Forum: Offtopic GW170104: Gravitationswellen zum 3.


von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Hi,

LIGO hat die Detektion eines dritten Gravitationswellen-Ereignisses 
(GW170104) veröffentlich.

Die Detektion geschah bereits am 4. Januar.

http://ligo.org/detections/GW170104.php

Die beiden anderen Ereignisse:

1. http://ligo.org/detections/GW150914.php
2. http://ligo.org/detections/GW151226.php

von Falk B. (falk)


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Naja, derartige Wissenschaft ist schon lange nur noch Schwarze Magie. 
Eine Längenänderung um 10^-21?? Huh? Was sagt Sheldon Cooper dazu? Hat 
er die Ergebnisse gegengerechnet? ;-)

https://www.youtube.com/watch?v=8xn-Rb0jejo

von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Falk B. schrieb:
> derartige Wissenschaft ist schon lange nur noch Schwarze Magie.

Es ist Stand der Wissenschaft und auch der Ingenieurskunst.

> Eine Längenänderung um 10^-21?? Huh? Was sagt Sheldon Cooper dazu? Hat
> er die Ergebnisse gegengerechnet?

Von "Sheldon Cooper" wist du keine brauchbare Rechnung zu sehen 
bekommen.

Wenn du dich wirklich dafür interessierst, empfehle ich dir z.B. 
Vorlesungen von Kip Thorne zum Thema.  Auch öffentlich verfügbar, aber 
eben etwas anspruchsvoller.  Gewiss nicht jedermanns Sache...

: Bearbeitet durch User
von Falk B. (falk)


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@ Johann L. (gjlayde) Benutzerseite

>> derartige Wissenschaft ist schon lange nur noch Schwarze Magie.

>Es ist Stand der Wissenschaft und auch der Ingenieurskunst.

Jain, das heißt aber noch lange nicht, daß größere Mengen an Leuten in 
der Liga mitspielen können, weder Wissenschaftler noch Ingenieure. Wer 
mißt schon mit 10^-21 Auflösung? Das haben selbst bessere Frequenzzähler 
kaum was zu sagen.

>> Eine Längenänderung um 10^-21?? Huh? Was sagt Sheldon Cooper dazu? Hat
>> er die Ergebnisse gegengerechnet?

>Von "Sheldon Cooper" wist du keine brauchbare Rechnung zu sehen
>bekommen.

Dein Ironiedetektor ist kaputt.

>Wenn du dich wirklich dafür interessierst, empfehle ich dir z.B.
>Vorlesungen von Kip Thorne zum Thema.  Auch öffentlich verfügbar, aber
>eben etwas anspruchsvoller.  Gewiss nicht jedermanns Sache...

Eben, in der Liga spiele ich nicht mal ansatzweise.

von G. K. (zumsel)


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Falk B. schrieb:
> Naja, derartige Wissenschaft ist schon lange nur noch Schwarze Magie.
> Eine Längenänderung um 10^-21?? Huh?

Hier erzählt einer von dem Team was dazu: 
https://youtu.be/lB8GDGBGxpA?t=2761

von Pandur S. (jetztnicht)


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Die 10^-21m kann man per Laserinterferometer messen. Das waere bei 
gruenem Licht 2* 10^-15 einer Wellenlaenge. Resp bei einem 10km 
Interferometer sind es noch 10^-10 einer Wellenlaenge.
Zum Glueck ist das Licht so stabil in der Wellenlaenge ... und das 
Rauschen des Interferometers so tief.

von Stefan M. (derwisch)


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Und immernoch frage ich mich, weshalb ein so gigantisches Ereignis ( 
verschmelzen von schwarzen Löchern ) eine so kleine 
Gravitationsschwankung erzeugt. Selbst bei der wahnsinnigen Entfernung 
finde ich ( gefühlt ) dass das immernoch sehr wenig ist, was hier 
ankommt.

von Robert L. (lrlr)


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> (gefühlt ) dass das immernoch sehr wenig ist, was hier
> ankommt.

viel/wenig alles relativ ..

am interessantesten ist doch die Frage warum man es überhaupt messen 
kann

also warum sich die Materie (das Messgerät) durch die Wellen 
mehr/weniger dehnt als das Licht

dafür gibts eine mathematische Erklärung, die werden wohl aber nur eine 
Hand voll Menschen verstehen.

von H-G S. (haenschen)


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Robert L. schrieb:
> dafür gibts eine mathematische Erklärung, die werden wohl aber nur eine
> Hand voll Menschen verstehen.

