Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Diskreter Class D Verstärker - Ausgangssignal unsymmetrisch!


von C. D. (marc-n)


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Hallo Zusammen,

ich habe nun meinen ersten Class D Verstärker als Vollbrücke aufgebaut 
(s. Bild Skizze). An sich sieht es für den ersten Versuche finde ich 
garnicht mal so schlecht aus. Das Problem welches ich nun habe ist, ich 
habe ein unsymmetrisches Ausgangssignal (Signalform unterschiedlich 
sowie nicht symmetrisch um den 0 Punkt gelagert), so als würde eine 
Halbbrücke nicht richtig arbeiten.

Das PWM Ansteuersignal (s. Bild Scope 1 und 3) sieht oky aus. Auch wenn 
ich mir beide Halbbrücken jeweils einzeln anschaue, sie arbeiten beide. 
Jedoch ist auffällig, dass die Pegel und das Rauschen der Signale jedoch 
unterschiedlich sind (s. Scope 9). Der Kanal 3 und meist der untere 
Sinus ist das Eingangssignal. Bei Scope 9 sieht man sehr gut, die eine 
Halbbrücke hat eine höhere, jedoch aber rauschendere Amplitude.

Die unsymmetrie sieht man auch sehr gut in den Bildern Scope 13 bis 15.
Bei Scope 18 finde ich sieht es wirklich so aus, als wenn nur eine 
hälfte funktioniert.

Hat einer von euch eine Idee was hier schief läuft und was ich übersehe?
Habe ich einen Konstruktionsfehler?

Vielen Dank schon mal!

von Achim S. (Gast)


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Marc M. schrieb:
> Hat einer von euch eine Idee was hier schief läuft

Vielleicht deine Messung. Wo genau klemmst du denn den GND-Clip des 
Oszis an, wenn du zwischen den beiden Ausgängen misst? Vielleicht 
schließt du über den GND-Clip eine deiner beiden Ausgangsspannung gegen 
Masse kurz.

Wenn du auf Nummer sicher gehen willst: miss die Ausgangsspannungen mit 
zwei Tastköpfen (deren Masse jeweils an den GND deiner Schaltung 
angeschlossen ist). Und lass das Oszi die Differenz der beiden Kanäle 
bilden.

von Mark S. (voltwide)


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Die Unsymmetrie vermute ich in Deinem PWM-Modulator, d.h. die Umsetzung 
von AnalogSpannung in ein Tastverhältnis ist nicht linear.
Du könntest das PWM-Steuersignal mal durch einen RC-Tiefpass filtern und 
das Resultat oszillographieren, dann siehst Du, ob dieser Fehler schon 
im Modulator steckt.
Es können aber auch Zeitfehler im Leistungsteil sein, unsymmetrische 
oder zu hohe Totzeiten.
Generell bilden sich alle Zeitfehler im PWM-Ausgangssignal als 
Verzerrungen im rekonstruierten Signal ab.

Dazu ein kleines Zahlenbeispiel:
Angenommen Du taktest mit 100kHz, also 10us Zyklusdauer.
Für einen AsymmetrieFehler des rekonstruierten Signales von 1% wäre das 
Tastverhältnis mit 49,5% statt 50% anzunehmen.
Dem entspräche also ein PWM-Takt mit 4,95us/5,05us statt der idealen 
5,0/5,0us.
Also führt hier ein Zeitfehler von 0,05us=50ns zu 1% AmplitudenFehler.
Bei 500kHz Taktfrequenz wären es nur noch 10ns.
Und 1% Amplitudenfehler ist natürlich inakzeptabel...

Damit bist Du jetzt am Anfang der Class-D-Lernkurve angelangt.
Der nächste Punkt wäre, eine Über-Alles-Gegenkopplung einzuführen, die 
so einiges wieder gerade biegt.
Generell würde ich mal sagen, dass Verzerrungen die man schon auf dem 
Scope erkennt auch deutlich hörbar sind.

: Bearbeitet durch User
von C. D. (marc-n)


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Danke für die guten ersten Ideen. Leider hatte ich noch keine Zeit neue 
versuche zu machen.

An sich messe ich schon extra mit zwei differenziellen Proben. Kann aber 
trotzdem mal die Signale einzeln messen und mir dann mal die Differenz 
anschauen.

Die Idee mit den RC-Tiefpass werde ich auch mal verfolgen. Den TP 
ergänze ich dann zwischen dem Ausgang vom LM555 und dem Eingang vom 
4030?

Bzgl. der Totzeit; Diese kann ich einmal verringern. Dazu muss ich 
lediglich den 3,3k Widerstand entfernen.

