Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Hallplatte - Verständnisfrage zu Hallgeber


von DoC (Gast)


Lesenswert?

Hallo,

habe eine Verständnisfrage zur Hallplatte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hallplatte_(Akustik)

Wie wird bei der Hallplatte das zu verhallende Signal (also das trockene 
Singen) aufgespielt?

Wenn man einen einfachen Elktromagneten benutzen würde, wären die beiden 
Halbwellen ja gleichgerichtet (das klingt bestimmt nicht gut).

Wer kennt sich mit der Thematik näher aus und weiß, wie man es in der 
Praxis macht?

von jz23 (Gast)


Lesenswert?

Spontan hätte ich gesagt, dass das wohl wie im Lautsprecher sein wird. 
Also eine Spule auf der Platte und ein feststehender Magnet.

von (º°)·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.· (Gast)


Lesenswert?

> einfachen Elktromagneten

Auch dem kann Mann mit ein wenig Gleichstrom einen anderen
Arbeitspunkt mitgeben.

Viel interessanter waere, wenn Mann einer Hallplatte an
einer Kante eine Longitudinalwelle einspeisen wollte.

Klingt dann vermutlich ziemlich "blechern" :-).

von (º°)·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.· (Gast)


Lesenswert?

Bei Hallfedern tut es ein abgewandeltes "Drehspulmesswerk".
Ausserdem verwendet Mann im allgemeinen mehr als eine Feder,
um den Eigenresonanzen einer Feder aus dem Weg zu gehen.

von Hp M. (nachtmix)


Lesenswert?

(º°)·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.· schrieb im Beitrag 
#5117012:
>> einfachen Elktromagneten
>
> Auch dem kann Mann mit ein wenig Gleichstrom einen anderen
> Arbeitspunkt mitgeben.

Der Vormagnetisierungsstrom müsste deutlich größer als "ein wenig" sein.
Die Vormagnetisierung müsste mindestens so groß, wie die größte 
auftretende Amplitude des Wechxelstroms sein, damit kein 
Vorzeichenwechsel auftritt.
Das ist leicht einzusehen.

Dennoch handelte man sich damit große Verzerrungen ein, weil die von 
einem Elektromagneten auf ein Eisenstück ausgeübte Kraft proportional 
zum Quadrat des Strome ist!
Davon wird z.B. beim Weicheisenamperemeter Gebrauch gemacht.

Man muß also ein möglichst starkes Vormagnetisierungsfeld benutzen, denn 
das verringert zum Einen die Verzerrungen, weil nur ein kleiner Teil der 
Kennlinie durchlaufen wird, und zum Anderen wird dadurch die 
Empfindlichkeit des Wandlers viel besser, weil die Kraft vs. Stromstärke 
Kennlinie immer steiler wird, je stärker das statische Magnetfeld wird.
Zum Glück kann man bereits mit relativ kleinen Dauermagneten 
Magnetfeldstärken erzeugen, die andernfalls die Erregerspule zum Rauchen 
brächten.

Nicht immer ist also die naheliegenste Lösung auf die Beste.
Meines Wissens hat man derartige Schallwandler, bei denen ein Eisenanker 
vom Spulenfeld angetrieben wird, zuletzt in den 1950er Jahren bei 
Telefonhörkapseln angewandet.
Davor wurden sie in großen Stückzahlen für den Lautsprecher der so 
genannten "Göbbelsschnauze" verwendet.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/02/VE301innen.jpg Bei 
diesem Bild blickt man leider senkrecht auf den großen Hufeisenmagneten. 
Eine Schrägaufnahme wäre instruktiver gewesen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Elektromagnetischer_Lautsprecher

von (º°)·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.· (Gast)


Lesenswert?

Da ich "ein wenig" nicht quantifiziert habe, reicht offensichtlich
jeder Wert, der einen hinreichend linearen Betrieb erlaubt.
Soweit das leicht einsehbare.
Etwaige hoeherpolynomiale Anteile sollten sich aber auch
leicht kompensieren lassen.

"Leicht" meint fuer die Studiotechnik hinreichend.

Hallplatten sind da auch mittlerweile nicht mehr State of the Art
um ein wenig Hall zu erzeugen.

