Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Buck: Wie Regelschleife aufbauen?


von asd (Gast)


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Hallo,

ich will den Strom durch die Induktivität eines Buck-Konverters regeln. 
Nicht die Spannung am Ausgang (das wäre dann erst der zweite Schritt in 
einer weiter außen liegenden Regelschleife, und es wird abwechseln auf 
einen konstanten Strom auf eine konstante Spannung geregelt. Im zweiten 
Fall kommt dann der Strom-Sollwert aus einer übergeordneten 
Regelschleife, im ersten Fall ist der Sollwert einfach eine Konstante).
Die Regelung soll einen Sollwert bekommen und den mittleren Strom durch 
die Induktivität möglichst schnell und ohne großen Überschwinger dahin 
bewegen.
Der Übergang lückender zu kontinuierlichem Betrieb soll auch gemeistert 
werden, wobei die Regelgeschwindigkeit nur im kontinuierlichem Betrieb 
wichtig ist.
Stellgröße ist das duty cycle, ADC für den Strom hab ich. Regelung ist 
in Software.
Im kontinuierlichem Betrieb ist der Schalter recht gut modelliert als 
Spannungsquelle der Spannung U_in*duty_cyle, deswegen im Spice so 
modelliert.

Aber ich habe gerade keine Idee wie man die Regelung aufbauen könnte.
In der Literatur wird i.A. nur beschrieben wie man die Spannung regelt:
Ein Integrator (Pol bei f=0), dann die Cross-over-Frequenz als das 
5-fach der LC-Resonanzfrequenz wählen (darauf achten dass das dann max 
bei 20% der Schaltfrequenz liegt). Dann ein oder zwei Nullstellen 
unterhalb der Cross-over-Frequenz und die selbe Zahl Pole oberhalb 
positionieren, je nach dem wie viel man die Phase nach oben biegen muss 
um genügend Phasenreserve zu haben.

An sich könnte ich das selbe machen, nur mit einem zweiten Pol bei f=0, 
dann habe ich ja das selbe verhalten, aber es heißt in der Literatur 
dass I-Anteile die Regelung langsam machen, und dass zwei I-Anteile 
hintereinander nie eine gute Idee sind.
Außerdem wäre die Geschwindigkeit der Regelung die gleiche wie bei der 
Spannungsregelung. Gefühlt sollte der Strom wesentlich schneller und 
besser zu regeln sein als die Spannung, weil diese ja eine Ableitung des 
Stroms ist.

Der hohe Peak bei der Resonanzfrequenz ist auch so ein Thema. Der Peak 
bleibt da weil die Last keine Resistive ist, und deswegen nicht zur 
Dämpfung beiträgt.

Was ist eure Idee wie man diese Regelschleife konstruiert?

von THOR (Gast)


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asd schrieb:
> und den mittleren Strom durch
> die Induktivität möglichst schnell und ohne großen Überschwinger dahin
> bewegen.

Diese Anforderung bedeutet: Zweipunktregler.

von voltwide (Gast)


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Eine andere Möglichkeit: current mode statt voltage mode.

von desse (Gast)


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voltwide schrieb:
> Eine andere Möglichkeit: current mode statt voltage mode.

Wären denn die Anforderungen bei Voltage Mode überhaupt zu erfüllen?
Ich dachte bei Voltage Mode geht´s allein um die (sowas wie VFF 
"ausgelassen") Ausgangspannung.

Sinkt diese zu weit, wird bei PWM die Pulsbreite erhöht, bei 
Constant-On-Time
die Frequenz nach oben, bei Constant-Off-Time nach unten gefahren, 
Ergebnis vergleichbar ---> Duty-Cycle steigt, Ausgangsspannung auch...

von Al3ko -. (al3ko)


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Hi,
es mehrere Verfahren zur Regelung vom Buck Konverter - zwei weit 
verbreitete davon heißen:
- Voltage mode control
- Current mode control

Beim Voltage mode control wird die Ausgangsspannung direkt in ein Duty 
Cycle umgewandelt. Heißt also, für eine höhere Ausgangsspannung wird 
direkt ein höheres Duty Cycle eingestellt und umgekehrt.

In der Kleinsignalanalyse hat man entsprechend:

Ûout/DutyCycle = Übertragungsfunktion

Beim Current mode control wird die Ausgangsspannung in eine Spannung 
umgewandelt, die dem Sollstrom durch die Spule entspricht. Dieser 
Sollstrom wird dann mit dem Spulenstrom verglichen und über das Duty 
Cycle geregelt wird.