Ach ... das kann man bestimmt auch Affen beibringen wenn man es nur gut 
veranschaulicht  :-)

von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Robert L. schrieb:
> also warum sich die Materie (das Messgerät) durch die Wellen
> mehr/weniger dehnt als das Licht

Das Messgerät dehnt sich nicht :-)

Das Messgerät hat in jedem Arm des Interferometer 2 Testmassen (2 
Spiegel, die eine Fabry-Pérot Kavität bilden).  Die Testmassen sind so 
aufgehängt, dass sie in Armrichtung frei pendeln können, m.a.W.:  In der 
Ebene senkrecht zur Aufhängung der Testmassen befinden sich diese im 
freien Fall.

Geht eine Gravitationswelle durch das Messgerät und hat die GW 
entsprechende Richtung und Polarisation, dann kann sie die Richtung des 
freien Falls ändern:  Der freie Fall der Testmassen in der o.g. Ebene 
ist so verändert, dass sie sich im Takt der GW aufeinander zu und 
voneinander weg bewegen, was im Interferometer ein Signal erzeugt.

: Bearbeitet durch User
von Dipl.- G. (hipot)


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Stefan M. schrieb:
> Und immernoch frage ich mich, weshalb ein so gigantisches Ereignis
> (verschmelzen von schwarzen Löchern) eine so kleine
> Gravitationsschwankung erzeugt.

https://www.youtube.com/watch?v=kSlMaGkQ588&t=1703s

https://www.youtube.com/watch?v=DBkD6rNP0aY

https://www.youtube.com/watch?v=uuVPI4YAqAo

https://www.youtube.com/watch?v=jHbPolqf1UE

: Bearbeitet durch User
von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Dipl.- G. schrieb:
> https://www.youtube.com/watch?v=jHbPolqf1UE

Heul!  Einfach grottenschlecht :-((

Warum gibt es soo viele so miese Videos zum Thema RT (und auch QT), und 
hier auch noch von einem Bundesministerium finanziert???

> Gravitation entsteht durch Raumkrümmung.
> Planeten werden durch Raumkrümmung auf ihrer Bahn gehalten.

Und falsch ist es auch noch, trotz "wissenschaftlicher Beratung".

: Bearbeitet durch User
von Dipl.- G. (hipot)


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Johann L. schrieb:
> Dipl.- G. schrieb:
>> https://www.youtube.com/watch?v=jHbPolqf1UE
>
> Heul!  Einfach grottenschlecht :-((

Überhaupt nicht grottenschlecht - eine der am besten (=nüchternsten) 
gemachten Dokus ohne reißerisches Drama wie beim Discovery Channel.

von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Ok, wenn du es deshalb als Qualität betrachtest, weil es noch 
schlechteres gibt...

von Andreas R. (daybyter)


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http://www.ardmediathek.de/tv/alpha-Centauri/Wo-war-der-Big-Bang/ARD-alpha/Video?bcastId=14913006&documentId=26819314

Hier ab 11:30 ...

Da hat er wieder dieses schöne Beispiel, dass sich die Raumzeit zwischen 
Sol und Alpha Centauri um die Dicke eines Haares ändert.

von Dirk J. (dirk-cebu)


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Robert L. schrieb:
> am interessantesten ist doch die Frage warum man es überhaupt messen
> kann

... warum man es überhaupt messen muß! Haben wir keine anderen Sorgen?

von Uhu U. (uhu)


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Dirk J. schrieb:
> ... warum man es überhaupt messen muß! Haben wir keine anderen Sorgen?

