeldes erwartet der Ingenier heute vom Hersteller > ein gutes (Spice) Modell. Tja mit einem Modell kann ich gut simulieren, aber wie hilft mir das bei der Dimensionierung der Bauteile einer Schaltung ? Klar, kann man immer wieder andere Werte einsetzen und die Simulation starten, mal abgesehen davon, dass man dafür auch eine gute Simulationssoftware benötigt. In einem Datenblatt habe ich glaube ich sogar meine "geliebte" Kennlinie gefunden, aber die Qualität war ja dermaßen mies... keine Ahnung.. ich schaue meistens bei ALL DATA SHEET... Natürlich ist mir bewusst, dass es so was wie Exemplarstreuungen gibt, aber...... Als ich vor 30 Jahren in der Ausbildung war, haben wir mal spaßeshalber eine Transistorschaltung aufgebaut und mit den grafischen Verfahren den AP eingestellt.... und ich muss sagen, ich wirklich erstaunt wie gut das funktioniert hat... nur weil heute alles am PC gemacht wird, heißt das nicht, dass altbewährte Verfahren ja nicht mehr funktionieren.. immer dran denken !! es gab mal Zeiten, da hatte man dafür auch keine PC's zur Verfügung. Und was da mit qualitativ und quantitativ betrifft.. nu ja.. ich denke mal, dass ich nicht sagen kann, dass eine Kennlinie in der Lage ist, zwei so unterschiedliche Transistoren wie zum Besispiel den BC846 und den 2N3055 zu beschreiben... und dennoch.. es sind beides Siliziumtransstoren... aber denkt man mal an die Gleichstromverstärkung... na ja.. da liegen dann wohl Welten dazwischen... Aber danke für euer Feedback....
>Wenn ich mal eben schnell ganz grob was machen will, ist ein grafisches >Verfahren glaube ich gar nicht so übel. Uns wurde damals jedenfalls >immer gesagt, ein Ingenieur rechnet nicht bis auf 10 Nachkommastellen, >er muss in der Lage sein, Größenordnungen richtig einzuschätzen. Was >nützt es auch, wenn ich eine Zahl errechnet habe, die 5 Nachkommastellen >hat, aber bei den Zehner potenzen verhaue ich mich dann mal um den >Faktor 1000.... egal... Fazit, finde ich.. grafisch kann man ganz >schnell eine Lösung finden... Du hast das scheinbar nicht wirklich verstanden, was die anderen sagten. Eine Schaltung legt man nicht so aus, daß die von genauen Parametern abhängen. Egal, ob berechnete, oder aus Kennlinien, oder via Simulation. Eine Transistorstufe ohne jegliche Gegenkopplungen z.B. wäre extrem abhängig von den konkreten Kennlinien eines Transistorexemplars, und noch dazu extrem abhängig von der Temperatur. >Und was da mit qualitativ und quantitativ betrifft.. nu ja.. ich denke >mal, dass ich nicht sagen kann, dass eine Kennlinie in der Lage ist, >zwei so unterschiedliche Transistoren wie zum Besispiel den BC846 und >den 2N3055 zu beschreiben... und dennoch.. es sind beides >Siliziumtransstoren... aber denkt man mal an die >Gleichstromverstärkung... na ja.. da liegen dann wohl Welten >dazwischen... Es liegen auch noch Welten zw. den einzelnen Exemplaren eines Typs dazwischen. Beispiel 2N3055 - hfe zw. 20 und 70. Da wird sogar ein Small signal current gain angegebe - 15-120 ... Die Kennlinien sind also nur typ. Linien - Dein konkretes Exemplare könnte aber auch weit daneben liegen. ODer Ucesat - bei Ib/Ic=0,4A/4A wird max. 1,1V angegeben, Im Diagram kann man aber dazu typisch rund 0,35V ermitteln. Beides sicherlich richtig, aber womit rechnest/dimensionierst Du denn jetzt, wenn es darauf ankäme?
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Heute vermeidet man es in aller Regel das eine Schaltung von den genauen Transistor Parametern abhängt. Da nutzt man heute lieber ein paar Transistoren mehr oder gleich OPs als so von den Details abzuhängen und dann ausgesuchte Transistorpaare zu benötigen. Wenn man es denn doch mal braucht nutzt man eher eine Simulation, als die Graphik. Da wären dann die Spice Parameter ein Ersatz für die Kurven. Wenn nötig kann Spice einem die Kurve dazu dann auch Graphisch auf den Schirm bringen - halt so gut wie das Modell ist und mit den Unsicherheiten von Exemplar-Streuungen.
Lurchi schrieb: > Da wären dann die Spice Parameter ein Ersatz für die > Kurven. Die Frage ist dann: Woher beziehen die Simulations-Ersteller die Daten für ihre Spice-Modelle? Vielleicht aus den Kennlinien-Scharen in guten Datenblättern? Aus selbst aufgenommenen Kennlinien? Was ist dann aber der Unterschied zu dem, der noch gelernt hat, Kennlinien auszuwerten und Schaltungen auf diese Weise zu dimensionieren? Fragen über Fragen... :)
Fernversteher schrieb: > Die Frage ist dann: Woher beziehen die Simulations-Ersteller die Daten > für ihre Spice-Modelle? Vielleicht aus den Kennlinien-Scharen in guten > Datenblättern? Aus selbst aufgenommenen Kennlinien? Direkt vom Hersteller? Weil der Spice-Modell-Entwickler möglicherweise von dem bezahlt wird?
André D. schrieb: > Umso verwunderter war ich, als ich mir ein Datenblatt (Siemens) von > einem Transistor (BC846) ansah und diese Kennlinie vergeblich suchte. > > Warum sind also diese Kennlinien nicht mehr in den Datenblättern ? Wenn auf dem Datenblatt noch Siemens als Hersteller genannt wurde, dann dürfte es bereits über 20 Jahre alt sein. (Seit 1999 heißt der frühere Halbleiterteil von Siemens Infineon). Damit ist das nicht gerade ein tolles Beispiel dafür, dass sich "neuerdings" etwas an der Gestaltung von Datenblättern ändert.
https://www.distrelec.ch/Web/Downloads/_t/ds/BC846_eng_tds.pdf?mime=application%2Fpdf Muss es das DB von Siemens sein? Grüsse, René
André D. schrieb: > > Warum sind also diese Kennlinien nicht mehr in den Datenblättern ? Wenn > man alle anderen Diagramme in dem Datenblatt betrachtet, kann man ja nun > wirklich nicht davon ausgehen, dass es ein reiner Schalttransitor ist, Mmh, wenn es sich um einen handelt wird der Hersteller schon entsprechend auf seine diesbezüglich voeteilhafte 'LowSat' Eigenschaften hinweisen wie bei NXP, breakthrough in small signal "BISS" Heute werden Transistoren wohl sicher auch gezielter auf ihren Einsatzzweck hin entwickelt als das ein paar Generationen zurück möglich war. Und an Hobbiisten hat noch kein Hersteller jemals etwas verdient. --- so beim mittaglichem stöbern: https://eandt.theiet.org/content/articles/2015/09/modelling-and-design-tools-adapting-to-new-materials/ http://www.silvaco.com/products/variation_analysis/techmodeler.html
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