Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Geiger Müller Röhre aktiv löschen


von M. M. (mrmcchicken)


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Guten Abend miteinander,
ich möchte mir gerne einen kleinen Geigerzähler bauen. Einen sehr 
einfachen habe ich schonmal gebastelt, dieser enthielt die billigste 
Röhre die ich finden konnte und einer Spannungsversorgung aus 
ausgeschlachteten Bauteilen.
Ein interessantes Projekt, aber nun möchte ich etwas vernünftigeres 
bauen.
Als Zählrohr soll ein LND712 dienen. Nach kurzer Recherche habe ich von 
dem aktiven Löschen eines Zählrohres gelesen. Dies soll die maximale 
Zählrate erhöhen und die Röhre schonen. Der Aspekt der Lebensdauer ist 
mir in diesem Fall wichtiger.
Nun frage ich mich wie man dies am besten umsetzen kann. Eine erste Idee 
wäre die Röhre mit einem MOSFET (soll es ja bis 1000V Sperrspannung 
geben) kurz zu schließen.

Ich bin mir nun jetzt nicht ganz sicher ob mein Vorhaben so zu 
realisieren ist. Insgesamt soll nämlich ein Puls erkannt werden, dann 
die Röhre ab- und wieder angeschaltet werden. Nach Möglichkeit unter 
10us, die angegebene "Totzeit" beträgt min 90us.


Grüße MMC

von Hp M. (nachtmix)


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M. M. schrieb:
> Eine erste Idee
> wäre die Röhre mit einem MOSFET (soll es ja bis 1000V Sperrspannung
> geben) kurz zu schließen.

So hoch ist die Spannung beim GM-Rohr aber nicht und bipolare 
Transistoren haben i.d.R. geringere Kapazitäten.
Ich halte eine Schaltung zum aktiven Quenchen aber für überflüssig, denn 
so hohe Zählraten solltest du als Privatmann nie erleben.

von Hp M. (nachtmix)


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Wenn du etwas "vernünftigeres", wie du schreibst, bauen willst, dann geh 
mit der Spannung runter in den Proportionalbereich.
Da es dabei zu keiner vollständigen Ionisation kommt, wird die 
Gasfüllung automatisch geschont.
Du brauchst dann einen deutlich besseren Vorverstärker aber erhältst im 
Gegenzug eine gewisse Energieauflösung, die im Plateaubetrieb ja 
überhaupt nicht gegeben ist.
https://de.wikipedia.org/wiki/Z%C3%A4hlrohr#Proportionalz.C3.A4hlrohr

Mit Szintillationszählern oder sogar normalen Photodioden geht aber auch 
das  besser.


Für weiche beta-Strahler z.B. C14 und alpha nimmt man auch offene 
Zählrohre, die mit einem Argon-Butan-Gemisch als Zählgas gespült werden.
 Als Großflächenzählrohre sind das flache Behälter, die im Innern viele 
parallele Drähte wie beim GM-Rohr enthalten. Ein bischen sieht das aus 
wie ein Eierschneider.

: Bearbeitet durch User
von Hurra (Gast)


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Hp M. schrieb:
> M. M. schrieb:
>> Eine erste Idee
>> wäre die Röhre mit einem MOSFET (soll es ja bis 1000V Sperrspannung
>> geben) kurz zu schließen.
>
> So hoch ist die Spannung beim GM-Rohr aber nicht und bipolare
> Transistoren haben i.d.R. geringere Kapazitäten.
> Ich halte eine Schaltung zum aktiven Quenchen aber für überflüssig, denn
> so hohe Zählraten solltest du als Privatmann nie erleben.

Ja, so ist es.
Man kann das recht leicht abschätzen:
Nehmen wir 70µs Totzeit (willkührlich, aber der Bereich stimmt) und 1% 
Fehler:
f=0,01* 1/T = 143 CPS

Das dürfte in den Bereich mSV/h gehen, und das trifft man 
realistischerweise hoffentlich nie an. Da sind wir in dem Bereich, wo es 
richtig gefährlich wird.