Ja, Neugier ist des Teufels und auf den Bäumen lebten wir viel 
glücklicher...

von Thomas E. (thomase)


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Dirk J. schrieb:
> Haben wir keine anderen Sorgen?

Hätte sich die Menschheit immer nur um die anderen Sorgen gekümmert, 
säße sie heute noch auf Bäumen.

von Uhu U. (uhu)


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Ironie-Detektor kaputt?

von Peter F. (toto)


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Kann man wirklich so genau Messen? Theoretisch schon. Nur frage ich 
mich, wie das in der Praxis gemacht wird, wie dort alle Störungen 
rausgefiltert werden. Bei einem 10 km Interferrometer und 10-21, da 
reicht schon ein Spatz der in der Nähe kackt um ein "Ereignis" 
auszulösen. Der Spatz steht für unendlich viele Störungen(thermisches 
Rauschen, Erschütterungen... etc pp.

von Robert L. (lrlr)


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>da
>reicht schon ein Spatz der in der Nähe kackt um ein "Ereignis"

deshalb braucht man auch mindestens zwei "Messgeräte"
zwei exakt parallel kackende Spatzen sind nämlich sehr 
unwahrscheinlich..

Johann L. schrieb:
> Das Messgerät dehnt sich nicht :-)

ich dachte man misst die unterschiedliche Längenänderung der zwei Arme?

: Bearbeitet durch User
von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Robert L. schrieb:
> Johann L. schrieb:
>> Das Messgerät dehnt sich nicht :-)
>
> ich dachte man misst die unterschiedliche Längenänderung der zwei Arme?

Man misst die Längenänderung zwischen den aufgehängten Spiegeln.  Wenn 
die nicht aufgehängt wären, dann würd sich da nix ändern.  Bzw. so 
minimal, dass wirklich nix zu messen wäre.

Die Spiegel sind ja frei fallend in der entscheidenden Richtung.  Wären 
sie das nicht (so wie das "Messgerät" LIGO selbst) würde der 
Kompressionsmodul der zwischen den Spiegeln befindlichen Materialien der 
eh schon winzigen Änderung entgegenwirken.

Außerdem ist es nicht die Längenänderung der Arme, denn das Licht wird 
durch den Fabry-Pérot vielhundertfach hin und her reflektiert, was eine 
viel größere Phasenverschiebung gibt als bei einem gleichgroßen, 
normalen Michelson-Morley Interferometer.

von Bernd F. (metallfunk)


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Johann L. schrieb:
> Robert L. schrieb:
>> Johann L. schrieb:
>>> Das Messgerät dehnt sich nicht :-)
>>
>> ich dachte man misst die unterschiedliche Längenänderung der zwei Arme?
>
> Man misst die Längenänderung zwischen den aufgehängten Spiegeln.  Wenn
> die nicht aufgehängt wären, dann würd sich da nix ändern.  Bzw. so
> minimal, dass wirklich nix zu messen wäre.
>
> Die Spiegel sind ja frei fallend in der entscheidenden Richtung.  Wären
> sie das nicht (so wie das "Messgerät" LIGO selbst) würde der
> Kompressionsmodul der zwischen den Spiegeln befindlichen Materialien der
> eh schon winzigen Änderung entgegenwirken.
>
> Außerdem ist es nicht die Längenänderung der Arme, denn das Licht wird
> durch den Fabry-Pérot vielhundertfach hin und her reflektiert, was eine
> viel größere Phasenverschiebung gibt als bei einem gleichgroßen,
> normalen Michelson-Morley Interferometer.

Aha!
(Wieder was gelernt:)

Grüße Bernd

von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Peter F. schrieb:
> Bei einem 10 km Interferrometer und 10-21, da reicht schon ein
> Spatz der in der Nähe kackt um ein "Ereignis" auszulösen.
> Der Spatz steht für unendlich viele Störungen (thermisches
> Rauschen, Erschütterungen... etc pp.