Bzgl. der Über-Alles-Gegenkopllung. Kannst du mir dabei helfen wie ich 
diese realisiere?! Ich denke ich muss sie über beide Pfade führen. 
Soweit ich mal gehört habe muss ich diese dann über einen OP vereinen zu 
einem?
Aber da hört es schon auf bei meinem Wissen. Womit muss ich dann das 
Signal vom OP beim LM555 verbinden?

Schon mal Danke!

von Homo Habilis (Gast)


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Ich kriege im Moment (zu kleiner Bildschirm) keinen Überblick über
Deinen Schaltplan, aber was meinst Du mit "(PWM) High und Low Side"?

High Side sind je die oberen Schalter jeder Brücke, die, deren 
Source-Potential sich beim Schalten der unteren Schalter - die sind 
Low-Side -  jeweils verändert, es "springt" sozusagen.

(Weswegen auch die Treiber-Ausgänge jeweils HO/high-out
und LO/low-out heißen.)

Ob daran irgendwas liegt, kann ich jetzt nicht sagen, aber es ist
jedenfalls äußerst ungewöhnlich, und auch verwirrend.

von Mark S. (voltwide)


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Dein PWM-Modulator rund um den NE555 ist alles andere, nur kein linearer 
PWM-Modulator. Um da irgendwie voran zu kommen, solltest Du das mal 
stückweise in LTSpice simulieren - dabei lernt man die Funktionen der 
Schaltung kennen ohne magischen Rauch ab zu sondern.

: Bearbeitet durch User
von C. D. (marc-n)


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Oky, also du sagst der lm555 ist alles andere als geeignet?! Das heißt 
jetzt ich brauche einen anderen PWM-Modulator oder soll ich mit dem 
lm555 rumsimulieren?!


Kann ich nicht mit der Rückführung noch irgendwas retten? Würde ungern 
von ganz vorne anfangen... muss ja nicht die allerbeste Qualität 
haben...

von Mark S. (voltwide)


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Marc M. schrieb:
> Oky, also du sagst der lm555 ist alles andere als geeignet?! Das heißt
> jetzt ich brauche einen anderen PWM-Modulator oder soll ich mit dem
> lm555 rumsimulieren?!
>
>
> Kann ich nicht mit der Rückführung noch irgendwas retten? Würde ungern
> von ganz vorne anfangen... muss ja nicht die allerbeste Qualität
> haben...

Mit einem LM555 hast Du eine variable Frequenz, aber keinen 
PWM-Modulator. Dir fehlen einfach noch die Grundlagen, deswegen schadet 
es auch nicht, erst mal mit dem 555 zu simulieren um zu sehen woran es 
hakt. Du brauchst 2 Stück 555, um einen PWM-Modulator zu realisieren. Es 
ist mir aber zu mühselig, das jetzt in allen Details vor zu beten - 
genauso so wie es Dir zu mühselig ist, Dein Konzept über den Haufen zu 
schmeißen.

: Bearbeitet durch User
von C. D. (marc-n)


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Guten Morgen uC-Forum,

ich hatte gestern die Möglichkeit noch etwas rumzutesten.
Also die Leistungsstuffe scheint nicht das Problem zu sein. Ich habe 
inzwischen auch die Totzeit verkleinert. Dazu habe ich den 3,3k 
Widerstand jeweils entfernt.

Den 555 als "PWM Modulator" habe ich inzwischen entfernt und zum Testen 
der Leistungsendstuffe durch einen Labor-Signalgenerator ersetzt. Siehe 
da, das Ergebnis kann sich sehen lassen (s. Scope_21).

Also scheint wie Mark Space bereits vorhergesagt hat der 555 das Problem 
zu sein. Nach weiterer recherche im Forum scheint dieser auch defintiv 
verpöhnt zu sein, selbst für die kleinsten Class D Verstärker. Dabei 
spielt es auch keine Rolle wie gut der beschaltet ist.

Jetzt stellt sich mir nun die Frage, womit moduliere ich mein Signal 
damit ich ein durchaus akzeptabeles PWM-Signal erhalte. So wirkliche 
konkrete alternativ Vorschläge finde ich nicht. Dabei ist es mir aktuell 
auch egal, ob dies ein fertiger Chip ist oder ich ihn diskret aufbauen 
muss.

Viele Grüße

von John D. (Gast)


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von C. D. (marc-n)


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John D. schrieb:
> http://www.ti.com/lit/ug/slau508/slau508.pdf

Danke John,

hört sich gut an. Und dieser wird dann als genauer als ein 555 
eingestufft?

von THOR (Gast)


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Marc M. schrieb:
> Oky, also du sagst der lm555 ist alles andere als geeignet?! Das
> heißt
> jetzt ich brauche einen anderen PWM-Modulator oder soll ich mit dem
> lm555 rumsimulieren?!