Was ich bei meinem zweiten verbessert habe:
Akkulaufzeit erhöhen, kleines robustes Gehäuse. Integration einer 
ordentlichen PC-Schnittstelle und Datenlogging. Seit mand das Teil 
Wochenlange durchlaufen lassen kann, habe ich es in meinen Rucksack 
gepackt.
Die Ergebnisse haben mich überrascht: Anbei als Beispiel zwei Bergtouren 
(jeder Punkt sind 20 Minuten mit einem SBM-20):
Bild1: Besuch in der Schellenberger Eishöhle
Bild2: Schneewinkelspitze in Kärnten (3016m)
Was ich nicht erklären kann, ist der Einbruch kurz vor der Spitze an der 
Schneewinkelspitze. Ich tippe auf die Geologie. Es könnte auch mit dem 
Erreichen des Grates zu tun haben.
Die Höhle finde ich logisch, die ist im nicht strahlendem 
Sedimentgestein, und >100m Steine schirmen schon viel ab.

von M. M. (mrmcchicken)


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Hp M. schrieb:
> Ich halte eine Schaltung zum aktiven Quenchen aber für überflüssig, denn
> so hohe Zählraten solltest du als Privatmann nie erleben.

Ich hoffe sehr stark, dass ich nie erleben muss wie ein Zählrohr an 
seinem Limit läuft. Mein Ziel ist es die Röhre zu schonen indem man den 
Strom begrenzt der durch die Röhre fließt.

Hp M. schrieb:
> Wenn du etwas "vernünftigeres", wie du schreibst, bauen willst, dann geh
> mit der Spannung runter in den Proportionalbereich.

Hp M. schrieb:
> Mit Szintillationszählern oder sogar normalen Photodioden geht aber auch
> das  besser.

Guter Hinweis. Es wäre tatsächlich ziemlich nett die Energien zu messen. 
Damit sollte dann doch eine Identifizierung von Isotopen möglich sein? 
Auf Wikipedia habe ich gelesen, dass dies dann im beta und alpha Bereich 
geht. Gammaspektroskopie ist also nicht möglich?
Zufälligerweise habe ich noch einen LMC6001 da, welcher sich gut als 
Vorverstärker machen sollte.

Ob ich nun das Teil umschaltbar mache um es als einfaches Zählrohr oder 
Proportionalitätszählrohr zu verwenden bleibt dann erstmal offen bis ich 
mehr weiß.


Danke soweit für die Hinweise und Tipps!

Grüße MMC

von Werner H. (werner45)


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Löschkreise sind aus der Zeit (um 1950), als es noch keine 
selbstlöschenden Zählrohre gab. Das war zur Röhrenzeit und der Zeit 
hoher "natürlicher" Aktivitäten aufgrund der atmosphärischen 
Kernwaffentests.
Da wurde aber nichts kurzgeschlossen, sondern ein negativer Impuls 
kapazitiv auf das Zählrohr gegeben.^

Gruß   -   Werner

von M. M. (mrmcchicken)


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Hallo nochmal, nach ein wenig Recherche habe ich nun herausgefunden, 
dass ich so ein Geiger Müller Zählrohr nicht unbedingt als 
Proportionalitäts Zähler verwenden kann. Deshalb würde ich diese 
Funktion erst mal außen vor lassen.

Zwischenfrage: Normalerweise werden Energien mit Szintillatoren erfasst.
Diese klemmt man in der Regel vor eine Photomultiplier Röhre.
So ein Aufbau ist mit einem gewissen Aufwand verbunden. Ist es sinnvoll 
anstatt einer Photomultiplier Röhre eine Fotodiode zu verwenden? Es gibt 
ja bekanntlich Avalanche Fotodioden welche aber unglaublich teuer und 
meist nur für Wellenlängen >600nm geeignet sind. Da würden 
Szintillatoren wie NaI oder CsI wegfallen. Sind reguläre Photodioden zu 
unempfindlich?

Edit: Viele Szintillatoren sind hygroskopisch. Wenn ich solche auf Ebay 
sehe, frage ich mich immer ob diese in einem Behälter verschlossen sind 
und ein Glas fester haben, oder ob eine Seite Kontakt zur Außenwelt hat.

