Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik "Intelligente" USB-Ladegeräte


von Michael (Gast)


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Ich habe eine Verständnisfrage, bei der ich mit Google nichts finden 
konnte:
Es gibt ja für Handys, Tablets etc. Ladegeräte, von denen die jeweiligen 
Hersteller behaupten, dass diese Ladegeräte eine eingebaute 
"Intelligenz" hätten, die erkennt, was für ein Gerät angeschlossen ist 
(Apple, Samsung..) und die daraufhin schneller oder langsamaer oder 
"besser" laden sollen. Stimmt das? Wie soll das funktionieren?
Zunächst einmal würde ich annehmen, dass ein Handy o.ä. einen gewissen 
Strom zieht und das Ladegerät als dummer Trafo bzw. dummes Netztteil 
diesen Strom bis zu einer Grenze (2,1 A oder so) zur Verfügung stellt.
Ist da eine Erkennung von Ladenotwendigkeiten eingebaut? Wie 
funktioniert das? Wie kann ein Ladegerät ""schneller" laden?  Oder ist 
das reines Marketing?
Michael

von ??? (Gast)


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die ältere Methode funktioniert mit Widerständen von + oder Masse zu 
einer der Datenleitungen D+/D- oder zwischen den Datenleitungen. Die 
neuere Methode macht Datenkommunikation nach USB-Standard oder auch 
eigenee Protokolle...

von Noch ein (Gast)


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Google mal nach TPS2511.
Da wird im Datenblatt erklärt wie der zulässige Strom festgestellt wird.

von Stefan (Gast)


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Zur Ergänzung,

??? schrieb:
> die ältere Methode funktioniert mit Widerständen von + oder Masse zu
> einer der Datenleitungen D+/D- oder zwischen den Datenleitungen.

http://www.usb.org/developers/docs/devclass_docs/USB_Battery_Charging_1.2.pdf
Stichwort BC 1.2

??? schrieb:
> Die
> neuere Methode macht Datenkommunikation nach USB-Standard

http://www.usb.org/developers/powerdelivery/
Stichwort: Power Delivery

Über USB-C lässt sich der Strom übrigens auch mit Widerständen auf der 
CC-Leitung bestimmen (500/900mA, 1.5A, 3A). Dann aber nur mit 5V und nur 
bis 3A. Ansonsten sind mit USB PD bis 20V/5A möglich. Das ist alles 
unter dem obenstehenden Link und unter gleichen Seite unter USB-C 
nachzulesen.

Dann gibt es noch bspw. Qualcomm QuickCharge, dass auch mit einer 
Datenkommunikation funktioniert, die höhere Spannungen/Ströme zulässt.

Es wird also zwischen Verbraucher und Ladegerät kommuniziert, um eine 
bestgeeignete Spannungs-/Stromkombination auszumachen. Danach wird die 
ausgemachte Leistung vom Ladegerät zu Verfügung gestellt.

Freundliche Grüsse,

von Stefan F. (Gast)


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Auf jeden Fall befindet sich der Laderegler, der die Stromstärke regelt, 
im Handy. Nicht im Netzteil.

Bei USB C sendet das Handy dem Netzteil ein Signal, worauf das Netzteil 
ggf. auf eine höhere Spannung umschaltet.

Bei den weiter verbreiteten "herkömmlichen" USB Netzteilen ist es anders 
herum. Das Netzteil teilt dem Handy über Widerstände auf den 
Datenleitungen mit, wie hoch es maximal belastbar ist.

Allerdings sind diese Widerstände nicht standarisiert. In der Regel 
führt dies dazu, daß Handies an Ladegeräten der falschen Marke auf die 
geringste Stufe herunter schalten, und das sind 500mA.

Ich möchte hier auch mal erwähnen, daß im Handy Umfeld die Begriffe 
"Ladegerät" und "Netzteil" häufig wild durcheinander geworfen werden. 
Die meisten Handies werden mit einem Netzteil geliefert, das eine 
einigermaßen Konstante Spannung abgibt. Der Laderegler befindet sich 
dann im Handy.

Als "Ladegerät" würde ich nur Netzteile bezeichnen, die den Laderegler 
beinhalten, also die von Dir angesprochene "intelligenz", den Akku 
schnell zu laden aber nicht zu überladen.