Ein kackender Spatz oder Storch ist kein thermisches Rauschen.  I.W hat 
man mit 4 Störquellen zu tun:

1) Kackende Vögel oder vögelnde Kaninchen aka. seismische Störungen. 
Die Spiegel sind an extra entwickelten Mehrfach-Pendeln aufgehängt, 
deren Übertragungsfunktion man kennt bzw. bestimmen kann.  Wenn man also 
die Bewegung bzw. Beschleunigungen an der Aufhängung kennt, dann kann 
man über die Übertragungsfunktion die Störbeschleunigung an der 
Pendelmasse (Spiegel) abschätzen.

Auch bei Beschleunigungssensoren gab es Weiterentwicklungen; inzwischen 
ist man bei 1E-11 m/s² oder besser.

Eine typische Rauschkurve zeigt [1] pp 615 Figure 2.  Die Peaks sind 
z.B. vom Netzspannungs-Brumm, Resonanzen der Aufhängung oder machanische 
Spiegel-Resonanzen.  Aus der Bildunterschrift:
1
Strain sensitivity of the H1 detector [...] Several effects cause
2
the sharp lines visible in the spectra: mechanical resonances in the
3
mirror suspensions, resonances of the internal mirror modes, power
4
line harmonics and so on. As the broadband floor of the sensitivity
5
is most relevant for gravitational-wave detection, these lines are
6
typically not too harmful.

2) Thermisches Rauschen:  Dem begegnet man durch Kühlung und Evakuieren 
des Interferometers.

3) Photon Shot Noise:  Durch die Quantennatur des (Laser-)Lichts 
entsteht ebenfalls Rauschen.  Das kann man zwar durch Erhöhung der 
Lichtintensität verringern, aber im Fabry-Pérot Teil von LIGO ist 
bereits eine Lichtleistung von 100kW unterwegs... Außerdem würden 
dadurch Verluste / Erwärnung und Strahlungsdruck auf die Spiegel 
steigen.  Inzwischen ist man mit Squeezed Light bereits unter dem 
Standard-Quantenlimit angelangt, was dann die Baseline in der Grafik aus 
[1] und damit die Sensitivität festlegt.  Zur Erleuterung der Technik 
siehe auch [2].

4) Streulich.  Ziemlich unangenehm, da man es im Gegensatz zu den 
anderen Störquellen nicht a priori kennt.


[1] http://www.phys.ufl.edu/~tanner/PDFS/Aasi13natphot-squeezing.pdf
[2] http://www.amps.uni-hannover.de/dissertationen/chelkowski_diss.pdf

Robert L. schrieb:
>> Spatz der in der Nähe kackt
>
> deshalb braucht man auch mindestens zwei "Messgeräte" zwei exakt
> parallel kackende Spatzen sind nämlich sehr unwahrscheinlich.

Ein weiterer Grund ist die Polarisation der Wellen:  Ist etwa so als 
würde man eine EM-Welle hinter einem Polarisator messen: Der orthogonale 
ANteil geht einem dann durch die Lappen.  Unterschied zwischen EM-Wellen 
und G-Wellen ist das erstere Spin-1 sind, letztere Spin-2.

Zudem erlaubt es eine bessere Peilung, die momentan mit nur 2 
Observatorien leider ziemlich mies ist und ne riesige Banane bildet. 
Richtig interessant wird es bei >= 3 mineinender kooperierenden 
Observatorien, die deutlich bessere Peilung liefern und es vielleicht 
irgendwann mal ermöglichen, GW-Ereignisse mir EM-Ereignissen (Radio, IR, 
Licht, X-Ray, ...) zu verbinden.

von Peter F. (toto)


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Johann L. schrieb:
> Ein kackender Spatz oder Storch ist kein thermisches Rauschen.

Was ich auch nicht behauptet habe. Nur all die seismischen Störungen 
überlagern sich doch. Die "Freakwave" kann man eben nicht auschließen.

