Forum: HF, Funk und Felder Impedanztransformierender BALUN


von 3ak (Gast)


Lesenswert?

Hallo zusammen,

folgendes Gedankenexperiment zum miträtseln ...

Situation:

Es wird die Reflexion zu einer komplexen Impedanz hin im Gegentaktmode 
vermessen  (z.B. eine symmetrische Antenne, "S11"). Dazu wird ein 
imperfekter BALUN sowie ein konventioneller VNA verwendet ("Single 
Ended"). Imperfekt meint, dass der BALUN nicht breitbandig sauber vom 
unsymmetrischen Leitungsmode (TEM, Koax) in den symmetrischen 
Gegentaktmode konvertiert. Infolge dessen ergeben sich dann die 
bekannten Effekte wie Mantelwellen etc. Der BALUN führt neben der Moden- 
auch eine Impedanztransformation (z.B. 4:1) durch.

Frage:
Wenn die Last bei einer Frequenz (z.B. Resonanzfrequenz eines Dipol) 
rein reell ist: Ist mein Reflexionsfaktor (Leitungen herausrechnet) 
ebenfalls trotz Modenkonversion rein reell?

Bei einfachen Impedanztransformatoren ist das dem ja so 
(Ortskurventheorie). Aber ich denke, dass das im Allgemeinen nicht gilt, 
wenn die einspeisende Welle in eine andere Mode nicht einwandfrei hin 
und her transformiert wird. Was meint ihr?

Hintergrund:
Ich möchte eine symmetrische lineare Antenne mit einem VNA vermessen. 
Die zu untersuchende Größe ist die Resonanzfrequenz. Ich habe lediglich 
einen "Bastel-BALUN" zur Verfügung, den ich messtechnisch mangels 
Gerätschaften nicht charakterisieren kann. Theoretisch sollte er 
funktionieren, praktisch weiss ich es nicht. Ich frage mich daher, ob es 
überhaupt Sinn macht, die Resonanzfrequenz der symmetrischen Antenne so 
mittels VNA zu untersuchen.

Vielleicht hat ja jemand eine Antwort darauf ;) Mein Dank im Voraus!

von dx-operator (Gast)


Lesenswert?

Was jetzt? "Gedankenexperiment" oder "Antenne ... vermessen"?
Und auf welcher Frequenz soll das stattfinden? Die Abweichungen von 
idealisierenden Annahmen sind da recht unterschiedlich.

von 3ak (Gast)


Lesenswert?

Erstmal ein Gedankenexperiment, losgelöst von der Frequenz und der 
Realisierung der Last. Bleibt der Reflexionsfaktor trotz imperfekter 
Modenkonversion reell, wenn Last und Systemimpedanz reell sind?

Praktisch messen könnte ich zwischen  430 MHz - 440 MHz (Antenne dafür 
und passender VNA vorhanden).

Natürlich mag das Problem je nach Frequenzbereich anders ausgeprägt 
sein. Aber vielleicht kann ja jemand grundsätzlich etwas dazu sagen.

von Kamil R. (kamil_rezer)


Lesenswert?

3ak schrieb:
> Ich möchte eine symmetrische lineare Antenne mit einem VNA vermessen.

Man kann die Impedanz einer symmetrischen Antenne mit einem 2-tor NWA 
und einem (selbst gebauten) Adapter messen.

Kuo, S-K., S-L. Chen, and C-T. Lin. "AN ACCURATE METHOD FOR IMPEDANCE 
MEASUREMENT OF RFID TAG ANTENNA."

von 3ak (Gast)


Lesenswert?

Hallo Kamil,

Danke für deine Antwort. Ich habe leider nur einen konventionellen VNA 
zur Verfügung  (ein TX-Port, "Single Ended"). In dem Paper wird ein 
Messaufbau mit einer "Differential Probe" empfohlen. Das ist aber meines 
Erachtens nichts anderes, als ein Konstrukt zweier abgeschnittener SMA 
Kabel. Funktioniert sicherlich gut, wenn zwei VNA Ports mit 
komplementärer Phase betrieben werden können. Trotzdem Danke.

von SWL (Gast)


Lesenswert?

Was für ein VNA hast du zur Verfügung?...(Modell, Hersteller?)

Was meinst du mit 'Bastel-Balun'?


Theoretisch kannst du den 'Bastel-Balun' testen in dem du eine ohmische 
Last in der Größe der berechneten reellen Last der Antenne 
(Abschlusswiderstand) verwendest. Bei f>400Mhz sollte dieser aber 
möglichst Induktionsarm sein...