Grüße MMC

: Bearbeitet durch User
von Schreiber (Gast)


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M. M. schrieb:
> Edit: Viele Szintillatoren sind hygroskopisch. Wenn ich solche auf Ebay
> sehe, frage ich mich immer ob diese in einem Behälter verschlossen sind
> und ein Glas fester haben, oder ob eine Seite Kontakt zur Außenwelt hat.
Wasserempfindliche Szintillatoren sind natürlich wasserdicht verpackt 
(Glas-/Kunststofffenster). Wenn sie trb sind, dann sind sie kaputt1
Für den Anfang kann man sein Glück mit Kunststoffszintillatoren 
versuchen, die sind wasserfest.

M. M. schrieb:
> Zwischenfrage: Normalerweise werden Energien mit Szintillatoren erfasst.
> Diese klemmt man in der Regel vor eine Photomultiplier Röhre.
> So ein Aufbau ist mit einem gewissen Aufwand verbunden.

Durchaus, aber halt mit relativ wenig Know-How zu bauen.
Hochspannungsversorgung, Spannungsteiler und die Elektronik ist fertig.


M. M. schrieb:
> Ist es sinnvoll
> anstatt einer Photomultiplier Röhre eine Fotodiode zu verwenden? Es gibt
> ja bekanntlich Avalanche Fotodioden welche aber unglaublich teuer und
> meist nur für Wellenlängen >600nm geeignet sind.

Mit Avalanche-Dioden geht es auch und wird (mechanisch) robuster. 
Nachteil ist halt, dass man einen zusätzlichen Verstärker benötigt, den 
man erstmal bauen und entwickeln können muss.

M. M. schrieb:
> Sind reguläre Photodioden zu
> unempfindlich?

normale Photodiode+Szintillator geht nur für Proportionalzähler und wenn 
man damit dann was messen kann, dann sollte an nicht mehr messen, 
sondern besser rennen...

Hurra schrieb:
> Ja, so ist es.
> Man kann das recht leicht abschätzen:
> Nehmen wir 70µs Totzeit (willkührlich, aber der Bereich stimmt) und 1%
> Fehler:
> f=0,01* 1/T = 143 CPS
Also eine alte Taschenuhr mit Leuchtfarbe oder eine der 
Luftschutz-Leuchtplaketten (Vorläufer von Knicklichtern)

von Hp M. (nachtmix)


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Schreiber schrieb:
> Durchaus, aber halt mit relativ wenig Know-How zu bauen.
> Hochspannungsversorgung, Spannungsteiler und die Elektronik ist fertig.

Der Spannungsteiler kann sogar entfallen und die HV-Versorgung wird 
wesentlich vereinfacht, wenn man entlang der Dynoden einen 
Spannungvervielfacher aufbaut.
Das geht mit SMD-Teilen ganz einfach, und man benötigt anstelle des 
Hochspannungstrafos nur eine Drossel oder einen Schwingkreis, die kaum 
mehr als 100V Spitzenspannung liefern müssen.
Wegen der hohen Frequenz reichen auch Kondensatoren mit 10nF oder so.
Ich habe das gelegentlich schon so gemacht.

M. M. schrieb:
> Es gibt
> ja bekanntlich Avalanche Fotodioden welche aber unglaublich teuer und
> meist nur für Wellenlängen >600nm geeignet sind.

Ja, Avalanchedioden sind hierfür nicht besonders geeignet, wenn man sie 
nur als Lichtsensor benutzt. Als Teilchendetektoren funktionieren sie 
besser, aber billiger wird das dadurch auch nicht.

Photomultiplier sind recht preiswert geworden und passen ganz gut zu 
diversen Szintillatoren.


M. M. schrieb:
> Zufälligerweise habe ich noch einen LMC6001 da, welcher sich gut als
> Vorverstärker machen sollte.

Um geringe Ströme zu messen schon, aber für die hier angesprochenen 
Zwecke wird er zu lahm sein.
Die Impulse aus den Szintillatoren dauern, je nach Typ, einige ns bis 
maximal vielleicht 100µs, und um Energieauflösung zu machen will man ja 
ihre Höhe messen und sie entsprechend einsortieren.



Schreiber schrieb:
> Wasserempfindliche Szintillatoren sind natürlich wasserdicht verpackt
> (Glas-/Kunststofffenster). Wenn sie trb sind, dann sind sie kaputt1

Das kann man evtl noch wieder aufpolieren, aber dem Vernehmen nach sind 
die gebräuchlichen NaI(Tl)-Kristalle auch noch lichtempfindlich und 
werden dadurch bei falscher Lagerung braun.

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