Es gab aber auch Handies (z.B. von Nokia) wo das Netzteil die 
Stromstärke geregelt hat. Der Laderegler im Handy reduzierte sich auf 
einen einfachen Schalter, der den Stromfluss unterbrach, wenn der Akku 
voll war. Gibt's diese Variante heute noch? Ich weiß es nicht.

von Michael (Gast)


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Vielen Dank für die vielen tollen Erklärungen und die sehr guten Links. 
Ich habe mir das alles ein paar mal durchgelesen und es ist schon 
einiges klarer geworden. Es ist aber wirklich sehr kompliziert - was man 
zunächst gar nicht vermuten würde.
Die Spanne reicht anscheinend irgendwie von
- Das Netzteil ist dumm und gibt stur 5V bis zu einer maximalen 
Stromshärke raus. Das Handy hat einen Laderegler, der sich den 
gewünschten Strom zieht, bis der Alku im Handy geladen ist
über
- im Netzteil sind Widerstände an den Datenleitungen, die dem Handy den 
maximal möglichen Ladestrom signalisieren
bis
- im Ladegerät ist ein TPS2511 o.ä., der hardwaretechnisch feststellt, 
was das Handy möchte
bzw. es findet eine Software-Kommunikation statt.
Sehr verwirrend.
Wenn ich nun eine Unterputzsteckdose kaufe, die als "intelligent" 
beschrieben wird, wie findet da die Vereinbarung statt, wie geladen 
wird? Das angeschlossene Handy kommt dann mit seiner eiggnen 
"Intelligenz" und will wissen, wieviel Strom es bekommen kann. Der Chip 
in der USB-Steckdose testet seinerseits, was angeschlossen ist. 
Irgendwie testet jeder den anderen, oder?
Wie unterscheiden sich tatsächlich die handelsüblichen 
USB-Unterputzsteckdosen? Sind in KFZ-Adaptern auch diese Chips wie 
TPS2511 drin oder geben die einfach 5V raus? Wenn 'mal so, mal so': 
Kollidiert das nicht mit den Ladechips im Hand?
Klar: Früher war alles simpel: Netzteil mit 5V und Handy nimmt sich den 
Strom, den es braucht. Wenn das zu viel war, dann wurde das Netzteil 
eben heiß. Jetzt muss ja aber auch noch alles zusammenarbeiten, aber wie 
funktioniert das, wenn Ladegerät (Netzteil mit TPS2511 o.ä.) und 
modernes Handy sich jeder für intelligent halten? Ich habe die 
bisherigen Antworten ein paar Mal gelesen, aber es geht nich nicht in 
meinen Kopf, wie beide Seiten nun in der Praxis kommunizieren. Was 
können die USB-Unterputzdosen? Sind die alle vom Prinzip gleich? Was 
passiert, wenn eine davon billig ist und keinen TPS drin hat?

von Harald A. (embedded)


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Michael schrieb:
> Vielen Dank für die vielen tollen Erklärungen und die sehr guten Links.
> Ich habe mir das alles ein paar mal durchgelesen und es ist schon
> einiges klarer geworden. Es ist aber wirklich sehr kompliziert - was man
> zunächst gar nicht vermuten würde.

Eigentlich ist es relativ simpel. Das Mobilgerät muss halt nur wissen, 
was es ziehen darf. Am PC darf es nur 0.5A ziehen (eigentlich auch nur 
nach Aushandlung, aber das macht heute kaum jemand so, die 0.5A gehen 
eigentlich immer). Dann gibt noch Ladegeräte unterschiedlicher 
Leistungsklassen, typisch 5W oder 10W.

> Die Spanne reicht anscheinend irgendwie von
> - Das Netzteil ist dumm und gibt stur 5V bis zu einer maximalen
> Stromshärke raus. Das Handy hat einen Laderegler, der sich den
> gewünschten Strom zieht, bis der Alku im Handy geladen ist
> über
Wenn es überhaupt keine Beschaltung gibt, zieht der Verbraucher max. 
0.5A gemäß USB Spec.

> - im Netzteil sind Widerstände an den Datenleitungen, die dem Handy den
> maximal möglichen Ladestrom signalisieren

Das macht der Hersteller des Originalladegerätes so, denn Widerstände 
sind eben billiger als ein ein Chip, der auch die Prinzipien anderer 
Hersteller beherrscht. Warum sollte er diese Kosten investieren? Bei 
Apple z.B. braucht man eine Unterscheidung, weil es zu Anfang (und immer 
noch für kleinere Geräte) das 5W Netzteil gibt. Das Tablet lädt aber mit 
10W, wenn man das passende größere Netzteil anschließt.