Die Treiber von Hallfedern sind uebrigens eher zart besaitet und
moegen heftige Stroeme eher nicht.

So ein "Goebbels"-Dingsie hatte ich mal bei einer meiner Tanten
aus dem Keller gefischt. Mit 2x RV12P2000 war immerhin
der lokale Ortssender in recht bescheidener Tonqualitaet
zu empfangen. Zumindest hat das Teil nach Jahrzehnten
noch klaglos funktioniert.

von Hp M. (nachtmix)


Lesenswert?

(º°)·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.· schrieb im Beitrag 
#5117089:
> So ein "Goebbels"-Dingsie hatte ich mal bei einer meiner Tanten
> aus dem Keller gefischt. Mit 2x RV12P2000

Das war dann schon ein Nachkriegsgerät, evtl. ein Umbau.
Die RV12P2000 war nämlich eine militärische Röhre, eine Art "eierlegende 
Wollmilchsau", die in riesigen Stückzahlen fabriziert worden war und 
sowohl vor und im  als auch nach dem Krieg für alle möglichen und 
unmöglichen Zwecke, sogar als Gleichrichterröhre, verwendet wurde.
https://de.wikipedia.org/wiki/RV12P2000

: Bearbeitet durch User
von DoC (Gast)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Vielen Dank für die vielen Antworten!

Hp M. schrieb:
> Man muß also ein möglichst starkes Vormagnetisierungsfeld benutzen, denn
> das verringert zum Einen die Verzerrungen, weil nur ein kleiner Teil der
> Kennlinie durchlaufen wird, und zum Anderen wird dadurch die
> Empfindlichkeit des Wandlers viel besser, weil die Kraft vs. Stromstärke
> Kennlinie immer steiler wird, je stärker das statische Magnetfeld wird.
> Zum Glück kann man bereits mit relativ kleinen Dauermagneten
> Magnetfeldstärken erzeugen, die andernfalls die Erregerspule zum Rauchen
> brächten.

Wie kann man so etwas für Hobbyversuchszwecke möglichst gut umsetzen?
Geht es so wie auf der Skizze im Anhang?
(Magnete z.B. an Kante aufgeklebt oder mittig am Rand)

von Hp M. (nachtmix)


Lesenswert?

DoC schrieb:
> Geht es so wie auf der Skizze im Anhang?

Dadurch wird der Anker zu schwer.
Wenn du lediglich die Blechplatte in Schwingungen versetzen willst, 
würde ich ein Piezoelement aufkleben oder das Antriebssystem eines 
kleinen Lautsprechers oder Ohrhörers verwenden.

von Hp M. (nachtmix)


Lesenswert?

DoC schrieb:
> Wer kennt sich mit der Thematik näher aus und weiß, wie man es in der
> Praxis macht?

Macht man heute elektronisch, indem man das Signal in eine 
Verzögerungsleitung einspeist und diese an verschiedenen Stellen anzapft 
und rückkoppelt.

In den 1980er Jahren wurden für diese Verzögerungsleitung analoge 
Eimerketten-Speicher verwendet, heute sind die Preise der 
Digitalelektronik so weit im Keller, dass man das Signal digitalisieren 
kann und als Verzögerungsleitung RAM verwendet.
Jeder halbwegs aktuelle PC hat dafür mehr als genug Speicher und 
Rechenleistung an Bord.
Wenn du basteln  möchtes, kannst du dir auch für kleines Geld in China 
einige der ehedem dafür entwickelten ICs bestellen.
Z.B. den PT2399 oder den MN3007.

von (º°)·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.·´¯`·.¸¸.· (Gast)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Von einem Hall in Studioqualitaet, das ist das Haupteinsatzgebiet
des Plattenhalls gewesen, ist Mann mit solchen Kaeferchen weit
entfernt.

Eine Zeitlang habe ich die angehaengte Assemblerroutine auf
zwei Motorola EVM560002 laufen lassen. Stereo braucht halt
zwei Kanaele und der verfuegbare Speicher eines EVMs war
doch arg klein.