Wenn die Transformation erfolgreich ist sollte trotz allem deine 
gewünschte Impedanz herauskommen bzw. durch die Transformation die 
Impedanz angepasst sein.

Als Beispiel, ich leihe mir regelmäßig einen VNA (MiniVNA Pro) um 
Antennen zu Basteln. BalUn's, UnUn's schließe ich mit einem Widerstand 
ab und Messe mit dem VNA auf der gewünschten Frequenz ob
Ich die Transformation von beispielsweise 1k5 auf 50ohm passt oder 
nicht.

Wenn die Last reell ist und keinen blindanteil hat, die systemimpedanz 
reell ist.. sollte die Abweichung trotz Imperfekter Modenkonvertion im 
Rahmen liegen. Du musst eben den BalUn vorher vermessen mit reellem 
Widerstand abgeschlossen. Dann kannst du Messfehler und Abweichung 
herausfinden.

von Possetitjel (Gast)


Lesenswert?

3ak schrieb:

> Frage:
> Wenn die Last bei einer Frequenz (z.B. Resonanzfrequenz
> eines Dipol) rein reell ist: Ist mein Reflexionsfaktor
> (Leitungen herausrechnet) ebenfalls trotz Modenkonversion
> rein reell?

Ich denke, Du gehst von falschen Voraussetzungen aus: Wenn
Du einen symmetrischen Dipol unsymmetrisch speist, dann
ist er eben gerade nicht rein reell, weil die Strahlungs-
verhältnisse nicht stimmen. Daran ändert auch die
Impedanztransformation nichts.

von Possetitjel (Gast)


Lesenswert?

SWL schrieb:

> Als Beispiel, ich leihe mir regelmäßig einen VNA
> (MiniVNA Pro) um Antennen zu Basteln. BalUn's, UnUn's
> schließe ich mit einem Widerstand ab und Messe mit
> dem VNA auf der gewünschten Frequenz ob Ich die
> Transformation von beispielsweise 1k5 auf 50ohm passt
> oder nicht.

Das ist nicht vergleichbar. Der 50-Ohm-Widerstand
setzt die HF-Leistung in Wärme um, dem ist egal,
ob die Zuleitung symmetrisch oder unsymmetrisch ist.
Der ist immer angepasst, weil für den Widerstand
Felder und Wellen weitgehend egal sind.

> Wenn die Last reell ist und keinen blindanteil hat,

Warum sollte eine Groundplane mit nur einem "Radial",
der auch noch senkrecht nach unten geht, eine reelle
Last sein?

von Hp M. (nachtmix)


Lesenswert?

SWL schrieb:
> Wenn die Last reell ist und keinen blindanteil hat, die systemimpedanz
> reell ist..

Dann kann trotzdem bei Z_0 ≠ R_L eine Reflektion entstehen, und je nach 
Länge der Speiseleitung siehst du diese am Sender mit unterschiedlicher 
Phasenlage.

von SWL (Gast)


Lesenswert?

Possetitjel schrieb:
> Das ist nicht vergleichbar. Der 50-Ohm-Widerstand setzt die HF-Leistung
> in Wärme um, dem ist egal, ob die Zuleitung symmetrisch oder
> unsymmetrisch ist. Der ist immer angepasst, weil für den Widerstand
> Felder und Wellen weitgehend egal sind.

SWL schrieb:
> Theoretisch kannst du den 'Bastel-Balun' testen in dem du eine ohmische
> Last in der Größe der berechneten reellen Last der Antenne
> (Abschlusswiderstand) verwendest.

Ich schließe nicht mit 50 Ohm ab.

Hp M. schrieb:
> Dann kann trotzdem bei Z_0 ≠ R_L eine Reflektion entstehen, und je nach
> Länge der Speiseleitung siehst du diese am Sender mit unterschiedlicher
> Phasenlage.

Stimmt....

Possetitjel schrieb:
> Warum sollte eine Groundplane mit nur einem "Radial", der auch noch
> senkrecht nach unten geht, eine reelle Last sein?

Weil ich davon ausgehe das die blindanteile bekannt sind und 
entsprechend kompensiert wurden.

Zumindest ausgehend davon:

3ak schrieb:
> Wenn die Last bei einer Frequenz (z.B. Resonanzfrequenz eines Dipol)
> rein reell ist

von John (Gast)


Lesenswert?

nachtmix schrieb:

> ... und je nach Länge der Speiseleitung ...

