Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Präzisionsgleichrichter Kompensation der Diodenschwellspannung


von Matthias S. (chromzone)


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Hallo zusammen,

meine Frage bezieht sich auf eine aktive Gleichrichterschaltung.

https://www.google.de/search?q=präzisionsgleichrichter&hl=de&site=webhp&prmd=mivn&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwj8kevZt8jVAhXEOhQKHYSVCjYQ_AUICigC&biw=768&bih=928#imgrc=pP0IcrNGhH2atM:

Mir ist klar wie Operationsverstärker grundlegend funktionieren.
Warum wird dabei aber die Diodenschwellspannung kompensiert?

Klar ist dass die OPs ihre Ausgangsspannung nachregeln und erhöhen, aber 
warum?

Danke schonmal!

Chrom

von Hp M. (nachtmix)


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Matthias S. schrieb:
> Klar ist dass die OPs ihre Ausgangsspannung nachregeln und erhöhen, aber
> warum?

Weil sie eine sehr hohe Spannungsverstärkung haben, z.B. einige 
Hunderttausend, und  somit -BEI PASSENDER BESCHALTUNG- dafür sorgen, 
dass ihre Differenzeingangsspannung praktisch zu Null wird.

von Purzel H. (hacky)


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Diese sehr hohe Verstaerkung ist aber frequenzabhaengig und kann recht 
schnell zusammensacken...

von Jens G. (jensig)


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>Mir ist klar wie Operationsverstärker grundlegend funktionieren.

Diesen Satz glaube ich nicht wirklich, denn dann dürfte so eine Frage 
nicht kommen:

>Warum wird dabei aber die Diodenschwellspannung kompensiert?

Würde diese nicht kompensiert werden, würde der OPV an seinen Eingängen 
unterschiedliche Spannungen sehen. Unterschiedliche Spannungen bewirken 
aber ein Gegensteuerung über die Gegenkopplung.
Die gleichgerichtete Spannung für die eine Halbwelle wird ja zw. 
Gegenkopplungs-R und der einen Diode abgenommen. Die andere Halbwelle 
wird dagegen über die andere Diode direkt gegengekoppelt, und kommt 
nicht am Ausgang (zw. Gegenkoplungs-R und erster Diode) an (ist in dem 
Moment 0V)

von Jens G. (jensig)


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Zwölf Mal Acht (hacky) schrieb:

>Diese sehr hohe Verstaerkung ist aber frequenzabhaengig und kann recht
>schnell zusammensacken...

Das ist aber nicht spezifisch für den Prazi-Gleichrichter.

von Klaus (Gast)


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Matthias S. schrieb:
> Warum wird dabei aber die Diodenschwellspannung kompensiert?

Mal anders gedacht:

Bei einem Signal von 1V macht die Diodenspannung ne Menge aus. Verstärke 
ich das Signal 100 000 fach und geh dann auf die Diode, spielt die Diode 
eigentlich keine Rolle mehr.

MfG Klaus

von Falk B. (falk)


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@ Klaus (Gast)

>> Warum wird dabei aber die Diodenschwellspannung kompensiert?

>Mal anders gedacht:

>Bei einem Signal von 1V macht die Diodenspannung ne Menge aus. Verstärke
>ich das Signal 100 000 fach und geh dann auf die Diode, spielt die Diode
>eigentlich keine Rolle mehr.

Tja, so funktioniert aber der Präzisionsgleichrichter nicht.

http://sound.whsites.net/appnotes/an001.htm

Figure 1 erklärt das ganz gut. Bei positiver Eingangsspannung sieht der 
OPV eine kleine Spannungsdifferenz am EIngang, welche bewirkt, daß der 
OPV Ausgang nach oben geht. Solange bis die Eingangsspannungsdifferenz 
wieder fast 0V ist. Die Kathode der Diode ist auf der gleichen Spannung 
wie der Eingang, der OPV-Ausgang um die Flußspannung höher.

