Hallo alle miteinander. Ich lese mich zur Zeit durch die Wissenschaftshistorie. Besonders faszinierend finde ich die ersten Funkversuche unter Verwendung von Funkenschwingkreise. Was genau bewirkt der Funke in der Funkenstrecke, die einem (Parallel-)Schwingkreis parallel geschaltet ist? Entspricht der Funke einem steilflankigen Spannungs- bzw. Stromimpuls, der auch die Resonanzfrequenz des Schwingkreises enthält? Also wird der Schwingkreis durch diese Frequenz "angestoßen"? Würde das Anschwingen auch mit einem normalen Schalter und einer Spannungsquelle funktionieren? Gruß an alle
Adi schrieb: > https://de.wikipedia.org/wiki/Knallfunkensender Und hier noch die Weiterentwicklung: https://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%B6schfunkensender
>Entspricht der Funke einem steilflankigen Spannungs- bzw. Stromimpuls >der auch die Resonanzfrequenz des Schwingkreises enthält? Also wird der >Schwingkreis durch diese Frequenz "angestoßen"? Ja, das stimmt Aber es kommt noch ein weiterer Effekt dazu, der Lichtbogen hat einen negativen differentiellen Widerstand: Mit höherem Strom nimmt die Spannung ab. Zusammen mit der Phasenverschiebung von Strom und Spannung durch den Schwingkreis wirkt der Lichtbogen somit wie ein aktives Element bzw. verstärkend.
Mich interessiert aber speziell die Funktion der Funkenbildung für das Anschwingen des Schwingkreises. Das wird leider nicht genau beschrieben. Gruß an alle
Neugier schrieb: >Entspricht der Funke >einem steilflankigen Spannungs- bzw. Stromimpuls, der auch die >Resonanzfrequenz des Schwingkreises enthält? Also wird der Schwingkreis >durch diese Frequenz "angestoßen"? Ja genau so ist das. Es ist vergleichbar, als ob du mit einem Klöppel eine Glocke anschlägst, oder eine Gitarrensaite anzupfst, es entsteht dann eine abklingende Schwingung. >Würde das Anschwingen auch mit einem normalen Schalter und einer >Spannungsquelle funktionieren? Ja, lasse über einen Schwingkreis einen Gleichstrom fließen, nun ist in der Spule Energie gespeichert, Schalte den Gleichstrom ab, nun schaukelt die Energie zwischen Spule und Kondensator immer hin und her, bis sie abgeklungen ist.
Mike schrieb: > Aber es kommt noch ein weiterer Effekt dazu, der Lichtbogen hat einen > negativen differentiellen Widerstand: Mit höherem Strom nimmt die > Spannung ab. > > Zusammen mit der Phasenverschiebung von Strom und Spannung durch den > Schwingkreis wirkt der Lichtbogen somit wie ein aktives Element bzw. > verstärkend. Clever. Also ist der Funke effektiver als ein bloßer Unterbrecher? Mit Funke ist aber auch noch gedämpft, weil die Energie im Funken schnell verbraucht ist? Gruß an alle
@Günter Ah ok. Wenn der Schalter geöffnet wird, ist der Kontakt weiterhin gesichert? Durch einen Lichtbogen? Gruß an alle
Neugier schrieb: > Also ist der Funke effektiver als ein bloßer Unterbrecher? Nein, ein Unterbrecher "unterbricht", eine Funkenstrecke "überbrückt". Der negative Widerstand ist insofern nützlich, daß er dafür sorgt, daß die in einer Spule oder Kondensator gespeicherte Energie zu einem großen Teil in den nachfolgenden Schwingkreis übertagen wird bevor der Funken wieder verlischt.