> - im Ladegerät ist ein TPS2511 o.ä., der hardwaretechnisch feststellt,
> was das Handy möchte
> bzw. es findet eine Software-Kommunikation statt.

Das mit dem IC machen die Drittanbieter von Ladegeräten, denn sie 
wollen, das ihr Ladegerät möglichst viele Standards beherrscht und 
natürlich vom Benutzer als leistungsstark empfunden wird.


> Wenn ich nun eine Unterputzsteckdose kaufe, die als "intelligent"
> beschrieben wird, wie findet da die Vereinbarung statt, wie geladen
> wird?
Siehe Drittanbieter.


> Das angeschlossene Handy kommt dann mit seiner eiggnen
> "Intelligenz" und will wissen, wieviel Strom es bekommen kann.

Will es nicht "wissen", anhand der vorgefundenen Beschaltung an D+/- 
stellt es einen Strom ein, typisch 1A oder 2A, oder eben 500mA als 
Fallback.


> Der Chip
> in der USB-Steckdose testet seinerseits, was angeschlossen ist.

Wenn da ein Chip drin ist, probiert er verschiedene Varianten durch bis 
ein max. Strom fließt.


> Irgendwie testet jeder den anderen, oder?

Kann man so sagen.

> Wie unterscheiden sich tatsächlich die handelsüblichen
> USB-Unterputzsteckdosen? Sind in KFZ-Adaptern auch diese Chips wie
> TPS2511 drin oder geben die einfach 5V raus?

Wenn die es gut gemacht haben, dann ist es so. Einfache Ladegeräte haben 
manchmal auch nur die 4 "Apple"-Widerstände drin, schon so gesehen. Dann 
geht es halt nur mit Apple schnell und sonst eben nur mit 500mA.


> Kollidiert das nicht mit den Ladechips im Hand?

Nein.

> Klar: Früher war alles simpel: Netzteil mit 5V und Handy nimmt sich den
> Strom, den es braucht. Wenn das zu viel war, dann wurde das Netzteil
> eben heiß.

Ich finde diese neue Lösung einfach und gut.

> Jetzt muss ja aber auch noch alles zusammenarbeiten, aber wie
> funktioniert das, wenn Ladegerät (Netzteil mit TPS2511 o.ä.) und
> modernes Handy sich jeder für intelligent halten?

Wie beschrieben, das geht ja unabhängig voneinander.

Ich habe die
> bisherigen Antworten ein paar Mal gelesen, aber es geht nich nicht in
> meinen Kopf, wie beide Seiten nun in der Praxis kommunizieren.

Die kommunizieren ja nicht, das Netzteil bietet an und das Mobilteil 
stellt sich darauf ein. Den TPS bräuchte man nicht, ein Schiebeschalter 
mit den verschiedenen Möglichkeiten würde auch gehen, wenn immer das 
gleiche Zeug angeschlossen wird. Aber wer von den Noobs sollte das 
bedienen können und wollen?


> Was
> können die USB-Unterputzdosen?

Beschrieben ist das meist nicht, fragen kann man auch niemanden, weil 
das außerhalb der Entwicklungsabteilung keiner mehr blickt. Testen mit 
einem USB Ladetestgerät für wenige Euros, notfalls zurücksenden.

Sind die alle vom Prinzip gleich? Was
> passiert, wenn eine davon billig ist und keinen TPS drin hat?

Nein, sind sie nicht. Es geht oder es geht nicht. So ist das eben.

: Bearbeitet durch User
von (prx) A. K. (prx)


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Stefan U. schrieb:
> Es gab aber auch Handies (z.B. von Nokia) wo das Netzteil die
> Stromstärke geregelt hat.

Der Wildwuchs an verschiedensten Ladegeräten mit den verschiedensten 
Anschlüssen führte bereits 2009 zu einer EU Vereinbarung zugunsten der 
allseits bekannten 5V Mikro-USB Lader. Durch den heutigen Strombedarf 
ist die zwar veraltet, aber dafür gibts seit 2017 eine neue Runde. Das 
lässt wenig Raum für Exoten.