Bei negativer Ausgangsspannung versucht der OPV das Gleiche, schafft es 
aber nicht, weil die Diode sperrt. Also kracht er an den negativen 
Anschlag seiner Betriebsspannung. Die Kathode der Diode wird über R2 auf 
0V gehalten, der sehr kleine Leckstrom der Diode spielt hier keine 
Rolle.

von Werner H. (werner45)


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Anschaulicher wird die Schaltung, wenn man die Ströme betrachtet.
Der hineinfließende Strom muß gleich dem abfließenden sein, sonst würde 
es eine Spannungsänderung am Eingang geben, was der OpV verhindert.

In den Schaltungsbeispielen gibt es auch welche mit Strompfeilen.

Gruß   -   Werner

von Matthias S. (chromzone)


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Hallo Leute,

Vielen Dank für die schnellen und verständlichen Antworten.

So langsam macht diese Schaltung einen Sinn für mich ;)

von Wolfgang (Gast)


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Zwölf M. schrieb:
> Diese sehr hohe Verstaerkung ist aber frequenzabhaengig und kann recht
> schnell zusammensacken...

Da ist nichts mit "kann zusammensacken". Sie nimmt ganz bestimmt und 
ganz definiert mit der Frequenz ab.

Die (Leerlauf)-Verstärkung eines OPs ist durch das 
Verstäerkungs-Bandbreiten-Produkt charakterisiert. Aus der Tatsache, 
dass das Produkt konstant ist, folgt automatisch, dass die Verstärkung 
pro Oktave um 6dB abnimmt - überall.

von Falk B. (falk)


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@ Wolfgang (Gast)

>Die (Leerlauf)-Verstärkung eines OPs ist durch das
>Verstäerkungs-Bandbreiten-Produkt charakterisiert.

Ja.

> Aus der Tatsache,
>dass das Produkt konstant ist, folgt automatisch, dass die Verstärkung
>pro Oktave um 6dB abnimmt - überall.

Nein, denn dann hätte man ja keinerlei flachen Frequenzgang. Eher so. Je 
nach Verstärkung, welche sich durch die exteren Rückkopplung ergibt, 
verläuft der Frequenzgang bis zu einem Punkt konstant und fällt dann mit 
10db/Dekade ab.

von Klaus (Gast)


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Falk B. schrieb:
> Tja, so funktioniert aber der Präzisionsgleichrichter nicht.

Eigentlich doch. Die Eingangsspannung wird um 100 000 (oder was der OPV 
so immer kann) verstärkt und über die Diode in die Gegenkopplung 
geleitet. Sobald diese verstärkte Spannung größer als der Diodendrop 
wird, fängt die Gegenkopplung an zu wirken und die Gesamtverstärkung 
fällt auf den Wert, den die Gegenkopplung vorgibt, zurück. Ist halt nur 
eine andere Sichtweise des selben Sache.

MfG Klaus

von Falk B. (falk)


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@Klaus (Gast)

>> Tja, so funktioniert aber der Präzisionsgleichrichter nicht.

>Eigentlich doch. Die Eingangsspannung wird um 100 000 (oder was der OPV
>so immer kann) verstärkt und über die Diode in die Gegenkopplung
>geleitet. Sobald diese verstärkte Spannung größer als der Diodendrop
>wird, fängt die Gegenkopplung an zu wirken und die Gesamtverstärkung
>fällt auf den Wert, den die Gegenkopplung vorgibt, zurück. Ist halt nur
>eine andere Sichtweise des selben Sache.

Das ist aber eine andere Beschreibung als in deinem ersten Beitrag. 
Diese ist soweit OK, die erste nicht.

von Wolfgang (Gast)


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Falk B. schrieb:
> Nein, denn dann hätte man ja keinerlei flachen Frequenzgang.

Es ging bei der Aussage um den Frequenzgang des reinen OPs und nicht um 
den Frequenzgang, der sich zusammen mit der Gegenkopplung ergibt. Der 
flache Frequenzgang, von dem du sprichst, ergibt sich durch 
Gegenkopplung, die die Verstärkung der Gesamtschaltung auf einen 
bestimmten Wert begrenzt.

von J. S. (engineer) Benutzerseite


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Wolfgang schrieb:
> die die Verstärkung der Gesamtschaltung auf einen
> bestimmten Wert begrenzt.