In der Kleinsignalanalyse hat man entsprechend:

ÎL/DutyCycle = Übertragungsfunktion


Vorteile im Current mode control ist, dass die Übertragungsfunktion ein 
System 1. Ordnung ist. Das erleichtert die Reglerauslegung. Beim Voltage 
mode control ist die Übertragungsfunktion ein System 2. Ordnung, weshalb 
ein komplexerer Regler verwendet wird.

Nachteil im Current mode control ist, dass es eine kaskadierte 
Regelschleife wird, da die Spannung erstmal in einen äquivalenten Strom 
umgewandelt wird.

Viel Erfolg,

von desse (Gast)


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Al3ko -. schrieb:
> Beim Voltage mode control wird die Ausgangsspannung direkt in ein Duty
> Cycle umgewandelt. Heißt also, für eine höhere Ausgangsspannung wird
> direkt ein höheres Duty Cycle eingestellt und umgekehrt.

Ja, so ist der eigentliche Zusammenhang. Da war ich ein wenig
voll daneben. (Übrigens schön verständlich erklärt. Danke! ;-)

Hoffentlich geht´s beim TO auch weiter.

von asd (Gast)


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> Vorteile im Current mode control ist, dass die Übertragungsfunktion ein
> System 1. Ordnung ist. Das erleichtert die Reglerauslegung.

Wenn ich die Spice Simulation im ersten Post ansehe, dann ist die 
Übertragungsfunktion vom Duty Cycle zum Strom doch auch 2.Ordnung? Es 
gibt auch eine Phasenverschiebung von 180° wenn man ober- und unterhalb 
der Resonanzfrequenz vergleicht? Oder wie ist das mit der 1.Ordnung 
gemeint?

Und das mit der Reglerauslegung: Kannst du eine Appnote o.ä. empfehlen? 
Eine Richtlinie wie man das für den Voltage Mode macht hab ich gefunden, 
jedoch nicht für den current mode. Leider erschließt sich mir das nicht 
von selber.

von Al3ko -. (al3ko)


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asd schrieb:
> Wenn ich die Spice Simulation im ersten Post ansehe, dann ist die
> Übertragungsfunktion vom Duty Cycle zum Strom doch auch 2.Ordnung? Es
> gibt auch eine Phasenverschiebung von 180° wenn man ober- und unterhalb
> der Resonanzfrequenz vergleicht? Oder wie ist das mit der 1.Ordnung
> gemeint?
Der Trick beim Current mode control ist, dass die Spule am Ausgang des 
Buck Konverters eine Konstantstromquelle wird. Somit  brauchst du das L 
nicht mehr in deiner Übertragungsfunktion zu berücksichtigen, und hast 
nur noch deinen Ausgangselko und deiner Last übrig.

> Und das mit der Reglerauslegung: Kannst du eine Appnote o.ä. empfehlen?
> Eine Richtlinie wie man das für den Voltage Mode macht hab ich gefunden,
> jedoch nicht für den current mode. Leider erschließt sich mir das nicht
> von selber.

Da du auch von ADC sprichst, gehe ich davon aus, dass du eine digitale 
Regelung implementieren willst.
Dann würde ich auch gleich auf die richtige Literatur zurückgreifen:
http://www.ti.com/lit/an/sprabe7a/sprabe7a.pdf

"Digital Peak Current Mode Control With Slope
Compensation Using the TMS320F2803x"

Cheers,

von asd (Gast)


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> Der Trick beim Current mode control ist, dass die Spule am Ausgang des
> Buck Konverters eine Konstantstromquelle wird.

Ich verstehe: Die Übertragungsfunktion I_soll zum Durchschnittsstrom 
durch die Spule wird eine Funktion 1.Ordnung, erst nachdem man die 
Regelschleife geschlossen hat.


> Da du auch von ADC sprichst, gehe ich davon aus, dass du eine digitale
> Regelung implementieren willst.
> Dann würde ich auch gleich auf die richtige Literatur zurückgreifen:
> http://www.ti.com/lit/an/sprabe7a/sprabe7a.pdf

Peak current control geht bei mir leider nicht, weil ich nur einen 
ADC-Wert pro Schaltperiode bekomme, der liefert den durchschnittlichen 
Strom (Delta-Sigma-ADC mit einer Datenrate gleich der Schaltfrequenz).
Ist das so eine unübliche oder ungünstige Konstellation dass es dazu gar 
keine Literatur gibt?

von Al3ko -. (al3ko)


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asd schrieb:
> Peak current control geht bei mir leider nicht, weil ich nur einen
> ADC-Wert pro Schaltperiode bekomme, der liefert den durchschnittlichen
> Strom (Delta-Sigma-ADC mit einer Datenrate gleich der Schaltfrequenz).
> Ist das so eine unübliche oder ungünstige Konstellation dass es dazu gar
> keine Literatur gibt?