Das Experiment soll ja demnächst in den Orbit verlegt werden, wenn von 
dort "Ereignisse" gemeldet werden, dann können wir weiter reden.

: Bearbeitet durch User
von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Peter F. schrieb:
> Johann L. schrieb:
>> Ein kackender Spatz oder Storch ist kein thermisches Rauschen.
>
> Nur all die seismischen Störungen überlagern sich doch.

Egal :-)

Wir haben eine GW mit einem erwarteten Strain von h = 1E-21 und bei LIGO 
eine Armlänge L = 4000 m.  LIGO ist ausgelegt für einen Frequenzberech > 
100 Hz, also ca. Kreisfrequenz ω > 700.  Nehmen wir also mal an, eine GW 
läuft ein und wir sind am Frequenzbereich um ω interessiert.  Durch den 
Strain der GW ändert sich der Ort des Spiegels in einer Entfernung von L 
wie

   s(t) = L·h·sin(ω·t)

was für dessen Beschleunigung bedeutet

   a(t) = d²s(t)/dt² = -L·h·ω²·sin(ω·t)

d.h. die Amplitude der Beschleunigung ist

   L·h·ω² > 4000 · 1E-21 · 700² = 2E-12

Wie oben erklärt, sind Beschleunigungssensoren auf dem Stand der Kunst 
in der Lage, Beschleunigungen im Bereich 1E-11 und besser zu messen.  Da 
der Sensor an der Aufhängung des n-fach Pendels montiert ist und der 
Spiegel an dessen Ende, weiß man mit der Übertragungsfunktion des 
Pendels, wie groß die Störung am Spiegel für eine bestimmte Frequenz 
maximal ist.

> Die "Freakwave" kann man eben nicht auschließen.

Doch :-)

An der Pendelaufhängung sind Piezo-Aktoren, die gemessenes seismische 
Störungen kompensieren.  Sind die Störungen im relevanten 
Frequenzbereich zu groß als dass man sie kompensieren könnte, weiß man, 
dass die Interferometer-Daten für den betrachteten Zeitraum und 
Frequenzbereich unnütz sind und kann sie schlicht und einfach verwerfen. 
Liegt die Störung nicht im anvisierten Frequenzbereich sondern z.B. weit 
darunter, kann man diese Frequenzanteile in der Analyse einfach 
rausfiltern.

Vorteilhaft ist auch, dass höhere Frequenzen sehr gut gedämpft werden 
(exponentiell).  Wenn dein Nachbar auf Disco macht, dann wummert in 
deiner Bude der Bass, aber vom Hochtöner hörst du quasi nix mehr. 
Genauso bei seismischen Störungen, das Problem hat man umso mehr, je 
kleiner die Wellenlänge der zu detektierenden GW ist.

> Das Experiment soll ja demnächst in den Orbit verlegt werden,

Weil man zu tieferen frequenzen will, und die bekommt man mit einem 
terrestrischen Interferometer nicht in den Griff.  Ein Grund ist das ω² 
von oben, ein anderer die wesentlich schlechtere Dämpfung seismischer 
Störungen bei tiefen Frequenzen.

Übrigens nicht in den Erdorbit, sonder in einen der Erd-Sonne 
Langange-Punkte.

> wenn von dort "Ereignisse" gemeldet werden, dann können wir
> weiter reden.

Also das Argument "raff ich nicht, also alles falsch".  Vielleicht 
findest du ja Gefallen am ultimativen null-Thread :-/

von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Johann L. schrieb:
> Vorteilhaft ist auch, dass höhere Frequenzen sehr gut gedämpft werden
> (exponentiell).  Wenn dein Nachbar auf Disco macht, dann wummert in
> deiner Bude der Bass, aber vom Hochtöner hörst du quasi nix mehr.
> Genauso bei seismischen Störungen, das Problem hat man umso mehr, je
> kleiner die Wellenlänge der zu detektierenden GW ist.

