Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Isolationsspannung bei Schaltnetzteilen


von Derent (Gast)


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Guten Morgen zusammen,

ich habe folgendes Problem bei der Auswahl eines geeigneten 
Schaltnetzteils.

Sachverhalt: Ich verwende eigens entwickelte Messkarten zur Messung von 
Gleichspannungen, welche teilweise auf einem Potential von 6400VDC 
liegen. Die Messungen erfolgen nicht zwingend zum Ground (0V), sondern 
liegen ebenfalls auf diesen hohen Potenzialen. Die Spannungversorgung 
der Messkarten erfolgt daher galavnisch getrennt über einen 
DC/DC-Wandler mit 3KV DC Dauerisolierung. Damit ist ein Überschlag von 
Karte 1 zu Karte 2 ausgeschlossen. Mein Problem liegt bei der Wahl des 
richtigen Isolationswiderstandes für die 
Versorgungsspannung.(Sachverhalt im Anhang skizziert)

In den Datenblättern zu Schaltnetzteilen finde ich die Angaben nur in 
der Form:

4000VAC Input to Output
1500VAC Input to Ground
500VAC Output to Ground

Fragen:

1. Wie verhält es sich mit der Isolationsspannung in Bezug auf den 
VDC-Isolationwiderstand, wenn auf der Primärseite die Netzspannung 
230VAC und der Sekundärseite VDC vorhanden ist?

2. Welche Isolationsspannung bräuchte ich, um wirkungsvoll bis 6400VDC 
zu isolieren?

3. Würde dieses Netzteil für meine Anwendung ausreichen? 
http://de.rs-online.com/web/p/einbau-schaltnetzteile/1227573/

Ich bedanke mich bereits im Voraus!
Grüße, K. Derent

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Derent schrieb:
> teilweise auf einem Potential von 6400VDC
> liegen

> über einen
> DC/DC-Wandler mit 3KV DC Dauerisolierung

> Damit ist ein Überschlag von
> Karte 1 zu Karte 2 ausgeschlossen

Wie kommst du denn darauf? 6400V DC sind nun mal doppelt so viel wie 3kV 
und damit ist die 'Dauerisolierung' nicht gewährleistet, denn die ist ja 
nur für 3000V DC.
Wenn da was überschlägt, liegt deine 12V Versorgung auf 6400V DC 
Potenzial - so viel müsste also das SNT isolieren.
Um auf der sicheren Seite zu sein, muss also zumindest Messkarte 1 ein 
Isolierung haben, die 6400V DC gut verträgt. Typisch ist die nächste 
Stufe 7500V DC, für die es spezifizierte Komponenten gibt.

Derent schrieb:
> 3. Würde dieses Netzteil für meine Anwendung ausreichen?
> http://de.rs-online.com/web/p/einbau-schaltnetzteile/1227573/

Never. Für deine Anwendung lohnt es sicher, nach Netzteilen mit 
Zweikammertrafos zu suchen. Jegliche Isolierung mit >3kV ist innerhalb 
eines normalen (Einkammer-) Trafos m.E. nicht zu machen.

: Bearbeitet durch User
von Derent (Gast)


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Hallo Matthias

Matthias S. schrieb:
> Wie kommst du denn darauf? 6400V DC sind nun mal doppelt so viel wie 3kV
> und damit ist die 'Dauerisolierung' nicht gewährleistet, denn die ist ja
> nur für 3000V DC.

Ich dachte, die Isolierung von DC/DC der Messkarte 1 mit 3000VDC und die 
der Messkarte 2 mit ebenfalls 3000VDC ergeben zusammen 6000VDC, was 
theoretisch ausreichen sollte um einen Überschlag von Karte zu Karte zu 
verhindern. Oder liege ich da komplett falsch?

Könnte man auch vor das SNT einen AC-AC-Trenntrafo mit hoher 
Isolationsspannung hängen, damit das SNT sozusagen "floated"?

Grüße

von Sebastian S. (amateur)


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Das von Dir ins Auge gefasste Netzteil ist - wenn man mal vergisst, dass 
bei diesen hohen Spannungen ein offenes Teil genau das ist was man NICHT 
verwenden soll - ein typischer Vertreter seiner Gattung.

Also schon die Isolationsspannung von 3000V (und die nur in manchen 
Richtungen) ist normal, soweit man diese Betriebsart überhaupt als 
normal bezeichnen kann.