Die Struktur des Reverbs (aus der Assemblerquelle von Motorola):
1
;                                                       .----------.
2
;                            .------------.   .-----.   | All Pass |
3
;                         +->| Comb Filter|-->| SUM |-->| Reverb   |
4
;   Note: All Comb        |  |   #1       |   '-----'   |          |
5
;         Filters         |  '------------'   ^  ^  ^   '----------'
6
;         Have a 1st      |  .------------.   |  |  |        |
7
;         Order IIR       |->| Comb Filter|---+  |  |    .---V---.
8
;         LPF in their    |  |   #2       |      |  |    | align |
9
;         feedback        |  '------------'      |  |    | delay |
10
;         loop            |  .------------.      |  |    '---|---'
11
;                         |->| Comb Filter|------+  |        |
12
;                         |  |   #3       |         |      -----   reverb    
13
;                         |  '------------'         |       \./     gain
14
;                         |  .------------.         |        |
15
;                         |->| Comb Filter|---------+        |
16
;                         |  |   #4       |                  | 
17
;                         |  '------------'                  |
18
;                         |                                  V
19
;         .------------.  |        FIR gain          .----------.
20
;         |   Early    |  |         |\               |          | 
21
;input -->| Reflection |--+---------|  >------------>|  summer  |--- output
22
;      |  |    FIR     |            |/               |          |
23
;      |  '------------'                             '----------'      
24
;      |                                                  ^
25
;      |                                                  |
26
;      |                             dry gain             |
27
;      |                              |\                  |
28
;      +------------------------------|  >----------------+
29
;                                     |/
30
;  
31
;.............................................................................
32
;  COMB FILTER SUB STRUCTURE:
33
;                                .-------.
34
;      comb i        .-----.     | long  |                    comb i
35
;      input  ------>| sum |---->| delay |-------+--------->  output
36
;                    '-----'     '-------'       |
37
;                       ^                        |
38
;                       |                        V
39
;                       |       /|            .-----.
40
;                       +-----<   ------------| sum |<--------+
41
;                               \|            '-----'         |
42
;                            fdbck i             |           / \  lpf i gain
43
;                              gain              V         /_____\
44
;                                            .----------.     |
45
;                                            | 1 sample |     |
46
;                                            |   delay  |-----+
47
;                                            '----------'
48
;.............................................................................
49
;   UNIT (ALL PASS) REVERBERATOR STRUCTURE:
50
;   based on Schroeder as outlined in Griesinger: 'Practical Processors and
51
;   Programs for Digital Reverberation', Audio in Digital Times, 7th AES
52
;   conference, Toronto, Ontario, 1989
53
;   (the structure outlined in Moorer is a variation of this)
54
;
55
;                              -g
56
;                            |\
57
;                +---------->|  >--------------------------+
58
;                |           |/                            |
59
;                |                                         |
60
;                |                                         V
61
;    unit        |    .-----.   .--------.       |\     .-----.        unit
62
;    input ------+--->| sum |-->| delay  |--+--->|  >-->| sum |-----> output
63
;                     '-----'   '--------'  |    |/     '-----'
64
;                        ^                  |    1-g**2
65
;                        |     g            | 
66
;                        |       /|         |
67
;                        +-----<  |---------+
68
;                                \|
69
;...........................................................................
70
;
71
;  one multi-tap fir structure - to handle early reflections
72
;
73
;  followed by 4 parallel comb (iir) filters (each comb having 
74
;  a first order LPF in its feedback loop
75
;  
76
;  followed by an 'allpass' reverberator whose output is then 
77
;  delayed so that its first output follows after the last "early
78
;  reflection" output


Wenn du hoeren willst, was heute so geht, besorg dir den
VST-Host und eine Demo vom VST-Plugin Fusionfield.
Da mag Mann dann mit Hallplatten nicht mehr rummurxen.
Selbst Hallraeume mit selbst verteilbaren Mikrofonen
finden sich da.

Die Vertreter der "reinen" Lehre werden vllt einen Faltungshall
bevorzugen. Der ist aber bei weitem nicht so einfach einstellbar.
Auch dafuer sollte Mann Demos finden.

von Stefan M. (derwisch)


Lesenswert?

DoC schrieb:
> Wenn man einen einfachen Elktromagneten benutzen würde, wären die beiden
> Halbwellen ja gleichgerichtet (das klingt bestimmt nicht gut).

Nicht wenn an der Hallplatte als "Gegenstück" ein Permanentmagnet klebt.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.