Ich habe ein BMS für den Reva meines Bruders gebaut. Der will demnächst auf Li-Zellen umrüsten. Klappt alles, nur eine Erfahrung lässt mich immer noch die Stirn runzeln. Das hatte ich noch nicht: Während der Bauphase stand u.A. auch an, die Schaltungen (Balancerplatinen, Balancermaster, Cockpitanzeige) bei unterschiedlichen Temperaturen zu testen (ich wollte wissen, ob die Schnittstellen der Controller auch immer brav synchron laufen, ist ja KFZ). Also zuerst rein in die Kühltruhe (-15°), dann ab in den Ofen (50°). Nicht beim Abkühlen, erst beim Erwärmen fiel bei etwa 40° zuerst ein Kanal auf einer Balancerplatine, danach das Display der Cockpitanzeige aus. Der mistmessende Kanal (Werte sprangen nur wild) reanimierte sich nach Abkühlung wieder, das Display nicht. Die Fehler waren recht schnell gefunden. Bei der Cockpitanzeige konnte ich die kalte Lötstelle an der Datenleitung zwischen Controller und Display direkt messen und nachlöten. Beim Kanal (wahrscheinlich war's am Spannungsteiler) konnte ich absolut nix verdächtiges sehen, drum habe ich einfach alle Lötstellen noch mal nachgelötet - funzt. Noch als Info: Die Schaltungen sind handgeätzt/-gelötet und liefen über drei Wochen, in denen ich die Controller programmiert habe, bei Raumtemperatur einwandfrei. Die Lötstellen haben sich also meiner Ansicht nach erst durch den Temperaturwechsel mechanisch gelöst. Fragen: - Was mir nicht in den Kopf will: Wieso beim Erwärmen? Hätte sich das Metall nicht beim Abkühlen zusammenziehen sollen? - Macht Ihr bei Euren Schaltungen für Draußen auch so einen Hermann? Respektive muss ich jetzt jedes mal, wenn ich eine Schaltung für einen weiten Temperaturbereich jenseits der kuscheligen 20° baue, das Teil erst Einfrieren, dann Backen, um zu prüfen, ob die Lötstellen noch in Ordnung sind?
Horst S. schrieb: > - Was mir nicht in den Kopf will: Wieso beim Erwärmen? Weil da mehrere Materialen beteiligt sind, die unterschiedliche Ausdehnungskoeffizienten haben... > - Macht Ihr bei Euren Schaltungen für Draußen auch so einen Hermann? > Respektive muss ich jetzt jedes mal... prüfen, ob die Lötstellen noch in > Ordnung sind? Nein. Man sorgt dafür, dass der Fertigungs- bzw. Lötprozess stabil ist. Wenn man das selbst von Hand lötet, dann sieht man das ja sofort...
Horst S. schrieb: > Die Lötstellen haben sich also meiner > Ansicht nach erst durch den Temperaturwechsel mechanisch gelöst. Das ist nur eine Vermutung, und nicht sehr wahrscheinlich. Schlechte Lötstellen haben oft trotzdem Kontakt, manchmal jahrelang, aber gegen Temperaturwechsel bzw. mechanische Spannungen sind sie natürlich viel empfindlicher als korrekte Lötstellen. Ich behaupte mal: die Löterei war von vornherein nicht gut, mit einwandfrei gelöteten Baugruppen passiert so etwas nicht. Ausnahmen sind grossflächige, direkt aufgelötete Bauteile wie die alten Prozessoren in Keramikgehäusen, aber das gibt es heute nicht mehr. TQFP z.B. hat geschwungene Beinchen, die können solche Spannungen gut ausgleichen. Und wenn so ein Beinchen auf das Pad drückt hat es Kontakt auch wenn es garnicht gelötet ist. Georg
Lothar M. schrieb: > Weil da mehrere Materialen beteiligt sind, die unterschiedliche > Ausdehnungskoeffizienten haben... Wie jetzt? Das Widerstandsbeinchen dehnt sich bei THT weniger aus, als das Lötzinn? Das Lötzinn liegt doch um das Beinchen und dehnt sich auch zum Beinchen hin aus, oder nicht? Ich muss mal ganz dumm die Experten fragen: Wann tritt denn der Fehler einer sich lösenden Lötstelle üblicherweise auf. Bei Kälte oder bei Wärme?