Der Andere schrieb: > Der negative Widerstand ist insofern nützlich, daß er dafür sorgt, daß > die in einer Spule oder Kondensator gespeicherte Energie zu einem großen > Teil in den nachfolgenden Schwingkreis übertagen wird bevor der Funken > wieder verlischt. Danke. Die elektrische Schwingung besteht nur während der Brenndauer des Funkens, da der Stromkreis durch den Funken geschlossen wird? Könntest Du das genauer erklären, warum der negative differentielle Widerstand die Übertragung der HF-Energie unterstützt. Gruß an alle
Die Spannungsfestigkeit einer Luftentladungsstrecke beträgt 1kV/mm. Wird diese Spannung überschritten, springt ein Funke über. Wird beim Überschlag genügend Wärme frei, bildet sich ein Plasma. Eigenschaften eines Plasmas: Es ist elektrisch leitfähig, Elektronen können in beide Richtungen fließen, zusätzlich können positiv geladene Ionen Strömungsrichtung des Gases fließen. Ein Plasma kann magnetisch abgelenkt und mit Pressluft durch Abkühlung ausgeblasen werden. Eine Spannungsquelle erzeugt mehrere kV. An der Funkenstrecke springt der Funke über, und stößt dabei den Schwingkeis an. Die Spannung am Schwingkreis nähert sich jener der Spannungsquelle an und der Funke erlischt. Die gedämpfte Schwingung im Schwingkreis kehrt sich um ins Negative. Solange an der Spannungsquelle noch genügend Spannung vorhanden ist, wird der Funke erneut zünden. Dies wiederholt sich, bis die Spannungsquelle nicht mehr genügend Spannung für einen Überschlag liefert. Dann muss ein Zerhacker erneut mehrere KV erzeugen und das Ganze geht von Vorne los. Das Funk(en)signal wird im Takt des Zerhackers am-moduliert, die Hüllkurve ähnelt einem Sägezahn. Dann gab es noch diese "Rotary Spark Gaps": https://www.youtube.com/watch?v=MkmuMGKqiLA Auf einer Drehscheibe waren viele Kontakte angeordnet, die Frequenz betrug Umdrehungen pro Sekunde mal Anzahl der Kontakte. Diese lag zwischen 200 und 500 Hz, war also gut hörbar. Hier gibts nochmal eine bessere Erklärung auf Englisch: http://www.geojohn.org/Radios/MyRadios/Sparks/Sparks.html
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Neugier schrieb: > Könntest Du das genauer erklären, warum der negative differentielle > Widerstand die Übertragung der HF-Energie unterstützt. Weil es dadurch möglich ist die Dämpfung des Schwingkreises durch die Verluste der Bauteile sowie vor allem durch den Strahlungswiderstand der Antenne zu kompensieren. Man kann so eine ungedämpfte, also kontinuierliche, Schwingung aufrecht erhalten, deren Frequenz ziemlich genau durch Induktivität und Kapazität des Schwingkreises vorgegeben wird. Eine derartige Schwingung belegt auch nur ein schmales Frequenzband, wodurch sie von anderen Sendern, die auf anderen Frequenzen arbeiten, leicht zu unterscheiden ist. Außerdem kann man dann auch empfindlichere Empfänger bauen, weil man auch dort die Verstärkung der Schwingung durch die Resonanz eines Schwingkreises ausnützen kann. Bei einem solchen schmalbandigen Empfänger wird der Empfang auch weniger durch Störer wie Gewitterblitze beeinträchtigt, weil diese ihre Energie auf ein sehr breites Frequenzband "verschmieren", wo der schmalbandige Empfänger zumeist unempfindlich ist.
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Hp M. schrieb: > Weil es dadurch möglich ist die Dämpfung des Schwingkreises durch die > Verluste der Bauteile sowie vor allem durch den Strahlungswiderstand der > Antenne zu kompensieren. > Man kann so eine ungedämpfte, also kontinuierliche, Schwingung aufrecht > erhalten, deren Frequenz ziemlich genau durch Induktivität und Kapazität > des Schwingkreises vorgegeben wird. Ok, aber wieso heißt es dann, dass die Funkenschwingkreise gedämpfte Schwingungen erzeugen, wenn doch der Funke kompensierend wirkt? Gruß an alle
Falls von Interesse noch ein Hinweis auf ungedämpfte Wellenerzeugung ohne aktive Bauelemente wie Rundfunkröhren oder moderne Halbleiter: Poulsen verstand mittels negativer Wiederstandsausnutzung ungedämpfte LW Schwingungen zu erzeugen: https://en.wikipedia.org/wiki/Arc_converter Der Ingenieur Alexanderson erzeugte ungedämpfte Hochfrequenz mit speziellen Wechselstrom-Generator-Maschinen: https://en.wikipedia.org/wiki/Alexanderson_alternator Erste Sprachsendungen: https://en.wikipedia.org/wiki/Reginald_Fessenden http://www.ewh.ieee.org/reg/7/millennium/radio/radio_radioscientist.html
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Neugier schrieb: > aber wieso heißt es dann, dass die Funkenschwingkreise gedämpfte > Schwingungen erzeugen, wenn doch der Funke kompensierend wirkt? Weil der negative diferentielle Widerstand eines (Knall- oder Lösch-) Funkens nicht gemeint ist. Solche Sender wurden ja auch alsbald verboten, da sie sich gegenseitig und andere störten. Gemeint ist der negative Widerstand eines Lichtbogens, der friedlich vor sich hin brennt.