Seriöse Messungen kann er ohnehin nur ohne "Speiseleitung" machen und 
die Messleitung muss gegenüber der Wellenlänge so kurz sien, dass sie 
nicht ins Gewicht fällt, was die Phase betrifft. Bevor er den Balun 
vermisst, wird er auch seine Messanordnung kalibrieren.

Possetitjel schrieb:

> Warum sollte eine Groundplane mit nur einem "Radial",
> der auch noch senkrecht nach unten geht, eine reelle
> Last sein?

Anscheinend meinst du einen Vertikaldipol.
Wenn der abgestimmt ist, das heisst die passende Länge hat, dann ist er 
reell. Er kann aber auch durch C oder L kompensiert sein, dann ist das 
auch in Resonanz und reell.

> Wenn Du einen symmetrischen Dipol unsymmetrisch speist, dann
> ist er eben gerade nicht rein reell, weil die Strahlungs-
> verhältnisse nicht stimmen.

Die Strahlungsverhältnisse "stimmen" nie. Das Nahfeld ist immer 
irgendwie deformiert. Das heisst nicht notwendigerweise, dass die A. 
keine reelle Last mehr ist. Das kann man sehr einfach prüfen und darum 
geht es hier anscheinend. Durch Korrigieren der Antennenlänge oder durch 
Kompensationsmassnahmen macht man die A., bzw das Antennensystem wieder 
reell.

3ak schrieb:

>Ich möchte eine symmetrische lineare Antenne mit einem VNA vermessen.

Mit einem schrittweisen Vorgehen hast du überhaupt kein Problem.
Erst kalibrierst du die Messanordnuung.
Dann schaust du ob dein 200 Ohm Dummy (die Werte sind jetzt nur 
Beispiele), tatsächlich reell ist.
Nächstes: was macht dein Balun mit den 200 Ohm? Sollten 50 Ohm reell 
sein.
Treten Mantelwellen auf, ist die Symmetrierung geglückt? (Ev. weitere 
Koaxdrossel in die Speiseleitung wickeln.)
Dann schliesst du die Antenne an, bringst das Antennensystem (el. oder 
geometrisch) in Resonanz und prüfst die Lastimpedanz.
Speiseleitung dran und Kontroll Messung im Shack.

Was mich aber jetzt noch interessiert: Von Welcher Antenne erwartest du 
dir 200 Ohm reelle Speisepunkt Impedanz? Oder hast du noch irgendwo 
einen Resonanztransformator (L oder Pi topo) oder eine andere Massnahme 
vorgesehen?

Völlig unklar hast du gelassen, was ein Bastelbalun sein könnte. Bei der 
Frequenz würde ich nur einen Leitungstrafo für die Symmetrierung nehmen 
(Koaxdrossel) und einen Resonanztrafo für die exakte Anpassung. Mit 
letzterem kann man beim Abgleich auch noch kompensieren, wenn man das 
nicht geomtrisch machen kann oder will.

72 John

von 3ak (Gast)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Guten Morgen zusammen!

Erst einmal vielen Dank für eure Kommentare!!!

SWL schrieb:
> Was für ein VNA hast du zur Verfügung?...(Modell, Hersteller?)

Einen VNWA3E vom DG8SAQ. Ich habe meine Fragen allgemein gehalten, weil 
ich mir möglichst unabhängig bis 1.3GHz die Möglichkeit schaffen will 
symmetrische Netzwerke zu vermessen.

SWL schrieb:
> Was meinst du mit 'Bastel-Balun'?

Einen BALUN, der nicht kommerziell als Messzubehör vertrieben wird, 
zudem also kein Datenblatt etc. vorhanden ist. Ich habe da jetzt 
speziell an eine Lambda/2-Leitung gedacht, z.B.:
https://en.wikipedia.org/wiki/Dipole_antenna#/media/File:Dipolehalfwavebalun.png

So etwas kann man natürlich aufbauen und den Phasenversatz über die 
geometrische Länge schätzen. Aber es ist halt eine Schätzung. Ohne einen 
VNA mit drei Toren und einer hochwertigen Fixtur kann ich solche BALUNe 
nicht wirklich gut bis 1.3GHz vermessen.