Wenn es nicht gerade um extrem hohe oder niedrige Temperaturen geht, sollte es egal sein, ob der Fehler beim Erwärmen oder beim Abkühlen entsteht. Ursache sind ja die auftretenden Scherkräfte, die ihrerseits durch unterschiedliche Ausdehnungskoeffizienten entstehen. Anders ausgedrückt: Wenn der Zustand des Lotes bei niedriger Temperatur (ev. spröder) oder bei hoher Temperatur (ev. geschmeidiger) eine Rolle spielt, so ist bereits an anderer Stelle was schiefgelaufen.
Horst S. schrieb: > Das Lötzinn liegt doch um das Beinchen und dehnt sich auch > zum Beinchen hin aus, oder nicht? Es geht ja nicht darum, ob sich etwas ausdehnt, sondern dass der Ausdehungskoeffizient verschieden ist, z.B. dehnt sich FR4 stärker aus als die meisten Metalle. Horst S. schrieb: > Wie jetzt? Das Widerstandsbeinchen dehnt sich bei THT weniger aus, als > das Lötzinn? Für die ersten elektronischen Einspritzungen gab es 2seitige Leiterplatten ohne Durchkontaktierung, da waren für jeden Lagenwechsel versetzte Pads und U-förmige Drähte drin, um Spennungen zwischen oben und unten auszugleichen. Seit es metallische Durchkontaktierungen gibt, ist das völlig obsolet, wie Zillionen von DK-Pads beweisen. Die Verbindung von DK-Hülse, Lötzinn und Bauteilanschluss im Bohrloch ist viel zu stabil um jemals zu reissen. Wenn du das nicht glaubst, musst du eine völlig neuartige LP-Technik entwickeln. Zuverlässige Durchkontaktierungen gehören zur Basis unserer heutigen Technik. Georg
Hmm, wenn ich Wikipedia glauben darf, schaffe ich durchs Löten eine Oberflächenlegierung. Eine kalte Lötstelle, wie in meinem Fall, ist wohl eher ein Breadboard, in dem ein Metall das andere einklemmt, bis es durch Erschütterung oder Tenperaturwechsel diese Klemmung löst. Bleibt mir also doch bei der Handlöterei nur, die Schaltung mal ordentlich auf den Tisch zu donnern und dann dem Temperaturwechsel auszusetzen? Oder ich habe den Ärger später. Naja, ich könnte mir auch mehr Mühe beim Löten geben :-)
Horst S. schrieb: > Bleibt mir also doch bei der Handlöterei nur, die > Schaltung mal ordentlich auf den Tisch zu donnern Das wuerde ich nicht tun. Oder ziehst Du Schrauben auch immer mit dem Vorschlaghammer an? > und dann dem Temperaturwechsel auszusetzen? Naja, Voralterung zum Aussortieren der Fruehausfaelle ist ja durchaus ueblich. Ruetteltisch und Temperatur- wechselbeanspruchung sind sicher nicht verkehrt. Aber ich wuerde mich bissl informieren und Augenmasz walten lassen. Wenn Du 100.0% Fruehausfaelle hast, machst Du was falsch.
Possetitjel schrieb: > Ruetteltisch und Temperatur- > wechselbeanspruchung sind sicher nicht verkehrt. Rütteltisch machte der Transport aus der Fertigung ins Prüffeld das Rack, bzw. die Rollboxen :) RunIn und BurnIn die 72h Klimakammer.
Horst S. schrieb: > Wann tritt denn der Fehler > einer sich lösenden Lötstelle üblicherweise auf. Wenn sie von vornherein schlecht ist.
Horst S. schrieb: > Hmm, wenn ich Wikipedia glauben darf, schaffe ich durchs Löten eine > Oberflächenlegierung. Ja, das muss du eben auch schaffen. Wenn du ein oxidiertes Beinchen hast und das nur mit Lötzinn (und Flußmittel) ins Loch "klebst", dann ist da halt noch nichts legiert und die Verbindung so gut, wie wenn du zwei Drähte locker miteinander verdrillst. Kann gut gehen, muss aber nicht...
Possetitjel schrieb: > Das wuerde ich nicht tun. Oder ziehst Du Schrauben > auch immer mit dem Vorschlaghammer an? 200m! Muss das Bouut abkönnen. Spart den Crashtest!
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