Neugier schrieb: >aber wieso heißt es dann, dass die Funkenschwingkreise gedämpfte >Schwingungen erzeugen Damit ist gemeint, daß eine abklingende Schwingung entsteht und keine kontinuierliche Schwingung. Eine kontinuierliche Schwingung kann man nur mit einem richtigen Oszillator erzeugen.
Hp M. schrieb: > Gemeint ist der negative Widerstand eines Lichtbogens, der friedlich vor > sich hin brennt. Ah, das hatte ich übersehen. Das bedeutet also, dass man mit einer Funkenstrecke, die kontinuierlich betrieben wird, einen parallel angeschlossenen Parallelschwingkreis zu kontinuierlichen Schwingungen anregen kann? Gruß an alle
Neugier schrieb: > dass man mit einer > Funkenstrecke, die kontinuierlich betrieben wird, Nur dass man das nicht als Funkenstrecke, sondern als Lichtbogen bezeichnet. Wegen des negativen differentiellen Widerstandes benötigt man z.B. bei Bogenlampen einen Vorwiderstand, damit der Gesamtwiderstand der Anordnung positiv wird. Andernfalls steigt der Strom mit fallender Spannung immer mehr an, was praktisch in einem Kurzschluß mündet. Die typischen Betriebsspannungen von Lichtbögen sind auch sehr viel geringer als die von Funkenstrecken, einige zehn Volt nur. https://de.wikipedia.org/wiki/Kohlebogenlampe Bei den HF-Generatoren wurde der Vorwiderstand natürlich durch den Schwingkreis ersetzt.
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@nachtmix Ok soweit, danke. Ich habe ein gutes Video zum Thema "Schwingungen und Wellen" gefunden: https://www.youtube.com/watch?v=0exHxLG2UCI Zum Zeitpunkt 13:17 im Video wird eine Infrarot-Lichtlampe gezeigt, und gesagt, dass eine Frequenz von 100GHz dem Infrarot-Bereich entspricht. Das ist korrekt, aber strahlt die Rotlicht-Lampe wirklich (nennenswert) auf 100GHz elektromagnetische Wellen ab oder steht die dargestellte Lampe nur symbolisch für Infrarot? Gruß an alle
Neugier schrieb: > strahlt die Rotlicht-Lampe wirklich (nennenswert) > auf 100GHz elektromagnetische Wellen ab Sehr wenig, und das ist praktisch extrem breitbandiges Rauschen, mit dem man -ausser dass es da ist oder nicht-, wenig anfangen kann. Sonst brauchte man nicht sauteure Technik für diesen Frequenzbereich. Vor allem ist so eine Glühlampe ein thermischer Strahler, der leicht meßbare Strahlung im gesamten Wellenlängenbereich von einigen Zentimetern bis ca. 0,5µm erzeugt. Das Wellenlängenmaximum ergibt sich aus der Oberflächentemperatur. https://de.wikipedia.org/wiki/Stefan-Boltzmann-Gesetz https://de.wikipedia.org/wiki/Plancksches_Strahlungsgesetz https://de.wikipedia.org/wiki/Wiensches_Verschiebungsgesetz Tatsächlich kann man sogar bei der normalen Umgebungstemperatur die von Häusern, Menschen etc. ausgehende elektromagnetische Strahlung mit einem LNB aus der Satellitenschüssel leicht nachweisen. Das wäre dann bei etwa 11GHz.
Neugier schrieb: >aber strahlt die Rotlicht-Lampe wirklich (nennenswert) >auf 100GHz elektromagnetische Wellen ab Warum nicht? Man kann es doch fühlen, du brauchst doch nur die Hand in die Nähe der Lampe zu halten, da ist es schön warm. Infrarotlicht ist Wärmestrahlung.