Auf jeden Fall wirst Du im Normalsortiment kaum höhere 
Isolationsspannungen finden.

von Michael B. (laberkopp)


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Derent schrieb:
> Sachverhalt

Deine 12VDC haben keinen Potentialbezug. Die Spannungsdifferenz z.B. uz 
den zu messenden 6.9kV ist nicht definiert, sie kann 3kV oder auch 10kV 
betragen.

Du MUSST also zunächst ein Potential für die 12V festlegen, z.B. in dem 
du GND der 12V mit dem Schutzleiter PE verbindest.

Dann allerdings ist schlagartig klar, daß die 3kV Isolation der einen 
Messkarte nicht reicht.

Selbst wenn du die 12V auf 4700V gegenüber den Messpannungen festlegst, 
so dass beide Messwandler überleben, ist klar, daß die übliche 
Isolierung der 12V Schaltnetzteils mit 2.5kV nicht reicht.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Derent schrieb:
> Ich dachte, die Isolierung von DC/DC der Messkarte 1 mit 3000VDC und die
> der Messkarte 2 mit ebenfalls 3000VDC ergeben zusammen 6000VDC, was
> theoretisch ausreichen sollte um einen Überschlag von Karte zu Karte zu
> verhindern.

Nö, denn Karte 1 ist ja nur mit 3kV spezifiziert, du legst aber 6,5kV 
an. Wenn nun Karte 1 überschlägt, liegen die 6,5kV auf den 12V und damit 
stehen auf Karte 2 nun mindestens 3,5kV Differenz - wenn die 
Messspannung niedriger ist, sogar noch mehr. Damit ist auch diese Karte 
ausserhalb ihrer Specs.

Karte 1 muss also intern schon mindestens 6,5kV vertragen, damit das 
einigermassen zuverlässig und sicher wird.

von Dieter W. (dds5)


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Du solltest dringend zwischen Prüfspannung und Nenn-Isolationsspannung 
unterscheiden.

Die Prüfspannung darf je nach angewendeter Norm nur für wenige Sekunden 
bis maximal eine Minute anliegen.

Ich hatte vor einigen Jahren mal die (gebremste) Freude, einen 
Trennverstärker für 1000VAC entwickeln zu dürfen - der wurde bei der 
Stückprüfung eine Minute lang mit 6kVAC geknechtet!

von Derent (Gast)


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Matthias S. schrieb:
> Karte 1 muss also intern schon mindestens 6,5kV vertragen, damit das
> einigermassen zuverlässig und sicher wird.

Aber wenn jede Karte einzeln über einen Trenntrafo versorge, dann 
sollten auch die 3KV Isolation der Messkarten ausreichen, oder?

von TestX (Gast)


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@To

Du solltest mindestens 7.5kv feste dc/dc wandler für die messkarten 
nehmen und wie schon erwähnt GND der Versorgung auf ein definiertes 
Potential bringen.

Ab gewissen Spannungen ist es sinnvoller, dass sich die Messkarten 
selbst versorgen (Batterie, HV) und die Daten per LWL übertragen werden. 
DCDC Wandler in dieser Klasse sind sehr sehr teuer..bei einem Lanor 
Prototypen kann man das mal machen...

von Derent (Gast)


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Dieter W. schrieb:
> Du solltest dringend zwischen Prüfspannung und Nenn-Isolationsspannung
> unterscheiden.
>
> Die Prüfspannung darf je nach angewendeter Norm nur für wenige Sekunden
> bis maximal eine Minute anliegen.
>
> Ich hatte vor einigen Jahren mal die (gebremste) Freude, einen
> Trennverstärker für 1000VAC entwickeln zu dürfen - der wurde bei der
> Stückprüfung eine Minute lang mit 6kVAC geknechtet!