Nein, die Aussage war: Dein Modulator mit dem 555 ist unlinear. Der 555 
an sich ist ein geeignetes Bauteil. Du musst ihn nur geeignet 
beschalten. Pin 5 in der Spannung zu variieren ergibt eine unlineare 
PWM.

Ich hab da nen Dreieckspannungsgenerator gemacht und mit dem 
Eingangssignal den Strom verändert, der in den Timingkondensator fließt. 
Schwupp, linear. Allerdings keine PWM mehr; durch Timingeffekte des 555 
wird die Schaltfrequenz bei hohen Signalpegeln niedriger. Ist aber ganz 
praktisch, man kann ne einfache Clipping Detection realisieren und man 
hat auf dem Leistungsteil nahe Clippinggrenze keine Nadelpulse mehr.

Btw: "Diskret" würde ich den nicht nennen. Ich hab bei mir den OPV, 555 
und nen 4007er Inverter und sonst nur Transistoren. Und selbst das ist 
ja schon hochgradig integriert wenn man sich mal anguckt wie viele 
Transistoren allein 555 und OPV beinhalten.

von THOR (Gast)


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Mark S. schrieb:
> Der nächste Punkt wäre, eine Über-Alles-Gegenkopplung einzuführen, die
> so einiges wieder gerade biegt.

Bei Halbbrücken sowieso nötig, wegen Bus Pumping.

Imho ist im DIY Sektor ne Open Loop Vollbrücke besser. Die paar Bauteile 
machen den Bock nicht fett, aber man muss sich mit deutlich weniger 
rumärgern.

von John D. (Gast)


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Marc M. schrieb:
> John D. schrieb:
>> http://www.ti.com/lit/ug/slau508/slau508.pdf
>
> hört sich gut an. Und dieser wird dann als genauer als ein 555
> eingestufft?

Ich verstehe die Frage eigentlich nicht. Das ist ein ausführliches 
Dokument inklusive Simulations- und Messergebnissen. Ob dir <0.1% THD 
bei 1kHz reichen, musste du wissen.

von A. D. (egsler)


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THOR schrieb:
> Imho ist im DIY Sektor ne Open Loop Vollbrücke besser.
Ja, der TO hat ja auch eine Vollbrücke, das ist also schonmal kein 
Problem.
Mit dieser Schaltung hier lässt sich mit dem NE555 eine wunderbare PWM 
erzeugen:
http://all-electric.com/schematic/eticircuits/555-triangle-with-independent-slopes.htm

von C. D. (marc-n)


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John D. schrieb:
> http://www.ti.com/lit/ug/slau508/slau508.pdf

Danke für den Tipp, ist in Arbeit und die Frage ob dieser genau genug 
ist vergessen wir mal ganz schnell, dumme Frage... :D

Aktuell erzeuge ich zum Testen der Leistungsendstufe mein PWM Signal mit 
einem Laborgerät.

Das Problem ist nur jetzt, lege ich als Versorgungsspannung 60V an und 
steuere den Verstärker voll aus, hätte ich jetzt rein "theoretisch" 120V 
erwartet. Erhalte aber im besten Fall um die 90V. Jetzt frage ich mich, 
was funktioniert hier an dieser Stelle noch nicht richtig?

- Habe ich die falsche Bootstrapdiode bzw. den falschen oder zu kleinen 
Bootstrapkondensator?
- Hilft mit der Rcharge weiter?
- Ist mein Tiefpass falsch dimensioniert und geht hier zu viel Leistung 
verloren?
- Was ich auch schon öfter gesehen habe ist, dass üben den Widerstand 
zum Mosfet (R20/21) eine Diode eingebaut wird. Welcher Vorteil verbirgt 
sich hier?

Bin auf eure immer guten Ratschläge gespannt!!!

Aktuelle Skizze habe ich auch beigefügt. Habe die aktuellen Änderungen 
mal nur für die eine Seite/Halbbrücke eingezeichnet. Natürlich habe ich 
es bei beiden angepasst.

: Bearbeitet durch User
von THOR (Gast)


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A. D. schrieb:
> Mit dieser Schaltung hier lässt sich mit dem NE555 eine wunderbare PWM
> erzeugen:
> 
http://all-electric.com/schematic/eticircuits/555-triangle-with-independent-slopes.htm

Die ist für Class D überkompliziert. Ich komm da mit 2 Transistoren, dem 
Timing C und 6 Widerständen aus.

Es reicht ja auch völlig aus nur den Strom der Highside zu modulieren 
denn dadurch ändert sich die Steilheit der fallenden Flanke gleich mit.

Für nen FG ist die sinnvoll, wegen der guten Einstellmöglichkeit.

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