Soll natürlich heißen:

das Problem hat man umso mehr, je größer die Wellenlänge der zu 
detektierenden GW ist.

von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Johann L. schrieb:
> Hi,
>
> LIGO hat die Detektion eines dritten Gravitationswellen-Ereignisses
> (GW170104) veröffentlich.
>
> Die Detektion geschah bereits am 4. Januar.
>
> http://ligo.org/detections/GW170104.php
>
> Die beiden anderen Ereignisse:
>
> 1. http://ligo.org/detections/GW150914.php
> 2. http://ligo.org/detections/GW151226.php

Inzwischen wurde mit GW170814 ein 4. Ereignis detektiert.  Ein 
wesentlicher Unterschied zu den o.g. ersten 3 Detektionen ist ein 
technischer; es waren nämlich DREI Observatorien daran beteiligt: Die 
beiden von LIGO sowie Virgo in Italien:

http://www.virgo-gw.eu/docs/GW170814/
https://tds.virgo-gw.eu/GW170814

Zum einen ermöglicht das eine genauere Peilung, zum anderen lassen sich 
damit weitere Vorhersagen der ART überprüfen, z.B. zur Polarisation der 
Gravitationswellen.

Beitrag #5157482 wurde von einem Moderator gelöscht.
Beitrag #5157516 wurde von einem Moderator gelöscht.
von R. M. (n_a_n)


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Johann L. schrieb:
> Inzwischen wurde mit GW170814 ein 4. Ereignis detektiert . . .

...und für GW150914 wurde der Nobelpreis an die "Gründerväter" 
verliehen.

von ●DesIntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


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jetzt wird endlich mal der tägliche Stau kürzer

von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Falk B. schrieb:
> Was sagt Sheldon Cooper dazu? Hat er die Ergebnisse gegengerechnet? ;-)

Kip Thorne:

>> An enormous amount of rich science is coming out of this [...]
>> For me, an amazing thing is that this has worked out just as I expected
>> when we were starting out back in the 80s. It blows me away that it
>> all come out as I expected.

Deutsch: Da hat nicht jemand eine Apparatur zusammengefrickelt, und erst 
nachdem "etwas" gemessen wurde, fing man an darüber nachzudenken, was 
das vielleicht bedeuten könnte.

Sondern bereits vor ~30 Jahren wurde die Grundlage des jetzigen Erfolges 
gelegt, indem man genau analysierte, wie stark zu erwartende Signale 
sind, wie sie aussehen, und ob ein Interferometer prinzipiell dazu in 
der Lage ist, diese zu detektieren.

Kip Thorne : Sheldon Cooper = 1 : 0

Was da an neuen Technologien entwickelt wurde und an 
Forschungsergebnissen rauskam ("rich sience"), ist einfach 
überwältigend; und die o.g. Vorlesungsreihe kann ich immer noch 
uneingeschränkt empfehlen.

Auch in Deutschland entwickelte Technologien waren wesentlich am Erfolg 
beteiligt, was bei der Bekanntgabe auch lohnend erfähnt wurde. 
Gleichwohl mag auch ein bitterer Beigeschmach dabei sein, dass GEO600 
nicht am Preis beteiligt ist, weil seinerzeit nicht genug Knete 
bewilligt wurde, um das anvisiertes GEO3000 zu bauen.

von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Inzwischen Gibt's eine 5. Detektion: GW170817

https://www.ligo.caltech.edu/page/press-release-gw170817

Das besondere ist, dass es sich diesmal nicht um 2 Schwarze Löcher 
gehandelt hat, die verschmolzen sind, sondern um 2 Neutronensterne.