Günter Lenz schrieb: > Man kann es doch fühlen, du brauchst doch > nur die Hand in die Nähe der Lampe zu halten, Aber das ist nicht die Wirkung der 100GHz-Strahlung, sondern eher der Frequenzbereich von einigen 100THz.
@Lurchi Genau, es geht darum, ob HF im GHz-Bereich abgestrahlt wird. Gruß an alle
Der Kerl im Film hat was von Infrarotstrahlung erzählt. Infrarot ist ja ein breites Spektrum, wie viel Anteil davon nun 100GHz sind bei der Lampe weiß ich nicht, aber auch die würden wärmen. https://de.wikipedia.org/wiki/Infrarotstrahlung
Günter Lenz schrieb: > Infrarot ist ja ein breites Spektrum, wie viel Anteil > davon nun 100GHz sind bei der Lampe weiß ich nicht, > aber auch die würden wärmen. Nicht wirklich. Die vom TE erwähnten 100GHz entsprechen einer Wellenlänge von 3mm, und ein schwarzer Strahler, der dort sein Intensitätsmaximum hätte, hätte eine Temperatur von etwa 1K, also -272°C. Das hört sich für mich eher nach Frostbeulen an als nach Wärmestrahlung ;-)
Übrigens haben Bose und wohl auch schon Hertz mit solchen Mikrowellenfrequenzen experimentiert, lange bevor Marconi sein publikumswirksamen Vorführungen mit Langwellen machte. U.a. erzeugte man solche Millimeterwellen mittels einer Aufschwemmung von feinen und gleichmäßig λ/2-langen Metallspänen in Öl. In diesen Brei tauchte eine sich drehende Scheibe, durch die diese Dipole emporgefördert wurden und dann wurden sie mit Hochspannungsfunken zu Schwingungen angeregt. Wie es sich für einen Wissenschaftler gehört, der seiner Zeit um Jahrzehnte voraus ist, verwendete Bose zum Nachweis der Millimeterwellen schon Halbleiterdioden ;-) https://www.cv.nrao.edu/~demerson/bose/bose.html
Danke nachtmix. Hp M. schrieb: > Die vom TE erwähnten 100GHz entsprechen einer Wellenlänge von 3mm, und > ein schwarzer Strahler, der dort sein Intensitätsmaximum hätte, hätte > eine Temperatur von etwa 1K, also -272°C. Widerspricht das nicht Deiner Aussage von oben: Hp M. schrieb: > Tatsächlich kann man sogar bei der normalen Umgebungstemperatur die von > Häusern, Menschen etc. ausgehende elektromagnetische Strahlung mit > einem LNB aus der Satellitenschüssel leicht nachweisen. > Das wäre dann bei etwa 11GHz. Kein Körper in der normalen Umwelt hat sein Strahlungsmaximum im GHz-Bereich. Gruß an alle
Hp M. schrieb: > Solche Sender wurden ja auch alsbald verboten, da sie sich gegenseitig und andere störten. Wie können sich denn zwei Sender gegenseitig stören - ich gehe mal davon aus, daß die nichts voneinander merken wenn Sie nicht an derselben Antenne arbeiten - oder sind da zwei Sendeempfangsanlagen gemeint?
Zo Zok schrieb:
>Wie können sich denn zwei Sender gegenseitig stören
Gemeint ist damit, daß sich die zwei Signale im Empfänger
gegenseitig stören, weil die Sender extrem breitbandig sind.
Als es dann gelungen war, kontinuierlich schwingende Sender
zu bauen, war es ja dann auch bald vorbei mit diesen
Knallfunkensendern. Ich glaube die Titanik hatte wohl noch
diese Knallfunkentechnik.
Günter Lenz schrieb: > Als es dann gelungen war, kontinuierlich schwingende Sender > zu bauen, war es ja dann auch bald vorbei mit diesen > Knallfunkensendern. Ich glaube die Titanik hatte wohl noch > diese Knallfunkentechnik. Man wundert sich manchmal: http://www.seefunknetz.de/tk05.htm Die Titanic war "schon" mit einem Löschfunkensender, allerdings von der Konkurrenz, ausgerüstet: https://de.wikipedia.org/wiki/RMS_Titanic#Funktechnik
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