Hallo, in den Datenblättern zu OpAmps wird meistens bei den Features extra erwähnt, wenn ein OpAmp Unity Gain fähig ist. Manchmal liest man auch, dass Unity Gain den OpAmp maximal fordert und dass man dort spezielle Vorkehrungen treffen muss, damit er nicht schwingt. Wieso ist das so? Unity Gain heisst doch einfach nur, dass es sich um einen Spannungsfolger handelt. Was ist daran anspruchsvoller als eine Verstärkung um Faktor 100? Ich hätte eher darauf getippt, dass hohe Verstärkungen anspruchsvoll sind und nicht umgekehrt.
Timmy schrieb: > Ich hätte eher darauf getippt, dass hohe > Verstärkungen anspruchsvoll sind und nicht umgekehrt. In Bezug auf Feedback gibt es so einige Zusammenhänge, welche der "menschlichen Intuition" widersprechen.
Dieses zuerst Kontraintuitive Eigenschaft kann man wie folgt erklären: Ein normaler nichtinvertierender Verstärker besteht aus einem Opamp und einem Spannungsteiler. Betrachtet man den Spannungsteiler für sich alleine hat dieser einen Gain <= 1. Je höher die Verstärkung des Gesamtsystems, desto geringer ist der Gain des Spannungsteilers. Für die Stabilität ist aber der Open Loop Gain des Systems entscheidend. Hat man einen x1000 Verstärker, so ist der Open Loop Gain "H(opamp) * 1/1000". Bei einem Spannungsfolger, mit effektiv einem 1/1 Spannungsteiler, hat man "H(opamp) * 1/1". Der Open Loop Gain ist damit massiv höher. Geht der loop gain runter, geht der Gesamtgain hoch. Der worstcase ist bei einem Spannungsfolger erreicht, 1 ist der maximale Gain. Nicht alle Opamps kommen damit klar. PS: auch für Opamps die nicht unity gain stable sind, gibt es eine Trickschaltung™ welche sie stabil macht.
hinz schrieb: > http://cds.linear.com/docs/en/application-note/an148fa.pdf "In practice one wants at least 4dB of gain margin". Verstehe ich das richtig, dass man also bei 0° Phase (oder hier 360°) höchstens -4dB haben sollte? Also in der Praxis nicht 0dB sondern lieber weniger -4dB?
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Ingo L. schrieb: > Also in der Praxis nicht 0dB sondern lieber > weniger -4dB? Ist wie beim Autofahren, auf der Rennstrecke kann man ans Limit gehen, im Straßenverkehr sollte man stets Reserven haben.
Der Opamp ist mit seiner Gegenkopplung ein Regelkreis. Wenn ein OPamp mit Grenzfrequenz (Verstärkungs-Bandbreite-Produkt) 4MHz auf v=100 gegengekoppelt wird, wird bei etwa 40kHz eine Phasenverschiebung von etwa 90° zwischen -E und Aus erreicht, die Schwingbedingung ist dann aber noch nicht erfüllt, weil der Gegenkopplungsteiler die Ausgangsspannung ja weit herunterteilt. Bei noch höheren Frequenzen entsteht zwar weitere Phasenverschiebung aber weil der Rückkopplungsteilfaktor so hoch ist kommt es nicht zum Schwingen. (Stichwort Ringverstärkung im Regelkreis) Bei V=1 ist die Phasenverschiebung des Opamp bei 90°. Für eine weitere Phasenverschiebung reicht auch schon eine minimale kapazitive Last am Ausgang oder ein weiteres RC-Glied innerhalb des OPamp und die Schwingbedingung ist erfüllt, weil ja das Ausgangssignal ungeteilt auf den -E-Eingang kommt. Und bei 4MHz kommt da weitaus mehr ungewolte Phasenverschiebung vor als bei den 40kHz
Timmy schrieb: > in den Datenblättern zu OpAmps wird meistens bei den Features extra > erwähnt, wenn ein OpAmp Unity Gain fähig ist. Manchmal liest man auch, > dass Unity Gain den OpAmp maximal fordert und dass man dort spezielle > Vorkehrungen treffen muss, damit er nicht schwingt. Es ist nicht besonders aufwändig, die Unity Gain fähigkeit verschlechtert aber andere Eigenschaften des OPV, z.B. die Traqnsitfrequenz.