Diese sind zwar nicht so schwer wie SL und eine Verschmelzung erzeugt 
entsprechend schwächere GWs, dafür sind sie aber nicht "schwarz", d.h. 
auch im elektromagntischen Spektrum zu beobachten -- was bei GW170817 
auch geschah!

von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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...hier noch weiterführende Dokumente:

[1]
LIGO: GW170817: Observation of Gravitational Waves from a Binary Neutron 
Star Inspiral
http://www.ligo.org/detections/GW170817/paper/GW170817-PRLpublished.pdf

[2]
ESO: Electromagnetic Observation of GW170817 Gravitational Wave 
Factsheet
https://www.eso.org/public/archives/releases/pdf/eso1733c.pdf

[3]
Multi-messenger Observations of a Binary Neutron Star Merger
https://dcc.ligo.org/public/0145/P1700294/006/ApJL-MMAP.pdf

Paar technische Details:

Das Signal wurde NICHT von Virgo detektiert, obwohl Virgo aktiv war. 
Dies verbesserte die Positionsbestimmung deutlich:

> [2]: Non-detection by Virgo Interferometer in Italy helped
> localised the source

> [1]: The low signal amplitude observed in Virgo significantly
> constrained the sky position, but meant that the Virgo data did
> not contribute significantly to other parameters.

Da LIGO auch eine Abschätzung für die Entfernung liefert, und es im 
entsprechend nahen Bereich nur relativ wenige Galaxien gibt, half das 
bei der Suche, und das Ereignis konnte mit Gamma-Ausbruch GRB170817A 
identifiziert werden.  Auch Beobachtungen im optischen Bereich passen 
dazu, z.B. Spektrallinien von Elementen, die im r-Prozess erzeugt 
werden.

https://en.wikipedia.org/wiki/Kilonova

Ganz interessant finde ich auch "Figure 2" aus [1].  Dort sieht man 
einen fetten Transienten bei ca. -0.6s der Livingston-Daten.  Dies 
führte dazu, dass nur LIGO-Hanford ein Ereignis meldete. "Visual 
inspection" der Daten zeigte aber ein klares Signal, worauf  der 
Livingston-Glitch mit einem Turkey-Filter rausgeschnitten wurde.  Nach 
(Wavelet-)Analyse des Glitches wurde er von den Rohdaten subtrahiert; 
das Resultat sieht man in "Figure 1".

Das ist ein schönes Beispiel, wie mit einer o.g. "Freakwave" umgegangen 
werden kann :-)

: Bearbeitet durch User
von ●DesIntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


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da ich die Links nur grob überflogen habe...

wie schnell sind eigentlich Gravitationswellen?

von Le X. (lex_91)


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● J-A V. schrieb:
> wie schnell sind eigentlich Gravitationswellen?

Die Raumzeit als "Trägermedium"* ist masselos, dementsprechend pflanzen 
sich Wellen hier mit c fort.


*: wieso muss ich bei dem Begriff an unseren Kurtl denken?

von H-G S. (haenschen)


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Die Raumzeit (?) soll ja 100 Sekunden gewackelt haben bei der 
Verschmelzung der beiden Neutronensterne ...

Und 200 Erdenmassen Gold und 500 Erdenmassen Platin sollen entstanden 
sein.

von R. M. (n_a_n)


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Gibt es (theoretisch) die Möglichkeit ein solches Ereignis auch in der
zeitlichen Komponente zu detektieren ?
Also wenn die Raumzeit verformt wird, messen die GW - Detektoren
eine räumliche Dehnung/Stauchung.
Was passiert mit der Zeit ?

von R. M. (n_a_n)


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von H-G S. (haenschen)


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R. M. schrieb:
> Also wenn die Raumzeit verformt wird, messen die GW - Detektoren
> eine räumliche Dehnung/Stauchung.
> Was passiert mit der Zeit ?

Die Zeit hängt vom Raum ab in dem etwas geschieht (denke ich) also wird 
die Zeit wohl mit verlngsamt und wieder verschnellert.

Ich lese täglich phys.org, kann mir aber nicht alles so präzise merken 
...

Beitrag #5178135 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


Angehängte Dateien:

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H-G S. schrieb:
> Die Raumzeit (?) soll ja 100 Sekunden gewackelt haben bei der
> Verschmelzung der beiden Neutronensterne ...

"Gewackelt" hat's länger, aber wegen der Nähe ist es das bislang 
stärkste Signal, das einen entsprechend großen SNR von bis zu 32 hatte 
und in der Wavalet-Darstellung schon rein optisch bis -30s 
nachvollziehbar ist.