... und in Summe zu einer signifikant geringeren Bandbreite führt, als 
es das Frequenzbandbreiteprodukt des nicht gegengekoppelten OPs 
vorgaukelt.

Um es einfacher zu sagen: Gleichstrommässig wird der Fehler der Diode um 
den Faktor der effektiven (durch Rückkopplung definierte) Verstärkung 
herabgesetzt. Das ist nicht Null, sondern nur fast.

Hinzu kommt aber noch etwas: Der Gleichtaktfehler des OPs. Und auch der 
ist nicht Null sondern nur auch effektiv klein.

Richtige Präzisionsmessschaltungen brauchen daher noch ein bischen mehr.

von Klaus (Gast)


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Falk B. schrieb:
> Das ist aber eine andere Beschreibung als in deinem ersten Beitrag.
> Diese ist soweit OK, die erste nicht.

Das man alles, was man gradeaus macht auch in einer Gegenkopplung machen 
kann, hab ich mal vorausgesetzt. Mir gings nur darum, daß der Diodendrop 
eigentlich nicht weg ist, sondern nur um 1/Leerlaufverstärkung 
verkleinert wird.

MfG Klaus

von Patrick B. (p51d)


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Wolfgang schrieb:
> Es ging bei der Aussage um den Frequenzgang des reinen OPs und nicht um
> den Frequenzgang, der sich zusammen mit der Gegenkopplung ergibt. Der
> flache Frequenzgang, von dem du sprichst, ergibt sich durch
> Gegenkopplung, die die Verstärkung der Gesamtschaltung auf einen
> bestimmten Wert begrenzt.

Der reine und reale OP hat auch konstante Verstärkung (flacher Teil) bei 
fehlender Rückkopplung. Ansonsten wäre die Verstärkung bei sehr kleinen 
Frequenzen ja unendlich.
Ausserdem würden keine Stabilitätsanalysen mittels Bode-Plot möglich 
sein.

Zwölf M. schrieb:
> Diese sehr hohe Verstaerkung ist aber frequenzabhaengig und kann recht
> schnell zusammensacken...

Ist für so eine Schaltung nicht der einzige limitierende Wert. Die Slew 
Rate begrenzt noch mehr. Ein OP mit GWP=100Mhz und einer Slew Rate von 
1V/us wird dir ein 100kHz Signal auch nicht sauber gleichrichten 
(Verzerrungen). Ausserdem muss auch die Recovery Time berücksichtigt 
werden: Wenn der OP in Sättigung ist (im Beispiel die negative 
Halbwelle) braucht dieser seine Zeit bis die Diode wieder leitet, 
dementsprechend wird der Sinus bei hohen Frequenzen nicht zu 100% 
gleichgerichtet. Es entstehen je nach dem massive Oberwellen.

von Helmut S. (helmuts)


Angehängte Dateien:

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Hallo,
ich war überrascht in der Simulation, dass die klassische aktive 
Gleichrichterschaltung auch mit den nicht besonders schnellen Opamps 
noch bis zu recht hohen Frequenzen genau ist.
Im rechten Bild sieht man den Mittelwert der Ausgangsspannung als 
Funktion der Frequenz. Diesen Plot erstellt man mit den Ergebnissen von 
.MEAS über  "View->SPICE Error Log".
An der oberen Kurve im mittleren Plotfenster sieht man, dass der 1. 
Opamp in beiden Richtungen die Diodenflussspannung überwinden muss.

Die Dateien sind im Anhang. Einfach auspacken und mit der Simulation mit 
LTspiceXVII loslegen. 
http://ltspice.linear-tech.com/software/LTspiceXVII.exe

Gruß
Helmut

von Bernd K. (prof7bit)


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Da wir gerade von Präzisionsgleichrichtern reden, kennt jemand diskret 
aufgebaute mit wenigen Transistoren? Ich hab mal was in der Richtung 
gesehen mit nur 2 Transistoren und 2 Dioden, finds aber leider nicht 
mehr.

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