Harald W. schrieb: > Es ist nicht besonders aufwändig, die Unity Gain fähigkeit > verschlechtert aber andere Eigenschaften des OPV, z.B. die > Traqnsitfrequenz. Kondensatoren kosten Fläche auf dem Die.
hinz schrieb: > Kondensatoren kosten Fläche auf dem Die. Aus meinen Anfangstagen kenne ich das noch so, daß jeder OPV extern frequenzkompensiert werden mußte. Schaltungstechnisch hat das den Vorteil, daß man die höchste Bandbreite für die geforderte Verstärkung bekommt. Und den Nachteil, daß man weitere Bauteile und Pins am Gehäuse braucht.
Axel S. schrieb: > Aus meinen Anfangstagen kenne ich das noch so, daß jeder OPV extern > frequenzkompensiert werden mußte. Ja, die berühmten µA702 und µA709 von Bob Widlar und Dave Talbert. Verdammt lang her...
Warum geraten russische Autofahrer wegen jeder Kleinigkeit gleich derart ins Schleudern, daß sie im Graben landen? Weil sie Wodkabedingt verzögert reagieren, und dann zu stark gegenlenken. Sowas ähnliches geschieht in einer Verstärkerschaltung, die nicht verstärken darf. Die Spannung am Kollektor von T6 ändert sich schneller, als die Eingangsstufe reagieren kann. Bei 100-Prozentiger Gegenkopplung fällt dann die Reaktion zu heftig aus. Die Schaltung kommt ins Schleudern. Der Kondensator zwischen Basis und Emitter von T6 bremst die Spannungsänderung am Kollektor soweit, daß die Eingangsstufe rechtzeitig gegensteuern kann. Und alles ist gut.
der schreckliche Sven schrieb: > Die Spannung am Kollektor von T6 ändert sich schneller, als die > Eingangsstufe reagieren kann. Bei 100-Prozentiger Gegenkopplung fällt > dann die Reaktion zu heftig aus. Die Schaltung kommt ins Schleudern. > Der Kondensator zwischen Basis und Emitter von T6 bremst die > Spannungsänderung am Kollektor soweit, daß die Eingangsstufe rechtzeitig > gegensteuern kann. Und alles ist gut. Das ist eine schrecklich falsche Erklärung, in der auch noch Slewrate und Polfrequenzen durcheinander gebracht werden. Die Stufe T6 ist auch ohne den Kondensator die langsamste Stufe in der Schaltung, der Diff ist viel schneller. Den Diff langsamer zu machen, würde nur einen weiteren Pol in der Schleife erzeugen und die Schaltung noch instabiler machen. Tatsächlich wird durch den Kondensator (unter Ausnutzung des Miller-Effekts) der schon von Natur aus niedrigste Pol am Eingang des T6 weiter erniedrigt und gleichzeitig dessen Ausgangspol erhöht. Damit erreicht man einen größeren Abstand zwischen erstem und zweitem Pol und die Absenkung der Schleifenverstärkung unter 1, bevor die Phasendrehung zu groß wird. Die Anstiegsgeschwindigkeit am Kollektor T6 wird durch den Ausgangsstrom des Diff begrenzt, weil damit ja der Kondensator umgeladen werden muss. Das ist ein Effekt, der sich aus der Frequenzgangkorrektur ergibt.
IUnknown schrieb: > Für die Stabilität ist aber der Open Loop Gain des Systems entscheidend. Es ist nicht die "Open Loop Gain" entscheidend für die Stabilitätsbetrachtung, sondern die Schleifenverstärkung: 1+A*H Bei Unity-Gain wird dann eben H=1 womit dann die Schleifenverstärkung der Open-Loop-Verstärkung entspricht. Wollte das nur nochmal klar differenzieren, nicht dass es beim TO Verwirrung stiftet.
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der schreckliche Sven schrieb: > Der Kondensator zwischen Basis und Emitter von T6 Da ist mir tatsächlich ein schrecklicher Rechtschreibfehler passiert. Emitter soll natürlich Kollektor heißen. Übrigens rate ich Euch erstmal ein paar Bierchen zu zischen, vielleicht versteht Ihr meine Schleuder-Theorie dann ein bißchen besser.
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