Danke für den Hinweis Dieter, die Frage ist jedoch, wenn im Datenblatt 
etwas von "4000VAC Input to Output" unter Isolationsspannung steht, 
meint der Hersteller dann damit die Prüfspannung oder 
Nenn-Isolationsspannung?

von Sebastian S. (amateur)


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>Aber wenn jede Karte einzeln über einen Trenntrafo versorge, dann
>sollten auch die 3KV Isolation der Messkarten ausreichen, oder?
Auf jeden Fall --- so lange Du sie nirgends anschließt;-)

von Derent (Gast)


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Vielen Dank erst einmal für die zahlreichen Antworten, aber etwas ist 
mir noch nicht ganz klar:

Angenommen ich baue vor das SNT noch einen Trenntrafo mit einer hohen 
Isolationsspannung (z.B. 10kV), dann sollte es ja keinen Überschlag mehr 
von den Karten übers SNT geben. Und bei den Messkarten selbst sollte der 
Potentialunterschied zwischen den Karten wegen des DC/DC-Wandlers 3KV 
nicht überschreiten, aber alles darunter sollte funktionieren?

von Michael B. (laberkopp)


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Derent schrieb:
> Angenommen ich baue vor das SNT noch einen Trenntrafo mit einer hohen
> Isolationsspannung (z.B. 10kV), dann sollte es ja keinen Überschlag mehr
> von den Karten übers SNT geben.

Du hast noch nicht verstanden, daß galvanisch getrennte Schaltungsteile 
IRGENDEINE Spannung gegenüber allen anderen Schaltungsteilen haben 
können.

Damit man irgendwas ermitteln und festlegen kann, muss man diese 
galvsnisch isolierten Schaltungenteile an ein DEFINIERTES Potential 
legen (normalerweise Schutzleiter), erst dann kann man die 
Differenzspannungen betrachten.

Kommt z.B. ein Experimentator mit sienem Acryl-Pollover an den 12V 
Kreis, kann er ihn, weil zu allem anderen sioliert, locker auf 12kV 
gegenüber PE aufladen, und dann schlägt halt eine Isolierung durch.

Du BRAUCHST Verbindungen zu einem Potentialbezug. Es nützt nichts, 
munter alles von allem zu isolieren.

von Harald W. (wilhelms)


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Derent schrieb:

> Sachverhalt: Ich verwende eigens entwickelte Messkarten zur Messung von
> Gleichspannungen, welche teilweise auf einem Potential von 6400VDC
> liegen. Die Messungen erfolgen nicht zwingend zum Ground (0V), sondern
> liegen ebenfalls auf diesen hohen Potenzialen. Die Spannungversorgung
> der Messkarten erfolgt daher galavnisch getrennt über einen
> DC/DC-Wandler mit 3KV DC Dauerisolierung.

Da wirst Du mit Standard-Netzteilen nicht weiterkommen. Du solltest
Dich gezielt bei Netzteilherstellern nach Netzteilen mit erhöhter
Isolierung erkundigen. M.E. sollte die Prüfspannung mindestens
doppelt so hoch wie Deine Nennspannung sein. Aber vielleicht ist
es ja auch einfacher, Funksensoren mit Batteriebetrieb auf dem hohen
Potential zu nutzen.

von Falk B. (falk)


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@ Derent (Gast)

>Vielen Dank erst einmal für die zahlreichen Antworten, aber etwas ist
>mir noch nicht ganz klar:

Scheint so.

>Angenommen ich baue vor das SNT noch einen Trenntrafo mit einer hohen
>Isolationsspannung (z.B. 10kV), dann sollte es ja keinen Überschlag mehr
>von den Karten übers SNT geben.

Im Prinzip ja, praktisch ist das in Bezug auf Sicherheitheit eher 
bedenklich.

> Und bei den Messkarten selbst sollte der
>Potentialunterschied zwischen den Karten wegen des DC/DC-Wandlers 3KV
>nicht überschreiten, aber alles darunter sollte funktionieren?

Du hast hier aber ganz schön auf Kante genäht. Ob das bei HOCHSPANNUNG 
so eine gute Idee ist? Wenn die Spannung nur leistungschwach ist (ein 
paar mA) dan macht es beim Durchschlag nicht viel Schaden. Wenn da aber 
ordentlich Dampf dahinter steckt (große Kondensatoren, 
Mittelspannungsanschluß etc.), gibt es im Fehlerfall einen BÖSEN Knall 
und Lichtbogen. Das willst du nicht wirklich.

Spezialmeßtechnik ist kein Schnäppchen. Das kann was kosten, dafür muss 
es aber auch was leisten und sicher sein. Wie schon mehrfach gesagt 
müssen deine Wandler die 3kV MINDESTENS als DAUERbelastungsspannung 
aushalten und als Prüfspannung eher das Doppelte bis Dreifache.

Battiebetrieb und optische Trennung über LWL (z.B. POF) oder Funk ist 
hier eine Überlegung wert.

: Bearbeitet durch User
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