Bildquelle: Wikipedia 
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:GW170817_signal.png

Oben hatte ich fälschlicherweise von "Verschmelzung" geschrieben; 
bislang ist mir aber das Resultat der Kollision nicht klar, und in einer 
Grafik hab ich nur ein "?" gesehen, was darauf hindeutet, dass das noch 
weiter untersucht wird.  Jedenfalls kann durch die Gezeitenkräfte 
Neutronensterne auch teilweise zerrissen werden, und es gab ja auch 
einiges an Ejekta wodurch das Ereignis auch im EM beobachtbar war.

Jedenfalls ist die Kollision komplizierter als bei 2 Schwarzen Löchern.

R. M. schrieb:
> Gibt es (theoretisch) die Möglichkeit ein solches Ereignis auch in der
> zeitlichen Komponente zu detektieren ?
> Also wenn die Raumzeit verformt wird, messen die GW - Detektoren
> eine räumliche Dehnung/Stauchung.
> Was passiert mit der Zeit ?

Technisch messen die Detektoren weder eine räumliche Dehnung oder 
Stauchung noch eine zeitliche, sondern eine Phasenverschiebung in einem 
Interferometer :-)

Dem Bau und Betrieb gehen natürlich Analysen voraus, wie sich GW auf die 
Phasenverschiebung auswirken.  Dabei spielt es dann auch eine Rolle, wie 
groß die Wellenlänge der GW im Vergleich zur effektiven Weglänge ist, 
die paar 100 mal größer ist als die Armlänge (zumindest bei 
erdgebundenen Detektoren wie LIGO). Bei allgebundenen Detektoren wie 
LISA ist die Berechnung etwas komplizierter da die relative Armlänge 
wesentlich großer ist.  Für die Details kann ich nur abermals die o.g. 
Vorlesungen von Thorne empfehlen, wo er das alles genau vorrechnet und 
auch die Vereinfachungen bei der Bereichnung für erdgebundene Detektoren 
begründet, die z.B. bei LISA so nicht mehr anwendbar sind.

Im Endeffekt wird über den relevanten Bereich der Raumzeit integriert 
wobei ein bestimmter, zeitlich-räumlich veränderlicher Strain angenommen 
wird, wie er von einer GW gemäß Theorie zu erwarten ist.

Beitrag #5178187 wurde von einem Moderator gelöscht.
Beitrag #5178294 wurde von einem Moderator gelöscht.
von ●DesIntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


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H-G S. schrieb:
> Verschmelzung der beiden Neutronensterne ...
>
> Und 200 Erdenmassen Gold und 500 Erdenmassen Platin sollen entstanden
> sein.

aus Neutronen werden auch wieder Protonen?

von Marek N. (Gast)


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von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Fun-Facts:

* "Gravitational Wave Memory"

Der Durchgang einer Gravitationswelle kann den Abstand der (frei 
hängenden) Spiegel in einem Gravitationswellen-Detektor wie LIGO 
dauerhaft ändern.

Der Effekt beruht darauf, dass sich die Raumzeit durch die GW dauerhaft 
ändert.  Es wurde nicht davon ausgegangen, dass LIGO diesen Effekt 
nachweisen bzw. messen kann.  Für aLIGO sieht das evtl. anders aus, 
falls man die erforderlichen Intergrationszeiten von ca 4 Monaten 
erreicht.

* "Gravitational Wave Kick"

Gravitationswellen transportieren nicht nur Energie, sondern auch 
(Dreh)-Impuls.

Je nachdem, wie die Kollision zweier Scharzer Löcher abläuft (abhängig 
von deren Kollisionsparametern, Massen und Spins) kann der asymmetrisch 
"abgestrahlte" Impuls so groß sein, dass das resultierende Schwarze Loch 
schnell genug wird, um die enthaltende Galaxie zu verlassen, d.h. die 
galaktische Fluchtgeschwindigkeit überschreitet.

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