: Bearbeitet durch User
von Frank (Gast)


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Kann man vielleicht sagen: Normalerweise würde der PC an seiner 
USB-Schnittstelle einem angeschlossenen Handy durch verschiedenartige 
Beschaltung von D+ und D- anzeigen, bis zu wieviel Ampere das 
angeschlossene Gerät ziehen darf. Im Falle von 
Netzgeräten/Wandwarzen/USB-Unterputzsteckdosen signalisieren 
spezialisierte ICs das. Das angeschlossene Smartphone erkennt in allen 
Fällen, welche maximale Stromstärke die Spannungsquelle (PC, 
Netzgeräten,.) erlaubt und stellt sich darauf ein, indem es nicht höhere 
Ströme zieht. So wäre mein Verständnis.

von Stefan F. (Gast)


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> Normalerweise würde der PC an seiner USB-Schnittstelle einem
> angeschlossenen Handy durch verschiedenartige Beschaltung von D+
> und D- anzeigen, bis zu wieviel Ampere das angeschlossene Gerät
> ziehen darf.

Falsch, am PC gilt der USB Standard und der erlaubt (bei USB 2.0) 
maximal 500mA.

> Im Falle von Netzgeräten/Wandwarzen/USB-Unterputzsteckdosen
> signalisieren spezialisierte ICs das.

Wie gesagt sind es dort normalerweise nur einfache Widerstände und die 
verwendet jeder Hersteller anders.

> Das angeschlossene Smartphone erkennt in allen
> Fällen, welche maximale Stromstärke die Spannungsquelle (PC,
> Netzgeräten,.) erlaubt

Nein, eben nicht "in allen Fällen". In der Praxis funktioniert die 
Erkennung nur mit den Netzteilen des jeweiligen Herstellers bzw. dazu 
kompatiblen Netzteilen. Ein Netzteil für Apple ist normalerweise nicht 
zu Samsung kompatibel. Jeder Hersteller (nicht nur diese beiden) macht 
es anders.

Im Falle der Inkompatibilität, ziehen die Smartphones maximal 500mA.

von Patrick J. (ho-bit-hun-ter)


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Hi

Frank schrieb:
> Normalerweise würde der PC an seiner
> USB-Schnittstelle einem angeschlossenen Handy durch verschiedenartige
> Beschaltung von D+ und D- anzeigen, bis zu wieviel Ampere das
> angeschlossene Gerät ziehen darf.

Gerade Da dürfte eine Kommunikation zwischen PC und Handy die deutlich 
einfachere Art sein, den Ladestrom auszuhandeln.
Das mit den Widerständen wurde eingeführt, damit das Handy 'weiß', daß 
es MEEEHR nehmen kann, als die 100mA/500mA(nach Verhandlung), Die der PC 
rausrücken kann und somit das Handy mit Original-Ladegeräten deutlich 
schneller laden konnte.

Alternativ saugt das Handy so viel Strom, bis die Spannung auf glaub 
4,8V eingebrochen ist (da gibt es eine Minimum-Spannung, Die nicht 
unterschritten werden darf).

MfG

von Kolja L. (kolja82)


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Mal ne kurze Zwischenfrage:
Ist es sinnvoll, sich ein 10fach Handy Ladegerät aus einen großen SNT 
und zehn Buchsen aufzubauen?

von nicht Gast (Gast)


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Kolja L. schrieb:
> Mal ne kurze Zwischenfrage:
> Ist es sinnvoll, sich ein 10fach Handy Ladegerät aus einen großen SNT
> und zehn Buchsen aufzubauen?

Du meinst, einen USB Anschluss, der 5V @ ~10A bereitstellen kann?

Wenn das aufzuladende Gerät den Strom unterstützt ja, ansonsten wird 
halt nur zB ein Ampere gezogen.

von Noch einer (Gast)


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> einen großen SNT und zehn Buchsen...

Was machst du, wenn einige der Handies laden, bis die Spannung auf 4,8 
Volt einbricht. Und andere Handies stellen über OTG Spannung für 
Usbgeräte zur Verfügung?

von Harald A. (embedded)


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Kolja L. schrieb:
> Mal ne kurze Zwischenfrage:
> Ist es sinnvoll, sich ein 10fach Handy Ladegerät aus einen großen SNT
> und zehn Buchsen aufzubauen?

Die sind immer mal wieder fertig aufgebaut von Anker und vielen anderen 
bei Amazon (manchmal im Angebot) erhältlich, da lohnt ein Eigenbau mit 
den erwähnten TPS-ICs auf keinen Fall. Der Brandgutachter findet die 
auch besser.

: Bearbeitet durch User
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