Gar kein Problem. Es gibt auch Average Current Mode control. Die 
Gleichungen, wenn ich mich recht entsinne, bleiben die gleichen.

Mein Tipp:
Lies dich in die Materie ein, wie man die Übertragungsfunktion für 
Current mode control bekommt. Das wird dann ein System 1. Ordnung.

Dort würde ich dann einfach einen diskreten PI Regler implementieren. 
Wenn das Störverhalten nicht gut genug ist, würde ich ggf. auf einen 
2P2Z Regler übergehen (2P2Z ist die Äquivalenz zum Type II Compensator).

Auslegung sollte wie im ersten Link geschehen.

Viel Erfolg

Cheers,

von asd (Gast)


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Vielen Dank für die Tipps. Ein simpler PI Regler liefert bereits ein 
brauchbares Zeitverhalten.

von asd (Gast)


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Doch nochmal eine Frage:

Hier ist der Regler den ich design habe:
PI mit der Null bei ca 3000 1/rad (die linke Null), dann noch ein Phase 
lead um die Cross-Over Frequenz bei knapp 30000 1/rad herum.
Links ist das Bode-Diagramm des offenen Regelkreis dargestellt.
Die Resonanz bei 4000 1/rad ist der L/C-Schwingkreis des 
Buck-Konverters.

Zeitverhalten (rechts unten):
blau: Regler wie oben beschrieben
grün: nur der PI-Regler (Null bei 3000 1/rad), ohne das Phase Lead Glied

Das Phase-Lead-Glied macht das Zeitverhalten nur ein bisschen besser. An 
sich ist das so schon ok (ca. 500us bis Endwert ungefähr erreicht). Nur 
den Überschwinger bekomme ich nicht weg, was aber kein Problem ist.

Frage: Liege ich mit der Auslegung ungefähr richtig, oder würde man 
einen PI Regler (oder PI mit zusätzlicher Null/Pol-Stelle) eher anders 
auslegen?
Cross-Over-frequenz will ich nicht weiter nach oben schieben weil ich 
sonst mit der Forderung in Konflikt komme dass diese bei max. 10-20% der 
Schaltfrequenz liegen soll.

Hintergrund der Frage ist dass ich nur ein paar Daumenreglen der 
Regelungtechnik kenne (Phasenreserve, etc.), aber keine Erfahrung habe 
was in der Praxis erreichbar ist, bzw. nicht einschätzen kann ob das was 
jetzt raus gekommen ist eher am maximal erreichbaren Limit liegt, oder 
ob man den Regler auch noch wesentlich besser hin bekommen könnte.

von Hans_Dampf84 (Gast)


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> Peak current control geht bei mir
> nicht, weil ich nur einen ADC-Wert
> pro Schaltperiode

Bei der in der App Note verwendeten Mikrocontrollerfamilie (c2000) 
überhaupt kein Problem. Für peak current mode einfach einen Eingang mit 
comparator verwenden. Man kann intern sogar sehr bequem eine slope 
compensation realisieren. Das sollte sogar mit den etwas in die Jahre 
gekommenen Atmels gehen.

Auch average current mode geht klasse mit den Dingern! Aber auch hier 
wirst du einen comparator an dem adc Eingang deiner Strommessung 
brauchen, um eine Cycle by Cycle OCP zu realisieren. Zu Beginn deiner 
Entwicklung ein sicher hilfreiches Feature!

Hab mit dem C2000 schon eine 2ph interleaved CCM PFC realisiert.
Wirklich toller Controller!


Meine Daumenregeln zum auslegen der Regler:

Phasenreserve > 45* (Achtung bei digitaler Realisierung der Regler bei 
deren Auslegung zusätzlich 2Pi * F.x/F.A mit einrechnen - die 
Phasenverschiebung die durch die Quantisierung eingefügt wird! - bei der 
Voltage Loop ggf. zu vernachlässigen, bei peak current mode tritt das 
durch den comparator I.d.R. nicht auf, bei average current mode kommen 
da je nach Auslegung schon mal 20* raus)

Gainmargin> 10dB

Um deine Regelung zu verifizieren empfehle ich z.B. den Bode100!

Viel Erfolg!

(entschuldige die *, ich schreib grad vom iPhone)

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