SWL schrieb:
> Theoretisch kannst du den 'Bastel-Balun' testen in dem du eine ohmische
> Last in der Größe der berechneten reellen Last der Antenne
> (Abschlusswiderstand) verwendest

Das ist richtig. Aber du hast den Knackpunkt selbst genannt: Ich muss 
die Last sehr sauber aufbauen bzw. vorher vermessen. Und das möglichst 
mit der selben Fixtur, welche ich für die Antenne verwenden will. Was 
kannst du empfehlen?

Possetitjel schrieb:
> Wenn
> Du einen symmetrischen Dipol unsymmetrisch speist, dann
> ist er eben gerade nicht rein reell, weil die Strahlungs-
> verhältnisse nicht stimmen.

Genau den Zusammenhang suche ich. Ich speise ja nicht völlig 
unsymmetrisch. Nur halt nicht perfekt symmetrisch. Wie stark wächst 
dadurch der Blindanteil, den ich fälschlicherweise an der Last sehe, an?

John schrieb:
> Nächstes: was macht dein Balun mit den 200 Ohm? Sollten 50 Ohm reell
> sein.

Ein Faltdipol (siehe Foto). Der hat theoretisch 293 Ohm+j0 Ohm [1], 
numerisch (NEC2) bin ich auf 297 Ohm gekommen. 4:1 reicht natürlich 
nicht aus, um perfekt auf Z0 zu kommen, aber vorerst wäre das 
verkraftbar. Der Lambda/2-LeitungsBALUN ist einfach zu realisieren und 
liefert das Übersetzungsverhältniss von 4:1.


Ich möchte aber nicht nur wissen, ob die Antenne tauglich ist, sondern 
lernen, wie gut die NEC2-Simulation die Ströme auf der Antenne 
vorhersagt ... deswegen der ganze Aufwand :)

Ich denke ein systematischer Weg wäre, dass ganze System mittels 
Mixed-Mode Streuparametern zu beschreiben[2] (siehe Diagramm). Wobei S1 
in [2] von Typ "Mixed mode S-parameter when measuring a single-ended - 
balanced device" und S2 vom Typ "Mixed mode S-parameter when measuring a 
balanced device". Um jetzt also S11 am VNA zu beschreiben, würde ich 
sagen müsste man beides in T oder ABCD Parameter umwandeln und dann 
multiplikativ verknüpfen und anchließend wieder in S-Parameter 
umwandeln. Für S2 gibt es das [3], jedoch ist es nicht allgemeinem 
gültig [4]. Für S1 hab ich noch keine Transformationsvorschrift gefunden 
:( ... vielleicht kann man diesen Mangel an Formalismus aber anhand der 
Physik begründen?



[1] H.G. Unger, Hochfrequenztechnik in Funk und Radar
[2] 
http://ena.support.keysight.com/e5071c/manuals/webhelp/eng/measurement/fixture_simulator/evaluating_balanced_devices_balance_unbalance_conversion.htm
[3] H. Erkens and H. Heuermann, "Mixed-Mode Chain Scattering Parameters: 
Theory and Verification," in IEEE Transactions on Microwave Theory and 
Techniques, vol. 55, no. 8, pp. 1704-1708, Aug. 2007.
[4] J. Cho et al., "Mixed-Mode ABCD Parameters: Theory and Application 
to Signal Integrity Analysis of PCB-Level Differential Interconnects," 
in IEEE Transactions on Electromagnetic Compatibility, vol. 53, no. 3, 
pp. 814-822, Aug. 2011.

von SWL (Gast)


Lesenswert?

3ak schrieb:
> Das ist richtig. Aber du hast den Knackpunkt selbst genannt: Ich muss
> die Last sehr sauber aufbauen bzw. vorher vermessen. Und das möglichst
> mit der selben Fixtur, welche ich für die Antenne verwenden will. Was
> kannst du empfehlen?

Einen bzw. Zwei parallele Widerstände mit möglichst kurzen Anschlüssen.
Der VNA hat ja nicht zu viel Leistung da reichen 1/4W. Wenn's auch nicht 
1000% Sauber ist.

Ich würde zu aller erst das Dipol vermessen, blindanteile kompensieren 
bis die Last auf der gewünschten Frequenz reell ist.
Danach den BalUn mit dem reellen Widerstand abschließen (Induktionsarm)
Und vermessen.
Danach das ganze antennensystem mit BalUn Vermessen und der Ergebnisse 
vergleichen.

Ich habe mir auf diese Weise ein Kreuzdipol gebaut zum Empfang von 
Wetterdaten. Mehrere Loop's, einige Halbwellenantennen für VHF/UHF die 
bei meinen funkfreunden sehr beliebt sind.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.